Die „Ei-im-Ei“-Lösung

Lüneburg saniert historischen Mauerwerkskanal mit GFK-Kurzrohren

Der dominierende Kanalbau-Werkstoff des 19. Jahrhunderts trifft auf einen Rohrwerkstoff des 21. Jahrhunderts: So lässt sich auf den Punkt bringen, was sich im August 2011 im Untergrund der Lüneburger Altstadt abspielte. Die Stadtentwässerung Lüneburg ließ im Bereich der Sülztorstraße ein weit über 100 Jahre altes Eiprofil aus doppelschaligem Mauerwerk sanieren.

Zum Einsatz in dem begehbaren Mischwassersammler kam das Kurzrohrlining-Verfahren mit nach Maß gefertigten GFK-Rohren. Ausgeführt wurde die Maßnahme durch die Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH, Blomberg.
Ganz genau weiß es auch bei der Lüneburger Stadtentwässerung niemand mehr, wie alt der Mischwassersammler wirklich ist – vermutlich aber zwischen 110 und 120 Jahren. In jedem Fall sind die Bauwerke trotz solider doppelschaliger Mauerwerksbauweise stark vom Alter gezeichnet, wie Inspektionen belegten. Es zeigte sich das in solchen Fällen klassische Schadensbild: Tief ausgewaschene Fugen, punktuell kurz davor, dass sich Ziegel aus dem Verbund lösen. Massive Sinterablagerungen an den Wänden bezeugen zudem, dass schon über sehr lange Zeiträume Grundwasser in die Kanäle eingedrungen sein muss. Befunde genug also für die Verantwortlichen, eine nachhaltige Sanierung des nach wie vor äußerst wichtigen Kanalstrangs in Angriff zu nehmen. Immerhin dient dieser Netzabschnitt nicht nur als Vorflutkanal für die Altstadt, sondern auch als Staukanal.

Hoch- und Tiefbau auf
engem Raum

Der sanierungsbedürftige Sammler hatte die Dimensionen 800/1200 bzw. 900/1300 und eine Überdeckung von fast vier Metern über Scheitel. Für die Sanierungsplanung besonders problematisch war, dass der öffentliche Kanal privates Gelände unterquert, das zudem noch heftiger Bautätigkeit ausgesetzt ist. Hier wird nämlich derzeit ein innerstädtisches Schulzentrum errichtet. So waren also eine Hochbaumaßnahme und ein Tiefbauprojekt zeitlich und räumlich praktisch deckungsgleich zu realisieren. Das hieß im Detail etwa, dass die GFK-Rohre der Hobas GmbH über die gegossene Bodenplatte hinweg quer durch die künftige Schul-Turnhalle angeliefert werden mussten. Dieser Querverkehr der Kanalsanierer fand nicht eben das Wohlgefallen der Hochbauer, die deshalb bestimmte Elemente ihrer Halle nicht nach dem selbst gesetzten Zeitplan installieren konnten – eine letztlich aber unvermeidbare Einschränkung. Dementsprechend hoch war andererseits der Druck auf die Fachleute der Rainer Kiel Kanalsanierung, das Projekt zeitnah umzusetzen.

Bauausführung nach Maß

Der Bauprozess fand letztlich nach dem für das Kurzrohrlining klassischen Muster statt. Operationsbasis für die insgesamt 230 m lange Sanierungsstrecke war ein einzelner, zentral gelegener Schacht von rund 5 m Tiefe. Von diesem aus wurden die 110 bzw. 120 m langen Sanierungsstrecken in und gegen Fließrichtung bedient. Die standardmäßig zwei Meter langen GFK-Rohre (nur in Bogenbereichen baute man teils kürzere Elemente ein) wurden mit einem Spezialkran in die Baugrube gehoben. Dort wartete ein „Shuttle“ darauf, je ein Rohr aufzunehmen, das dann von zwei Mitarbeitern in den Kanal eingeschoben und an den bereits liegenden Rohrstrang angekoppelt wurde. Für den Bereich des Dimensionswechsels zwischen den beiden unterschiedlichen Nennweiten wurde bei Hobas ein Übergangs-Formstück produziert. Im abschließenden Arbeitsgang wurde der Ringraum zwischen Reliningrohr und Altkanal mit einem hoch fließfähigen Spezialmörtel verfüllt.
Auf der Grundlage gründlicher Vorbereitung der Örtlichkeit, reibungslos organisierter Bauabläufe und einer guten Kooperation der Stadtentwässerung mit der Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH als Bau ausführendem Unternehmen, gelang es letztlich, die 230 m Großprofil trotz der Verzahnung mit der anstehenden Hochbaumaßnahme innerhalb von nur fünf Wochen zu sanieren. Bei der Stadtentwässerung Lüneburg ist man angesichts guter baulicher und betrieblicher Erfahrungen mit dem Werkstoff GFK übrigens durchaus geneigt, ihn auch künftig verstärkt einzusetzen.n

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