Rechtliche Heraus-
forderungen durch BIM

Building Information Modeling (BIM) ist in aller Munde.
Doch welche rechtlichen Folgen ergeben sich

aus der Einführung der digitalen Planungsmethode?

Erst im Dezember 2015 hat Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt einen Stufenplan zur schrittweisen Einführung dieser digitalen Planungsmethode bei Infrastrukturprojekten und großen Bauvorhaben vorgestellt. Es ist abzusehen, dass sich der in anderen europäischen Ländern längst etablierte integrative digitale Planungs- und Bauansatz nun auch in Deutschland schnell entwickeln wird. Bei BIM
werden alle relevanten Informationen eines Bauvorhabens noch vor Baubeginn in einem computergestützten Modell vereint und so wird für die Errichtung und den Betrieb des Bauwerks eine umfassende Informationsbasis geschaffen.

Vorteile von BIM

Durch BIM können Planungskonflikte der einzelnen Fachplaner und Architekten durch eine höchstmögliche Transparenz frühzeitig ermittelt und ausgeräumt werden. Alle bauausführenden Unternehmen schreiben das Datenmodell in einem kooperativen Ansatz laufend fort. Sämtliche Baubeteiligte arbeiten bei BIM somit auf Grundlage einer synchronisierten Datenbasis. BIM zeichnet sich außerdem durch erhöhte Kontrollmechanismen bei Bauzeit und Baukosten aus, da auch diese Parameter als vierte und fünfte Dimension des Modells berücksichtigt und von allen kontrolliert werden können.

Vertragsgestaltung bei BIM

Die rechtlichen Herausforderungen bei BIM liegen vornehmlich in der Vertragsgestaltung. BIM-spezifische Regelungen müssen sorgfältig in die Planer- und Bauverträge integriert und harmonisiert werden. Ein Alleingang Einzelner muss vertraglich verhindert werden. In der praktischen Umsetzung kommen hierbei entweder Mehrparteien-Projektverträge mit allen Beteiligten oder einheitliche BIM-Vertragsbedingungen als verbindliche Vorgabe für sämtliche Einzelverträge in Frage. Dabei ist die Einhaltung der Vorgaben auch für etwaige Nachunternehmer verbindlich vorzuschreiben.

Definition der Leistungen

Wichtig ist insbesondere die genaue Festlegung des Umfangs einzelner integraler Planungsleistungen. Zu klären ist, welcher Fachplaner für welches Planungsziel welche Informationstiefe (Level of Detail) zu welchem Zeitpunkt schuldet. Die zu verwendenden Formate, Standards und Softwareumgebungen müssen dabei schon bei Projektstart für alle (auch zukünftigen) Projektbeteiligten verbindlich festgelegt werden, um ein Ineinandergreifen der einzelnen Planungsergebnisse zu ermöglichen.

Leistungsumfänge

Der Leistungsumfang der Beteiligten erweitert sich gegenüber herkömmlichen Bauvorhaben nicht wesentlich. Vielmehr verschieben sich durch den iterativen Planungsprozess die Schwerpunkte der Abstimmung und Konfliktauflösung in eine frühe Projektphase. Alle Planungsbeteiligten arbeiten an einem Modell und nähren sich gemeinsam dem Planungsziel an. Das digitale Abbild des Projekts zwingt den Bauherrn daher auch zu frühzeitigen Entscheidungen im Interesse einer termingerechten Fertigstellung.


Der BIM-Manager

Der BIM-Prozess bedarf der sorgfältigen Überwachung und Steuerung. Der Bauherr ist daher gut beraten, diese Aufgabe einem gesonderten BIM-Manager zu übertragen. Der BIM-Manager hat für die zeit- und formatgerechte Zulieferung aller Planungen und Informationen Sorge zu tragen. Zudem muss er Schnittstellenkonflikte unter Anleitung der Betroffenen auflösen. Er hat sämtliche Baubeteiligte einschließlich des Bauherrn zu koordinieren und das BIM-Modell zu verwalten.


Auswahl des BIM-Managers

Der Bauherr wird im Einzelfall abwägen müssen, wer die Aufgabe des BIM-Managers übernehmen soll. In Betracht kommen insbesondere Projektsteuerer oder der (General-) Planer. Aufgrund des hohen Prüfungs- und Koordinationsaufwands kann es aber ebenso vorzuziehen sein, diese Aufgabe einem gesondert zu beauftragenden Spezialisten mit entsprechender IT-Expertise aufzugeben.

