Intelligente Sonderlösung für die Bahn
Entwässerung am Umschlagbahnhof in KornwestheimInmitten der schwäbischen Wirtschaftsregion Stuttgart befindet sich der Umschlagbahnhof Kornwestheim. Bei der Entwässerung der Gleis- und Ladeflächen standen nun die Planer vor besonderen Herausforderungen.
Betrieben wird der Umschlagbahnhof von der DB-Tochter Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene-Straße (DUSS). Seit Jahren befindet er sich in einem wirtschaftlichen Aufschwung. Neben der Automobilindustrie und Speditionsverkehren, haben hier auch Seehafenhinterlandverkehre ihren Platz gefunden. Aktuell besitzt er eine Kapazität von 175.000 Ladeeinheiten jährlich. Weil Verkehrsprognosen für das Jahr 2030 eine Steigerung des kombinierten Verkehrsaufkommens von 248.000 Ladeeinheiten pro Jahr erwarten, erweitert die DB InfraGO AG den Umschlagbahnhof um ein weiteres Modul, mit dem Ziel, die Kapazitäten für die steigende Nachfrage nach Containerumschlägen und für den hohen Zwischenabstellbedarf von Containern des maritimen Verkehrs zu erweitern. Bei der Entwässerung der Gleis- und Ladeflächen standen die Planer vor besonderen Herausforderungen.
Zwischen März 2024 und Ende 2025 entstehen neben dem ersten und zweiten Modul auf einer Fläche von ca. 25.000 Quadratmetern vier weitere Umschlaggleise mit einer kranbaren Nutzlänge von je 600 Metern. Geplant sind zwei Portalkrane, sowie je eine Fahr -, Lade- und Rückfahrspur für Lkw und zwei Abstellspuren für Container. Nach dem Ausbau dieses dritten Moduls sollen ca. 1000 Ladeeinheiten pro Tag umgeschlagen werden können. Bei der Erschließung der Flächen stand insbesondere die Entwässerung der Flächen im Fokus, die besondere Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen erfüllen müssen. (sog. WHG-Flächen). Sowohl im Gleis-, als auch im daneben liegenden Fahrbahnbereich der Lkw, erfolgte die Entwässerung über spezielle Stahlbeton-Schlitzrinnen vom Betonwerk Hans Rinninger u. Sohn GmbH u. Co. KG aus Kißlegg im Allgäu. Hierbei galt es jedoch einige Besonderheiten zu beachten.
Fugen sind für Wartungszwecke nicht zugänglich
Hierzu Frederik Schmidthuysen vom Planungsbüro Emch + Berger GmbH Ingenieure und Planer Nürnberg: „Auf dem Gelände werden Container und Tanks mit teilweise wassergefährdenden Stoffen umgeschlagen. Insofern sind hier bei der Entwässerung des Gleis- und Fahrbahnbereichs die Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes zu beachten. Um zu verhindern, dass z.B. Chemikalien oder Gefahrgüter in den Untergrund gelangen, müssen alle Flächen, auf denen umgeschlagen wird, dauerhaft versiegelt sein. Ebenso bestehen besondere Anforderungen an die Wartung von Fugen. Diese müssen nach dem IVD-Merkblatt Nr. 6 (Fugenabdichtung an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) regelmäßig überprüft und gegebenenfalls erneuert werden, um Folgeschäden zu vermeiden. Das Problem: Fugen, die sich unter dem Gleisbett zwischen Schlitzrinne und Fahrbahn befinden, sind für eine Wartung nicht zugänglich“, so Schmidthuysen.
Oberflächenbehandlung ermöglicht Kraftschluss zwischen Rinne und Asphalt
Aus diesem Grund entwickelten die Ingenieure des Betonwerks Rinninger speziell für diese Anwendung eine Sonderlösung. Ziel war es, den Übergang zwischen Rinne und Asphalt so zu gestalten, dass dieser keine Versickerung von Schadstoffen zulässt. Gelöst wurde das Problem, indem die Oberfläche der 4 Meter langen Schlitzrinnen im oberen Bereich auf etwa 10 Zentimeter wassergestrahlt werden. Frederik Schmidthuysen erklärt warum: „Auf diese Weise wird die Oberfläche leicht aufgeraut und ein hoher Kraftschluss zwischen Rinne und der Asphaltfläche erzeugt. Der Übergang wird quasi versiegelt. Im Havariefall gelangen Gefahrstoffe nicht in den Untergrund. Auf eine herkömmliche Fuge kann daher verzichtet werden, die jährlich geforderte Fugeninspektion wird damit hinfällig.“ Auch die 14 unter den Gleisen verbauten Sonderschachtbauwerke wurden entsprechend an den Übergangsstellen zur Schlitzrinne und Asphaltdecke oberflächenbehandelt. So wird auch hier der Effekt einer Versiegelung erzielt.
Riki-Ceton – ultrahochfester Beton
Um entsprechende Festigkeiten für die hohe Belastung auf den Flächen zu gewährleisten, werden die Schlitzrinnen aus einer neuen Generation von Beton, dem so genannten Riki-Ceton gefertigt. Hierzu Jürgen Kurzemann, Vertriebsleiter bei Firma Rinninger: „Die Bezeichnung steht für ultrahochfesten Beton mit duktilen Eigenschaften nach AbZ DIBT-Nr. Z-74.4.178. Das Besondere dabei ist, dass mit diesem Beton die Bewehrung sowohl im Rinnenelement als auch im Unterbau reduziert werden kann. Mit einer Biegezugfestigkeit zwischen 16 und 20 N/mm2 und einer Druckfestigkeit von 129 N/mm2 verfügt der Werkstoff dennoch über Eigenschaften, die sich an die Größenordnungen von Metallen anlehnt, ohne jedoch an der Duktilität einzubüßen.“ Auch Andreas Haupt, Oberbauleiter des ausführenden Bauunternehmens Grötz GmbH & Co. KG, zeigt sich zufrieden: „Die just-in-time Anlieferung und der Einbau der Betonfertigteile funktionierten reibungslos.“
Das dritte Modul soll Ende 2025 in Betrieb gehen. Die Erweiterung des Containerterminals ermöglicht die Verlegung mehrerer Ladeeinheiten von der Straße auf die Schiene und hat damit einen enormen ökologischen Einfluss. Nach Angaben der Bahn werden allein durch das neue Modul in Kornwestheim rund 18,5 Millionen Lkw-Kilometer und damit rund 14.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart.