Ökologische Maßstäbe setzen

Erstes zementfreies Tiny House aus gedruckten Fertigteilen

Im westfälischen Beckum wurde das erste 3D-gedruckte Modulbau-Gebäude aus zementfreiem Beton errichtet. Ein innovatives Projekt, welches das Potenzial einer zukunftsträchtigen Fertigungsmethode unterstreicht.

Die sichtbare Schale des Gebäudes wölbt sich nach außen, erzeugt eine organisch anmutende Form in der Außenhaut und verläuft sich scheinbar mühelos in die vertikale Struktur der inneren Schale. Die sichtbare Schale des Gebäudes wölbt sich nach außen, erzeugt eine organisch anmutende Form in der Außenhaut und verläuft sich scheinbar mühelos in die vertikale Struktur der inneren Schale.
© Mense-Korte, Beckum

Die sichtbare Schale des Gebäudes wölbt sich nach außen, erzeugt eine organisch anmutende Form in der Außenhaut und verläuft sich scheinbar mühelos in die vertikale Struktur der inneren Schale.
© Mense-Korte, Beckum
Der 3D-Druck steht für Fortschritt am Bau wie kaum ein anderes Verfahren. Er ermöglicht nicht nur die Umsetzung individueller Geometrien und Bauteile aus Beton, die mit konventioneller Schalungstechnik nicht möglich wären, sondern optimiert auch Fertigungsprozesse und beschleunigt den Digitalisierungsprozess in der Bauindustrie. Mit dem Bau eines 3D-gedruckten Tiny Houses in Nordrhein-Westfalen konnte nun ein Projekt realisiert werden, das zusätzlich auf die Verwendung nachhaltiger Baustoffe beim Druck setzte. Gemeinsam schafften es die auf 3D-gedruckte Fertigteile spezialisierte Röser GmbH aus Laupheim, der internationale Entwickler und Hersteller bauchemischer Produkte MC-Bauchemie sowie das Planungsbüro Mense-Korte aus dem Münsterland, dieses visionäre Bauvorhaben in 18 Monaten umzusetzen.

 

Tiny House für Biker

Das Tiny House befindet sich auf dem Areal einer Beckumer Bikerbahn. Mit seinem großen Lagerraum samt überdachtem, offenem Eingangsbereich bietet das Minihaus den Kindern und Jugendlichen vor Ort genug Platz, um Werkzeuge und Gerätschaften der Sportanlage unterzubringen. Auch von außen überzeugt das Tiny House. Seine ellipsenförmige Fassade wölbt sich nach außen und verläuft direkt in die vertikale Struktur der inneren Schale. Ein besonderes Design, das so nur im 3D-Druckverfahren möglich ist.

 

Fertigteile aus dem 3D-Drucker

Die Technik bei der Röser GmbH in Laupheim stammt von Technologieführern aus dem Betonbau ? der 3D-Drucker ist eine Kooperation von Cobod und Peri. Die Technik bei der Röser GmbH in Laupheim stammt von Technologieführern aus dem Betonbau – der 3D-Drucker ist eine Kooperation von Cobod und Peri.
© Röser IV GmbH, Laupheim

Die Technik bei der Röser GmbH in Laupheim stammt von Technologieführern aus dem Betonbau – der 3D-Drucker ist eine Kooperation von Cobod und Peri.
© Röser IV GmbH, Laupheim
Bevor mit dem Druck des Minihauses begonnen werden konnte, wurde mithilfe einer Modellierungs-Software das Design entwickelt. Zudem wurden zahlreiche Materialversuche unternommen, um die richtige Zusammensetzung für die Anforderungen des Tiny Houses zu finden. Das fertige Konzept wurde im nächsten Schritt direkt in die sogenannte Slicer-Software des Druckers übertragen. So konnten dann am 3D-Druck Standort der Firma Röser in Laupheim die Einzelsegmente des Minihauses gedruckt werden. Auf einem geschlossenen Innenbordlader wurden sie daraufhin über 500 Kilometer von Laupheim bis nach Beckum transportiert. Eine echte Herausforderung bei der speziellen Größe und Form der Betonbauteile. „Auf den ersten Blick widerspricht der lange Transportweg der angestrebten CO2-Reduzierung, allerdings wollten wir gleich bei der Premiere die Fertigteile bewusst diesem Stresstest unterziehen“, so Dennis Bräunche, Technischer Außendienst bei Röser. Auf der Baustelle mussten die Fertigteile nur noch auf eine Betonfertigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden. So konnte bereits innerhalb weniger Stunden das Minihaus an seinen Besitzer übergeben werden.

