Gute Sicht auf Sichtbeton

Schalungstechnik beim Bau des neuen Großflughafens BBI in Berlin

Wenn der neue Flughafen Berlin Brandenburg International BBI am 30. Oktober 2011 seinen Betrieb aufnimmt, wird er (passagierbezogen) zu den drei Größten in Deutschland zählen. Doch bis dahin laufen noch zahlreiche Baumaßnahmen des besonderen Infrastrukturprojektes. Der am süd-östlichen Rand von Berlin gelegene und noch operierende Flughafen Schönefeld wird derzeit im Zuge des Ausbaus zum BBI um knapp 1000 Hektar erweitert. Zwei parallel angelegte, 3600 und 4000 m lange Start- und Landebahnen sind vorgesehen. Zwischen beiden erstreckt sich das neue Terminalgebäude, über das in der Anfangsphase jährlich bis zu 27 Mio. Passagiere abgefertigt werden können. In Modulen kann es schrittweise für bis zu 45 Mio. Passagiere erweitert werden.

Das Herzstück ist der BBI-Tower

Den BBI-Tower der Deutschen Flugsicherung als Herzstück des Flugbetriebs baut die Ed. Züblin AG. Der 72 m hohe Turm mit dreigeschossigem Bodengebäude und elliptischer Kanzel ist ein schalungstechnischer Leckerbissen. Seine Rohbauzeit betrug knapp sieben Monate. Den Standort des BBI-Tower legten die Planer mit Hilfe einer Simulation der Sichtverhältnisse fest. Das 1.470 Hektar große BBI-Areal und sämtliche Flugbewegungen am und um den neuen Flughafen werden von hier überwacht und gesteuert.

Auf Bohrpfählen gegründet

Der Tower gründet sich auf einer 1,8 m starken Pfahlkopfplatte die auf 12 Bohrpfählen steht. Diese wurden 18 m in den Boden getrieben, ihr Durchmesser beträgt 0,9 m. Für die Betonage war ein Beton C 30/37 mit 325 Kg CEM III/A 42,5 N-LH/NA und 80 Kg Flugasche eingesetzt. Der Turm besteht aus dem 66 m hohen konischen Betonschaft und zwei angeschweißten Stahlkuben. Obschon für den Tower ursprünglich eine Stahlschalung mit SB4-Anforderungen ausgeschrieben war, setzten sich die als Nebenangebot eingereichte wirtschaftlichere Variante mit Betoplan-Schalhaut der Westag & Getalit AG und SB2-Anforderungen gemäß DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ durch.

Die Züblin AG, Bereich Systembau, stellte die Außenschalung als umschließende Holzträgerschalung zusammen. Als Innenschalung diente die Rahmenschalung. Sie konnte durch den Einsatz von Spindeldecken entsprechend dem Bauverlauf versetzt und angepasst werden. Diese SCFSelbstkletterschalung von Hünnebeck lässt alle hohen Bauwerke erschütterungsfrei und kranunabhängig nach oben wachsen. Rationelle Takte, kürzere Schalzeiten und weniger Personal zeichnen das System aus. Die Rohbauarbeiten erfolgten über vier hydraulisch verfahrbaren SCFArbeitsbühnen (9.55 m x 3,86 m). Die Selbstkletterschalung mit der integrierten Holzträgerschalung weist extrem hohe Tragfähigkeiten von bis 150 kN auf.

 

Oberflächen und Takte ordentlich

Züblin-Projektleiter Dipl.-Ing. Christian Bittner: „Das Konzept Kletterschalung in Verbindung mit der Betoplan überzeugte die Praktiker. Eine verlässliche Taktgeschwindigkeit und sehr ordentliche Betonoberflächen gehörten dazu. Über ein vierstöckiges Arbeitsgerüst auf der Kletterbühne oberhalb der Schalelemente verlegten und richteten wir die bis zu 13 m langen Stabstahlbewehrungen. Im Vier-Tage- Takt erfolgte dann das Betonieren in Abschnitten von je 5,4 m“. Da die tonnenschweren Bühnenkonsolen bereits nach drei Tagen am neuen Betonierabschnitt hängen mussten, wählten die Betontechnologen eine C 35/45 Betonrezeptur mit hoher Frühfestigkeit.

