An zwei Wochenenden ausgetauscht
Erstmalige Aktion auf Großbrücke mit viel Manpower, Planung und ErfahrungInnerhalb von nur zwei Wochenenden mit je 50 Stunden Sperrzeit wurden Übergangskonstruktionen und Lager der Rheinbrücke Speyer erfolgreich ausgetauscht. Dabei kamen Maurer-Lösungen zum Einsatz.
Den alten Rollverschluss gegen eine moderne MSM Schwenktraversen-Übergangskonstruktion (Üko) austauschen, eine kleinere Maurer-Trägerrostfuge generalsanieren und vier alte Rollenlager gegen neue Kalottensegmentlager wechseln – das erledigte Maurer im März 2024 an einem Wochenende mit nur 50 Stunden Vollsperrung. Und am nächsten Wochenende lief die gleiche Aktion in der anderen Fahrtrichtung noch einmal. Dieser Erfolg hat viele Väter: von umfassender Planung im Vorfeld über Speziallösungen bis hin zu einem großen und eingespielten Team vor Ort.
Rheinbrücke A61 bei Speyer: Zwischen der Schrägseilbrücke und der Vorlandbrücke (rechts) wurde die Üko ausgetauscht
© Lothar Reichel
Im Zuge der A61 bei Speyer überspannen zwei Brückenbauwerke den Rhein und das Rheinvorland: die markante Schrägseilbrücke über den Rhein und eine linksrheinische Vorlandbrücke. Beide Brücken wurden vor über 50 Jahren gebaut und sind gemeinsam auf einem Trennpfeiler links des Rheins gelagert. Der dortige Fahrbahnübergang musste nach mehreren Reparaturen und Instandsetzungen komplett erneuert werden.
Links die neue Üko unter Verkehr, die am vorhergehenden Wochenende ausgetauscht worden war; rechts die Lücke nach dem Ausbau des alten Rollverschlusses
© Andreas Hantschke
Fahrbahnübergangskonstruktionen (Ükos) sind flexible Bauelemente und gleichen an den (unbeweglichen) Brückenenden die Bewegungen aus, die der Brückenüberbau infolge von Verkehr, Wind und Temperaturschwankungen aufweist. Gleichzeitig stellen sie sicher, dass der Verkehr ohne Einschränkung über diese Nahtstelle fahren kann, unabhängig vom Verschiebezustand der Brücke.
Besondere Herausforderung bei der Rheinbrücke Speyer war, dass die Ükos Verformungen und Bewegungen von zwei beweglichen Überbauten (Strom- und Vorlandbrücke) an ihrem Treffpunkt ausgleichen müssen. Daher wurden sie als Sonderkonstruktionen geplant und ausgeführt. Zudem hat die 456 Meter lange Schrägseilbrücke einen stählernen Überbau, die 302 Meter lange Vorlandbrücke ist aus Spannbeton. Die Ükos waren also auf der einen Seite an Stahl, auf der anderen an Stahlbeton anzuschließen.
Die neue Übergangskonstruktion auf dem Schwer-transport (Foto l.)
© Lothar Reichel
Die Autobahnsperrzeiten sollten so gering wie möglich gehalten werden – das brachte zusätzliche Herausforderungen mit sich, denn der alte Übergang war als Rollverschluss eingesetzt. Diese Bauart wird seit den 1970er Jahren nicht mehr ausgeführt, entsprechend anders ist der Einbau einer Üko heute. Doch jeder Eingriff ins Bauwerk beim Aus- und Einbau kostet Zeit.
Zudem sollten die Sperrzeiten für weitere Sanierungsmaßnahmen genutzt werden: für die Sanierung einer Maurer-Trägerrostfuge am Widerlager und den Wechsel von 4 Brückenlagern pro Fahrtrichtung.
Nur 50 Stunden Sperrzeit
Üblicherweise dauert ein Üko-Tausch 4 bis 6 Wochen pro Bauabschnitt. Das Baustellenteam bewältigte die Aktion an zwei aufeinander folgenden Wochenenden im März 2024 mit je 50 Stunden Sperrung einer Fahrtrichtung – eine bundesweit einmalige Leistung. Diese Rekordzeit wurde dank intensiver Planungen und Vorbereitungen zusammen mit allen Projektbeteiligten realisiert.
