BETONWERK NUTZT REGENWASSER

Alles fließt

Mit „Panta rei“ wurde der griechische Philosoph Heraklit bei uns bekannt. Das Motto passt zu Regenwasser und zu Beton – so lange dieser noch flüssig ist. Im Werk Nottuln, Kreis Cosfeld, gießt Mall den Beton in unterschiedliche Formen und fertigt so Regenspeicher für den unterirdischen Einbau. Regenwasser vom Dach der Produktionshalle ist einer der Rohstoffe für diese Fertigteil-Zisternen. Der Industriebetrieb spart Gebühren und damit Betriebskosten – und hat eine vorzeigbare Referenz im eigenen Haus.

Genau genommen profitiert Mall bei der Gebühreneinsparung dreifach: Statt Trinkwasser kann das kostenlos anfallende Regenwasser von den Dachflächen genutzt werden. So lange der in der unterirdischen Zisterne zwischengelagerte Niederschlag ausreicht, wird der Gebührenanteil für das sonst erforderliche Trinkwasser gespart. Wenn, wie in diesem Fall, das Regenwasser zum Bestandteil des Produkts wird, fällt auch keine Schmutzwassergebühr, wie z. B. bei der WC-Spülung, an. Der dritte Spareffekt entsteht durch einen Abschlag bei der Niederschlagsgebühr. In der Satzung der Gemeinde Nottuln gilt für Regenzisternen mit Anschluss an die örtliche Kanalisation, dass zunächst pro Kubikmeter Fassungsvermögen 25 Quadratmeter Sammelfläche abgezogen und dann der verbleibende Flächenanteil mit 80 % (entsprechend Abflussbeiwert C nach DIN 1986-100 von 0,8) gewertet wird.

Regenwasser für die Produktion

Natürlich muss zunächst investiert werden. Die Firma Mall konnte hier den Regenspeicher und die Pumpentechnik aus eigener Produktion einsetzen, so dass nur der Selbstkostenpreis zu verbuchen war. Und Wasserbedarf gibt es im Betonwerk genug, nicht nur zur Reinigung. Schließlich besteht der hochwertige Fertigteilbeton bei Mall zu 14,5 Vol.-% aus Wasser.

Mit dem Neubau einer weiteren Produktionshalle bot sich die Gelegenheit, den Dachablauf zu sammeln und zu verwenden. Das neue Pultdach läuft parallel zu einem der vorhandenen und ist mit diesem traufseitig verbunden. So konnte auch die Hälfte des alten Daches an die Zisterne angeschlossen werden. „Durch Unterdruckentwässerung wird nun der Niederschlag von insgesamt 2.730 m² Sammelfläche unter der neuen Hallendecke zur Sammelleitung geführt und über den unterirdischen Filterschacht in die Zisterne geleitet“, erläutert Peter Menke vom Ingenieurbüro Keese & Hahne. Bei einem durchschnittlichen Niederschlag in Nottuln von 845 mm pro Jahr kommt übers Jahr ein Ertrag von 1.845 m³ zusammen. Berücksichtigt ist dabei ein Verlust durch Verwehen (Wind), Verspritzen an der Dachkante und Benetzen der Sammelflächen von insgesamt 20 %, rechnerisch enthalten im so genannten Ertragsbeiwerte laut DIN 1989-1 von 0,8. Bei voller Zisterne und weiter zufließendem Regenwasser reduziert sich durch Überlauf der nutzbare Ertrag in diesem Fall noch weiter um rund 10 % im Jahr. Damit bleibt für die Produktion eine Wassermenge von 1.660 m³ per anno - bei 1,36 €/m³ ohne Mehrwertsteuer für Trinkwasser und 1,81 € für Schmutzwasser ein Spareffekt von 5.262 €.

Niederschlagswassergebühr reduziert

In Nottuln muss seit 01.01.2011 pro Quadratmeter an den Kanal angeschlossene Fläche eine Gebühr von 0,49 €/m² pro Jahr bezahlt werden. Da die Zisterne 200 m³ fasst, konnten gemäß Entwässerungssatzung 200 x 25 m² = 5.000 m² von der tatsächlichen Sammelfläche 2.730 m² abgezogen werden. Das Ergebnis ist negativ, die Gebühr entfällt demnach komplett für diesen Dachabschnitt. Ohne Regenspeicher, aber mit Kanalanschluss hätte sie 1.338 € betragen und wird nun Jahr für Jahr eingespart.

