Moderne Schächte für historische Ingenieurbaukunst

Alter Elbtunnel, Hamburg

Der Alte Elbtunnel verkörpert ein Stück Geschichte Hamburgs und ist ein schneller Verkehrsweg innerhalb der Stadt. Seit 2003 steht er unter Denkmalschutz. Doch nach über 100 Jahren wurde eine umfassende Sanierung erforderlich.

Der Alte Elbtunnel war Anfang des 20. Jahrhunderts als Verbindungsweg für Hafen- und Werftarbeiter zwischen den Landungsbrücken und Steinwerder gebaut worden. Heute nutzen ihn täglich bis zu 1400 Fahrzeuge sowie zahlreiche Radfahrer, Fußgänger und Touristen. Seit der Fertigstellung hat der Alte Elbtunnel vieles mitgemacht. So wurden im Zweiten Weltkrieg die Eingangsgebäude und Tunnel, die als Luftschutzbunker dienten, beschädigt. Später wurde die Elbe vertieft, sodass der Tunnel gegen den Auftrieb gesichert werden musste. Dies alles hinterließ Spuren: Seit 1995 wird der Alte Elbtunnel nach und nach aufwendig restauriert.

Zuerst wurden die Schachtgebäude auf beiden Seiten innen und außen komplett saniert. Die Kuppel auf der St.-Pauli-Seite bekam eine neue Kupferhaut und die dortigen Fenster, die jahrelang verdeckt gewesen waren, wurden originalgetreu wiederhergestellt. Nach über 100 Jahren ließ auch die Dichtigkeit der alten Stahltübbinge nach. Seit 2010 werden nun die Tunnelröhren saniert.

 

Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst

„Dieses Tunnel-Bauwerk ist so einmalig, dass es 2011 sogar mit dem Titel „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet wurde, erklärt Bauleiter Victor Gozens vom Hamburger Bauunternehmen HC Hagemann GmbH & Co.KG. Der 37-jährige Holländer ist als Bauleiter für die Abwicklung der Sanierungsarbeiten verantwortlich, die von einer Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit der Ed. Züblin AG durchgeführt werden. Von der Leistung der damaligen Bauleute ist Gozens tief beeindruckt. „Kaum zu glauben, dass die damaligen Kollegen das Projekt in nur vier Jahren Bauzeit fertig gestellt haben“.

Doch die Sanierung ist nicht einfach. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse ist es eine technische und logistische Herausforderung, die Arbeitsschritte zu koordinieren und das Material an Ort und Stelle zu bringen. Zudem ist der Tunnel gegenüber den Auftriebskräften sehr knapp bemessen. Deswegen durften zunächst nur Wände und Gewölbe freigelegt werden. Erst nach deren kompletter Fertigstellung inklusiver anschließender Schutzverschalung gegen Beschädigung und Verschmutzung konnte der Sohlbereich in Angriff genommen und entkernt werden.

 

Polymerbeton für hohe Qualitätsansprüche

Ein besonderes Augenmerk lag dabei auch auf der Entwässerung. So wird in den Tunnelröhren das Wasser gesammelt und über jeweils vier Gefälleabschnitte in 17 Ablaufschächten unterhalb der Fahrbahn aufgefangen. Anschließend befördern Pumpenschächte das Wasser aus der Tunnelröhre. Insbesondere für die Ablaufschächte galten besondere Anforderungen:

Die Ablaufschächte bilden das Bindeglied in einer gut durchdachten Entwässerung des gesamten Tunnelquerschnitts. Im oberen Zweidrittel des Tunnelquerschnitts ist, als eine Art Regenschirm, eine Drainagematte direkt an den Tübbingen angebracht. Diese schließt an Drainageleitungen an, welche im unteren Teil der Wände angebracht sind. Von diesen Drainageleitungen zweigen in regelmäßigen Abständen Entwässerungsleitungen ab, wobei jeweils vier dieser Leitungen in einen Ablaufschacht münden. Gleichzeitig werden durch die Ablaufschächte auch die Drainageleitung des Sohlenbereiches sowie die Leitung der Fahrbahnentwässerung geführt.

