Flächenversiegelungen ausgleichen

Im Städtebau bietet der natürliche Baustoff Bitumen viele Vorteile bei der Entsiegelung von Siedlungs- und Verkehrsflächen

Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wächst die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland pro Tag um 113 Hektar. Die Hälfte dieser Fläche wird durch Bebauung versiegelt. Eine Option, diesem Trend entgegenzuwirken, bietet der natürliche Baustoff Bitumen.

Als Bestandteil von wasserdurchlässigem Asphalt ermöglicht er das Versickern von Niederschlagswasser. Bitumen ist daher im kommunalen Straßen- und Wegebau von großer Bedeutung. Als Abdichtungsmaterial bildet es darüber hinaus die Grundlage für Dachbegrünungen, die sich positiv auf das Stadtklima auswirken.

Die negativen Folgen der Flächenversiegelungen sind kontrovers: Der Grundwasserspiegel sinkt ab, weil Niederschlagswasser nicht mehr ausreichend in den Boden versickern kann. Das Wasser sammelt sich auf der versiegelten Fläche und läuft fast vollständig über das öffentliche Kanalnetz in die Kanalisation ab. Anschließend muss es in Kläranlagen aufwändig aufbereitet werden. Bei starken Regenfällen kann diese ungewollte Sammlung des Niederschlagswassers schließlich zu einer Überlastung des gesamten Abwassernetzes führen: Überschwemmungen nehmen zu.

Mit wasserdurchlässigem Asphalt (WDA) bietet sich für wenig beanspruchte Flächen der Bauklassen IV, V und VI eine Möglichkeit, der zunehmenden Flächenversiegelung entgegenzuwirken. Gemäß den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO, Ausgabe 2001) ist diese Art der Deckschicht unter anderem für Anliegerstraßen, Parkplätze, Rad- und Gehwege geeignet. Der robuste und zugleich griffige Oberflächenbelag besteht aus Gesteinskörnungen und dem Bindemittel Bitumen. Durch den hohen Anteil an groben Gesteinen weist wasserdurchlässiger Asphalt viele miteinander verbundene Hohlräume auf. Dank dieser Struktur kann Niederschlagswasser durch die Deckschicht ins darunter liegende Erdreich versickern. Der Grundwasserspiegel wird ausgeglichen und die Kanalisation effektiv entlastet.


Glatte, trockene Flächen

Wasserdurchlässiger Asphalt hat dabei nicht allein für die Natur, sondern auch für die Stadtbewohner und Autofahrer deutliche Vorteile: Da das Niederschlagswasser versickern kann, wird die Bildung von Pfützen auf Straßen und Wegen vermindert. Sprühfahnen beim Fahren werden reduziert. Für die Kommunen spiegelt sich die deutliche Entlastung des Abwassernetzes in reduzierten Kosten für die Abwasserbeseitigung wider.

Die Befestigungen aus wasserdurchlässigem Asphalt haben in der Regel einen zweischichtigen Aufbau, der sich im Vergleich zu einschichtigen Belägen durch eine höhere Widerstandsfähigkeit auszeichnet. Um eine optimale Verdichtung der einzelnen Asphaltschichten zu gewährleisten, sollte der Asphalt nicht bei Temperaturen unter 10 °C, Regen oder stürmischem Wetter eingebaut werden. Der Einsatz einer schweren Glattmantelwalze ohne Vibration verhindert eine Zertrümmerung der im Asphaltmischgut enthaltenen Körnung. So wird sichergestellt, dass genügend Hohlräume in der Deckschicht vorhanden sind und die Eigenschaft des wasserdurchlässigen Asphalts, Wasser in die darunter liegenden Schichten abzuleiten, nicht beeinträchtigt wird.


Geringer Wartungsaufwand ohne Umweltbelastung

Der Baustoff Bitumen zeichnet sich durch mehrere Eigenschaften als bevorzugtes Material für den Straßenbau aus: Er ist leicht zu verarbeiten, gleichzeitig allerdings widerstandsfähig und unempfindlich gegenüber mechanischen Belastungen und äußeren Wettereinflüssen. Außerdem passt sich das Material den Bewegungen des Untergrunds flexibel an. All diese Vorteile für den Straßen- und Wegebau erhält Bitumen durch seine thermoviskosen Eigenschaften. Wird es erhitzt, wird es flüssig und ermöglicht so den schnellen Einbau des Asphaltmischguts. Längere Verkehrssperrungen werden vermieden. Beim Erkalten nimmt es dann wieder seine ursprüngliche Form an und zeichnet sich durch seine Festigkeit aus.

