„Hohe Schwerlast-Anforderungen erfordern einen hohen Qualitätsanspruch“

Eurogate Containerterminal in Hamburg unter laufendem Betrieb erneuert

Gespräch mit Dipl.-Ing. Egor Hapin und Dipl.-Ing. (FH) Michael Läpple, Projektingenieure Fläche / Tiefbau im Bereich Infrastrukturmanagement der Eurogate – Technical Services GmbH, über die Sanierung des Eurogate-Containerterminals in Hamburg.

THIS: Die Eurogate ist Europas größte reedereiunabhängige Containerterminal- und Logistik-Gruppe. Welche Aufgabe erfüllen Sie in Ihrem Unternehmen?

Michael Läpple: Wir sind bei Eurogate auf unserem Gelände im Hamburger Hafen für sämtliche größeren Baumaßnahmen verantwortlich.

THIS: Wie unterscheiden sich Ihre Aufgaben?

Egor Hapin: Ich bin überwiegend für die örtliche Bauüberwachung und Bauoberleitung zuständig, bin also sehr nah am praktischen Geschehen, an den Baufirmen dran. Dazu zählt auch, unsere spezifischen Erfahrungen mit dem Gelände oder zu bestimmten Aufgaben in die Leistungsverzeichnisse einzubringen.

Michael Läpple: Ich bin mehr die Schnittstelle zu unserem Auftraggeber, der Eurogate Container Terminal Hamburg GmbH, oder z.B. zu den Behörden. Dazu kommt noch Budgetkontrolle bzw. Projekt-Controlling.

THIS: Können Sie mir ein Beispiel für die Art von Projekten geben, für die Sie verantwortlich sind?

Egor Hapin: Ein typisches Projekt wäre eine Flächensanierungsmaßnahme in größerem Stil. Wir haben aufgrund unserer hohen Verkehrslasten sehr hohe Verschleiße der Verkehrsflächen, so dass wir sehr regelmäßig Asphaltoberflächen erneuern. Zudem gehen diese durch eine Umstrukturierung des Terminals auch in die Tiefe, etwa, um ein Oberflächengefälle oder Straßenabläufe anzupassen.

Michael Läpple: Wir betreuen auch Hochbaumaßnahmen von der baulichen Seite. Es gibt zum Beispiel ein Blockheizkraftwerk, und wir haben eine Windenergieanlage auf dem Gelände stehen. Auch wenn ein Schiff mal am Kai havariert, fallen die Reparaturarbeiten an der Kaikonstruktion in unseren Bereich.

THIS: Worum ging es bei Ihrem Ihr Großprojekt „Herstellung der Hinterlandflächen LP4/LP5“?

Michael Läpple: Da ging es um eine ca. 200.000 m² große Schwerlastfläche, auf der auch Gefahrgüter umgeschlagen werden, um Entwässerung, Regenwasserbehandlung und -reinigung auch unter Starkregenbedingungen, um Umwelt- und Gewässerschutz.

Egor Hapin: Darüber hinaus sollte der Betrieb auf dem Terminal weiterlaufen. Es ließen sich für die Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen nur kleine Bereiche außer Betrieb nehmen. De facto bauen wir die Anlage neu, während sie in Betrieb ist. Es muss alles schnell gehen, es muss sicher sein, es muss einwandfrei funktionieren, und es muss lange halten. Im Idealfall haben wir an dieser Stelle dann mehrere Jahre Ruhe.

THIS: Dann tragen Sie beide viel Verantwortung ...

Michael Läpple: Ja, aber das ist auch das Spannende. Schwerlast, Starkregen, Gefahrgüter auf der einen Seite im Griff zu haben, aber auch, dass die Überwachung bei uns liegt, dass wir diesen Neubau 10, 20, 30 Jahre im Auge haben und den Lebensprozess beobachten und verfolgen können. Das erleben Sie in einem Ingenieurbüro normalerweise nicht.

THIS:  Wenn Sie die Fläche jetzt neu bauen, sehen Sie doch auch den Zustand der vorherigen Installationen und Einbauten?

Michael Läpple: Da spielen wir immer ein bisschen Archäologen und schauen, was man vor 20 Jahren eingebaut hat. 2000 oder 2005 klingt nicht lange her, aber damals war der Wissensstand schon ein anderer.

Egor Hapin: Solch ein Projekt ist immer für eine Überraschung gut; man weiß vorher nie, was man vorfindet. Die Idee, die hier funktioniert, kann schon 20 Meter weiter nicht mehr funktionieren, weil unter anderen Witterungsverhältnissen zu arbeiten ist, oder weil sich die Bodenverhältnisse geändert haben. Das gilt besonders auf dem Terminal. Ist es der alte Teil des Terminals, wo vor 80 Jahren noch Kleingärten standen? Oder ist es das vor 10 Jahren zugeschüttete Hafenbecken? Hat man mit Kampfmitteln zu tun? Sind Setzungen zu erwarten?

THIS: Gibt es dazu keine Unterlagen?

