Neue Dimensionen
der Schalungsplanung

Konsequent digitalisierter ­Planungs- und Bauprozess

Unser Alltag verändert sich schneller denn je. Technologischer Fortschritt und

Digitalisierung haben dabei großen Einfluss auf unsere Arbeitsweise und macht ganze Projekte schneller, flexibler, effizienter.

Building Information Modeling (kurz: BIM) ist die digitale Antwort der Bauwirtschaft auf diese Entwicklung. Lange Zeit galt die Branche als schwer digitalisierbar. Während Architekten und Bauzeichner früher Stift und Papier durch Computer und Software ersetzten, dauerte es noch eine Weile, bis vollständig digitale Lösungen bereitstanden. Die Idee hinter BIM ist so einfach wie genial: Sämtliche Informationen des Bauprojekts werden zusammen mit einem dreidimensionalen Modell in einer digitalen Datenbank gesammelt, koordiniert, abgestimmt. Das ist erst einmal leichter gesagt als getan, bietet im Verlauf der Bauarbeiten jedoch große Vorteile.


Pilotprojekt in der Schweiz

Wie genau die Projektabwicklung einer vollständig digitalisierten und konsequent papierlosen Baustelle abläuft, erprobt das Ingenieur-, Planungs- und Beratungsunternehmen Basler & Hofmann AG im Rahmen eines eigenen Pilotprojekts. Das Schweizer Unternehmen errichtet an seinem Standort in Esslingen, im Kanton Zürich, einen dreigeschossigen Erweiterungsbau für ein bestehendes Bürohaus.

Da dieser Standort der Basler & Hofmann AG als Entwicklungslabor für neue Technologien dient, ist er damit geradezu prädestiniert für das digitale Pilotprojekt. Das Unternehmen übernahm im eigenen Bauprojekt die Gesamtprojektleitung, die Projektierung aller Gewerke im BIM-Modell und die BIM-Koordination. Die bauliche Umsetzung des Projekts erfolgt ausschließlich auf Basis des digitalen Modells.

 

Big closed BIM

Die zentrale Anforderung des innovativen Bauherrn lautet: Das ganze Bauwerk ist von allen Beteiligten und für alle Gewerke ausschließlich in einem einzigen BIM-Modell, also in einer einzigen Datenbank, zu planen. Diese Arbeitsmethode wird in der Fachsprache als „big closed BIM“ bezeichnet und steht für fachübergreifendes Arbeiten (big) in einer definierten Software (closed). In der bisher gängigen BIM-Praxis erstellt für gewöhnlich jede Disziplin ihr eigenes Fachmodell. Die Modelle werden anschließend in einem regelmäßigen Turnus koordiniert. Die Fachplaner von Basler & Hofmann arbeiteten alle in ein und derselben Datenbasis, sodass die Abstimmung nicht im Wochenturnus, sondern in Echtzeit verläuft.

 

Digitaler Zwilling

Der Nutzen dieses digitalen Projekts reicht allerdings noch weiter. Die Basler & Hofmann AG will mit diesem Innovationsprojekt nicht nur die Koordination der Modelle optimieren, sondern integral planen und einen digitalen Zwilling des Gebäudes erschaffen. Dieses integrale Modell dient über die Erstellung des Bauwerks hinaus und kann verwendet werden, um später etwaige Umbauten, Umnutzungen und das Facility Management zu simulieren.

 

Herausforderung für den Bauherrn

Dieser umfassende Ansatz fordert nicht nur Planer und Anwender heraus, sondern bedeutet auch eine Umstellung für den Bauherrn selbst. Viele Entscheidungen mussten deutlich früher getroffen werden als bei einem konventionellen Planungsprozess. Alle Fragen und Abhängigkeiten wurden daher noch im Modell geklärt. Da etwa die Auswahl sanitärer Gegenstände einen Einfluss auf die Anschlüsse hat, musste auch diese Frage vorab geklärt werden. Früher abschließend zu entscheiden ist dabei nicht nur für den Bauherrn eine Herausforderung, sondern auch für Architekten und Planer, die entsprechende Entscheidungsunterlagen frühzeitig bereitstellen.