Für die konventionell über den Kanal entwässerten Dach- und Geländeflächen bleibt alles beim Alten. Diesen Anteil berechnet die Kommune der Firma wie jedem anderen in der Gemeinde auch. Ob und wann eventuell das bisher nicht genutzte anfallende Niederschlagswasser ebenfalls gesammelt und verwendet wird, ist bei Mall noch nicht entschieden. Das Werk in Nottuln war erst 2009 gekauft worden und wird seither Zug um Zug umgebaut, modernisiert und vergrößert. Die Erweiterung im Jahr 2011/2012 bot erstmalig die Gelegenheit, das Dachwasser zu verwenden. Wie überall hätte man damit die Toiletten spülen können. Dann wäre das genutzte Regenwasser als Abwasser in den örtlichen Schmutzwasserkanal abgegeben worden. Gebührentechnisch bedeutet das, dass nur der Trinkwasseranteil der Wassergebühr gespart werden kann und nicht, wie nun bei Mall, auch der Schmutzwasseranteil.

Option

Das Wasser der Oberflächen neben den Produktionshallen wird mit Freispiegel-Leitungen konventionell in den örtlichen Kanal abgeleitet. Mit Sedimentationsanlagen, die auch zum Sortiment von Mall gehören, könnte zusätzlich das Oberflächenwasser genutzt werden. Allerdings wäre der Wartungsaufwand hoch bei den Staubablagerungen auf den nicht befestigten Außenlagerflächen, deshalb allenfalls langfristig vorgesehen. Mittelfristig wird wohl eher die restlichen Dachflächen von zusammen 3.530 m² an einen weiteren Regenspeicher angeschlossen. Doch bis es soweit ist, wird vorrangig verwendet, was vorhanden ist, selbst wenn der Speicher gelegentlich trocken fällt. Die Jahresproduktion mit 8.300 m³ Fertigteilbeton benötigt in den Mischanlagen 1.200 m³ Wasser. Der durchschnittliche Regenertrag von 1.660 m³ deckt diesen Bedarf vollständig ab. Für den Fall, dass Regenwasser fehlt, ist jedoch vorgesorgt. Eine automatische Trinkwassernachspeisung liefert der Pumpe, welche die Verbrauchsstellen versorgt, durch die Übergabeeinrichtung des „Freien Auslaufs“ Nachschub. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis laut Wasserstandsensor wieder Regenwasser zur Verfügung steht.

Die Technik dahinter

Im Gelände zwischen dem 200 m³ fassenden unterirdischen Regenspeicher und der neuen Produktionshalle sitzt ein Pumpschacht mit Unterwassermotorpumpe. Diese entnimmt dem Regenspeicher periodisch das für die Betonproduktion erforderliche Wasser. Zwei Mischanlagen im Gebäude werden durch die Betriebswasserleitung automatisch versorgt. Thomas Rendler, technischer Mitarbeiter bei Mall, beschreibt das von ihm konzipierte Wasserrecycling so: „Ein Membran-Druckbehälter mit 1.000 l Fassungsvermögen sorgt für gleichmäßigen Leitungsdruck. Ventile in den Mischanlagen öffnen und schließen automatisch. Ebenso reagiert die Unterwassermotorpumpe im Pumpschacht, sobald die Wassermenge im Druckbehälter nicht mehr ausreicht und fördert entsprechend nach.“

Sobald der fertig gemischte Flüssigbeton mit der Betonkübelbahn in die Gussformen transportiert wurde, muss das Mischwerk und die Kübelbahn mit dem Betriebswasser aus der Zisterne gereinigt werden. Das abfließende Wasser enthält so genannte Betonschlämme, die per Ringleitung der Mischanlage wieder zugeführt wird. Ein Tauchmotorrührwerk sorgt auf halber Strecke dafür, dass sich Feststoffe nicht absetzen. Je nach Menge und Konsistenz des im Vorlagebehälter gesammelten Waschwassers kann nach Bedarf Betriebswasser aus der Zisterne zugemischt werden. Die verschiedenen Pumpen, Wasserstandssonden und das Tauchmotorrührwerk stehen über einen zentralen Steuerschrank miteinander in Verbindung. Dies ist die eigentliche Zentrale des gesamten Betriebswassersystems, die einschließlich Trinkwassernachspeisung leicht zugänglich und Platz sparend das Wasserrecycling in der Produktionshalle verwaltet.

Die Qualität von Regenwasser

Die laut DIN 1989-1 vorgesehene Verwendung, zu der auch die hier praktizierte Nutzung zur Herstellung von Beton zählt, bedarf weder einer besonderen Aufbereitung noch Desinfektion des gesammelten Regenwassers. Dies ist aus ökonomischen und ökologischen Gründen auch nicht wünschenswert. Natürliche Prozesse und ein geringes Nährstoffangebot im unterirdischen Regenspeicher führen dazu, dass eingespülte (natürliche, organische) Bestandteile wie Bakterien von den Sammelflächen des Hallendaches nur kurzzeitig in der Zisterne vorhanden sind. Untersuchungen des Landesamtes für allgemeine Hygiene in Bremen über mehr als 12 Jahre haben gezeigt, dass die festgestellten Konzentrationen in Regenspeichern unterschiedlicher Bauart im Durchschnitt deutlich unter den zulässigen Werten für Badegewässer liegen [1].

