Kontinuierlich Regenwasser nutzen

Grundwasserentnahme reduzieren, Betriebswasser verwenden

Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe erhalten eine wasserrechtliche Erlaubnis zur kostenlosen Entnahme von Grundwasser für die Bewässerung ihrer Kulturen, sofern die Bereitstellung von Trinkwasser in der Region dadurch nicht gefährdet ist.

Das Unternehmen Göppert wurde 1986 gegründet. Es hat sich vom einfachen Blumenladen zum Gartencenter mit Feinkostabteilung und Gastronomie entwickelt, das mit Freilandpflanzen überwiegend aus der angegliederten eigenen Gärtnerei versorgt wird. Beide Betriebe befinden sich nebeneinander am Stadtrand von Haslach/Ortenaukreis. Betriebserweiterungen wurden 2004 und 2019 durchgeführt, die letzte mit Umstellung der Bewässerung auf die Wiederverwendung von Niederschlagswasser.

 

Den Starkregen bändigen – vorsorglich!

„Wasser gibt es hier genug, auch ohne Regenspeicher“, sagt Johannes Wöhrle, Betriebsleiter des Unternehmens Göppert. Durch den vorhandenen Brunnen herrscht kein Wassermangel. „Die Auflage der Baubehörde zur Versickerung des gesamten Niederschlags von den Dachflächen unserer Gewächshäuser haben wir schon vor einigen Jahren umgesetzt. Bei der letzten Baugenehmigung wurde noch ein zusätzliches Rückhaltevolumen gefordert.“ In Kooperation mit dem ortsansässigen Bauunternehmer Herbert Hansmann hat er Lösungen erarbeitet und verglichen. Schließlich betrugen die Mehrkosten der inzwischen realisierten Speicheranlage zur Nutzung des Regenwassers mit Versickerung des Überlaufs nur ca. 10.000 Euro gegenüber einer reinen Rückhalte- und Versickerungsrigole, wie sie in der Baugenehmigung gefordert war. Jeder zur Bewässerung genutzte Kubikmeter Regenwasser erhöht das Rückhaltepotential der gesamten Anlage und verbessert so die Starkregenvorsorge. „Auch darauf kommt es an“, sagt Hansmann, „denn tief liegende Teile der Gärtnerei waren nach Starkregenereignissen schon zweimal überflutet.“ Die in Eigeninitiative des Unternehmens erweiterte Regenwasserbewirtschaftung funktioniert optimal, wenn in Trockenperioden die Speicher voll, in Regenzeiten aber möglichst leer sind, damit ein Starkregen so gepuffert werden kann, dass die Versickerung hydraulisch nicht überlastet wird.

Doch es gibt noch einen weiteren Aspekt, der für die Nutzung des Niederschlags spricht: Warum das für den Gartenbau hervorragend geeignete Regenwasser versickern, wenn um diese Menge weniger Brunnenwasser gefördert werden muss? Beides benötigt elektrische Pumpen, beides ist frei von Wassergebühr, doch das weiche Regenwasser ist laut Wöhrle universell einsetzbar. Brunnenwasser hingegen enthält gelöste Stoffe, die von Ort zu Ort unterschiedlich sind und je nach Kulturen im Gartenbau stören können, d. h. vor Verwendung erst entfernt werden müssen. Auch weiß niemand, ob die Erlaubnis zur Entnahme von Brunnenwasser immer wieder verlängert wird und der Grundwasserspiegel so hoch bleibt, wie er aktuell ist. Grundwasserentnahme reduzieren ist jedenfalls praktizierter Umweltschutz. Allerdings muss der Wasserstand im Vorratsbehälter für Brunnenwasser an die Wetterlagen angepasst werden. Wöhrle kann ihn vom Smartphone aus regeln. Maßgeblich sind der bevorstehende Bewässerungsbedarf und der momentane Regenwasservorrat. Die Daten der eigenen Wetterstation und die allgemeine Wettervorhersage spielen dabei eine Rolle.

 

Gereinigtes Regenwasser sammeln – wie?

Aktuell entwässern ca. 4.000 m² Glasdachfläche in unterirdische Regenspeicher. Im Gegensatz zu früher werden solche Speicher wegen der kurzen Bauzeit und hohen Materialqualität nicht mehr vor Ort betoniert, sondern aus vorgefertigten Elementen montiert. „Ist die Baugrube ausgehoben und mit Sand oder Splitt belegt, werden wie hier etwa 200 m³ Behältervolumen an einem Tag installiert“, sagt Günter Noack vom Hersteller Mall. Acht Fahrzeuge lieferten die Betonbehälter an, die in der Baugrube als Regen- und Brunnenwasserspeicher montiert wurden. Voraussetzung für den reibungslosen Transport auf der Straße ist eine Spedition, die Erfahrung mit den erforderlichen Sondergenehmigungen bei Überbreite solcher Bauteile hat.

Am Ende der beiden Regenwasser führenden Grundleitungen sitzt zur Vorreinigung jeweils ein Sedimentationsschacht mit 1,5 m Innendurchmesser, obwohl sich auf Glasflächen wenig Schmutz ablagert. Doch im Zyklus von mehreren Jahren ist starker Pollenflug zu erwarten. Übliche Regenfilter sind dafür weniger geeignet als die hier verwendeten Sedimentationsschächte, an deren Wasseroberfläche der Blütenstaub schwimmt, bevor er verklumpt und an den Behälterboden sinkt. Die Speicherbatterie selbst besteht aus weiteren 12 zylindrischen Betonbehältern mit je 2,5 m Innendurchmesser, die oberhalb des Behälterbodens mit Rohren zu einem kommunizierenden Gefäß von ca. 170 m³ Fassungsvermögen verbunden sind. Der 12. Behälter sitzt etwas tiefer als die anderen, so dass sich dort der sogenannte Pumpensumpf zur Entnahme des Regenwassers bildet. Bei vollen Speichern und weiter anhaltendem Regen mündet der Überlauf direkt in die schon vorhandene Versickerungsrigole.

