Steigerung des Marktwertes

Mit Weiterbildung der Mitarbeiter zur SIVV-Fachkraft die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen

Einst als Baustoff für die Ewigkeit gepriesen, setzt sich mittlerweile die Erkenntnis durch, dass auch Beton schadensanfällig ist. Schutz und Instandsetzung von Betonkonstruktionen gehören zu den anspruchsvollen Bauaufgaben, deren Bewältigung ein hohes Maß an Kenntnissen voraussetzt.

Werden Schäden zu spät erkannt oder werden die falschen Maßnahmen ergriffen, sind oft hohe Kosten die Folge. Wirtschaftliche und technische Schäden können jedoch minimiert werden, wenn rechtzeitig geeignete Maßnahmen zum Substanz-Erhalt des Betons ergriffen werden. Immer häufiger verlangen daher private und öffentliche Auftraggeber vor der Auftragsvergabe entsprechende Nachweise, wie es die bauaufsichtlich eingeführte Instandsetzungsrichtlinie auch fordert. Seit 1990 bieten die Bildungszentren des Baugewerbes e. V. (BZB), Krefeld als eines von 15 Ausbildungszentren der Bauwirtschaft speziell für die Betoninstandsetzung viermal pro Jahr mit den sogenannten SIVV-Lehrgängen ein Weiterbildungsangebot, das umfangreiche Kenntnisse über eine objektgerechte Ausführung von Betoninstandsetzungsmaßnahmen vermittelt und durch ein entsprechendes Zertifikat bestätigt. Regelmäßig vorgeschriebene Weiterbildungen sorgen dafür, dass die Schein-Inhaber immer auf dem neuesten Stand der Technik sind.

Markus Kommischke ist Beton- und Stahlbetonmeister. Für seinen Arbeitgeber, ein großes deutsches Bauunternehmen, betreut er zahlreiche Baustellen. Und weil ihm dabei aufgefallen ist, dass das Thema Betoninstandsetzung immer wichtiger wird, will er seine Fachkenntnisse in diesem Bereich vertiefen. „Damit ich mich draußen vor Ort mit den Jungs auf Augenhöhe unterhalten kann. Das ist doch ein sehr spezieller Bereich, in dem nach wie vor große Unwissenheit herrscht.“

Mike Neumann ist gelernter Fliesenleger und arbeitet als Monteur für eine Firma, die als Nachunternehmer vorwiegend Kabelschächte für eine deutsche Kommunikationsfirma saniert. Spezialkenntnisse über eine objektgerechte Betoninstandsetzung sind da unabdingbar und werden vom Auftraggeber zur Bedingung gemacht.

Bernd Pflüger ist Dipl.-Ing. für Geotechnik mit einer Zusatzqualifikation im Fachbereich Betontechnologie und leitet die Betonprüfstelle eines großen Ingenieurbüros im Ruhrgebiet, dessen Schwerpunkt im Bergbau liegt. Er denkt an die Zukunft und sucht nach zusätzlichen Standbeinen, die die Existenz des Ingenieurbüros auch über das Ende des Bergbaus hinaus sichern. „Ein Schwerpunkt“, da ist er sich ganz sicher, „wird dann definitiv die Beton-Instandsetzung sein.“ Daher will er seine bereits erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Spezialgebiet vertiefen und ausbauen: „Letztlich geht es auch darum, ein Zertifikat in der Hand zu haben, mit dem potentiellen Auftraggebern gegenüber die entsprechende Kompetenz nachgewiesen werden kann.“

Andere sind Maurer, Poliere und Kolonnenführer. Es ist eine buntgemischte Truppe, die sich in der BZB Akademie im Bildungszentrum des Baugewerbes in Krefeld zum SIVV-Lehrgang (Schützen, Instandsetzen, Verbinden und Verstärken von Betonteilen) zusammengefunden hat. 14 Männer mittleren Alters. Die meisten kräftig und braungebrannt. Man sieht ihnen an, dass sie jeden Tag draußen bei Wind und Wetter auf der Baustelle ihren Mann stehen. Zehn Tage lang drücken sie jetzt wieder die Schulbank. Morgens Theorie, nachmittags Praxis. Am Ende steht eine Prüfung und – sofern bestanden – der begehrte SIVV-Schein, der mittlerweile von den meisten öffentlichen, aber auch zunehmend von privaten Auftraggebern bei der Auftragsvergabe als Garant für eine qualitativ hochwertige Ausführung von Betoninstandsetzungsmaßnahmen zur Bedingung gemacht wird.