 

Einwandfreie Sichtbetonqualität

Der Schalungsbauer konfektionierte die 2000 mm x 5200 mm großen und 21 mm starken Platten des Herstellers Westag & Getalit AG entsprechend den baulichen Vorgaben und auch nach mehrmaligem Einsatz wurde eine einwandfreie Sichtbetonqualität festgestellt. Betoplan Top, die Großflächenschalhaut nach DIN 68792 mit dem gleichen Furniersperrholz-Aufbau wie die Betoplan plus, jedoch mit einer Top- Beschichtung von 550 g/m² je Seite einschließlich einem als Puffer wirkenden Faservlies. Sie hilft die Einsatzzahlen zu optimieren. Eine Schwierigkeit stellte unter anderem der sogenannte Treppenhausrucksack unter der Kanzel mit zwei unterschiedlichen Höhen dar. Den Abschluss der Betonierarbeiten bildete die Betonierung der Kanzeldecke. Die Zugänglichkeit und begrenzte Abschalmöglichkeit der Decke erschwerten diese Arbeiten. Schlussendlich wurde das Problem mit einer passgenauen Elementdecke und Aufbeton gelöst. Im Bodengebäude des Tower sind sowohl Büro- und Sozialräume der Flugsicherung als auch die Versorgungs- und Flugsicherungstechnik vorgesehen. Datenübertragung, Stromversorgung und Klimatisierung spielen eine entscheidende Rolle und ergeben ein technisch hoch komplexes Gebäude.

Im Stahlbetonteil des Schaftes liegen die Versorgungsschächte und die beiden Aufzüge. Am Schaft angehängt ist eine Nottreppe als offene Stahlkonstruktion. Der Turmkopf besteht aus zwei um 90° versetzten Containern (oder Stahlkuben) und der Towerkanzel. In den beiden Containern sind u. a. die Klimaanlage, in Krisenraum sowie Aufenthalts- und Nebenräume untergebracht. Der Hauptzugang zum Gebäude befindet sich im Nordwesten. Die innere Erschließung erfolgt über die Eingangshalle in der Ebene 00. Von hier gelangt man entweder in den abgesicherten Trakt mit Versorgungstechnik oder über eine Freitreppe und Personenaufzug in die Ebene 01, wo Büroräume und flugsicherungstechnische Räume der Niederlassung untergebracht sind. In Ebene 2 befinden sich die Aufenthalts- und Ruheräume der Lotsen sowie eine großzügige Dachterrasse. Als Ruhepol für die Lotsen ist ein Innenhof vorgesehen.

 

Neubau von zwei Feuerwachen

Im Juni und September 2009 starteten die Rohbauarbeiten zum Bau der Feuerwachen West und Ost auf dem künftigen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg International BBI. Das Unternehmen Berger Bau, eine inhabergeführte, mittelständische Unternehmensgruppe erhielt im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung den Auftrag zur Erstellung der Rohbau- und Betonarbeiten. Der Auftragsumfang beinhaltet unter anderem die Einrichtung der Baugruben, Gründung, Tragkonstruktionen sowie die Dachausführung teilweise als Gründächer der Objekte Feuerwache West, Feuerwache Ost, Technische Instandsetzung, Winterdienst- und Waschhalle. Die Arbeiten erfordern neben der gewerkeseitigen Koordination einen erhöhten Abstimmungsaufwand zu den parallel laufenden Baumaßnahmen und Prozessen auf dem Gesamtbaufeld des BBI. Beide Feuerwachen sind in Flachgründung auf Einzel- und Streifenfundamenten ausgeführt. Die Sichtbetonqualität ist in SB 2 und punktuell in SB3 Klassifizierung gefordert. Aufgrund der Verwendung von Enteisungsmittel des Winterdienstes werden Betonbodenflächen teilweise Alkali- /Kieselsäure beständig ausgeführt. Zur Gewährleistung der Sichtbetonqualität in Kantenausbildung oder Einheitlichkeit der Betonfarbe wird auf Fertigteile aus Betonwerken zurückgegriffen. Ortbetonbauweise wird nur in Bereichen eingesetzt, die keinen erhöhten architektonischen / optischen Ansprüchen entsprechen müssen. Die Tragwerke der Gebäude werden als Stahlbetonfertigteile ausgeführt. Für die Außen- und Innenwandbauteile werden Ortbeton und Hohlwandplatten mit Ortbetonfüllung eingesetzt.

 

Feuerwache West

Die Feuerwache West besteht aus vier Ebenen bei einer Grundrissabmessung von ca. 82 x 82 m und einer maximalen Höhe von ca. 19,80 m. Die Wache West wird unter insgesamt drei Feuerwachen die Hauptfeuerwache des BBI mit der zentralen Feuerwehreinsatzzentrale. Zudem beherbergt sie mit dem Airport Control Center, der
Notfalleinsatzzentrale, der Sicherheitsleitstelle sowie der Leitstelle Technik operative Kernelemente zur zentralen Steuerung des BBI. Drei Fahrzeughallen mit bis zu 25 Stellplätzen für unterschiedlichste Fahrzeugarten, administrative Flächen, Aufenthalts- und Ruheräume sowie Werkstattbereiche diverser Funktionen werden für die Flughafenfeuerwehr vorgehalten. Aus betrieblichen Synergien wird im baulichen Kontext der Feuerwache West eine Großfahrzeughalle (ca. 100 x 57 m) für den Winterdienst, sowie eine zusätzliche LKW Waschhalle (ca. 13 x 32 m) – zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Winterdienstfahrzeuge – errichtet.

