Denkmalschutz mit BIM

Fortschritte beim Wiederaufbau von Notre-Dame

Nach der Brandkatastrophe von Notre-Dame hat sich die französische Regierung das Ziel gesetzt, das Wahrzeichen bis Ende 2024 wieder aufzubauen. Offenbar erfolgreich – mit Unterstützung digitaler Methoden wie BIM und digitalen Zwillingen.

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung durch „Art Graphique & Patrimoine, Établissement public chargé de la conservation et de la restauration de la cathédrale Notre-Dame de Paris“ (eprnd).
© eprnd

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung durch „Art Graphique & Patrimoine, Établissement public chargé de la conservation et de la restauration de la cathédrale Notre-Dame de Paris“ (eprnd).
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Im März 2019 erschütterten die Bilder der brennenden Notre-Dame-Kirche die Welt. Der versehentliche Brand verursachte massive Schäden an der Pariser Kathedrale, die als eines der größten und bekanntesten Wahrzeichen der Stadt gilt. Nicht nur der Dachstuhl, sondern auch große Teile des Innenraums wurden von den Flammen zerstört.

Die Tragödie löste weit über die Grenzen Frankreichs hinaus eine Welle der Anteilnahme aus. Menschen aus aller Welt, einschließlich Privatpersonen und Unternehmen, zeigten Solidarität und spendeten großzügig für die Wiederherstellung. Bis dahin zog die Kathedrale täglich über 30.000 Besucher an, wobei diese Zahlen die regelmäßigen Gottesdienstbesucher noch nicht berücksichtigen.

Ein knapper Zeitplan

Infolge des Brandes fühlte sich Präsident Emmanuel Macron dazu verpflichtet, der französischen Bevölkerung zu versichern, dass das Monument bis Ende 2024 vollständig restauriert sein würde – ein ambitioniertes Ziel, das nun offenbar eingehalten werden kann: Kürzlich wurde bekannt gegeben, dass Notre-Dame zum katholischen Feiertag Mariä Empfängnis am 8. Dezember 2024 wiedereröffnet werden soll. Ein weiteres ambitioniertes Ziel im Rahmen des aufwändigen Wiederaufbaus: Das architektonische Wahrzeichen soll möglichst originalgetreu wiederhergestellt werden. Notre-Dame soll nach den aufwendigen Restaurationsarbeiten in neuem Glanz erstrahlen.
© Studio Alma for the BBS Group

Notre-Dame soll nach den aufwendigen Restaurationsarbeiten in neuem Glanz erstrahlen.
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Für die Realisierung dieses Vorhabens arbeitet das ‚L‘établissement public chargé de la conservation et de la restauration‘ (EPRND), die öffentliche Institution, die für die Erhaltung und Restaurierung der Kathedrale zuständig ist, mit Autodesk zusammen. Der führende Softwareanbieter unterstützt die Restaurierung sowohl mit technischem Know-how als auch mit modernen Design- und Fertigungstechnologien, einschließlich Building Information Modeling (BIM), eine digitale Methode zur Planung, Gestaltung, Konstruktion und Verwaltung von Gebäuden und Infrastrukturen. BIM nutzt 3D-Modelle und integrierte Daten, um eine effiziente Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Projektbeteiligten zu ermöglichen.

Effizienter Wiederaufbau mit Unterstützung von BIM-Technologie

Im Mittelpunkt der digitalen Restaurationsmaßnahmen steht die Schaffung einer zentralen, cloudbasierten Datenumgebung für alle in das Projekt involvierte Stakeholder. Auf diese Weise haben alle Beteiligten Zugang zu aktuellen Daten und Plänen und werden stets in nahezu Echtzeit zu Projektfortschritten auf dem Laufenden gehalten.

