VDBUM

„Pauschale Nachrüstung von Altmaschinen mit Kat wäre kontraproduktiv“

Interview mit Dieter Schnittjer, VDBUM-Vorstand und Geschäftsführer der VDBUM Service GmbH

tHIS: Wie schätzen Sie für 2014 die Situation

für die Bauindustrie ein?

Dieter Schnittjer: Unser Eindruck ist, dass die Unternehmen gut zu tun haben. Wir haben gesehen, dass im Herbst nur sehr wenig Zeit war für Themen außerhalb des Tagesgeschäfts, das ist schon mal ein gutes Zeichen. Der letzte Winter war sehr lang. Da ist das eine oder andere liegengeblieben. Die Aussichten für 2014 stimmen uns optimistisch, weil wir wissen, dass wir eine ganze Reihe von Infrastruktur-Projekten haben werden.

tHIS: Wo liegt Ihrer Einschätzung nach der größte Bedarf?

Dieter Schnittjer: Es müssen sehr viele Straßen, besonders aber auch Brücken erneuert oder zumindest repariert werden. Über die Hälfte der Bundesstraßen und -brücken sind beschädigt – das ist eine katastrophale Zahl. Man hat über viele Jahre gespart und nur notdürftig geflickt, das kommt ja nicht von heute auf morgen. Und irgendwann geht das eben nicht mehr.

Die Instandhaltung der Infrastruktur muss 2014 beginnen. Das ist auch kein Projekt für ein Jahr, sondern eher für eine Dekade oder länger. Wie schnell die Gelder dafür bewilligt werden, hängt jetzt von der Bundespolitik ab. Mal sehen, was kommt. 

tHIS: Da hatte ja schon die letzte Bundesregierung deutlich mehr versprochen als gehalten. Glauben Sie, dass diesmal etwas passiert?

Dieter Schnittjer: Da habe ich überhaupt keine Zweifel. Wenn das nicht gemacht wird, gäbe es große wirtschaftliche Schäden. Für eine Strecke von 60 km braucht ein Schwertransport heute vielleicht 200 km, weil er nur die noch belastbaren Brücken und Straßen benutzen darf. Solche Situationen haben wir inzwischen überall in Deutschland.

Das betrifft ja nicht nur die industriellen Schwerpunkte, wo schwere Gerätschaften produziert werden, sondern das gilt ja auch für Baumaschinen, die an eine Baustelle müssen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden, sonst können wir irgendwann jede größere Bautätigkeit einstellen.

tHIS: Was ist die größte Herausforderung

für die Bau- und Baumaschinenbranche? 

Dieter Schnittjer: Der entscheidende Faktor wird immer der Mensch sein, der die Baumaschine bedient, der die Baumaschine repariert, der die Baumaschine disponiert.

Wir suchen schon heute händeringend nach Personal. Baumaschinen-Techniker, -Bediener oder auch Führungskräfte haben immer weniger Zeit. Ohne ausreichende Nachwuchskräfte müssen wir also in Zukunft mit immer weniger Menschen das Gleiche oder vielleicht auch etwas mehr leisten. Dazu müssen Menschen, die jetzt schon 20 Jahre aus der Ausbildung heraus sind, auch neue Techniken beherrschen. Sie müssen sich mit Computertechnik auseinandersetzen, mit CAN-Bus-Steuerungen, mit 3D-Positionierungstechnik etc.

tHIS: Was kann der VDBUM da tun? 

Dieter Schnittjer: Der VDBUM ist ja kein Ausbildungsverband, sondern ein Weiterbildungsverband. Da sehen wir unsere Aufgabe. Wir brauchen in allen Bereichen eine ständige Weiterbildung. Wenn wir das nicht in den Griff kriegen, kann es passieren, dass immer mehr gute Leute aufgeben, weil sie eben die neue Technik ohne Weiterbildung nicht mehr verstehen.

Da gibt es auch keinen goldenen Weg, keine allgemeine Empfehlung, die man rausgeben kann, und dann läuft das schon. Wir als VDBUM können nur in der Form beitragen, dass wir das Bewusstsein für dieses Problem schärfen, und dass wir Schulungen so gestalten, dass sie für die Mitglieder und die Branche annehmbar sind. Daher sprechen wir mit vielen Unternehmen, und bieten viele individuelle Lösungen an.

tHIS: Was halten Sie von Nachrüst-Kats für ältere Bau-
maschinen? In Berlin läuft dazu ja gerade ein Feldversuch.

