Bauen im Bestand

Diffusionsoffene Innendämmsysteme

Das Bauen im Bestand ist eine wichtige Aufgabe der Bauwirtschaft mit hohen Ansprüchen an die Wirtschaftlichkeit, die Qualität und Nachhaltigkeit, an den Umweltschutz sowie an Kultur und Ästhetik. Hier zwei gelungene Beispiele in der ausführlichen Online-Fassung mit vielen aussagekräftigen Fotos.


Beispiel 1: Kutscherhaus in Leipzig

Im Zuge der energetischen Modernisierung erhält das schlanke Sichtziegelmauerwerk einer denkmalgeschützten Remise eine Innendämmung mit einem diffusionsoffenem, kapillaraktiven System, die ohne Dampfsperre ausgeführt werden konnte. Simulationsrechnungen hatten zuvor gezeigt, dass eine Heizkostenersparnis von mehr als 80 % zu erwarten ist. Nach dem Umbau entsprach der Altbau vom Ende des 19. Jahrhunderts dem Standard eines KfW-Effizienzhauses 130 und wurde mit zinsgünstigen Krediten der KfW-Bank gefördert.

Wohnen in alter Umgebung ist in! Und das, obwohl Baustoffe in Verbindung mit noch nie zuvor dagewesenen technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um zu bauen, was immer der Mensch sich vorstellt. Alle nur denkbaren architektonischen Formen – man erinnere sich nur an die dekonstruktivistischen Entwürfe von Frank O. Gehry - können entstehen, gleichzeitig kann jeder historischen Baustil mühelos nachgeahmt werden. Entsprechend feiert die Kunst der Reproduktion ungeahnte Triumphe.

Und trotzdem – das Original hat nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Im Gegenteil: Historische Gebäude für Wohnzwecke sind gesucht wie nie. Die Patina, die diese Objekte über Jahrzehnte hinweg angesetzt haben, sorgt natürlicherweise für ein Flair und eine Atmosphäre, die trotz aller baumeisterlichen Kunst bei einem Neubau nicht zu reproduzieren sind.

In Verbindung mit modernen Dämmstoffen lässt sich historische Bausubstanz heute mühelos energetisch modernisieren und an die Erfordernisse modernen Wohnens anpassen. Einschränkungen des Wohnkomforts wie kalte und zugige Räume sowie hohe Heizkosten, die Bewohner von Altbauten früher fast selbstverständlich auf sich nahmen, müssen nicht mehr gefürchtet werden. Dabei tragen leistungsfähige Innendämmsysteme wie Ytong Multipor Mineraldämmplatten in erheblichem Maße zur Attraktivität von Städten und Gemeinden bei, ermöglichen sie doch den Erhalt attraktiver und schützenswerter Hausfassaden.

Überzeugendes Beispiel ist ein Kutscherhauses vom Ende des 19. Jahrhunderts im Leipziger Stadtteil Gohlis, das jetzt zu einem Wohnhaus mit zeitgemäßem Wohnkomfort umgebaut wurde. Nach einer Innendämmung des alten, schlanken Sichtklinkermauerwerks mit dem kapillaraktiven Innendämmsystem Ytong Multipor, das ohne Dampfsperre auskommt, entspricht der Bau mit einer Nutzfläche von 413 m² dem Standard eines KfW-Effizienzhaus 130. Insgesamt verlief die Sanierung so erfolgreich, dass das Kutscherhaus von der Kulturstiftung Leipzig mit einer Anerkennung des Hieronymus-Lotter-Preis ausgezeichnet wurde.

 

Denkmalschutz und KfW-Förderung

Einst Teil eines Gebäudeensembles bestehend aus einer repräsentativen Villa, Palmenhaus, Gewächshaus und Kegelbahn, das der Leipziger Fabrikant Hermann Traugott Fritsche auf dem großen parkähnlichen Grundstück bauen ließ, hat das alte Kutscherhaus als einziger Zeuge der historischen Bebauungssituation die Zeiten überdauert. Nach dem Krieg bis zum Beginn der Sanierungsarbeiten zeitweise als Werkstatt und Garage genutzt, blieb es in seinem äußeren Erscheinungsbild und in seinen inneren Strukturen weitgehend im Originalzustand erhalten. Wenn auch die Holzbauteile des Fachwerks im Obergeschoss starke, altersbedingte Schädigungen aufwiesen und das Gebäude nach heutigen Maßstäben zu Wohnzwecken insgesamt nicht nutzbar war, so war doch der Gesamtzustand des massiven Ziegelbaus relativ gut. Einer – nach entsprechender Sanierung – Nutzung als Wohnhaus stand nichts im Wege.