Einhub der neuen, 12-profiligen Üko mit einem Großaufgebot an Fachkräften
© Lothar Reichel
Entscheidend war, dass die Anschlussdetails der Üko auf eine minimale Einbauzeit optimiert wurden: Vor Ort durften möglichst wenig Eingriffe ins Bauwerk erfolgen. Deshalb wurden so viele Leistungen wie möglich ins Vorfeld, also ins Werk in München, verlegt. Das ganze Wochenende war dann im 15-Minuten-Takt durchgeplant:
Entfernen der alten Fugen
Vorbereitung der Einbaustellen
Einhub der neuen Fugen
Anbindung der neuen Fugen an Stahl/Beton; insbesondere der Stahlanschluss war eine technische Herausforderung und erforderte viel Manpower
Betonverguss
Fahrbahnbelag
Abnahme
MSM Schwenktraversen für anspruchsvollenBrücken
Die Üko an Ort und Stelle: Gut sichtbar sind die Traversen mit den glänzenden Katamaranlagern in W-Form. Sie tragen die Lamellen (quer zur Fahrbahnrichtung) mit den Lärmschutzrauten
© Lothar Reichel
Die neuen MSM-Schwenktraversenkonstruktionen (XS12) mit 12 Dichtprofilen und Geräuschminderung, die auf der A61 bei Speyer zum Einsatz kamen, können eine mögliche Längsverschiebung von 1.140 Millimetern ausgleichen. Jede Üko ist mit Gehwegen 16,5 Meter lang (in der Fahrbahn 12,75 Meter) und 21 Tonnen schwer – die derzeit größten MSM-Schwenktraversen in Deutschland.
Übergangskonstruktionen mit Schwenktraversen werden seit Jahrzehnten erfolgreich in anspruchsvolle Brücken weltweit eingebaut. Sie erlauben Bewegungen von bis zu 3 Metern und ggf. mehr, sowie Verdrehungen in alle Richtungen. Die Schwenktraversen tragen die obenliegenden, parallelen Profile. Die Traversen verlaufen leicht schräg zur Fahrtrichtung und sorgen so dafür, dass sich die öffnenden und schließenden Bewegungen der Brücke gleichmäßig auf die Dichtprofile zwischen den Stahlprofilen verteilen.
Anschweißen der neuen MSM-Schwenktraverse an die rheinseitige Stahlbrücke. Oben im Bild zu sehen sind die Schwenktraversen, auf denen die obenliegenden Profile lagern
© Andreas Hantschke
Eine Besonderheit der MSM Schwenktraversen-Kon-struktionen von Maurer ist die Lagerung der Lamellen: Statt in einfachen Elastomerlagern laufen sie in neu entwickelten W-förmigen MSM-Lagern. Diese sogenannte Katamaran-Lagerung lässt die Profile leichter und präziser über die Traversen gleiten. Die Form und der Hochleistungs-Gleitwerkstoff MSM verhindern Zwängungen und erhöhen die Lebensdauer.
Die Lamellen der Üko bei Speyer tragen oben zusätzlich Rauten zur Geräuschminderung. Die aufgeschweißten, speziell profilierten Rauten reduzieren den Geräuschpegel um 30 bis 50 Prozent. Aufgeschweißt deshalb, weil das erheblich länger hält als verschraubte Elemente, die sich durch die ständigen Überfahrungen lösen können.
Übergangskonstruktion unter Verkehr: Die Rauten mindern Überfahrgeräusche (Foto l.)
© Andreas Hantschke
Plus Lagertausch plus Üko-Instandsetzung
Zusätzlich führte Maurer während der beiden Wochenend-Sperrungen weitere Arbeiten aus:
Am nordwestlichen Widerlager wurde eine Maurer Trägerrost-Dehnfuge (D240) generalüberholt mit Wechsel aller Verschleißteile: Gleitlager, Gleitfedern, Steuerfedern und Dichtprofile.
An denselben Widerlagern der Vorlandbrücke und dem Trennpfeiler wurden je Bauabschnitt 4 vorhandene Rollenlager durch Kalotten-Segmentlager ersetzt.
Explosionszeichnung zum Prinzip Kalottensegmentlager: Der längliche Grundriss eignet sich hervorragend, Rollenlager zu ersetzen. Die gekrümmte Gleitfläche nimmt auch Verdrehungen auf
© Maurer
Auch der letzte Punkt ist eine Besonderheit von Maurer: MSM Kalotten-Segmentlager haben im Gegensatz zu normalen Kalottenlagern einen rechteckigen Grundriss. Sie können damit genau an die Anschlussflächen der alten Rollenlager angepasst werden, haben aber bessere technische Werte und eine höhere Lebensdauer. Diese modernen Speziallager sind also der optimale Ersatz für Rollenlager bei geringem Eingriff ins Bauwerk.
Die beiden Wochenenden waren nur mit einem Personal-Großaufgebot zu bewältigen. Maurer nutzte dafür die Ressourcen aus allen Montagestandorten. Die Projektleitung kam aus München, ebenso die Bauleitung für die Ükos. Die Bauleitung für den Lagerwechsel hatte der Standort Lünen inne. Die über 30 Monteure kamen aus allen Montagestandorten: Bernsdorf, Lünen, München und Wien. Maurer war bei dem Projekt als Hauptauftragnehmer einer Baufirma tätig.