Nachhaltigkeit messbar machen

Ökobilanz als transparentes Vergleichswerkzeug

Hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Bauprodukten bestehen vielerlei Aussagen auf dem Markt. Leider sind viele weder objektiv und transparent prüfbar, noch werden alle relevanten Aspekte zur Bewertung der Nachhaltigkeit herangezogen.

Es gibt für Bauprodukte eine Möglichkeit, die Nachhaltigkeitsbetrachtung auf einer standardisierten Basis durchzuführen: Eine Lebenszyklusanalyse (Ökobilanz) gemäß ISO 14040, ISO 14044 und EN 15804.

Eine Lebenszyklusanalyse ist ein systematisches Verfahren zur Bewertung der Umweltauswirkungen eines Produkts. Dabei werden die potenziellen negativen Folgen auf die Umwelt über dessen Lebenszyklus hinweg quantifiziert.

 

Umweltwirkungskategorien

Umweltwirkungskategorien in einer Ökobilanz sind definierte Bereiche, in denen die potenziellen Umweltauswirkungen eines Produkts, Prozesses oder einer Dienstleistung bewertet werden. Sie dienen dazu, die Ergebnisse der Sachbilanz – d. h. die Gegenüberstellung der Stoffströme über den Lebenszyklus – in Bezug auf ihre Umweltrelevanz zu interpretieren. Jede der 19 Kategorien repräsentiert eine bestimmte Art von Umweltbelastung, die durch Emissionen oder Ressourcennutzung verursacht wird. Die Bewertung erfolgt in der Regel über Charakterisierungsmodelle, die die Beiträge einzelner Stoffe zu einer Wirkungs­kategorie quantifizieren.

Typische Umweltwirkungskategorien sind:

Klimawandel: Treibhausgasemissionen, die zur Erd-erwärmung beitragen.

Versauerung: Emissionen, die Böden und Gewässer versauern.

Eutrophierung: Nährstoffeinträge, die zu Überdüngung von Ökosystemen führen.

Ozonabbau: Stoffe, die die Ozonschicht schädigen.

Photochemischer Smog: Bildung von bodennahem Ozon.

Humantoxizität und Ökotoxizität: Schadstoffe, die Menschen oder Ökosysteme gefährden.

Ressourcenverbrauch: Nutzung fossiler Energieträger, Mineralien und Wasser.

Diese Kategorien ermöglichen eine ganzheitliche Betrachtung der Umweltwirkungen. Hierdurch wird deutlich, dass das Treibhausgaspotenzial eines Produktes nicht als alleiniges Merkmal für dessen Nachhaltigkeitsbewertung herangezogen werden sollte.

 

Lebenszyklusmodule

Die Norm EN 15804 definiert für Bauprodukte vier Hauptphasen des Lebenszyklus, die in einzelne Module unterteilt sind.

Herstellungsphase (Module A1–A3):

Umfasst die Rohstoffgewinnung (A1), den Transport der Materialien (A2) und die Herstellung des Bauprodukts (A3). Diese Phase bildet die Grundlage für die „graue Energie“ eines Produkts.

Errichtungsphase (Module A4–A5):

Beinhaltet den Transport des Produkts zur Baustelle (A4) sowie den Einbau oder die Montage (A5). Hier werden auch Hilfsstoffe und Energieverbräuche berücksichtigt.

Nutzungsphase (Module B1–B7):

Deckt die gesamte Lebensdauer des Produkts in dessen bestimmten Einsätzen ab. Dazu gehören Nutzung (B1), Instandhaltung (B2), Reparatur (B3), Ersatz (B4), Umbau (B5), sowie der betriebliche Energie- und Wasserverbrauch (B6, B7).

End-of-Life-Phase (Module C1–C4):

Umfasst den Rückbau oder Abbruch (C1), den Transport der Abfälle (C2), die Abfallbewirtschaftung (C3) und die endgültige Entsorgung, z. B. Deponierung (C4).

Zusätzlich gibt es Modul D, das Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen beschreibt (sog. ökologischer Restwert), etwa durch Recycling, Wiederverwendung oder Energierückgewinnung.

 

Diese Struktur ermöglicht eine transparente und vergleichbare Ökobilanzierung von Bauprodukten über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg. Die Lebensdauer wird dabei auf Basis von Herstellerangaben, Branchenstandards, Nutzerverhalten oder sonstigen Erfahrungswerten definiert.

 

Vergleichbarkeit

Der wesentliche Vorteil der Verwendung von standardisierten Verfahren ist die Vergleichbarkeit. Wird eine Ökobilanz nach den genannten Standards und Regeln erstellt, sind die Ergebnisse stets transparent, objektiv und reproduzierbar. Sollen verschiedene Werkstoffe miteinander verglichen werden, kann die sog. Product Environmental Footprint (kurz: PEF)-Methode hilfreich sein. Dabei werden die Umweltwirkungen eines Produkts normalisiert, gewichtet und aggregiert, sodass man einen einzelnen Wert erhält. Eine wichtige Grundlage für die faire Gegenüberstellung verschiedener Werkstoffe ist, dass auch die betrachtete funktionelle Einheit und der Einsatzzweck sinnvoll gewählt werden.

Mehr Glaubwürdigkeit durch externe Expertise

Studien zu Ökobilanzen werden in der Regel von renommierten Forschungsinstituten durchgeführt. Dennoch gewinnen sie zusätzlich an Transparenz, Konsistenz und Glaubwürdigkeit, wenn externe LCA-Experten hinzugezogen werden. Diese Experten bewerten die Methodik kritisch und geben wertvolles Feedback, das in die Studie integriert wird. So entsteht eine fundierte Grundlage für objektive und vergleichbare Darstellungen.

Wienerberger Infra GmbH

www.steinzeug-keramo.com

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