Voll im Bilde mit der CamFlex und dem „Profi 3

Grundleitungsuntersuchung in der Dr. Karl Kroiß-Schule

Die gesetzliche Pflicht, bis 2015 alle privaten Grundstücksentwässe­rungs­anlagen zu untersuchen und nötigenfalls zu sanieren, stellt Schul­träger vor besondere Aufgaben – erst Recht, wenn die Schule in einer Wasserschutzzone liegt und deshalb mit noch kürzerer Frist zu inspizieren und samt aktuellem Lageplan zu dokumentieren ist.

Zur korrekten und fristgerechten Erfüllung solcher Aufgaben kommt es sehr auf die verfügbare Technik an. Eine mögliche Lösung zeigt das Beispiel der Dr. Karl Kroiß-Schule, Förderzentrum Förderschwerpunkt Hören, in Würzburg-Heuchelhof. Hier inspizierte die Kanal-Türpe Gochsheim GmbH & Co. KG das 1500 m lange Grundleitungsnetz in den Sommerferien 2009 mit dem Kamerasystem „Profi 3“ der Kummert GmbH, Gerolzhofen. Für den Kamerahersteller hatte das Vorhaben Pilot-Charakter: Erstmals wurde hier das System „Profi 3“ unter Praxisbedingungen eingesetzt, die neueste Anlage zur automatischen Erfassung und Aufzeichnung von Leitungsverläufen während der Inspektion.

Hoher Sanierungsbedarf

Die Dr. Karl Kroiß-Schule in Würzburg-Heuchelhof wurde 1976/77 als Förderschule für Hörbehinderte und autistische Kinder errichtet. Träger ist der Bezirk Unterfranken. Inzwischen wies die Schule unter energetischen Aspekten Defizite auf, was zu einem ursprünglich auf mehrere Jahre angelegten Sanierungsprogramm führte. Das Konjunkturprogramm II der Bundesregierung führte zu einer Sonderzuweisung an die Schule von 2,2 Millionen Euro aus diesem Etat. Damit können die erforderlichen energietechnischen Erneuerungsmaßnahmen nun umgehend durchgeführt werden. Zügig angegangen werden kann nun auch die Inspektion der Abwasseranlagen des vier Hektar großen Schulgrundstücks. Die Zustandserfassung fordert das Wasserrecht bis spätestens 2015. An der Dr. Karl-Kroiß-Schule musste es in Teilbereichen noch schneller gehen. Das Grundstück liegt partiell in einer Wasserschutzzone III und das bedeutet: noch einmal deutlich verkürzte Inspektionsfristen. Zudem gab es in der Vergangenheit Probleme mit der Drainage des Baukomplexes, was punktuell zu durchfeuchteten Wänden führte. Auch diesem Phänomen galt es auf den Grund zu gehen.

Ein Fall für Profi 3

Insgesamt sind an der Schule rund 1500 m Abwasserleitungen in Nennweiten von DN 70 bis DN 150 von der Inspektionspflicht betroffen. Der Herausforderung stellte sich der Schulträger in einer zweistufigen Vorgehensweise. Im Dezember 2008 wurde deshalb die Kanal-Türpe Gochsheim GmbH nach einer Ausschreibung beauftragt, eine Kameravoruntersuchung des gesamten Systems durchzuführen. In einem ersten Durchgang sollte der Gesamtzustand des Netzes eingeschätzt und eventuelle Durchführungsprobleme für eine exakte Bestandsaufnahme identifiziert werden. Dabei zeigte sich, dass das in Gussrohr ausgeführte Netz während dreier Betriebsjahrzehnte erhebliche Inkrustationen angesetzt hatte, so dass der Inspektion in weiten Teilen eine Grundreinigung mit einer Kettenschleuder voran gehen musste.

Bei der Untersuchung im Winter 2008 kam das Profi II, und ein halbes Jahr später bei dem eigentlichen Inspektionsdurchgang in den Sommerferien 2009 – das Inspektionssystem Profi 3 der Kummert GmbH, Gerolzhofen, zum Einsatz.

