Mit offenen Karten spielen

Engineering und Digitalisierung im Ortbetonbau

„Schließlich stellen Schalung und Rüstung einen der wenigen Freiräume dar, in dem Können und Phantasie qualifizierter Ingenieure in Zusammenarbeit mit den Schalungsherstellern den Erfolg im Wettbewerb, die Bauzeit und finanzielle Ergebnis einer Baustelle wesentlich beeinflussen können“

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Der oben stehende Satz stammt von Professor Dr.-Ing. Herman Bauer, der eines der führenden Standardwerke zum Baubetrieb verfasst hat. Wie sehr trifft diese Aussage auf das Engineering von Peri zu?

Wolfram Krausse: Sie trifft den Kern ziemlich genau. Auch wir aus dem Peri Engineering sehen uns zusammen mit dem Kunden in der Rolle des Anwenders. Dieses Konzept der gemeinsamen Werkbank hat sich bei Peri schon seit Langem eingespielt und wird von unseren Kunden immer wieder positiv bestätigt.

Das gilt auch für die Peri-Fachberater, die auf den Kunden lösungsorientiert zugehen. Hier steht ebenfalls das Ziel einer gemeinsamen Wertschöpfung im Vordergrund und kein irgendwie geartetes „Hardselling“ mit dem Ziel, möglichst schneller oder hoher Abschlussquoten. Gegenseitiges Vertrauen und langfristige Kundenbeziehungen sind uns wichtiger.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Wie sieht denn die von Ihnen angesprochene gemeinsame Wertschöpfung in der Praxis des Ortbetonbaus aus? Mit welchen konkreten Leistungen und in welchen Phasen unterstützen Sie Bauunternehmen?

Wolfram Krausse: Trotz aller Rationalisierungs- und Standardisierungsfortschritte bleibt das Bauen weiterhin ein Herstellen von Unikaten in einem vielschichtigen Planungs- und Ausführungsprozess ist. Und das geschieht oft unter kritischen, nicht direkt beinflussbaren Randbedingungen wie Bauumfeld, Wetter- und Bodenverhältnisse.

Auf der anderen Seite aber ist so, dass der Einsatz von Schalung und Gerüst zu den Leitprozessen im Ortbetonbau gehören. Hier lohnt es für Bauunternehmen immer, die eigenen Abläufe vor und auf der Baustelle „lernend“ zu analysieren. Die daraus erreichbaren verkürzten Durchlaufzeiten wirken sich auf die Margen generell positiv aus.

Da Peri den Ortbeton gerätetechnisch umfassend abbilden kann, entstehen an den Schnittstellen – Schalungssyteme, Schalungsplatten, Systemzubehör, Traggerüste, Arbeits- und Schutzgerüste – so gut wie keine technisch bedingten Reibungsverluste. Dies gilt auch für die Software-Tools im Bereich der 3D- oder BIM-Planung, der AV und des Baustellenmanagements.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: In welchem Verhältnis steht das Peri Engineering in der Anwendungsoptimierung der eigenen Schalungs- und Gerüsttechnik? Welche Potentiale können Sie dort nutzen und freisetzen?

Wolfram Krausse: Verkürzt gesprochen lautet unser zentrales Ziel: Wie können wir die enorme technische Leistungsfähigkeit der Peri Schalungs- und Gerüsttechnik optimal auf die Ziele der Kundenprojekte abstimmen. Hier kommt uns der hohe Innovationsgrad der Peri-Systeme natürlich sehr entgegen. So konnten wir schon in einer Vielzahl von Projekten unseren Kunden Lösungswege vorschlagen, die sie anfänglich für technisch oder baubetrieblich nicht umsetzbar hielten.

Der springende Punkt dabei ist, dass für die Ausführungsplanung meist die Standardbauteile der Peri Schalungs- und Gerüstsysteme vollständig ausreichen. Das zeigt in etwa, welche Stellschrauben für die Anwendungsoptimierung nutzbar sind, da wir neben den vorhandenen Standardbauteilen bei Bedarf auch kurzfristig kunden- bzw. projektspezifische Sonderbauteile oder -konstruktionen entwickeln und herstellen lassen können.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Wo steht Peri in den Themen BIM bzw. Digitalisierung der Planungs- und Ausführungsabläufe im Schalungs- und Gerüstbau?

Wolfram Krausse: Generell besteht weiterhin eine große Ungleichzeitigkeit zwischen der Planung und der Bauausführung. Während speziell im Hochbau die unterschiedlichen Teildisziplinen aus Architekturentwurf, Tragwerks- und TGA-Planung Schritt für Schritt zusammenwachsen mit vereinheitlichten Arbeitsabläufen, Informations-, Kommunikations- und IT-Standards, steht die bauausführende Branche hier immer noch in den Startlöchern.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Was sind aus ihrer Sicht die Gründe dafür, dass zwischen Planung und Ausführung diese Lücke entstanden ist?

