Teststrecke Zukunft

A62-Pilotprojekt mit 70 Prozent Rezyklat im Fahrbahndeckenbeton

Mehr Recycling auf der Straße: Beim Pilotprojekt an der A62 setzte die

Autobahn GmbH auf einen Rekordanteil von 70 Prozent Recyclingmaterial im

Beton. Das Projekt zeigt, wie nachhaltiger Straßenbau in der Praxis gelingen kann.

Nachhaltigkeit effektiver auf die Straße zu bringen: Dieses Ziel hat sich die Autobahn GmbH auf die Fahnen geschrieben. Bestes Beispiel, um dies zu erproben, ist das Bauprojekt an der A62. Dort wurde die Fahrbahndecke an der unbewirtschafteten Rast­anlage (PWC-Anlage) Potzberg in beiden Fahrt­richtungen erneuert. Doch nicht nur das: „Wir nutzen das Projekt zugleich als Pilotstrecke, um auszuloten, ob sich Recyc­lingbeton als Rohstoff auch in größerem Umfang als bisher im Straßenbau einsetzen lässt. Unser Ziel ist es, die Recyclingquoten wesentlich zu erhöhen“, erläutert Oliver Leif, Betontechnologe und Teamleiter bei der Niederlassung West der Autobahn GmbH in Montabaur.

 

Nachbarland als Vorbild

Tatsächlich sind beim Pilotprojekt in Potzberg anstatt 40 Prozent Rezyklat-Anteil, wie im Regelwerk ­vorgesehen, satte 70 Prozent verbaut worden. Dieser Entscheidung liegen die guten Erfahrungen zugrunde, die in Nachbarländern bislang mit höheren Recyclingquoten im Straßenbau gemacht wurden. „Besonders die erfolgversprechenden Ergebnisse in der Schweiz haben uns ermutigt, auch einmal abseits bestehender Regelwerke zu agieren, um neue Erkenntnisse zu gewinnen“, erklärt Bauexperte Leif.

 

Besondere Anforderungen

Entsprechend unkonventionell waren die Anforderungen an die Baumaterialien und die Betonzusammensetzung in der Ausschreibung. Unter anderem sollten vorhandene Baustoffe und Ausbaumassen vollständig wiederverwendet werden. Um die Schotter­schichten der vorhandenen Verkehrsflächen und die anstehenden Böden nicht ausbauen und durch zugelieferte Baustoffe ersetzen zu müssen, kam eine in-situ-Boden­stabilisierung mit Zement zur Anwendung. Durch die Zugabe von 2 Prozent NovoCrete (IBS GmbH, Herrenzimmern) zum Zement wurden zudem die Tragfähigkeit, die Zugfestigkeit und die Wasserundurchlässigkeit der stabilisierten Bodenschicht verbessert. Ferner war der Einsatz von hohen Zugabemengen von Asphaltgranulat im einzubauenden Asphalt und rezyklierter Gesteinskörnung für den Beton gefordert. Konkret heißt dies: 70 Prozent der Gesteinskörnung sollten RC-Material Typ 1 sein und zwar in den Korngruppen 2/8 (15 Prozent), 8/16 (25 Prozent) und 16/22 (30 Prozent), ergänzt durch 30 Prozent Natursand. Als Zement war, statt des klassischen Fahrbahndeckenzements, der besonders klinkerarme CEM III/A 42,5 N gewünscht.

 

Betonqualität sichern trotz hoher Recyclingquote

„Die Herausforderung bei der Verwendung von Recyclingbeton ist, dass wir in der Regel nicht wissen, woher das Material stammt. Daher wissen wir auch nicht, ob es sortenrein ist oder Fremdstoffe enthält, die sich auf die Eigenschaften des Betons auswirken können“, sagt Bodo Wollny, Prüfstellenleiter der Qualitätsüberwachung bei der Heidelberg Materials Beton DE GmbH, Region Süd-West. Deshalb seien umfangreiche Untersuchungen notwendig, die unter anderem folgende Fragen beantworten sollen: Wie verhält sich das Material bei Wasserzugabe? Wie viel Wasser nimmt das Material auf? Wie verändern sich die Eigenschaften beim Transport vom Betonmischwerk zur Baustelle? Und wie wirkt sich die Außentemperatur auf die Verarbeitbarkeit aus? „Die Materialprüfungen haben wir in Kooperation mit der Materialprüfungs- und Versuchsanstalt Neuwied und in engem Austausch mit Stefan Ruppenthal von der Juchem-Gruppe bereits im Vorfeld des Fahrbahndeckeneinbaus gemacht und auch den Einbau selbst messtechnisch engmaschig begleitet“, erläutert Betontechnologe Wollny.

 

Ein rundum positives Fazit

Am Ende erfüllten sämtliche Prüfwerte die Anforderungen. Entsprechend bescheinigte Ruppenthal dem Material eine ausgezeichnete Qualität. Auch die sehr gute Zusammenarbeit aller Akteure trug zum Erfolg bei. „Wir haben auf Augenhöhe diskutiert und operiert. Es war eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre.“ Während die eigentliche Baumaßnahme im Jahr 2024 abgeschlossen wurde, werden die Prüfungen unter Federführung der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen (BASt) fortgeführt. Es wird jetzt darum gehen, zu beobachten, ob die erneuerten Flächen auch Extremwitterungen standhalten. Ist dies der Fall, stünde einer Nutzung von mehr Recyclingmaterial im Straßenbau prinzipiell nichts mehr im Wege.

 

Heidelberg Materials

www.heidelbergmaterials.de

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