Die Autodesk BIM-Technologie ermöglicht dabei intelligente Daten- und geometrische 3D-Modellierungsprozesse, die ebenfalls über die cloudbasierte Plattform bereitgestellt werden. So entstehen historische, digitale Aufzeichnungen, die auch bei zukünftigen Restaurierungen verwendet werden können – Planer können somit auf bereits vorhandene Daten zurückgreifen und müssen nicht von Grund auf neu beginnen. Der Anspruch der Originaltreue stellt bei der Restaurierung der Kathedrale eine besondere Herausforderung dar. Um das zu erreichen, erstellte Autodesk zunächst mithilfe von „Reality Capture“-Technologien ein 3D-BIM-Modell des Wahrzeichens, wie es vor dem Brand existierte. Im zweiten Schritt wurde basierend auf Laserscans und Drohnenaufnahmen ein 3D-Modell des Bauwerks im aktuellen Zustand nach dem Brand erstellt, um es mit dem ursprünglichen Modell vergleichen zu können. Die digitale Version von Notre-Dame enthält nun millime-tergenau alle Spezifikationen des Originals.

Mithilfe dieses Modells und der von Autodesk zur Verfügung gestellten Expertise werden verschiedene Anwendungsfälle umgesetzt. Dazu gehören die Erstellung, Anreicherung und Erweiterung des BIM-Modells von Notre-Dame und Umgebung sowie die logistische Koordination auf der Baustelle, um den Transport von Materialien und Werkzeugen effizient zu planen.  Dank BIM haben alle Beteiligten Zugang zu aktuellen Daten und Plänen.
© eprnd

Dank BIM haben alle Beteiligten Zugang zu aktuellen Daten und Plänen.
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Für die Rekonstruktion wurde ein originalgetreues 3D-BIM Modell des Wahrzeichens in Autodesk erstellt.
© Autodesk
Für die Rekonstruktion wurde ein originalgetreues 3D-BIM Modell des Wahrzeichens in Autodesk erstellt.
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Zudem unterstützt die Software dabei, die Extraktion von Materialmengen aller Art nachzuverfolgen, sodass Kosten reduziert und potenzielle Probleme im Vorhinein vermieden werden können. Die cloudbasierte Kollaborationsplattform ermöglicht außerdem die Optimierung der Zusammenarbeit und Kommunikation über alle am Projekt beteiligten Firmen hinweg. Alle Beteiligten haben zu jeder Zeit den Überblick über wichtige Informationen und werden in nahezu Echtzeit über Veränderungen informiert, etwa bezüglich Materialanforderungen, Maßen oder Terminen.

Digitaler Zwilling soll fortan den Gebäudebetrieb erleichtern und sicherer gestalten

Um das Notre-Dame-Projekt über den Wiederaufbau hinaus zu unterstützen, will Autodesk das entwickelte BIM-Modell als digitalen Zwilling zur Verfügung stellen. In diesem Anwendungsfall wird das Gebäude virtuell repräsentiert, wobei Änderungen und Interaktionen zwischen dem virtuellen Zwilling und dem realen Objekt in Echtzeit aktualisiert werden.

Mit Temperatur- und Rauchsensoren sowie effektiven Brandschutzsystemen verknüpft, stellt die Digital-Twin-Technologie sicher, dass jeder Brandherd frühzeitig erkannt und unverzüglich bekämpft werden kann. Auch viele weitere Gefahrenquellen lassen sich auf diese Weise minimieren. Das Wahrzeichen würde demnach fundamental an Sicherheit gewinnen und das Projekt fungiert als prominentes Beispiel, wie moderne digitale Technologien einen essenziellen Beitrag dazu leisten können, historische Werte für die Zukunft zu bewahren.

Bis es so weit ist und die Kathedrale feierlich wiedereröffnet werden kann, haben Interessierte nach wie vor die Möglichkeit im Rahmen der mobilen Ausstellung „Notre-Dame de Paris, the Experience“ in die 900-jährige Geschichte des Gebäudes einzutauchen. Dabei handelt es sich um einen virtuellen Rundgang basierend auf immersiven Technologien wie Augmented Reality, der vom französischen Start-up Histovery entwickelt wurde. Die Ausstellung, die mit Autodesk-Tools realisiert wurde, nutzt die neueste Generation der AR-Technologie. Dadurch können Besucher die Geschichte des Gebäudes in drei Dimensionen entdecken und einen Blick hinter die Kulissen der Restaurierung werfen.

www.autodesk.de

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