Wolfram Krausse: Sehen Sie, das erste, den Hochbau umfassende Positionspapier zu „BIM im Hochbau“ ist erst 2019 vom Verband der Deutschen Bauindustrie veröffentlicht worden. Nach dem Standardleistungsbuch für das Bauwesen (STLB-Bau) sind im Hochbau bis zu 77 Roh- und Ausbaugewerke tätig, die untereinander abgestimmt und harmonisiert werden müssen. Wie groß der weitere Klärungs- und Entwicklungsbedarf sein wird, können wir an der aktuellen Situation im Schalungs- und Gerüstbau ablesen.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Meinen Sie in diesem Zusammenhang, dass es für das Gewerk des Schalungsbaus bereits ein Fachmodell BIM gibt?

Wolfram Krausse: Es ist gut, dass Sie diesen Punkt ansprechen, da es hier im Markt bei den bauausführenden Unternehmen immer wieder zu Missverständnissen kommt, was die tatsächlichen Voraussetzungen für BIM sind. Im Gegensatz zur Schalungstechnik gibt es für das Gewerk der Gerüsttechnik noch kein Fachmodell, keine einheitliche Richtlinie. Für den Schalungsbau dagegen wurde das „BIM Fachmodell Schalungstechnik“ 2017 als Richtlinie des Güteschutzverband Betonschalungen Europa e.V. (GSV) veröffentlicht.

An dem Zustandekommen waren alle Bauakteure institutionell beteilig – von führenden Bauunternehmen, dem Deutsche Beton- und Bautechnik-Verein, Softwareherstellern, dem Institut für Baubetrieb der TU Darmstadt bis zu allen namhaften Schalungsherstellern aus dem deutschen Markt beteiligt. Damit wurde die zentrale Idee von „Open BIM“ exakt erfüllt, die allen Baubeteiligten einen gemeinschaftlichen und transparenten Planungs- und Ausführungsprozess ermöglichen will. Proprietäre, herstellergebundene Sonderwege sind in meinen Augen für das Gewerk der Gerüstbauer nicht zielführend.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Wenn aber der Bauherr bzw. Investor für sein Schalungs- und/oder Gerüstprojekt dennoch die Ausführung nach der BIM-Methodik einfordert – wie etwa bei den Bundesbauten oder den Projekten der Großindustrie? Wie kann Peri dann seine Kunden unterstützen?

Wolfram Krausse: Da in der Schalungstechnik ein solches Fachmodell existiert, können wir bei der Gerüsttechnik analog vorgehen. Die beiden wichtigsten methodischen Bausteine innerhalb eines BIM-Projektes sind die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und der BIM-Abwicklungsplan (BAP). Hinzukommt das digitale 3D-Bauwerksmodell angereichert mit allen projektrelevanten Informationen. Im 3D-Bauwerksmodell ist sowohl das Fassaden- und Raummodell enthalten ist als auch das Rohbau-, Ausbau- und Bestandsmodell.

Auf dieser Basis ist es mit BIM-fähigen 3D-CAD-Programmen relativ einfach, eine exakte, geometrie- und lastgerechte Schalungs- oder Gerüstkonstruktion zu erstellen. Die dafür typischen BIM-Anwendungen wie fotorealistische 3D-Visualisierungen, Kollisionsprüfungen, Ablaufsimulation, Checklisten, Ausführungspläne, automatisiert erzeugte Material- und Stücklisten etc. bietet Peri seinen Kunden seit über 10 Jahren an. Die spannende Schnittstelle aber bleibt der Übergang von der Planung in die Baustellenausführung.

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg: Was meinen Sie mit dieser Schnittstelle genau?

Wolfram Krausse: In der Verbindung mit der Bau-Digitalisierung haben web- und cloudbasierte Software-Applikationen für einen völlig neuen Mobilitätsstandard gesorgt. Dadurch hat sich bei unseren Kunden die Arbeitsvorbereitung und die Detailplanung immer mehr vom Büro weg in Richtung Baustelle verlagert. Wie wichtig diese Vor-Ort-Planung ist, zeigt sich besonders eindrücklich im Gerüstbau. Diese Beobachtung hat speziell mit der Übergabe und der Nutzung durch die Folgewerke zu tun.

Für die dort so notwendige Schnittstellen-Kompetenz sammeln wir Erfahrungen aus mittlerweile drei BIM-Industriegerüstbauprojekten für den Chemiekonzern BASF. In allen drei Aufträgen arbeiten wir jeweils in engster Abstimmung und Kooperation mit einem Projektmanagementspezialisten zusammen. Seine zentrale Leistung liegt darin, im ständigen Soll-Ist-Verfahren die Peri Arbeits-, Trag- und Schutzkonstruktionen mit den gewerkespezifischen Montageabläufe der verschiedenen Anlagenbauer abzugleichen und sicherzustellen.

Auch dieses spezielle Angebot einer Vor-Ort-Expertise gehört zu dem, was wir bei Peri „Besten Dienst am Kunden“ nennen. Dabei spielt natürlich die hohe Personalkapazität, die wir im Peri Engineering haben, eine wichtige Rolle. Aktuell sind das über 1.200 Projekt- und Anwendungsingenieure weltweit. So können wir zusammen mit unseren Kunden eine zuverlässige Arbeitsplattform der kurzen Wege und schnelle Entscheidungen sicherstellen.

Peri Vertrieb Deutschland GmbH & Co. KG

www.peri.de

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