Die Großen profitieren vom Bauaufschwung

In 2010 hat sich ihre Lage verbessert

Die feindliche Übernahme von Hochtief, der größten deutschen Baugruppe, durch den spanischen Baukonzern ACS hält die Branche in Atem. Der vergebliche Abwehrkampf dauerte von September 2010 bis Juni 2011. Ein ähnliches Schicksal könnte der Nummer Zwei Bilfinger Berger drohen. Diese berechtigten Sorgen verdecken die Tatsache, dass 2010 für die sechs großen Baugesellschaften sehr gut gelaufen ist. Und in 2011 dürften sie vom wiederbelebten inländischen Baumarkt besonders profitieren.

In diesem Heft berichten wir über die Bilanzen von Hochtief und Bilfinger Berger. In der nächsten Ausgabe sind Strabag, Züblin, Max Bögl und Bauer dran. Bei Hochtief war die Lage hochdramatisch. Der Vorstandsvorsitzende Dr.-Ing. Herbert Lütkestratkötter erklärte eingangs auf der Bilanz-Pressekonferenz im März 2011: „2010 war ein ganz besonderes Jahr: Für Hochtief war es das erfolgreichste Jahr in der Konzerngeschichte. Und für mich persönlich war es das härteste Jahr in meinem bisherigen Berufsleben. Ich bin ein passionierter Langstreckenläufer mit guter Kondition und einem langen Atem. Doch das Tempo, die Vielfalt und die Wucht der Ereignisse des vergangenen Jahres waren auf allerkürzester Distanz gebündelt. Erfolge und Enttäuschungen lagen ganz dicht beieinander. Das war anstrengend und nicht immer einfach – auch für mich persönlich nicht“. Unabhängig davon, ob man den Widerstand von „Dr.Lü“ immer für ganz klug hielt, diese Worte gehen einem unter die Haut. ACS hat versprochen, Hochtief nicht zu zerschlagen und die Konzernzentrale in Essen zu belassen. Man wird ihn an seinen Taten messen. Es ist zu bedauern, dass ACS keinen Wert darauf legte, Lütkestratkötter im Amt zu belassen. Genauso übel ist es, dass die beiden erfahrenen Vorstandsmitglieder Dr.Burkhard Lohr und Peter Noé das Unternehmen verlassen haben.

 

„Latente Gefahr auch für
Bilfinger Berger“

Auch Herbert Bodner, der planmäßig scheidende Vorstandsvorsitzende von Bilfinger Berger, kann für sein Unternehmen ein ähnliches Schicksal nicht ausschließen. „In der Regel schrecken Investoren vor feindlichen Übernahmen zurück, aber die Gefahr ist latent vorhanden“, gab er auf der eigenen Bilanz-Pressekonferenz zu. Diese Gefahr droht den anderen vier großen Baufirmen nicht. Die Kölner Strabag und Züblin gehören infolge einer freundlichen Übernahme bereits der Wiener Strabag SE. Bei Bauer hält die Gründerfamilie einen hohen Anteil an der börsennotierten Gesellschaft und Max Bögl ist sowieso ein reines Familienunternehmen.

 

2011 ein Wachstumsjahr am Bau

Die großen Baugesellschaften werden dieses Jahr an der besseren inländischen Baukonjunktur partizipieren. Erstmal seit langem wird die Bauwirtschaft nämlich wieder wachsen. In 2009, dem Jahr der allgemeinen Rezession, war der baugewerbliche Umsatz um beträchtliche 4 % gesunken. In 2010 gab er nur noch leicht um 0,3 % nach. Damit erwies sich der Bau wieder als der klassische Nachzügler: in 2009 war das Bruttoinlandsprodukt, das die Leistung aller Branchen misst, um 4,5 % eingebrochen und in 2010 gab es wiederum ein starkes Wachstum von 3,6 %, das sich laut Konjunkturinstituten auch in diesem Jahr wiederholen könnte. Die Stagnation am Bau in 2010 hatte die Experten positiv überrascht: sie hatten mit einem Rückgang gerechnet. In 2010 hatte der Wohnungsbau die Situation gerettet, er wuchs um 6,6 %, und kompensierte damit nahezu den Rückgang des Wirtschaftsbaus um 4,3 % und des öffentlichen Baus um 2,2 %. Der öffentliche Bau war eigentlich die große Enttäuschung. Die Konjunkturprogramme entfalteten zwar ihre Wirkung, aber die Kommunen fuhren parallel ihre Bauinvestitionen zurück. Das war nicht regelkonform. Im Januar 2011 gab der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, auch unter dem Wintereinbruch im Dezember, eine düstere Prognose ab. Für das laufende Jahr setzte er auf ein weiteres Nullwachstum: der Wohnungsbau sollte nur um 3 % zunehmen, dem Wirtschaftsbau traute er trotz der mächtigen Erholung im Verarbeitenden Gewerbe nur ein geringes Plus von 1 % zu und für den öffentlichen Bau prognostizierte er einen starken Einbruch um 4,5 %. Dann kam der überraschende Bauboom im Frühjahr. Begünstigt durch das milde Wetter und einen besseren Auftragseingang wuchs der Umsatz des Bauhauptgewerbes in den ersten vier Monaten um außerordentliche 21,9 %. Sogar der öffentliche Bau erzielte ein Produktionsplus von 16,8 %. Unter diesen Umständen korrigierte der Hauptverband seine Januar-Prognose notgedrungen  nach oben. Zum Tag der Bauindustrie im Juni präsentierte der neue Präsident, Professor Thomas Bauer, optimistischere Zahlen: er sagte nunmehr ein starkes Umsatzplus von 4,5 % vorher. Der Wohnungsbau soll um robuste 8 % zulegen und der Wirtschaftsbau um 7 %. Bauer sprach von einer „überraschend“ starken Belebung im Wirtschaftsbau. Die Produktion im stark gescholtenen öffentlichen Bau soll wegen der guten Frühjahrskonjunktur nur noch um 2 % sinken. Die Aufhellung am Bau wird den hiesigen Baufirmen zugute kommen.


Marcel Linden,

Bonn

Im Jahr 2011 wird auch die Bauwirtschaft endlich wieder wachsen!

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