Bis zum letzten Tropfen

Nachhaltiges Regenwassermanagement

Novellierte Regelwerke und technische Innovationen verbessern den Schutz für Menschen, Infrastruktur und Umwelt.

Als Folge des Klimawandels nimmt die Zahl extremer Wetterlagen zu. Starkregen und Dürre gefährden Menschenleben und verursachen immense Sachschäden. Gleichzeitig steigt die Belastung von Grund- und Oberflächenwasser durch Schadstoffe. Um die lebenswichtige Ressource Wasser zu schützen, aber auch zu bändigen, bedarf es immer komplexerer Regelwerke. Einen wichtigen Baustein stellt in diesem Kontext die DWA-A 102 dar, die erstmals klare Parameter für die stoffliche Belastung von Niederschlagsabflüssen festlegt. Die Entwässerungsbranche hat darauf reagiert und DWA-A 102-konforme Anlagen zum Regenwassermanagement entwickelt.

Laut Umweltbundesamt verschwinden täglich 54 Hektar Bodenfläche unter Asphalt und Beton. Das entspricht der Größe von 76 Fußballfeldern. Die zunehmende Versiegelung verstärkt nicht nur den Landschaftsverbrauch, sondern unterbricht auch den natürlichen Wasserkreislauf. Bei Starkregen, Sturzfluten und Überschwemmungen gerät das öffentliche Kanalnetz zudem schnell an die Grenze seiner Aufnahmekapazität. In der Folge können unbehandelte Regen­wasser­abflüsse in die Umwelt gelangen und die Ökosysteme zusätzlich bedrohen.

Gleichzeitig sinkt in zahlreichen Regionen der Grundwasserspiegel alarmierend, da er nicht mehr ausreichend durch versickerndes Regenwasser erneuert wird. Ein doppeltes Dilemma. Immer dringender wird der Bedarf an effizienten, dezentralen Anlagen, um das Regenwasser in ausreichender Qualität und Quantität dem Grundwasser zuzuführen oder in Oberflächengewässer einzuleiten und auf diese Weise die Kana­lisa­tion zu entlasten.

Neue Regeln im Umgang mit Regenwasser

Ausgelöst durch häufiger auftretende Extremwetterereignisse und die zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit ist das Thema mittlerweile in den Fokus von Politik, Kommunen und Expertengremien gerückt. Vor allem Fach- und Normenausschüsse setzen sich seit einigen Jahren intensiv mit der Frage auseinander, wie zukunftsweisende Lösungen für die Planung und Konstruktion von Entwässerungsanlagen auszugestalten sind, um insbesondere die anfallenden Schmutzfrachten im Abfluss wirksam zu entfernen. Erste Ergebnisse dieser Überlegungen sind bereits in veränderte Regelwerke wie die DWA-A 102 eingeflossen. Diese bildet zusammen mit weiteren Richtlinien, die derzeit noch in der Abstimmung sind, die Basis für eine nachhaltig optimierte Regenwasserbewirtschaftung.

Antrieb für technologische Innovationen

Das Ende 2020 erschienene Regelwerk DWA-A 102 setzt neue Maßstäbe bei der Niederschlagsbehandlung von versiegelten Flächen und gilt als allgemein anerkannte Regel der Technik. Seine Anwendung ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben. Rechtsverbindlichen Charakter gewinnt es aber dennoch, wenn Gesetze und Verordnungen darauf verweisen oder es Bestandteil eines Vertrages wird, beispielsweise zwischen Anlagenbetreiber und einem Kanalnetzbetreiber. Immer öfter sind die Anforderungen der DWA-A 102 zudem Bestandteil von Ausschreibungen und Planungsvorhaben. Mehr Schutz für Mensch, Umwelt und Sachwerte, bessere Qualität von Grund- und Oberflächenwasser: Zeitgemäße Entwässerungssysteme erfüllen die vier fundamentalen Aufgaben im Umgang mit Regenwasser – den sicheren Transport, die regelkonforme Reinigung, die zuverlässige Speicherung und ortsnahe Ableitung.

Am natürlichen Wasserkreislauf orientiert

ACO Tiefbau – einer der führenden Komplettanbieter von Entwässerungstechnologie ­– hat in den vergangenen Jahren intensiv an technologischen Verbesserungen gearbeitet. Mit seiner integrierten Systemkette bildet das Unternehmen den natürlichen Wasserkreislauf ab und setzt an den vier zentralen Funktionen Collect, Clean, Hold und Release an. Am Beginn steht das Sammeln und Aufnehmen des Regenwassers. Alle ACO Rinnensysteme verfügen heute serienmäßig über eine Zwei-Komponenten-Dichtung am Rinnenstoß, die die Rinnenkörper wasserdicht verbindet. Das Wasser wird auf diese Weise vollständig an die dahinter geschalteten Module weitergeleitet. Damit entsprechen die ACO Drain Entwässerungsrinnen in Sachen Dichtheit schon heute den Anforderungen von morgen.