Schwerpunkt der Sanierung war neben dem Erhalt der historischen Substanz vor allem die energetische Ertüchtigung. Gleichzeitig mussten Belange des Denkmalschutz berücksichtigt werden. Durch ein Gesamtmaßnahmenpaket – es sah u. a. die Bauwerksabdichtung, Dämmung der Bodenplatte gegen Erdreich, Dämmung des Schieferdaches, Deckendämmung zum Kaltdach, die Installation einer Brennwertheizung mit Pufferspeicher sowie Solarkollektoren auf dem historischen Schieferdach und isolierverglaste Fenster vor - dessen Kern die Innendämmung mit 120 mm Ytong Multipor Mineraldämmplatten war, konnte dabei einerseits der Auflage der Denkmalpflege nach Erhalt der historischen Außenfassade und andererseits der Forderung der Bauherren-Familie nach Förderfähigkeit durch die KfW-Bank Rechnung getragen werden.

 

Diffusionsoffenes Innendämmsystem

Mit Ytong Multipor Mineraldämmplatten kam beim Ausbau der Leipziger Remise ein diffusionsoffenes, kapillaraktives Innendämmsystem zum Einsatz. Tauwasser, das sich in der kälteren Jahreszeit zwischen der Bestandswand und der Mineraldämmplatte bilden kann, oder auch von außen durch die Fassade eindringendes Wasser, wird von den Zellwänden der eingeschlossenen und wärmedämmenden Luftporen aufgenommen und durch das natürliche Austrocknungsverhalten des mineralischen Materials der Raumluft wieder zugeführt (kapillar wirksam). Gleichzeitig bleibt dabei der Wärmedämmwert erhalten. Die bei diesem Objekt eingesetzten Platten verfügen über eine Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,045 W/(mK). Xella hat mittlerweile die Dämmeigenschaften der Ytong Mulitpor Mineraldämmplatten weiter verbessert. Seit Anfang des Jahres sind die Dämmplatten mit einer Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,042 W/(mK) erhältlich. Der Feuchtehaushalt des Wohnraumes wird auf diese natürliche Art reguliert, zudem kann keine Schimmelbildung entstehen. „Eine Kombination von Eigenschaften,“ so Architekt Ehser vom Büro Fuchshuber & Partner, „die für uns entscheidend war. Sie machte es möglich, die Innendämmung ohne aufwändige Dampfsperren auszuführen und gab uns gleichzeitig die Chance, den späteren Bewohnern Vorteile durch optimale klimatische Bedingungen im Rauminneren zu garantieren.“

Schon bei früheren Objekten hatte der Leipziger Planer gute Erfahrungen mit einer Innendämmung aus Ytong Multipor gemacht. „Unser Büro,“ so Ehser, „ist relativ stark in der Altbausanierung tätig. Bei Sanierungsvorhaben gibt es keine wirkliche Alternative zur Innendämmung, speziell wenn auch Aspekte des Denkmalschutzes dazu kommen.“ Im vorliegenden Fall hatte außerdem eine Simulationsrechnung, die Jens Hanschmann, Gebietsleier Ost im Ytong Multipor-Vertrieb vom Fraunhofer Institut in Holzkirchen erstellen ließ, ergeben, dass der Wandaufbau sowohl in Kombination mit dem massiven Klinkermauerwerk im Erdgeschoss als auch in Kombination mit dem Fachwerk-Außenwänden im Obergeschoss zweifelsfrei funktioniert und eine Heizkostenersparnis von über 80 Prozent zu erwarten ist.

Entsprechend den Berechnungen erreichen die mit 120 mm Ytong Multipor Mineraldämmplatten gedämmten Ziegelkonstruktionen der Außenwände einen U-Wert von 0,29 W/m²K (Bestandswand 1,95 W/m²K), die ebenfalls mit 120 mm Ytong Multipor gedämmte Fachwerkkonstruktion im Obergeschoss erreicht einen U-Wert von 0,30 W/m²K (Bestandswand 2,34 W/m²K). Dabei verfügte das Bestandsmauerwerk im Erdgeschoss über Dicken von 240, 300 und 365 mm. Das Klinkermauerwerk im Obergeschoss, das teilweise mit Sichtfachwerk (140/140) kombiniert war, wies Stärken von 175, 240, 365 und 380 mm auf.