„Korrosionsbeständigkeit und eine lange Lebensdauer waren die Hauptkriterien bei der Materialwahl“, erläutert Victor Gozens. „Daher haben wir uns für eine Zusammenarbeit mit der Firma meyer-Polycrete entschieden, die die hohen Qualitätsansprüche erfüllen konnte. Als Spezialist für Polymerbeton profitiert die Firma von jahrzehntelanger wertvoller Erfahrung, die uns bei diesem anspruchsvollen Projekt zu Gute kam.“

Polymerbeton ist ein gefüllter Polyesterharzformstoff, der zu ca. 90% aus inerten mineralischen Zuschlägen sowie zu ca. 10% aus ungesättigtem Polyesterharz besteht. Das harzgebundene Grundmaterial zeichnet sich durch eine hohe Widerstandskraft aus. Zahlreiche Materialprüfungen haben zudem ergeben, dass die Lebens- und Nutzungsdauer von Bauteilen aus Polymerbeton bei mindestens 100 Jahren liegt. Ein entscheidender Grund für die Langlebigkeit ist das homogene, unbewehrte und vollkommen wasserdichte Materialgefüge, sodass für Korrosionen jeglicher Art keine Angriffsmöglichkeit geboten wird.

 

Schächte mit wenig Toleranz

„Das sehr geringe Tunnelgefälle erfordert ein sehr genaues Arbeiten, mit Toleranzgrenzen von unter 1 cm in den Höhenmaßen“, erläutert Gozens. „Daher haben die Schächte unterschiedliche Bauhöhen von 495 mm bis 530 mm, die genau auf das Gefälle angepasst sind.“

Doch nicht nur die Bauhöhe der einzelnen Bauteile musste exakt angepasst werden. So besitzen die Schächte je zwei Gerinne mit einer Revisionsöffnung sowie acht Anschlussleitungen in unterschiedlichen Höhen und Winkeln. Aufgrund dieser besonderen Umstände hat man für die werkseitige Fertigung eine monolithische Rasterbauweise gewählt – für die beengten Platzverhältnissen im Elbtunnel die ideale Lösung.

Um die Schächte monolithisch herstellen zu können, wurden bei der Firma meyer-Polycrete die inneren Ausformungen der Schächte mit einer 3D-Software individuell entwickelt und anschließend die entsprechenden Stypropor-Formkörper mittels 3D-Fräse entsprechend gefertigt. Um derart komplexe Bauteile mit der nötigen Genauigkeit zu liefern, ist ein sorgfältiges und genaues Arbeiten von erfahrenen Mitarbeitern notwendig.

„Sowohl bei der Planung als auch in der Herstellung haben die Mitarbeiter der meyer-Polycrete uns ausgezeichnet unterstützt. So konnten wir die Schächte termingenau einbauen. Verläuft alles weiter nach Plan, sind die Arbeiten an der östlichen Elbtunnelröhre bald abgeschlossen.“

 

meyer-Polycrete GmbH

www.meyer-polycrete.com

x

Thematisch passende Artikel:

Firmenübernahme

Meyer Rohr + Schacht GmbH wird zu meyer-polycrete GmbH

Der Geschäftsbetrieb der insolventen Meyer Rohr + Schacht GmbH wurde zum 01. August 2012 von der Berding Beton GmbH übernommen

Das neue Unternehmen firmiert fortan unter dem neuen Namen meyer-polycrete GmbH mit Sitz in Stendal zur Firmengruppe Berding Beton, einem der führenden Betonwarenhersteller Deutschlands. Neben dem...

mehr
Ausgabe 01/2013 POLYMERBETON

„Die besten Eigenschaften in einem Werkstoff vereint“

Wie passt der Werkstoff Polymerbeton in das Produktportfolio der BERDING BETON Firmengruppe? Als Nachfolgefirma der Meyer Rohr + Schacht GmbH stellen wir mit der Marke POLYCRETE® als erster und heute...

mehr
Ausgabe 01/2014 MICROTUNNELING

Premiere: S-Kurve in Honolulu aufgefahren

In Downtown Honolulu, Hawaii, war im März 2006 eine 42-inch-Hauptdruckleitung (ID 1067 mm) in einem dicht besiedelten Innenstadtbezirk gebrochen. Es bestand die Gefahr, dass Abwasser in etliche...

mehr
Ausgabe 11/2016

Kanal erfolgreich verlegt

Die Getzner Textil AG ist in Österreich ein führender Hersteller hochwertiger afrikanischer Bekleidungsdamaste sowie von Modestoffen für Hemden und Blusen. Im Zuge der Standorterweiterung im...

mehr
Ausgabe 12/2017

Vortrieb in der Karibik

Polymerbeton-Vortriebsrohre für neues Kanalnetz

Vor der Küste Venezuelas gelegen, sind die Inseln des karibischen Inselstaates Trinidad und Tobago die südlichsten der Kleinen Antillen. Unter der Leitung der Firma AAA Wastewater Treatment Plant...

mehr