Entscheidendes Merkmal dieses Systems ist die Kamera CamFlex, die speziell für die Untersuchung von Grundleitungssystemen von DN100 bis DN200 entwickelt wurde und innerhalb des Leitungssystems in Seitenabzweige abbiegen kann – wenn nötig, auch mehrfach hintereinander. So können weit verzweigte Systeme prin­zipiell komplett bis zu den Einleitungsstellen untersucht werden. Die navigierbare Kamera ist eine Weiterentwicklung der weit verbreiteten Kummert-Schiebekameras.

Der Kamerakörper der CamFlex ist in drei Segmente geteilt, die durch Kugelgelenke verbunden und gegeneinander allseitig um bis zu 45° beweglich sind.
Der Operator des Systems kann die Kamera auf dieser technischen Grundlage unter Bildschirmbeobachtung in Seitenzuläufe von bis zu 90° einsteuern. Nach dem Ab­biegen werden die Kameragelenke wieder in 0°-Stellung gestreckt und die Kamera, die über eine hochauflösende Farboptik verfügt, wird bis zum nächsten Abzweig geradeaus ins Rohr eingeschoben.

Eine wesentliche Komponente des Profi II-Systems ist die mobile Steuer- und Kontrolleinheit mit der Datenerfassungs-Software „can3D“. Die neue Version, das „Profi 3“, wurde an der Dr. Karl-Kroiß-Schule vom Kanal-Türpe-Team in einer Beta-Version auf Praxistauglichkeit getestet.

Lagepläne werden generiert

Die Software can3D leistet nicht nur die klassische Aufgabe der Bilddatenerfassung. Die besondere Finesse der Kummert-Software liegt darin, dass sie während der Inspektion den exakten Verlauf der befahrenen Leitungen registriert und so speichert, dass daraus ein der Realität unter Tage entsprechender Leitungs-Lageplan erstellt werden kann. In Verbindung mit der navigationsfähigen CamFlex eröffnet das ganz neue Dienstleistungs-Perspektiven. Lagepläne können künftig mit minimalem Zusatzaufwand generiert und als wertvolle Zusatzleistung an den Kunden gebracht werden.

Technisch funktioniert das so: Der Operator am Steuer- und Kontrollmodul misst jeden Richtungswechsel in der Leitung, sei es ein Bogen oder ein Abzweig, mit Hilfe eines optischen Bezugssystems ein, das aus einem Referenzkreis und einem Fadenkreuz besteht. Beides wird jeweils vor und nach dem Richtungswechsel auf die Leitungsmitte hin zentriert; der Computer der Kamera registriert in 3D-Koordinaten die für die Richtungsveränderung notwendigen Bewegungen der Kugelgelenke und berechnet daraus eine horizontale und vertikale Winkelangabe.

Aus dem so aufgezeichneten Bewegungsprotokoll der Kamera generiert die Software einen dreidimensionalen Lageplan des gesamten Netzes mit einer für die praktischen Belange der Instandhaltung hinreichenden Genauigkeit. Die Lagedaten lassen sich in der GIS-fähigen Version „Profi 3“ problemlos jedem vorhandenen Planwerk überlagern; dieses muss ggf. eingescannt und in einer einfachen Prozedur mit einem Maßstab versehen werden. Neu ist beim „Profi 3“ auch die Option eines Datenimports und Exports in DWG- und DXF-Formate.

Durch Einmessung von Startschächten und Entwässerungsgegenständen mit einem GPS-Empfänger lässt sich die gesamte Messung zudem sehr genau durch „Geo-Referenzierung“ in das übergeordnete Koordinatensystem einbinden. Derzeit konkurrenzlos ist der Viewer der Software, mit dem sich eine unmittelbare, ausgesprochen plastische Beziehung zwischen den Leitungs-Lagedaten und den Bilddaten herstellen lässt: Fährt man mit der Maus einen Strang des virtuellen Netzes entlang, so ist das zugehörige Bild aus der Leitung in einem Fenster jederzeit „live“ präsent. Man kann aber auch in der Leitung markierte Schadenstellen per Mausklick unmittelbar ansteuern und darstellen. Oder man folgt in Ruhe den Bilddaten und sieht dabei jederzeit, wo man sich im Netz befindet.