Bereits in der Vergangenheit bewährt hat sich die punktuelle Straßenentwässerung mit dem Separationsstraßenablauf Combipoint SSA zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung. Auch hier hat ACO nachgelegt: Der Combipoint SSA erfüllt jetzt die Vorgaben der DWA-A 102 und hat zum bereits bestehenden IKT-Prüfsiegel „gemäß Trennerlass NRW“ zusätzlich das IKT-Prüfsiegel „AFS63-Rückhalt“ erhalten – ein Nachweis für die Leistungsfähigkeit des Systems.

Intensive Entwicklungsarbeit im Kompetenzfeld ‚Clean‘

Besondere Aufmerksamkeit widmeten die ACO Produktentwickler dem Kompetenzfeld „Clean“ – dem Vorreinigen und Aufbereiten des Regenwassers. Dabei lag die Messlatte hoch: Entwickelt werden sollte nicht weniger als eine Produktinnovation, die allen planerischen und regulatorischen Anforderungen gerecht wird und ACO auch in diesem Marktsegment eine Spitzenposition sichert. Monatelang skizzierten und experimentierten die Entwickler, bis das erste Konzept stand. Sie orientierten sich dabei an praxiserprobten Anlagen aus dem ACO Produktspektrum – mit dem Anspruch, diese auf ein neues Level zu heben. Die bestehenden Anlagen wurden schrittweise so modifiziert, dass sie nicht nur den Vorgaben der DWA-A 102 entsprechen, sondern auch die Prüfvorschriften der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung des DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) einhalten.

Dessen Anforderungen gehen noch einmal deutlich über die Auflagen der DWA-A 102 hinaus. So müssen drei Schadstoffgruppen weitestgehend entfernt werden, neben den Abfiltrierbaren Stoffen auch Mineralkohlenwasserstoffe und Schwermetalle. Allein was den Wirkungsgrad bei der AFS63-Reinigung angeht, setzt das DIBt eine 92-Prozent-Marke fest – ein außerordentlich anspruchsvoller Wert.  

Zum Patent angemeldet

Die lange Entwicklungsdauer hat sich gelohnt. Unter dem Markennamen ACO Stormclean liegt jetzt eine Reinigungsanlage für Regenwasser vor, in der Schadstoffe je nach Partikelgröße durch Sedimentation und Filtration oder durch Adsorption entfernt werden. Völlig neu ist eine hydrodynamisch optimierte Unterkonstruktion aus zwei parallel angeordneten Platten. Diese bilden einen Korridor, der sicherstellt, dass das aus passgenau dimensionierten Öffnungen einströmende Wasser sich gleichmäßig verteilt.

Die untere Platte schützt bereits sedimentierte, abgeschiedene Feststoffe vor Remobilisierung. Selbst bei Starkregenereignissen wird so gewährleistet, dass das Sediment bleibt, wo es ist. Mithilfe der oberen Platte wird zuströmendes Wasser gleichmäßig in das Filterbett verteilt. Die hier verwendete ACO eigene Substratmischung hält selbst feinste Feststoffe zurück und adsorbiert gleichzeitig gelöste Mikroschadstoffe – vor allem Schwermetalle. Im Ablauf ist zusätzlich ein Tauchrohr installiert, das Leichtflüssigkeiten sicher zurückhält. Die gesamte Unterkonstruktion ist mittlerweile zum Patent angemeldet.

Kompakt und modular skalierbar

Was den ACO Stormclean besonders auszeichnet, ist seine kompakte und platzsparende Bauweise. Bei nur geringem Schachtdurchmesser eignet er sich für große Anschlussflächen und kommt dabei ganz ohne außenliegende Rohrleitungen aus. Die Anschlussflächen der Produktreihe entsprechend den DIBtPrüfbedingungen liegen dabei zwischen 500 m² für eine Anlage mit 1 m Durchmesser und 3000 m² für eine Anlage mit 2,2 m Durchmesser. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Skalierbarkeit. Schachtaufbau und Einbauteile sind so konstruiert, dass sie annähernd stufenlos konfiguriert werden können. Auch mit Blick auf die Reinigung und Wartung setzt der ACO Stormclean Maßstäbe. Über das Zentralrohr ist der Schlammfang leicht zugänglich, mittels Saugschlauch lassen sich die Sedimente problemlos entfernen. Für einen umfassenden Service sind alle mechanischen Teile einfach zu demontieren, so dass das Wartungspersonal jederzeit über ausreichenden Arbeitsraum verfügt.