 

Innovative Partnerschaft

In diesem Zusammenhang hat die Basler & Hofmann AG mit der Marti AG auch das verantwortliche Bauunternehmen frühzeitig in den Prozess miteinbezogen. Das ist ebenfalls ein ungewöhnliches und zugleich innovatives Vorgehen. Alessandro Walpen, BIM-Verantwortlicher der ausführenden Marti AG, erklärt: „Für uns war es ideal, so früh im Projekt miteinbezogen zu werden. Der Unternehmer wird heute in der Regel vor vollendete Tatsachen gestellt und nicht um seinen Beitrag zur Optimierung der Planung gebeten.“

Auf der Suche nach einem innovativen Partner, der die digitalen Entwicklungen begleiten und vorantreiben kann, wendete sich der Bauunternehmer an Meva. „Die Idee der integralen Planungen von Basler & Hofmann hat uns sehr gut gefallen“, sagt Alessandro Walpen. „Daher wollten wir diesen digitalen Ansatz für uns selbst nach Möglichkeit auch im Rohbau verstärkt nutzen. Meva überzeugte uns dabei mit fortschrittlichen Entwicklungen im Bereich BIM.“

 

Digitale Schalung

Meva hat die digitale Entwicklung bereits früh als Chance für die Schalungsplanung erkannt und brachte mit der Fachabteilung IT-Engineering Services somit die digitale Schalungsfamilie von Meva auf den Computer. Heute stehen in modernen Planungstools die Modelle der einzelnen Schalungssysteme zur Verfügung und ermöglichen flexible dreidimensionale Planungen.

„3-D-Planungen haben gerade bei komplexen Geometrien den Vorteil, dass die Bauabläufe transparenter sind und sich dadurch einfacher umsetzen lassen. Deshalb setzen wir verstärkt auf diese modernen Planungslösungen“, erklärt Michael Estermann, Geschäftsführer der Meva Schalungs-Systeme AG in der Schweiz.

Referenziertes Schalungsmodell

Oft entwerfen die Anwendungstechniker bei Meva daher auch aus 2-D-Plänen ihre dreidimensionalen Modelle, um die Planung so exakt und effizient wie möglich zu gestalten. Die Basler & Hofmann AG stellte für ihr Projekt natürlich ein umfassendes Modell zur Verfügung. „Das ist nicht unüblich, aber in diesem Detaillierungsgrad definitiv etwas Besonderes“, meint Hannes Endriß, Doktorand der Meva Schalungs-Systeme GmbH im Bereich IT-Engineering. In einem referenzierten Modell des neuen Erweiterungsbaus konnten die digitalen Schalungselemente somit eingefügt werden.

„In Bezug auf die Schalungstechnik galt es dabei zunächst auf die gewohnten Fragestellungen einzugehen“, erklärt Meva-Techniker Bernd Schuon, der sich für die Schalungsplanung verantwortlich zeigte. „Ich denke da zum Beispiel an Taktvorgaben, Betonqualität, Schalungsüberstand, Sichtbetonanforderungen und so weiter. Insofern gleicht die digitale Planung der klassischen Arbeitsweise.“

 

Planungskompetenz weiterhin gefordert

Im Untergeschoss waren zwei unterschiedliche Höhen in der Bodenplatte vorgesehen. Die Wände ringsum sind durch verschiedene Winkel ein wenig zueinander versetzt und ergeben 13 unterschiedliche Abschnitte. Gleichzeitig gibt es zwei Versprünge in der darüberliegenden Decke, die zu den Abschnitten der Bodenplatte jedoch nicht parallel sind.