Er verleiht dem Schein-Inhaber gleichzeitig ein hohes Maß an Verantwortung: Auf der Baustelle ist er derjenige, der im Rahmen der Qualitätssicherung für die Eigenüberwachung verantwortlich ist. Das System wird ergänzt durch die Fremdüberwachung durch neutrale Personen, die z. B. bei der Prüf- und Überwachungsstelle der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken (ib) unter Vertrag sind. Allein in NRW sind für die Prüf- und Überwachungsstelle fünf Überwacher tätig.

 

Vielschichtig

„Die heterogene Teilnehmerstruktur“, erklärt Dipl.-Ing. Peter Heil, Leiter der BZB Akademie in Krefeld, „ist typisch für den Lehrgang. Wir haben hier einerseits den Gesellen oder Facharbeiter des Beton- und Stahlbetonbauerhandwerks, der spezielles Fachwissen aufbauen will, um später als SIVV-Mann eingesetzt werden zu können. Andererseits gibt es auch die Bauleiter und Meister, die den Lehrgang absolvieren, um zu wissen, was sie ihren Mitarbeitern abverlangen können. “ Viele Bauingenieure informieren sich im Kurs über die jüngsten Änderungen in der Normung. Hin und wieder sind auch Mitarbeiter aus der Gruppe der Auftraggeber im Seminar. „Die wollen dann einfach wissen“, sagt Heil, „was sie ausschreiben und welche Arbeiten sie vergeben.“ Dieser Gruppe sei es vor allem wichtig, ausreichende Kenntnisse zur Beurteilung einer fachgerechten Arbeit aufzubauen: “Die kommen nicht, um zu lernen wie richtig instandgesetzt wird, sondern um frühzeitig erkennen zu können, wenn etwas schief läuft.“ Dem Kurs schadet das breitgefächerte Teilnehmer-Spektrum mit den sehr unterschiedlichen Voraussetzungen nicht. Im Gegenteil: Er sei erstaunt gewesen über das hohe Niveau, berichtet Bernd Pflüger. „Meine Erwartungen sind voll erfüllt worden. Manches weiß ich nicht, dann kann ich Fragen stellen und bekomme diese beantwortet. Ich kann mein Wissen einbringen und profitiere gleichzeitig von den Beiträgen und Kenntnissen anderer.“ Sicher auch ein Vorteil der kleinen Gruppe. Grundsätzlich ist die Gruppengröße auf etwa 20 Personen pro Kurs beschränkt.

Vielschichtig wie die Zusammensetzung der Seminaristen ist auch die Struktur der beteiligten Firmen. Die meisten Teilnehmer kommen aus mittelständischen Unternehmen, die hauptsächlich Kabelschachtsanierungen für Telekommunikationsunternehmen ausführen. „Aber auch Zwei- bis Drei-Mann-Betriebe oder große Baufirmen sind vertreten“, hat Seminarleiter Dipl.-Ing. Frank Jansen beobachtet. „Und vor dem Hintergrund, dass Betoninstandsetzungen, Fassadensanierungen oder das Aufbringen von Beschichtungssystemen mit zum täglichen Arbeitsspektrum gehören“, erläutert Heil, „kommen auch immer wieder Mitarbeiter von Maler- und Sanierungsfirmen oder von ganz normalen Hochbauunternehmen zu uns. Auch Betonfertigteilhersteller schicken ihre Leute.“

Fehlende Vorkenntnisse in der Betontechnologie werden dabei ausgeglichen durch ein zweitägiges Spezial-Vorbereitungsseminar zum SIVV-Lehrgang. Es bietet Grundlagenwissen und ist für alle Teilnehmer mit Ausnahme von Bauingenieuren, die ihr Diplom erst vor kurzem erworben haben, verpflichtend. Der Kurs schließt mit einer Prüfung ab, deren Bestehen Voraussetzung für die Teilnahme am eigentlichen Lehrgang ist. Die hohen Anforderungen bereits im Vorfeld unterstreichen und sichern den Qualitätsanspruch des Scheins. So können grundsätzlich auch nur Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung das Seminar absolvieren. Wer ungelernt ist, muss sich zumindest von seinem Arbeitgeber bestätigen lassen, dass er mindestens seit drei Jahren in diesem Bereich tätig ist. Alle Teilnehmer sind verpflichtet, im Abstand von höchstens drei Jahren eine Weiterbildung zu absolvieren.