 

Feuerwache Ost

Die Wache Ost bildet in Ergänzung der Feuerwache West und der Bestandswache, die betrieblich weiterhin für den BBI erforderlich ist, in erster Linie den Gebäudebrandschutz des neuen Fluggastterminals ab. Bei Außenabmessungen von ca. 88 x 32 m und ca. 8,20 m Höhe beinhaltet die Wache auf zwei Ebenen die Feuerwehrgrundfunktionen, die Feuerlöscherwerkstatt sowie die Sanitätsstelle. In drei Hallenbereichen stehen 14 Stellplätze für Einsatzfahrzeuge zur Verfügung.

 

Westag-Schalhaut

Dipl.-Ing. Jan Müller, Bauleiter Hochbau Berger Bau: „Schalungstechnisch setzten wir als Trägerschalung Doka Top 50 sowie FF 20 jeweils in Kombination mit Phenox NFO(*)-Schalhaut der Westag ein. Sie erfüllten die Anforderungen bezüglich Form, Größe und Ankerbild und sorgten für schnelle Schalungstakte auch bei hohen Anforderungen an die Betonoberfläche“. Dipl.-Ing. Uwe Gassmann, Fachberater der Westag & Getalit AG, begleitete die Baustelle seit Anbeginn. Auf Grund der ersten guten Erfahrungen mit Phenox NFO beim Bauvorhaben Astro Physikalisches Institut (hier allerdings mit Weißbeton ) in Potsdam, hatte sich die Firma Berger Bau auch bei diesem Bauvorhaben entschieden, die Phenox NFO einzusetzen. Die NFO-Oberflächen mit doppellagigem Aufbau und einem Filmgewicht von 500 g/m² erfüllten alle an sie gestellten Anforderungen und zeichneten sich durch hohe Wirtschaftlichkeit aus. Gegenüber Platten mit anderen Oberflächen entsteht kein Arbeitsaufwand für das Auftragen von Schalöl und folglich keine Kosten.
(* NFO = No Form Oil = Kein Schalöl)

 

Terminalvorfahrt

mit Sichtbetonpfeilern

Das sechsgeschossige Terminalgebäude des BBI, in dem pro Jahr bis zu 27 Millionen Fluggäste abgefertigt werden können, liegt zwischen den beiden Start- und Landebahnen. Porr Deutschland GmbH, Zweigniederlassung Berlin, erhielt in Arbeitsgemeinschaft mit Matthäi Bauunternehmen GmbH & CO.KG Berlin den Auftrag für die komplette und funktionsfähige Herstellung der privaten Straßenerschließung des Flughafens. Das Größte der insgesamt 13
Brücken- und 6 Stützbauwerke ist die Hauptterminalvorfahrt: Ein tiefgegründetes Brückenbauwerk von 480,00 m Länge und 45,00 m Breite, dass sich im Mittelbereich auf eine Breite von 18 m verjüngt. In diesem Bereich liegt die Fahrbahn teilweise auf dem Tragwerk des Terminalerdgeschosses. Auch die 120 quadratischen, den Überbau der Terminalvorfahrt tragenden 15,00 m hohen Stützen wurden in Sichtbeton erstellt. Allerdings in diesem Fall mit der Betoplan S geschalt, die auf einem Doka Top 50 Trägerschalungssystem montiert war. Die leicht saugende Filmbeschichtung der Platte ergibt porenarme Betonoberflächen und sie verbessert deutlich die Randbetoneigenschaften. Deshalb war sie auch für die Widerlager/Flügel weiterer Brücken und Überführungen ausgeschrieben.

Im vergangenen Jahr wurden die Rohbauarbeiten an dem 715,00 m langen Mainpier abgeschlossen und mit der Stahlkonstruktion des Terminal-Hallendaches und seiner Fassade aus Stahl und Glas begonnen. Pier Nord ist bereits im Rohbau fertig gestellt, die Flugbetriebsflächen sind in Bau. Der erste Rohbauabschnitt der unterirdischen Schienenanbindung für den BBI wurde im Juli vergangenen Jahres an die Deutsche Bahn übergeben.

Flughafen BBI: Sichtbeton
wohin das Auge blickt!

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