Während diese unmittelbare Verknüpfung des quasi „nebenbei“ generierten Leitungsverlaufs mit dem Bilddatenstrom in der Version „Profi II“ erst im Nachhinein verfügbar war, zeichnet die Nachfolgeversion „Profi 3“ sich dadurch aus, dass sie diese Verbindung bereits dem Operator bei der Arbeit bietet – und allen, die ihm währenddessen über die Schulter schauen. So lässt sich dem Auftraggeber vor Ort die Lage im Untergrund unmittelbar veranschaulichen, zudem kann er bei einer solchen Live-Betrachtung sicher sein, dass ihm nicht letztendlich völlig fremde Inspektionsdaten geliefert werden – was leider durchaus immer wieder vorkommt. Der Inspekteur wiederum hat selbst eine unmittelbare Orientierung und kann z.B. in Leitungsverläufe, die ihm unplausibel erscheinen, frühzeitig eingreifen, indem er beispielsweise Winkel von Bögen und Abzweigen noch einmal kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert. Das reduziert den Zeitaufwand für die Nachbearbeitung im Büro erheblich. Grundsätzlich stehen zur Benennung von Schadensbildern sämtliche gängigen Kürzelsysteme je nach Wunsch des Auftraggebers zur Verfügung. Dabei ist die Stift-Eingabe der Schadensmenüs an der mobilen Steuer- und Erfassungseinheit ein Vorbild an Einfachheit. Die durchaus komplizierten Kürzel nach EN 13508 muss somit niemand im Kopf haben: Das „Profi 3“ erzeugt sie aus den Menüeingaben automatisch.

An der Dr. Karl-Kroiß-Schule hat sich die Kombination von can3D und „Profi 3“ jedenfalls nach Ansicht aller Beteiligten voll bewährt. Die 1500 m des Grundstücksentwässerungs-Systems wurden binnen 20 Arbeitstagen vollständig in Zustand und Lage erfasst und dokumentiert. Somit steht nun für die nachfolgend notwendige teilweise Sanierung eine in jeder Hinsicht vorbildliche Datenbasis zur Verfügung. Das „Profi 3“ ist ab November 2009 auf dem Markt verfügbar.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 2009 / 1-2

Links abbiegen unter Bergfried und Palas

TV-Inspektion der Abwasserleitungen auf Schloss Waldeck mit dem System „CamFlex – can3D“

Nicht nur unter Eigenheimen und Gewerbebetrieben müssen nach hessischem und Bundesrecht Abwasser-Kanalsysteme auf ihren Zustand untersucht werden, sondern auch unter historischen Liegenschaften,...

mehr
Ausgabe 01/2012

Durch Qualen zur Qualität

Inspektionssystem „CamMobile Profi 3“ wird ausgeliefert

Dieser Schritt wurde in der Branche mit großer Ungeduld erwartet, da das „Profi 3“ die Steuerungs- und Dokumentationsplattform für die Grundstücksentwässerungs-Kamera CamFlex ist, die sich seit...

mehr
Ausgabe 03/2018

Inspektion und Dichtheitsprüfung auf höchstem Niveau

Produktvielfalt, Service und Innovation

RCA 4.0 Full HD Die Entwicklung der Rausch RCA Linie hat bereits in den 90iger Jahren begonnen und durch kontinuierliche Weiterentwicklung immer wieder neue Trends im Markt gesetzt – 2018 erneut! Als...

mehr
Ausgabe 11-12/2020

Skalierbare Technik für das Untersuchen und Prüfen von Abwasserkanälen

www.rauschtv.com Die mobile Omicron von Rausch ist weltweit das erste Inspektionssystem in Full-HD, das sowohl Schiebe- als auch Fahrwagenbetrieb ermöglicht. Durch einen schnellen Wechsel des...

mehr
Ausgabe 09/2020

Digitalisierung in der Inspektion von Abwasserkanälen

Lagemessung von verwinkelten Abwasserleitungen mit ASYS
2003: JT-Kamerfahrwagen mit elektrischer H?henverstellung und montierter Spherix-Kamera mit schlauchverbundenem Tender und dort integrierter PC-Einheit.

Bereits in den 1980er Jahren wurden die ersten CCD-Kameras und analoge Bildspeichersysteme zur Erfassung und Dokumentation der untersuchten Kanalabschnitte eingesetzt. Mit hochauflösenden Kamerachips...

mehr