Vier weitere Behälter mit zusammen 30 m³ Volumen, Nr. 13 - 16 mit Innendurchmesser 3 m, vervollständigen die Speicheranlage. Nr. 13 ist mit dem calciumhaltigen Brunnenwasser gefüllt, denn in regenarmen Perioden wird das Bewässerungssystem aus dem Grundwasserbrunnen nachgespeist. Die in Haslach-Bollenbach geförderte Grundwasserqualität eignet sich erfreulicherweise für viele Arten von Topfpflanzen. In Behälter Nr. 14 sammelt sich der Rücklauf der gefluteten Pflanztische vor der Wiederverwendung. Und in Nr. 15 + 16 werden daraus sowie aus reinem Regenwasser von Behälter Nr. 12 zwei düngerhaltige Wasserqualitäten gemischt und zur automatischen Bewässerung vorgehalten. Mit dem pH-Wert, der regelmäßig kontrolliert wird, gibt es keine Probleme.

 

Den Bewässerungskreislauf schließen – automatisch!

Neben der Wassermenge sind für jede Kultur die erforderliche Wasserqualität und die Art der Bewässerung unterschiedlich. Licht, Luftfeuchte und Temperatur in den Glashäusern sind weitere Parameter, die eine permanente Regelung erfordern, um das gewünschte Pflanzenwachstum und Aussehen zu erreichen. Die Pflanzen werden in das für die jeweilige Kultur vorgesehene Glashaus verschoben. Dabei dient das gesamte System der Tisch-Untergestelle als Schiebebahn für die darauf beweglich gelagerten Tischrahmen. In jedem Rahmen befindet sich eine Kunststoffwanne, damit für die Bewässerung der Topfpflanzen die Tischoberflächen geflutet werden können. Die Anstauhöhe wird über die eingestellte Bewässerungszeit gesteuert. Im Rücklauf werden Substratpartikel durch einen sogenannten „Hollandfilter“ ausgesiebt. Gelöste Düngemittel gelangen mit dem Restwasser in den unterirdischen Auffangbehälter zur Wiederverwendung und Ergänzung durch frisches Wasser und zusätzliche Düngerlösung. Durch dieses geschlossene und durch Computertechnik optimierte Kreislaufverfahren wird Abwasser vermieden und die Zugabe von Additiven in die Bewässerung auf ein Minimum begrenzt.

 

Zusätzlich Kosten und Ressourcen sparen – womit?

Ebenso wie Wassermenge, Wasserqualität und Bewässerungsart je nach Kultur unterschiedlich sein müssen, bedarf es auch verschiedener Leitungen und Pumpen im Bewässerungssystem. Der Volumenstrom (Wassermenge pro Zeit) ist bei Wurf-regnern im Freiland um ein Vielfaches höher als beim Verwenden einer Handbrause im Gewächshaus. Auch der Wasserdruck muss unterschiedlich sein, abhängig von Durchmesser, Länge und Material der Leitungen. Diese Zusammenhänge zu berechnen und mit den richtigen Komponenten zu kombinieren ist Sache von Spezialisten, z. B. bei Otte Metallbau in Niedersachsen. Sie haben bei diesem Objekt die Pumpen, Filter, Ventile, Leitungen und mobilen Pflanztische mit Untergestellen geplant, geliefert und installiert. Die zugehörige Regeltechnik stammt von Elektrotechnik Eckmann – auch der Klimacomputer, welcher Temperatur, Luftfeuchte und Belichtung der Glashäuser steuert.

Abhängig von den im Umfeld der Kulturen herrschenden Klimaverhältnissen regelt dieser zentrale Rechner auch die komplette Hydraulik, das heißt die Bewässerung nach Art, Menge und Dauer. Das Ziel ist, unter idealen Bedingungen bestmögliche Ergebnisse für den Verkauf zu erzielen, aber auch Kosten für Ressourcen wie Energie, Wasser und Düngemittel einzusparen.

Geschäftsführerin Stefanie Göppert und Betriebsleiter Johannes Wöhrle waren und sind sich mit Bauunternehmer Herbert Hansmann einig, dass das ökologische Konzept im Betrieb Göppert weiter ergänzt werden soll, um nachhaltig und zeitgemäß die Umwelt zu entlasten. So wurden die Fahrzeugstellplätze vor dem Gartencenter wasserdurchlässig befestigt, beim Rückbau mehrerer Glashäuser die anfallenden Kies-, Beton- und Stein-Abfälle zerkleinert und bei den neu erstellten Gebäuden als Unterbau verwendet. Auch die Umstellung der Heizzentrale bei Grundlastbetrieb auf den regional verfügbaren Brennstoff Holzpellets ist ein umweltfreundlicher Aspekt.

In Zukunft wird neben dem bisher bezogenen Ökostrom auch elektrische Energie aus eigener Photovoltaik eine Rolle spielen. Die nicht aus Glas bestehenden Dächer des Gartencenters wurden vorsorglich darauf ausgelegt. Und weitere Produktionsflächen unter Glas sollen nach und nach an den geschlossenen Wasserkreislauf zum Recycling von Wasser und Düngemittel angeschlossen werden.

 

Mall GmbH

www.mall.info

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