KONJUNKTURSCHWÄCHE UND INNERE PROBLEME

Deutsche Baukonzerne auf holprigem Weg

Die sechs größten deutschen Baugruppen müssen sich gleich mehreren Herausforderungen stellen. Die Baukonjunktur im In- und Ausland läuft nicht rund. Einige Firmen werden durch falsche Strategien und Schwierigkeiten mit dem Großaktionär behindert. Insgesamt sind die Unternehmen jedoch gut über die Runden gekommen.

Unsere Tabelle über die Baukonzerne und der entsprechende Artikel über die Bilanzen geben detailliert die Performance wieder. Auffallend für die Branche ist, dass die Großen zum Teil nicht mehr in deutscher Hand sind. Hochtief gehört der größten spanischen Baugruppe ACS. Die Strabag AG in Köln und Züblin in Stuttgart sind Töchter der Strabag SE in Wien. Bilfinger ist nicht in ausländischer Hand, ist aber trotzdem ein Exot: mehr als drei Viertel des Geschäfts entfallen auf Industriedienstleistungen. Das an der Börse notierte ehemalige Familienunternehmen Bauer, ein Tiefbauspezialist und Hersteller von Tiefbohrmaschinen, bleibt auch deutsch. Ebenso Max Bögl, das klassische Familienunternehmen aus der Oberpfalz.

Globalisierung ist ein Vorteil

Ist denn nun der Bausektor an der Spitze fremdbestimmt? Die teilweise aggressive Übernahme von Hochtief durch ACS, die Proteste von Vorständen und Betriebsräten, sowie die nicht immer gelassene Berichterstattung der hiesigen Presse über finstere Zerschlagungspläne der Spanier haben eine Wahrheit in den Hintergrund gedrängt: auch der deutsche Bau unterliegt den Gesetzen der Globalisierung. Die Zeiten, wo die Deutsche und die Dresdner Bank mit Sperrminoritäten und Aufsichtsratsposten für einen „Closed Shop“ sorgten, sind Gott sei Dank vorbei. Dass von Finck seine Beteiligung an Hochtief, die er länger zu halten versprochen hatte, plötzlich an ACS losschlug, war sicher nicht „gentlemanlike“, entsprach aber durchaus dem Bankierstil, den man seit Lehman Brothers zur Genüge kennt. Nach dem Verschleiß von zwei deutschen Vorstandsvorsitzenden ist nunmehr in Essen der Spanier Marcelino Fernandez der Boss. Er ist ein Vertrauensmann von Florentino Perez. Ist das nun gut oder schlecht? Es hängt davon ab, was er vorhat. Wenn er, wie er sagt, Hochtief zu höherer Profitabilität führen will, indem er den Konzern auf Infrastrukturprojekte trimmt und dafür die Nichtkernbereiche abstößt, muss man wohl erstmal abwarten. Auf jeden Fall sind die ersten Verkäufe mit Tempo über die Bühne gegangen. Die Aktionäre sind durchaus beeindruckt. Die Crux bei Hochtief bleibt die hohe Abhängigkeit von der australischen Tochter Leighton. Zumindest haben sich die Börsenwerte beider Unternehmen angenähert, was eher gegen den Verkauf von Leighton spricht.

Töchter stützen die Mutter

Bei Strabag Köln, dem größten deutschen Straßenbauer, und Züblin, der Nummer Eins im deutschen Hochbau, kann man wohl nicht behaupten, die österreichische Mutter würde ihre potenten Töchter schikanieren. In letzter Zeit hat die Wiener SE selbst Probleme mit Aufträgen gehabt. Außerdem läuft das Geschäft in Osteuropa und besonders in Russland schlecht. Der Gründer des Konzerns in seiner heutigen Gestalt, Hans Peter Haselsteiner, hat den Vorstandsvorsitz zugunsten des Vorstands der deutschen Strabag, Dr.Thomas Birtel, aus Altersgründen geräumt. Der Aufstieg von Birtel, der vorher schon im Vorstand der Mutter an der blauen Donau saß, zeigt, wie wichtig das Deutschland-Geschäft für die Gruppe ist. Und wer die Bilanz-Pressekonferenz von Züblin auf der Stuttgarter Höhe besucht, weiß, dass hier Autonomie groß geschrieben wird. Der Auslandsanteil an der Leistung ist mit einem Drittel bei Züblin relativ niedrig. Andererseits ist Hochtief mit einem Anteil von 93 % fast kein deutsches Unternehmen mehr.

Deutscher Baumarkt holt im Moment wieder auf

Für die meisten Großen bleibt der Binnenmarkt sehr wichtig. Echte Impulse bringt er nicht, auch wenn Deutschland in der EU eines der wenigen Länder ist, in denen der Bau nicht schrumpft. Bekanntlich hatte sich das Wachstum im deutschen Bauhauptgewerbe von imposanten 12,5 % in 2011 auf 0,5 % in 2012 verlangsamt. Zu Jahresbeginn sagten die Bauverbände einen Umsatzanstieg von 2 % voraus. Im Juni bestätigten sie mutig die Prognose, obwohl die schlechte Witterung voll zugeschlagen hatte. In den ersten hundert Tagen, bis zur ersten April-Dekade, tat sich auf Baustellen wenig. Laut Ifo meldeten im April 71 % der Firmen eine Behinderung der Bautätigkeit. Kein Wunder, dass der Umsatz im Zeitraum Januar-April deutlich um 6,4 % zurückging. Mit einem leichten Anstieg von 1 % signalisierte April das Ende des Abschwungs. Erst ab Mai startete der Sektor voll durch. Besonders schwer betroffen waren bis April der Straßenbau mit einem Minus von 15 %, der sonstige Tiefbau (-8 %) und der Wirtschaftsbau (-6 %). Falls es im Dezember einen schweren Wintereinbruch gibt, dann wird die Prognose von 2 % Wachstum nicht zu halten sein. Die Großen der Branche und vor allem die vielen Mittelständler, die fast nur in Deutschland tätig sind, würden es dann ausbaden müssen.

Autor
Marcel Linden, Bonn
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