„Neben den erforderlichen IT-Kenntnissen sind damit ganz klar auch weiterhin die planerischen Fähigkeiten gefordert“, merkt Bernd Schuon an. Am Beispiel der Decken über dem Erdgeschoss wird dies besonders deutlich. Diese sollten mit der Deckenschalung Mevadec in Sichtbeton ausgeführt werden. „Wir haben uns dabei verstärkt zu dem gewünschten Muster abgestimmt und verschiedene Entwürfe erstellt“, erklärt Bernd Schuon.

Noch bevor auf der Baustelle der erste Spatenstich gemacht wurde, war somit der ­digitale Bauplan inklusive Schalung bereits fertiggestellt.

Mit dem Tablet auf die Baustelle

Über ein verknüpftes Modell konnten die Schalungsexperten von Meva ihre Planung passgenau in das Modell des Ingenieurunternehmens einfügen und nutzten dabei dieselbe Software. Auf der Baustelle konnten die digitalen Informationen über eine Cloud abgerufen werden. Jeder Takt ist separat in einer eigenen Ansicht dargestellt und kommt so direkt auf das Tablet. „Die Anwendungen sind leicht zu bedienen“, stellt Polier Dominic Mozzetti zufrieden fest. „Relevante Daten lassen sich schnell und unkompliziert abrufen und das Schalungsmodell von Meva war wirklich super. Dank der guten Planung im Voraus hat alles gestimmt.“ Im Einsatz ist diese mobile Lösung zudem grenzenlos anwendbar, denn eine Datenverbindung ist dank der Download-Funktion nicht nötig.

Rationaler arbeiten

Die frühzeitige und vollständige Planung gewährleistet schließlich das Arbeiten ohne Baustopps und Unterbrechungen. Das freut nicht nur den Bauherrn, der schnelle Fortschritte sieht, sondern auch den Bauunternehmer. Alessandro Walpen von Marti sagt: „Keine rollende Planung bedeutet für uns, dass wir von Anfang an exakt arbeiten können. Das Planmanagement entfällt und macht uns schneller“, und sein Kollege Dominic Mozzetti ergänzt: „Gleichzeitig können wir jeden Takt bereits im Voraus präzise planen. Das minimiert dann automatisch auch unseren Materialbedarf, weil wir nichts auf Vorrat lagern müssen.“

 

Digital in die Zukunft

Die Vorteile dieser konsequenten Planung liegen für Bauunternehmer damit auf der Hand, und ein starker Trend in Richtung digitaler Planung zeichnet sich ab. Als aktiver Partner beim Erweiterungsbau in Esslingen hat Meva hier Stellung bezogen.

„Wir sehen große Vorteile in der digitalen ­Arbeitsweise und werden die gewonnenen ­Erkenntnisse nutzen, um die Möglichkeiten der digitalen Planung in Zukunft gezielt weiter zu optimieren“, sagt Tobias Wallner, Leiter IT-Engineering Services bei Meva, und auch ­Alessandro Walpen zieht ein positives Fazit: „Zu Beginn dieses ambitionierten Pilotprojekts war der Erfolg ja nicht garantiert, aber wir sind begeistert von dem konsequent digitalen Ansatz. Diese Arbeitsweise bietet fachübergreifend zahlreiche Vorteile für alle Beteiligten.“

Basler & Hofmann gewann mit dem „Erweiterungsbau Geschäftshaus A“ 2018 den AEC Excellence Award in der Kategorie „Small Projects“. Der Award zeichnet Projekte aus der ganzen Welt aus, die Pionierleistungen im Bereich des digitalen ­Planens und Bauens mit „connected BIM“ erbringen.

Meva Schalungs-Systeme GmbH

www.meva.de

Projekt

Konsequent digitalisierte Planung für die

Erweiterung eines Geschäftshauses, Esslingen (CH)

Bauherr & Gesamtprojektleitung (alle Fachplaner, BIM-Koordination): Basler & Hofmann AG

Bauunternehmen: Marti AG

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