Der Kurs selbst steht unter fachlicher Kontrolle des Ausbildungsbeirates Schutz und Instandsetzung im Betonbau beim Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein E.V., Berlin. Das Gremium tagt zweimal pro Jahr, um die Inhalte der Ausbildung zu aktualisieren. Es ist gleichzeitig verantwortlich für das Handbuch, das jedem Lehrgangsteilnehmer zur Verfügung gestellt wird. Darin werden sämtliche Themen behandelt. Auch über den eigentlichen Kurs hinaus behält es seine Bedeutung als nützliches Nachschlagewerk. Die Abschlussprüfung wird von einem Prüfungsausschuss abgenommen, der sich aus Referenten und Mitgliedern des Ausbildungsbeirates zusammensetzt.

 

Motivaton

Die Motivationen für die Teilnahme sind sehr unterschiedlich. Die meisten Lehrgangsteilnehmer kommen wie Mike Neumann auf Initiative ihrer Vorgesetzten. „Der Chef hat mir den Vorschlag gemacht“, beschreibt er seine Beweggründe, „unsere Auftraggeber erwarten diese Qualifikation und wir bekommen nur dann Aufträge, wenn wir die entsprechenden Nachweise vorlegen können.“ Peter Heil bestätigt: „Speziell die Telekommunikationsunternehmen vergeben keine Aufträge, wenn nicht lückenlos nachgewiesen werden kann, dass die entsprechend verantwortlichen Mitarbeiter den SIVV-Schein besitzen.“

Das gilt im Übrigen für alle öffentlichen Auftraggeber und Großunternehmen.“ Wer nicht gleichzeitig mit der Abgabe eines Angebotes den entsprechenden Qualifikationsnachweis führt, fällt durchs Raster und wird im Vergabeprozess von Anfang an nicht berücksichtigt. Mike Neumann ist deshalb extra aus Mecklenburg-Vorpommern an den Niederrhein gekommen. Die Alternative wäre ein Kurs im nächsten Jahr in Berlin gewesen. Aber: „Wir brauchen den Schein unbedingt.“

Bernd Pflüger und Markus Kommischke dagegen haben sich aus eigenem Antrieb angemeldet. „Ich hätte die Qualifikation eigentlich gar nicht gebraucht“, weiß Markus Kommischke. „Wir arbeiten zu 98 % mit Nachunternehmern. Die müssen den Schein haben. Aber ich erlebe jeden Tag die praktische Umsetzung vor Ort.“ Früher, erinnert er sich, seien Fehlstellen irgendwie beigespachelt worden. „Heute werden Betonschäden aufwändig behoben.“ Dies sei ausschlaggebend für ihn gewesen, sich mit dem Thema auseinander zu setzen: „Der Kurs bietet mir das nötige Hintergrundwissen.“ 

Seinem Arbeitgeber leuchtete die Notwendigkeit ein, er übernimmt die Kosten und hat ihn für die Lehrgangsdauer freigestellt. 1500 Euro kostet der zehntägige Lehrgang. Dazu kommen 150 Euro Prüfungsgebühr sowie 320 Euro plus 50 Euro Prüfungsgebühr für das zweitägige Spezial-Vorbereitungsseminar, in dem die Grundlagen vermittelt werden. Die obligatorische zweitägige Weiterbildung schlägt dann später noch einmal mit 480 Euro zu Buche. „Es geht dabei ja nicht nur ums Geld“, erklärt Kommischke, „ich falle auch für zwei Wochen aus. In der Zeit muss die Baustelle mit einem Vertreter weiterlaufen.“

Für Bernd Pflüger ist die Teilnahme eine Ergänzung zu einem bereits früher absolvierten Spezialseminar für Bauingenieure und Architekten, das ihn als zertifizierten, sachkundigen Planer für Betoninstandsetzung ausweist. Er sieht die Teilnahme denn auch als Erweiterung seines praktischen Spektrums und somit als Zusatznutzen, den er seinem Arbeitgeber anbieten kann.

„Der Lehrgang lebt von der Praxis“

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