Egor Hapin: Bei Weitem nicht in der Form, dass wir vernünftig damit arbeiten könnten. Das versuchen wir, für unsere Nachfolger besser zu machen. Wir versuchen, den Einbau so zu begleiten und zu dokumentieren, dass wir in Zukunft keine derartigen Probleme bekommen. Das ist in unseren Augen die eigentliche Herausforderung.

THIS: Gibt es gelegentlich Überraschungen?

Egor Hapin: Wir haben schon das eine oder andere durchgemacht. Ob man Munition findet, auf architektonische „Reliquien“ wie zugeschüttete Kaimauern stößt oder mit abweichenden Boden- oder Grundwasserverhältnisse konfrontiert wird – da hilft nur, schnell die Köpfe zusammenstecken. Gott sei Dank, bei Eurogate genießen wir viel Verständnis und können auf kurze Dienstwege zugreifen.

THIS: Wie stellen Sie sicher, dass das Terminal während einer Bauphase in Betrieb bleiben kann?

Michael Läpple: Dazu müssen wir in sehr enger Abstimmung mit unserem Betreiber agieren, weil die dann tatsächlich eine definierte Fläche komplett aus dem Betrieb nehmen, aber eben nur für ein überschaubares Zeitfenster.

Egor Hapin: Eine weitere Herausforderung ist, dass diese Flächen nach Funktionen bestimmt werden, also nicht alle gleich groß sind. Der Vorteil ist aber, dass wir deren und die unsere Zwänge kennen, und so haben wir ein sehr kollegiales Arbeiten.

THIS: Haben Sie im Planungs- und Ausführungsbereich feste Partner?

Michael Läpple: Durchaus. Es gehen zwar alle durch ein Ausschreibungsverfahren, am Ende sind es dann aber oft die gleichen drei, vier, fünf Baufirmen oder Ingenieurbüros, die dann zum Zuge kommen. Ein Vorteil dieser Unternehmen ist, dass die inzwischen genau wissen, was bei uns funktioniert und was nicht.

THIS: An welcher Stelle werden die Entscheidungen über die eingesetzten Produkte getroffen?

Egor Hapin: Wir wissen natürlich, wie sehr unsere Flächen belastet werden und mit welchem Lebenszyklus wir kalkulieren; daraus leitet sich unser hoher Qualitätsanspruch ab. Es bringt nichts, wenn man ein paar Euro spart, und nach wenigen Jahren wieder alles aufmachen muss. Also äußern wir unsere Wünsche, und dann steht im Leistungsverzeichnis etwa „ACO oder gleichwertig“.

THIS: Unterstützt der Hersteller Sie mit Ihren Planungen?

Egor Hapin: Durchaus, im Rahmen der vorhandenen Bedingungen, also Rohrstatik, Hydraulik, Reinigungsvolumen etc. Aber es bleiben genug durch das Terminal-Projekt vorgegebene Bedingungen – von alten Bauwerken über ungeklärte Bodenverhältnisse – für die wir natürlich selbst die Verantwortung übernehmen müssen.

Michael Läpple: Wir brauchen Schwerlast, das kann nicht jeder. Zudem müssen wir die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes berücksichtigen, auch das kann nicht jeder. Dann bleiben nur zwei, bestenfalls drei Hersteller; einer davon ist ACO.

THIS: Spüren Sie den Einfluss des Klimawandels, etwa durch veränderte gesetzliche Vorgaben?

Egor Hapin: Der Blick der Behörden auf solch große Flächen ist schärfer geworden, und das Know-how steigt. Dort wird gerechnet, geprüft, hinterfragt – da sind wir durchaus gefordert.

THIS: Wohin geht das Wasser?

Michael Läpple: Im Rahmen der aktuellen Flächensanierung verbauen wir vier Regenbehandlungsanlagen, um die Verunreinigungen der Oberfläche wie Staub und Reifenabrieb erstmal dort zu sammeln und bei Bedarf später zu entsorgen.

Nach der Entsorgung des kontaminierten Anteils dürfen wir anschließend das restliche Regenwasser in die Elbe einleiten. Im Schadensfall werden die Schieber zugefahren, und dann wird das Regenwasser anderweitig entsorgt.

THIS: Wie ist die Anlage aufgebaut, die Sie bauen?

Egor Hapin: Es gibt ein Abschlagbauwerk, in das die Sammelleitungen münden. Das ganze Bauwerk befindet sich sehr nah an der Kaimauer. Das Hauptwerk liegt sehr tief ist; deutlich tiefer als unser Auslaufbauwerk, von dem das gereinigte Regenwasser dann in die Elbe fließt.

THIS: Was wird Ihre nächste große Herausforderung nach diesem Projekt?

Michael Läpple: Das, was wir im Moment umbauen und was heute schon Terminalfläche ist, soll später in eine automatisierte Fläche umgewandelt werden. Plakativ gesprochen nimmt man die ersten paar tausend Quadratmeter, zäunt die Fläche ein, und lässt dort die automatisierten Umschlaggeräte fahren. Dann rollt man diese Fläche immer weiter aus und schiebt den Zaun immer weiter. Die Idee ist, dass wir diese Automatisierungsfläche peu à peu jedes Jahr um ein paar tausend Quadratmeter erweitern.

Eurogate Technical Services GmbH

www.eurogate.de

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