Bei Deckschichten aus wasserdurchlässigem Asphalt kommt heute verstärkt polymermodifiziertes Bitumen zum Einsatz. Mit Kunststoffen veredelt, trägt es zur Verbesserung des Haftvermögens und der Widerstandsfähigkeit gegenüber Kälte und Wärme bei. Als Bindemittel für Tragschichten eignen sich herkömmliche Straßenbaubitumen gemäß der Technischen Lieferbedingungen für Straßenbaubitumen und gebrauchsfertige polymermodifizierte Bitumen (TL Bitumen-StB, Ausgabe 2007). So aufgebaut, verfügen die mit wasserdurchlässigem Asphalt versehenen Verkehrsflächen über eine besonders lange Nutzungsdauer.

Bei Bitumen handelt es sich um ein natürliches Material, das beim Raffinieren von Erdöl entsteht. Im Gegensatz zu Teer, mit dem Bitumen oft noch verwechselt wird, enthält es keine gefährlichen Stoffe für Mensch und Umwelt. Im Gegenteil: Der Baustoff gilt als nicht wassergefährdend, sodass wasserdurchlässiger Asphalt auch in Wasserschutzgebieten eingesetzt werden kann. Da durch den Straßenverkehr immer Schadstoffe entstehen, die mit dem Wasser in den Untergrund gelangen, ist sowohl in Wasserschutzgebieten als auch in allen anderen Anwendungsbereichen ein Flurabstand von mindestens 2 m zwischen Fahrbahnoberfläche und dem höchsten, aus langjährigen Aufzeichnungen festgestellten Grundwasserstand einzuhalten. So ist sichergestellt, dass das versickernde Wasser ausreichend gefiltert wird, bevor es ins Grundwasser gelangt. Weitere Angaben zur Wasserdurchlässigkeit des Unterbaus gibt das Merkblatt für wasserdurchlässige Befestigungen von Verkehrsflächen (MwBV, Ausgabe 1998) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen.


Grüne Dächer verbessern
das Stadtklima

Dass sich die Verkehrsfläche in Deutschland zwischen 1992 und 2006 laut Statistischem Bundesamt um 15,2 Prozent erhöht hat, wirkt sich neben der Flächenversiegelung auch auf die Lebensqualität in der Stadt aus. Gerade in den Sommermonaten heizen sich die Städte auf, das Stadtklima wird schnell als unangenehm empfunden. Hier können Dachbegrünungen Abhilfe schaffen. Grundlage für die Nutzung von Dächern als Gartenersatz ist ebenfalls Bitumen. In Form von Bitumendichtungsbahnen schützen sie die unter ihnen liegenden Bauwerke vor Feuchtigkeitsschäden. Spezielle polymermodifizierte Bitumenbahnen können dabei Temperaturschwankungen von -35 °C bis 150 °C problemlos ausgleichen, ohne ihre abdichtenden Eigenschaften einzubüßen.

Man unterscheidet zwischen extensiver und intensiver Dachbegrünung. Bei der extensiven Begrünung erfolgt die Bepflanzung vorwiegend durch spezielle Kräuter, Gräser und Moose, welche nur wenig Pflege bedürfen, da sie sich weitestgehend selbst erhalten. Bei intensiver Begrünung können, wie in einem Garten, auch Stauden und Sträucher gepflanzt werden, welche allerdings regelmäßig mit Wasser versorgt und gepflegt werden müssen. Die begrünten Dachflächen speichern laut dem Deutschen Dachgärtner Verband (DDV) je nach Bauart bis zu 90 Prozent der jährlichen Regenmenge. Viele Kommunen honorieren Dachbegrünungen daher durch reduzierte Abwassergebühren. Zudem wird das Wasser zu einem späteren Zeitpunkt durch Verdunstung wieder an die Umgebung abgegeben, wodurch das innerstädtische Klima gerade in den heißen Sommermonaten abgekühlt wird.


Fazit

Aufgrund seiner vielfältigen Eigenschaften wie Dauerhaftigkeit, guter Verarbeitbarkeit und Robustheit hat sich Bitumen im Städtebau bewährt. Als Bestandteil von wasserdurchlässigem Asphalt bietet der natürliche Baustoff eine günstige Alternative, einer Flächenversiegelung vorzubeugen und gleichzeitig den Bürgern Wege und Straßen mit hohem Geh- und Fahrkomfort zur Verfügung zu stellen. Mit einer Abdichtung aus Bitumendachbahnen können zudem Dachflächen für die Stadtbegrünung nutzbar gemacht werden und zu einer Verbesserung des Mikroklimas beitragen.n

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