 

Zementfreier 3D-Druckmörtel mit 70 % weniger CO2-Emissionen

Auf der Baustelle mussten die Fertigteile nur noch auf die Betonfer-tigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden. Auf der Baustelle mussten die Fertigteile nur noch auf die Betonfertigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden.
© Mense-Korte, Beckum

Auf der Baustelle mussten die Fertigteile nur noch auf die Betonfertigteilplatte gestellt und mit Ankern untereinander verbunden werden.
© Mense-Korte, Beckum
Die MC-Bauchemie forscht schon seit vielen Jahren in den Bereichen 3D-Druck und nachhaltige Lösungen für die Beton- und Bauindustrie – beste Voraussetzungen für das Projekt in Beckum. So war es das erklärte Ziel der Projektbeteiligten, ein Produkt zu entwickeln, das die statisch erforderlichen Eigenschaften sowie das für den 3D-Druck notwendige Verarbeitungsverhalten bietet und gleichzeitig die CO2-Emissionen signifikant reduziert. Um den Anforderungen eines hochwertigen 3D-Druckes zu genügen, muss das eingesetzte Material ein thixotropes Verhalten aufweisen. Das heißt, solange dem Material Energie zugeführt wird, ist es verformbar und pumpbar, ohne Energiezufuhr hingegen ist es standfest. Zum Einsatz kam der spezielle 3D-Trockenmörtel MC-PowerPrint GeCO2, der neben einer guten Pumpfähigkeit auch die nötige Thixotropie und Standfestigkeit aufweist, um nach mehreren Drucklagen ohne Verformung durch das Eigengewicht ein schönes und gleichmäßiges Druckbild zu ermöglichen. Als Bindemittel wird bei MC-PowerPrint GeCO2, alternativ zum Zement, ein additiviertes System aus Hüttensand und Flugasche eingesetzt. „Insgesamt können durch den Einsatz von alternativen Bindemitteln, die auf industriellen Nebenprodukten basieren, circa 70 % der CO2-Emissionen im Vergleich zu zementösen Mörtelprodukten eingespart werden“, unterstreicht Kai Markiefka, Produktmanager bei MC, die deutliche Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks.

 

Zukunftsweisender Baustandard

Bevor mit dem Druck des Minihauses begonnen werden konnte, wurde mithilfe einer Modellierungs-Software das Design entwickelt. Bevor mit dem Druck des Minihauses begonnen werden konnte, wurde mithilfe einer Modellierungs-Software das Design entwickelt.
© Mense-Korte, Beckum

Bevor mit dem Druck des Minihauses begonnen werden konnte, wurde mithilfe einer Modellierungs-Software das Design entwickelt.
© Mense-Korte, Beckum
Das Projekt in Beckum war ein voller Erfolg, der nur durch die gute Zusammenarbeit und Innovationsbereitschaft aller Beteiligten realisiert werden konnte. „In Zukunft gilt es, weitere Potentiale des Gebäudedruckverfahrens zu erarbeiten, um das Drucken von Gebäuden als zukunftsweisenden und nachhaltigen Baustandard zu manifestieren“, erklärt Waldemar Korte vom Planungsbüro Mense-Korte, „so können wir bald immer größere Gebäudetypologien mit unterschiedlichsten Nutzungen umsetzen. Außerdem ist es entscheidend, Druckmörtel immer weiter zu optimieren und diversifizieren, um noch mehr Nachhaltigkeit im Bauprozess zu erreichen.“

MC-Bauchemie Müller GmbH & Co. KG

www.mc-bauchemie.de

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