Nachhaltigkeit im Fuhrpark

Eine Frage des Managements

Die ESG-Agenda erreicht die Fuhrparks: Fahrzeuge und Maschinen sollen effizienter betrieben und schrittweise auf umweltfreundliche Antriebe umgestellt werden. Viele Unternehmen müssen die Voraussetzungen dafür aber erst noch schaffen.

Für effizientes Fuhrpark-Management ist die Digitalisierung das A+O.
© Shutterstock

Für effizientes Fuhrpark-Management ist die Digitalisierung das A+O.
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Nachhaltigkeit bedeutet, ökologische und wirtschaftliche Ziele in Einklang zu bringen. Stabile Ökosysteme sind Voraussetzung für eine gute ökonomische Entwicklung. Diese wiederum versetzt Unternehmen in die Lage, „grüne“ Investitionen zu stemmen. Diesbezüglich herrscht erst einmal Stillstand.

„Fuhrparks sind aktuell nicht bereit, Fahrzeuge mit langfristiger Perspektive zu bestellen, wenn nicht klar wird, wie teuer sie das Unternehmen kommen“, berichtet Stefan Behringer von Dataforce, dem führenden Marktforschungsinstitut im Bereich gewerbliche Mobilität. Bei Elektrofahrzeugen und Hybriden sind nicht nur die Anschaffungskosten zurzeit recht hoch. Es fehlen auch ausreichende Erfahrungswerte bezüglich des Wartungsaufwands, etwa dem Verschleiß der Akkus.

Staatliche Förderung: schleppend ...

Und bei der staatlichen Förderung von Nutzfahrzeugen geht es im „Deutschlandtempo“ nur schleppend voran. „Auch besteht häufig Unklarheit darüber, in welchen Bereichen welche Fahrzeuge mit welchen Antriebstechniken sinnvollerweise eingesetzt werden können“, sagt Majk Strika, Geschäftsführer des Fuhrparkmanagers Holman GmbH. Unternehmen liefen Gefahr, die Mobilität von morgen mit den Werkzeugen von gestern zu planen. Denn: „Nicht jeder grüne Antrieb ist automatisch umweltfreundlich, und falsch eingesetzt womöglich zu teuer“, ergänzt Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e. V. (BBM).

Die Schlüsselfrage lautet: Wie liegen die Kosten und Leistungen von Fahrzeugen mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben im Vergleich zu den aktuellen Fahrzeugen. Dazu muss eine Vielzahl von Betriebsdaten analysiert werden, differenziert etwa nach Kilometerstand, Nutzlasten oder Straßen- und Wetterbedingungen. In vielen Unternehmen sind diese Informationen nicht verfügbar. Denn laut einer Erhebung wird in weit über der Hälfte der gewerblichen Flotten noch mit Excel-Tabellen gearbeitet, die für solche Datenerhebungen und Rechenoperationen nicht geeignet sind.

Digitalisierung ist das A+O

Es bedürfe leistungsfähiger IT-Programme, so Experte Strika. Das schaffe nicht nur die nötige Wissensbasis für die Umstellung selbst, sondern eröffne auch in der Folgezeit die Möglichkeit, Prozesse im Detail zu analysieren, zu rationalisieren und Kosten zu senken. Die meisten Elektrofahrzeuge und Hybriden verfügten über umfangreiche Datenspeicher. In Verbindung mit einem leistungsfähigen Fuhrparkmanagement-Programm lassen sich die verschiedensten Auswertungen durchführen.

Viele der auf dem Markt verfügbaren Software-Angebote „von der Stange“ decken nur Teilbereiche ab. Ein wirklicher Effizienzgewinn entsteht erst durch die Möglichkeit von Querauswertungen, etwa über den Zusammenhang zwischen Reifenqualität, Beladung und Sprit- oder Energieverbrauch, oder wie sich CO2-Emissionen auf bestimmte Fahrzeugarten und Einsatzmus-ter aufteilen. Ebenso über Materialverschleiße und Wartungsintervalle bestimmter Fahrzeuge einschließlich der damit verbundenen Kosten. Bei der Auswahl und Implementierung einer Software empfiehlt sich externe Unterstützung durch Fuhrparkmanager oder -berater, die Erfahrungen mit gemischten Flotten aus Pkw, Nutz- und Spezialfahrzeugen mitbringen.