Vergütung

Das gesetzliche Preisrecht der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) steht BIM nicht entgegen. Allerdings weicht der bauteilorientierte Planungsprozess des BIM von der HOAI-Struktur der Leistungsphasen ab. Insbesondere werden schon frühzeitig Leistungen der Entwurfs- und Ausführungsplanung zu erbringen sein. Es kommt zu zeitlichen Verschiebungen der Leistungen. Darüber hinaus wird im Einzelfall zu prüfen sein, welche Leistungen einer BIM-Planung als zusätzliche besondere Leistungen zu qualifizieren sind. Zwar wird BIM in Anlage 10 der HOAI ausdrücklich als besondere Leistung der Leistungsphase 2 des Leistungsbildes Gebäude und Innenräume angeführt, doch ist Vorsicht geboten: Die Koordinierung und Integration der Fachplanungsleistungen und die Koordination von Schnittstellen sind seit jeher wichtige Grundleistungen des Objektplaners. Nur wenn durch den Einsatz von BIM Anforderungen über diese Grundleistungen hinaus gestellt werden, kommt eine dem gesetzlichen Preisrecht nicht unterworfene, frei vereinbare zusätzliche Vergütung in Betracht.

Haftung

Der Abstimmungsprozess der Beteiligten bietet zugleich die Chance, die Haftungsrisiken des Einzelnen zu mindern. Im Schadensfall wird auch im Nachhinein noch genau rekonstruierbar sein, wer wann welche Änderung vorgenommen, kommuniziert oder übersehen hat. Bei einer klaren vertraglichen Haftungsverteilung können Planungs- und Ausführungsfehler konkret zugewiesen werden. Es muss zudem sorgfältig abgewogen werden, in welchem Umfang das partnerschaftliche Zusammenwirken der Beteiligten und der iterative Planungsprozess durch Haftungserleichterungen gefördert werden kann. Neue Haftungskonstellationen eröffnet der Einsatz automatisierender Software. Bei Verarbeitungs- bzw. Übertragungsfehlern  trifft die Haftung zunächst den Bereitsteller der Software. Denkbar ist aber auch, eine Haftung der Planer bzw. des BIM-Managers, wenn Softwarefehler im Rahmen einer vereinbarten Plausibilitätskontrolle übersehen wurden.

Versicherung

Auch bei BIM-Projekten sind einheitliche Versicherungslösungen für alle Beteiligten in Form von All-Risk-Versicherungen denkbar, wie sie schon bei Großbauvorhaben geläufig sind. Aber auch von Softwarelieferanten mag in Anbetracht der erheblichen Haftungsrisiken eine eigene Projektversicherung eingefordert werden.

Geistige Schutzrechte

Eine sorgfältige Vertragsgestaltung ist insbesondere im Hinblick auf die geistigen Schutzrechte und die Urheberrechtsklauseln erforderlich, denn alle Beteiligten stellen gemeinsam ein geistiges Werk her. Der Zeitpunkt, wann dem Bauherrn das Eigentum an Daten und die urheberrechtlichen Nutzungs- und vor allem Bearbeitungsrechte übertragen werden, muss daher projektspezifisch und interessengerecht gewählt werden. Es ist vor allem sicherzustellen, dass das Bauvorhaben auch beim Austritt Einzelner noch fortgeführt werden kann und auch Dritte sich schnell in das Projekt einarbeiten können.

Vertraulichkeit

Da eine Vielzahl von Projektbeteiligten auf das BIM-Modell zugreift, geraten auch Vertraulichkeitsklauseln in den Fokus der baurechtlichen Vertragsgestaltung. Infolge der beabsichtigten Kooperation und dem laufenden Datenaustauch wird jeder Beteiligte auf die Projektinformationen zugreifen müssen. Gleichwohl ist sicherzustellen, dass sich die Datennutzung auf das jeweilige Projekt begrenzt und vertraulich gehandhabt wird. Insbesondere beim Einsatz von Subunternehmern sind daher auch ergänzende Vertraulichkeitsvereinbarungen mit sämtlichen Beteiligten oder eine allumfassende Vertraulichkeitsvereinbarung erforderlich.

CMS Hasche Sigle

www.cms-hs.com

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