Dieter Schnittjer: Das ist aus vielerlei Gründen eine deutlich komplexere Geschichte als beim PKW. Ein Auto hat vier Räder und fährt auf einer Straße, und damit hat es sich eigentlich schon. Natürlich bewegen sich auch Baumaschinen vor und zurück. Aber damit hat es sich eben nicht. Durch ein anderes Anbaugerät wird aus der Maschine ein ganz anderes Arbeitsgerät, mit weitergehenden Einsatz- und Bedienervorschriften sowie Zuständigkeiten von verschiedenen Aufsichtsbehörden.

Ein Teleskoplader ist von Haus aus ein Flurförderfahrzeug. Das bedeutet, dass die Berufsgenossenschaft für Großhandels und Lagerei ist dafür zuständig ist. Die meisten Teleskoplader werden aber in der Landwirtschaft eingesetzt und haben die entsprechenden Vorgaben. Uns wiederum interessiert besonders der Einsatz in der Baubranche.  Welche Berufsgenossenschaft hat nun welchen Anteil an der Entwicklung dieser Fahrzeuge? Diese Situation ist leider kein Einzelfall. Besonderen Einfluss haben zum Themenbereich Abgasfilter die Umweltverbände und die politischen Gremien.

tHIS: Das führt also zu einer erheblichen finanziellen und zeitintensiven Mehrbelastung der Nutzer von Baumaschinen?

Dieter Schnittjer: Die Kosten sind erheblich. Rechnen Sie durchschnittlich pro Nachrüst-Kat mit 8.000 bis über 10.000 Euro. Immerhin reden wir hier von mehreren 100.000 betroffenen Baumaschinen. Ein mittelständischer Bauunternehmer mit vielleicht 30 Maschinen auf dem Hof würde durch eine Nachrüstung um eine Viertel Million Euro belastet. Der geht zur Bank und will einen Kredit aufnehmen und wird gefragt, wie sich der Wert seiner Baumaschinen durch diese Investitionen erhöht – und muss antworten: „gar nicht“, aber nur so kann ich zukünftig mich mit meinem Unternehmen am Baumarkt zu beteiligen. An dieser Stelle wird die Bank sicherlich nach seinen Eigenmittel fragen. Sollte diese Maximalforderung der Umweltverbände umgesetzt werden, ist die Politik in der Verpflichtung, die Belastung für die Anwender mit finanziellen Unterstützungen zu erleichtern.

Der Baumaschinenanwender steht aber noch vor weiteren Entscheidungen. Welche Maschinen will er nachrüsten? Da hat er vielleicht einen sieben Jahre alten Bagger, der noch 20.000 Euro wert ist. Ein Nachrüst-Kat  für 8.000 Euro steht dazu in keinerlei Verhältnis.

Leistet er sich trotzdem die Investition, muss er, um rentabel zu bleiben, seine Baumaschine länger betreiben. Will er stattdessen eine neue Maschine kaufen, kann er die alte nur zu einem reduzierten Marktwert ohne Kat in Zahlung  geben. Für die Baumaschinenhändler würde sich der Inlandsmarkt stark verändern, und nicht jeder regionale Händler ist im Exportgeschäft erfolgreich tätig. Eine vorschnelle, pauschale Kat-Nachrüstung für alle Altmaschinen wäre kontraproduktiv.

tHIS: Wie sähe ein möglicher Kompromiss

für Sie aus?

Dieter Schnittjer: Wir sehen durchaus die Belastung von Abgasen, und kein Unternehmer setzt mutwillig die Gesundheit seiner Fahrer, Techniker und der Anwohner einer Baustelle aufs Spiel. Uns sind die Probleme ja durchaus bewusst. Daher wurde von der Baumaschinenindustrie und den Motorenhersteller in den letzten Jahren Großes geleistet, um die Abgasnormen für Neufahrzeuge zu erzielen.

Wenn man denn unbedingt eine Nachrüstlösung für ältere Baumaschinen will – was wir als schlechten Kompromiss ansehen– muss man den Bauunternehmen eine angemessene Frist zur Umrüstung geben. Angebracht wären 10 Jahre. Dazu sollte es für Nachrüster wie bei den PKW steuerliche Anreize geben.Aber keinesfalls kann es angehen, dass alles mal wieder einseitig zu Lasten der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik geht.

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