Praxistaugliche ‚grüne‘ Alternativen sind gefragt

Bis praxistaugliche „grüne“ Alternativen für jede Antriebsart zur Verfügung stehen, wird es noch eine ganze Zeit dauern. Die gesetzliche Verpflichtung, Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen, besteht bereits ab 2024. Auftraggeber und Investoren interessieren sich brennend dafür, denn davon hängt auch ihre eigene Umweltbilanz ab. Immerhin entfallen in einem Bauunternehmen durchschnittlich 90 Prozent des Energieverbrauchs auf den Einsatz von Treibstoff.

Ein auf Ressourcenschonung bedachtes Fuhrparkmanagement kann aber schon heute zu einer positiven Umweltbilanz beitragen. Eine vorausschauende Wartungsplanung („Predictive Maintenance“) reduziert den Verschleiß und verlängert die Lebenszeit eines Fahrzeugs. Mit Telematik lassen sich Touren optimal planen. Jedes eingesparte Kilogramm Diesel reduziert die CO2-Emissionen um drei Kilogramm. Allein die Reifen beeinflussen den Verbrauch um bis zu 30 Prozent. Das EU-Reifenlabel gibt Auskunft über die Kraftstoffeffizienz. Aussagekräftiger als das Label sind jedoch Daten, die im Betriebsalltag selbst erhoben werden, etwa darüber, wie sich der Energieverbrauch auf Nutzungen innerhalb und außerhalb des Baustellenbetriebs aufteilt.

Entscheidend sind die Gesamtkosten

Somit beginnt Nachhaltigkeit im Fuhrpark nicht erst mit der Anschaffung von „sauberen“ Fahrzeugen, sondern findet damit lediglich ihre Fortsetzung. Das entscheidende Kriterium sind die Total Cost of Ownership (TCO). Es gilt zu ermitteln, ab wann die Gesamtkosten mit neuen Antrieben niedriger sind als mit fossilen. Für diese Aufgabe müssen viele Fuhrparks ihr Know-how und ihr Equipment deutlich erweitern.

Allein die Förderungen aus den öffentlichen Händen von Bund und Ländern bilden einen unüberblickbaren Dschungel. Sich darin auszukennen, reicht nicht aus. Sinnvoll wäre die Zusammenarbeit mit einem externen Experten, der sowohl über die Subventionsmöglichkeiten im Bilde ist als auch darüber, ob, wo und zu welchen Konditionen passende Fahrzeuge auf dem Markt zur Verfügung stehen.

Umrüstung Schritt für Schritt

„Nicht jeder ‚grüne‘ Antrieb ist automatisch umweltfreundlich.“

Majk Strika, Geschäftsführer der Holman GmbH
© Holman

„Nicht jeder ‚grüne‘ Antrieb ist automatisch umweltfreundlich.“

Majk Strika, Geschäftsführer der Holman GmbH
© Holman
Grundsätzlich empfehle sich, so Experte Strika, eine schrittweise Umstellung, beginnend mit einem kleinen, leicht zu verwaltenden Teil der Flotte. Fahrzeug- und sektorspezifisch könne ermittelt werden, wie die Fuhrparkleistung – versus Fuhrparkkosten – auf die neuen Technologien reagiert. Ein eventuell nicht optimales Resultat wäre auf einen kleinen Teil der Flotte begrenzt und mit verhältnismäßig geringem Aufwand korrigierbar. Je nach Ergebnis lasse sich diese Strategie für weitere Teile der Flotte übernehmen oder anpassen.

Zugleich bestehe die Gelegenheit, die zumeist über viele Jahre eingespielten Prozesse zu durchleuchten. Womöglich ergäben sich Ansätze für Umstrukturierungen. Voraussetzung sei eine größtmögliche Flexibilität bei der Beschaffung, im Einsatz und im Austausch von Fahrzeugen. Damit komme auch das herkömmliche Finanzierungsmodell auf den Prüfstand. Denn klassische Full-Service Leasingverträge haben feste Laufzeiten und -leistungen. Änderungen seien nur mit zum Teil beträchtlichen Zusatzkosten möglich, sodass immer mehr Unternehmen einen Kauf der Fahrzeuge bevorzugten oder ein kaufähnliches Open-End-Leasing, und zwar unabhängig von der Antriebsart.

Holman GmbH

www.holman.com

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