Dennoch erhält jede nach DIN 1989 gebaute Regenwassernutzungsanlage einen Filter im Zulauf zur Zisterne. Großanlagen wie diese Betriebserweiterung in Nottuln werden üblicherweise mit einem Filterschacht vor dem Regenspeicher ausgestattet. Mall konnte sich hierfür wie beim Zisternenbau aus dem eigenen Sortiment bedienen. Im Filterschacht trennt eine zylindrische Edelstahlspaltsiebstruktur mit einer Maschenweite von 0,6 mm den Zulauf vom Ablauf Richtung Speicher. Schwebstoffe, die diesen Filter nicht passieren können, sinken als Feinteile zu Boden oder schwimmen auf an die Wasseroberfläche, wie z. B. Blütenpollen. Der Filterschacht kann im Zuge von Wartungsmaßnahmen ohne großen Aufwand vom Filtergut befreit werden. Um die Planung zu erleichtern, tragen die Filterschächte von Mall als Produktbezeichnung die hydraulische Leistungsfähigkeit im unverschmutzten Zustand in Liter pro Sekunde. In diesem Fall wurde ein Filterschacht mit der Typenbezeichnung FS 85 verwendet. Das bedeutet, dass der Filter den Abfluss von 85 l/s rückstaufrei verkraftet. Bei dem zugrunde gelegten Bemessungsregen von 300 l/s x ha kann unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Abflussbeiwertes deshalb eine Dachfläche bis zu 3.000 m² fachgerecht angeschlossen werden [2]. Sollte der Regenwasservorrat im unterirdischen Speicher ganz aufgefüllt sein und dennoch weiterhin Niederschlagswasser anfallen, so wird der Überlauf aus Speicher und Filter in den öffentlichen Kanal abgeleitet.

Fertigteile schnell montiert

Filterschacht und Regenspeicher aus Betonfertigteilen werden auf 15 cm hohem Sandbett versetzt. Die Wanddurchführungen der Zu- und Ablaufleitungen sind mit hochwertigen Dichtungen so in den Behältern eingegossen, dass bei der Montage die Verbindungsrohre nur gesteckt werden müssen. Mit Schachtabdeckungen Klasse B sind diese Behälter befahrbar. So kann der Standort flexibel gewählt werden, sowohl unter Grünflächen als auch unter Stellflächen und Zufahrten.

Wenn Marktführer wie Mall, die erfahrungsgemäß ihrer Zeit voraus sind, auf Regenwasser als Ressource setzen, ist dies ein deutliches Zeichen. Heute schon mit Betriebswasser Erfahrung zu sammeln heißt, optimal mit den Möglichkeiten der Verwendung umgehen zu lernen und damit wieder einen Schritt voraus zu sein, wenn es in einigen Jahren wirklich darauf ankommt, das Lebensmittel Trinkwasser nur noch dort zu verwenden, wo die höchste Qualitätsstufe von Wasser auch tatsächlich gebraucht wird.

Projektdaten


Adresse:
Oststraße 7, 48301 Nottuln

Jahresniederschlags­menge: 845 mm

Sammelfläche: 2.730 m²

Filter: Mall Filterschacht FS 3000, Schachtabdeckung Klasse D 400

Speicher: Mall Großbehälter 200 m³, Schachtabdeckung Klasse D 400

Pumpentechnik: 2 Tauchmotorpumpen Fabrikat KSB im Pumpschacht

Planung: Keese + Hahne, Ingenieurbüro für das Bauwesen, Projekt- und Umweltmanagement, Beratende Ingenieure VBI, Soest

Inbetriebnahme:
Juni 2012

Einsparung Trinkwasser pro Jahr: 1.660 m³

Einsparung Regenabfluss pro Jahr: 1.660 m³

Einsparung Wassergebühr pro Jahr: 5.262 €

Einsparung Niederschlagsgebühr pro Jahr: 1.338 €

Typische industrielle Verwendung von Regenwasser

 

Produktion

WC-Spülung

Kühlung, z. B. durch Verdunstung (adiabate Kühlung)

Reinigung von Industriefiltern, von Metallteilen vor der Beschichtung, von Maschinen und Fahrzeugen

Bewässerung von Fassadenbegrünung, Dachbegrünung, Außenanlagen, Innenbegrünung

 

Siehe auch Website Ministerium für Umwelt Baden-Württemberg: http://www.umweltschutz-bw.de/?lvl=6712

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