KANALERNEUERUNG SYNAGOGENGASSE

Durchs Nadelöhr

Was die Tiefbauer in der Synagogengasse in Drensteinfurt erwartete, war gleich in mehrerlei Hinsicht eine Herausforderung: Die Baustelle glich mit einer Gassenbreite zwischen 2,5 m und 3,5 m einem Nadelöhr; der bestehende Kanal war aus unterschiedlichen Werkstoffen zusammengesetzt, hydraulisch zu gering bemessen und nur 30 cm mit Boden überdeckt.

Zudem gab es viele selbst gebastelte Schächte, die alle marode waren; gleichzeitig galt es, auf denkmalgeschützte Gebäude Rücksicht zu nehmen.
Alles in allem Voraussetzungen, wie sie nicht alle Tage anzutreffen sind und ein erhebliches Maß an Planung und Vorbereitung erfordern. Ein wichtiger Aspekt unter solch erschwerten Rahmenbedingungen ist die Wahl des Rohrwerkstoffs. Die Stadtverwaltung Drensteinfurt entschied sich hierbei für Produkte von der Funke Kunststoffe GmbH. Auch für den Auftragnehmer, die Firma Walter Frerichmann Straßen- und Tiefbau, eine gute Entscheidung, denn Rohre und Formteile des unter anderem eingesetzten HS-Kanalrohrsystems besitzen ein geringes Eigengewicht, sind inklusive der Formteile wandverstärkt und dadurch sehr stabil, schon in Einbautiefen ab 0,5 m einsetzbar und dank fest eingelegter FE-Dichtung leicht zu verlegen.
 
 
Akuter Handlungsbedarf
Es war ein alarmierendes Zeichen für die Stadtverwaltung Drensteinfurt, als ein Gebäudekeller in der Synagogengasse Vernässungen aufzeigte. Eine daraufhin erfolgte Überprüfung des Kanals bestätigte, was im Tiefbauamt längst befürchtet worden war: Der Sammler war in die Jahre gekommen; es bestand akuter Handlungsbedarf. „Zunächst haben wir den Schaden nur punktuell beheben lassen, um ein weiteres Eindringen von Wasser in den Gebäudekeller schnell zu stoppen“, berichtet Planer Dipl.-Ing. Hermann Himmelmann von der Gnegel GmbH. Immerhin ist die Synagogengasse in Drensteinfurt für die Stadt von historischer Bedeutung: Sie gilt mit ihren zahlreichen Fachwerkhäusern als denkmalgeschützter Bereich. Besonders stolz sind die Drensteinfurter auf das jüdische Gotteshaus, das der Gasse den Namen verliehen hat. „Die Synagoge wurde im Krieg zerstört und 1990 restauriert. Heute gehört sie zu den wenigen erhaltenen jüdischen Gotteshäusern im Münsterland, wofür die Stadt 1992 die Europa-Nostra-Medaille für die ´eindringliche und behutsame Wiedergewinnung eines kleinen, aber wichtigen Denkmals jüdischer Tradition in Westfalen’ erhalten hat. Eine solche Auszeichnung verpflichtet“, findet  Dipl.-Ing. Thomas Meier vom Fachbereich 6, Planen, Bauen, Umwelt, der Stadtverwaltung Drensteinfurt und steht mit dieser Meinung nicht alleine.
 
 
Untergrund auf dem Prüfstand
Der provisorischen Schadensbehebung folgte im nächsten Schritt eine gründliche Neubewertung der infrastrukturellen Gegebenheiten. Gerd Frerichmann, Inhaber der bauausführenden Walter Frerichmann Straßen- und Tiefbau, beschreibt die Lage, wie die Tiefbauer sie vorgefunden haben, so: „Der Sammler war aus unterschiedlichen Werkstoffen zusammengeflickt; es gab viele selbst gebastelte Schächte, die alle vollständig marode waren. Mit einer Nennweite von DN/OD 160 war der Sammler hydraulisch viel zu gering bemessen. Außerdem befand er sich nur 30 cm unter der Oberfläche.“ Für die Beteiligten vor Ort stand angesichts dieser Ausgangslage fest, dass die gesamte Kanalisation inklusive der Hausanschlüsse in der Synagogengasse erneuert werden mussten. Im Zuge des Kanalbaus wurden gleichzeitig auch alle anderen Versorgungsleitungen, wie etwa Gasleitungen und zusätzliche Leerrohre für Telefonkabel verlegt.
 
„Aufgrund des denkmalgeschützten Bereiches, aber auch wegen der besonders engen Bauverhältnisse mit einer Gassenbreite von maximal 3,5 m, haben wir in einem ersten Schritt eine Bausicherung durchgeführt. Das heißt, dass wir den Istzustand der alten Gebäude dokumentiert haben, um später eventuell durch die Tiefbauarbeiten aufgetretene Schäden erkennen zu können“, erinnert sich Planer Himmelmann. Im Anschluss konnte damit begonnen werden, den Sammler auf die aktuellen Erfordernisse vor Ort umzustellen. Zum Einsatz kamen für die Hausanschlussleitungen HS-Kanalrohre in der Nennweite DN/OD 160, die mittels Connex-Anschlüssen an den Sammler aus HS-Kanalrohren der Nennweite DN/OD 315 angeschlossen wurden. Die Kunststoffrohre wurden frostsicher bei einer Einbautiefe von 1 m verlegt. „Dass die Rohre und Formteile mit SDR 34 wandverstärkt sind, hat uns mit Blick auf deren Stabilität überzeugt“, sagt Dipl.-Ing. Thomas Meier von der Stadtverwaltung.
 
 
Leicht und flexibel zu verlegen
Polier Klaus Grüttner, Walter Frerichmann Straßen- und Tiefbau, lobt derweil auch den praktischen Aspekt: „Wegen des geringen Eigengewichts genügte ein Ausschachten mit Minibagger oder von Hand. Zusätzlich hatten wir einen Radlader im Einsatz. Der Werkstoff Kunststoff ist leicht und flexibel zu handhaben. Anders wäre es aufgrund der beengten Baustellenverhältnisse gar nicht gegangen.“ Aber auch die fest eingelegte FE-Dichtung überzeugte den Tiefbauer. Funke-Fachberater Ralf Erpenbeck: „Sie verhindert ein Herausdrücken und Verschieben der Dichtung bei der Montage.“ Um für die Zukunft in puncto Dichtheitsprüfung ganz auf Nummer sicher zu gehen, investierte die Stadt Drensteinfurt zusätzlich in HS-Abwasserkontrollen, die Betreibern von Kanalnetzen die Möglichkeit geben, den Zustand der Hausanschlüsse zu kontrollieren. Außerdem wurden vier HS-Hauskontrollschächte DN/OD 800 in Betrieb genommen, die die erforderlichen Wartungsarbeiten wie Kamerabefahrung, Spülung und Reinigung erleichtern. Gleichzeitig erfüllen die Schächte aber noch einen weiteren Zweck: Sie nehmen das anfallende Niederschlagswasser auf. Eine vorausschauende Funktion, da die Synagogengasse aus Platzgründen keine zusätzlichen Straßenabläufe besitzt. Planer Himmelmann: „Die Straßenoberfläche fällt deshalb auch nicht wie üblich zu den Seiten ab, sondern zur Mitte. Auf diese Weise kann das Wasser zu den Schächten fließen. Von der Straßenmitte bis zur Hauswand haben wir einen Höhenunterschied von 4 cm umgesetzt.“

www.this-magazin.de            THIS121537
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