Die wichtigsten Prüfungen zum Schadstoffrückhalt wurden bereits bei der Landesgewerbeanstalt Würzburg erfolgreich absolviert, so dass einer erfolgreichen Markteinführung nichts mehr im Wege steht.

Optimierte Sedimentation

Eine Weiterentwicklung im Bereich Clean ist auch der ACO Stormsed Vortex. Konzipiert als hydrodynamischer Abscheider entfernt er gezielt die Abfiltrierbaren Stoffe von Dach- und Verkehrsflächen. Das Funktionsprinzip ist so einfach wie überzeugend: Wasser wird in eine Rotationsbewegung versetzt, die die schweren Partikel nach außen trägt. Auch hier kommt die für den Stormclean entwickelte Verteil-Einheit zum Einsatz. Sie sorgt dafür, dass Feststoffe und Wasser getrennt und die abgeschiedenen Sedimente nicht wieder aufgewirbelt werden.

Der Stormsed Vortex ist ebenfalls skalierbar und lässt sich stufenlos an verschiedene Anwendungsbereiche anpassen. Er ist DWA-A 102- und DWA-M 153-konform und sowohl vor der Einleitung in Oberflächengewässer als auch vor der Versickerung ins Grundwasser einsetzbar. Während der Stormclean für die Belastungskategorie III konzipiert wurde, ist der Stormsed Vortex für die Kategorie II optimiert und gewährleistet eine ausreichende Abscheidung von Schmutzfrachten auch bei hoher hydraulischer Belastung. Gleichzeitig kann der Stormsed Vortex auch für Flächen der Kategorie III ausgelegt werden.

ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

www.aco-tiefbau.de

ACO ProjectManager: Online-Planungstool von Experten für Experten

„Es müssen alle mitwirken …“: Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Steffen Heusch, Professor des Fachgebiets Hydrologie und Wasserwirtschaft der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen, über die Bedeutung der neuen Richtlinie A 102, aufgestellt von der DWA, der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

ACO Unternehmensfilm

ACO Stormclean - Regenwasserbehandlungsanlage

ACO Stormsed Vortex - konzipiert als hydrodynamische Sedimentationsanlage

ACO Separationsstraßenablauf Combipoint SSA
Prospekt

Klare Parameter für die Schadstoffbelastung: DWA-A 102 und DWA-A 138

Die Belastung des Grund- und Oberflächenwassers durch Schadstoffe hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Dennoch wurden die Regularien zur Regenwasserbehandlung den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen lange nicht angepasst. Nach mehrjähriger Bearbeitungszeit sind im Dezember 2020 Teil I und II der DWA-A 102 in den Weißdruck überführt worden – gefolgt von Teil III im Oktober letzten Jahres und Teil IV im März 2022. Verantwortlich dafür zeichnen die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) und der Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK).

Grundlegend neu ist die Einführung von klaren Parametern für die stoffliche Belastung von Niederschlagsabflüssen. Diese sind in Teil I und Teil II in Form des Leitparameters AFS63 erstmals definiert worden. Der Parameter AFS63 kennzeichnet die Abfiltrierbaren Stoffe mit einer Korngröße zwischen 0,45 und 63 Mikrometer (AFS63). Sink-, Schweb- und Schwimmstoffe dieser Größenordnung lassen sich nur mit erheblichem Aufwand sedimentieren. Außerdem haben die winzigen Partikel die Eigenschaft, andere Schadstoffe, beispielsweise Schwermetalle und polyaromatische Kohlenwasserstoffe, an sich zu binden. Ziel der Regenwasserbehandlung ist es, die Konzentration an AFS63 aus dem Regenabfluss mittels Sedimentation und Filtration zu verringern.

Je nach Verschmutzungsgrad und Schadstoffbelastung sind die Anschlussflächen in drei Kategorien eingeteilt – gering belastet, mäßig belastet, stark belastet. Kategorie I etwa steht für eine Anwohner-Spielstraße, Kategorie II für eine viel befahrene Landstraße und Kategorie III für die Straße in einem Industriegebiet. Regenwasser der Kategorie I darf einfach abgeleitet werden, Niederschläge der Kategorien II und III müssen so aufbereitet werden, dass sie die Qualität der Kategorie I aufweisen. Das erfordert bei Flächen der Kategorie II einen Wirkungsgrad von ca. 50 Prozent, bei Flächen der Kategorie III einen Wirkungsgrad von ca. 70 Prozent.

Während die DWA-A 102 den Umgang mit Niederschlägen vor der Einleitung in Oberflächengewässer regelt, definiert die derzeit noch im Gelbdruck befindliche DWA-A 138 die Schadstoffparameter für die Versickerung von Regenwasser ins Grundwasser. Beide Regelwerke zusammen ersetzen künftig die bislang geltende DWA-M 153.

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