Im vorliegenden Fall nicht explizit gefordert, aber gerne mitgenommen wurden die Brandschutzqualitäten des Materials: Multipor ist ein nicht brennbarer Dämmstoff der Baustoffklasse A 1 nach EN 13501-1. Er entwickelt auch bei höchsten Temperaturen weder giftige Gase noch Rauch. Das ermöglicht den Einsatz in vielen Anwendungsgebieten, die andere Wärmedämmungen in ihrer Gesamtheit nicht bieten können.

 

Ökologische Qualitäten

Speziell unter dem Aspekt, dass die Remise nach ihrem Umbau das neue Zuhause einer jungen Familie mit zwei Kindern sein sollte, kamen auch ökologische Gesichtspunkte ins Spiel. Ytong Multipor wird umweltschonend und energiesparend ohne Kunststoffe auf Basis der natürlichen Rohstoffe Kalk, Sand, Zement und Wasser hergestellt. Verarbeitungsreste sind voll recycelbar, da der Dämmstoff - anders als viele andere Produkte - keine Fasern oder andere Schadstoffe enthält. Ein Zertifikat des Institutes Bauen und Umwelt (IBU) - ehemals „Arbeitgemeinschaft Umweltverträgliches Bauprodukt (AUB)“ - bestätigt diese ökologischen Eigenschaften.

Ytong Multipor wurde zudem mit dem natureplus-Qualitätszeichen zertifiziert. Natureplus ist das internationale Qualitätszeichen für nachhaltige Wohn- und Bauprodukte. Das Zertifikat steht für Gesundheitsverträglichkeit, umweltgerechte Produktion, Schonung endlicher Ressourcen und Gebrauchstauglichkeit. Produkte mit diesem Zeichen bestehen überwiegend aus nachwachsenden oder naturschonend gewonnenen Rohstoffen. Anspruchsvolle Prüfungen und europaweit strengste Grenzwerte garantieren die Unbedenklichkeit der zertifizierten Produkte.

Hinzu kommt ein umfangreiches Zubehörprogramm, das keinerlei Einschränkungen bei der praktischen Nutzung fordert. So kamen im vorliegenden Fall unter anderem Ytong Multipor Flachdübel inkl. Schrauben zum Einsatz. Sie sind zur Befestigung von Lasten bis ca. 3 kg/500 mm belastbar.

 

Einfache Verarbeitung

Insgesamt knapp 380 m² Ytong Multipor Mineraldämmplatten wurde für die Dämmung der Remise benötigt. Grundsätzlich ist der massive Dämmstoff für die meisten Untergründe geeignet. Einzige Voraussetzung: Der Untergrund muss klebefähig, das heißt sauber von haftmindernden Rückständen und trocken sein. Nicht tragfähiger Putz, Sperrschichten oder dichte Anstriche müssen vor Aufbringen der Platten entfernt, Schadstellen ausgebessert werden.

Da im vorliegenden Fall der Altputz schadhaft und teilweise nicht tragfähig war, wurde zunächst der gesamte alte Wandbelag komplett bis auf die nackten Wände entfernt. Anschließend wurde das Klinker-Mauerwerk mit einem 15 mm dicken Kalk-Zement-Ausgleichsputz begradigt. Mit großer Sorgfalt gelang es dabei dem ausführenden Stukkateur- und Malerbetrieb Krietemeyer GmbH aus Markranstädt einen perfekten planebenen Untergrund herzustellen. So konnte die anschließende Verlegung der Ytong Mulitpor Mineraldämmplatten deutlich beschleunigt werden. Durchschnittlich waren rund vier Mitarbeiter vor Ort. Sie waren vor Beginn der Dämmarbeiten durch einen Vorführmeister in die Verarbeitung eingewiesen worden. Schon nach kurzer Zeit stellte sich eine hohe Ausführungssicherheit ein, so dass sehr bald die gewohnte hohe Verlegeleistung erreicht wurde. „Für die Verlegung der Ytong Multipor Mineraldämmplatten inklusive der vorbereitenden und abschließenden Putzarbeiten“, erinnert sich Peter Strauch, Niederlassungsleiter der Krietemeyer GmbH in Leipzig, „benötigten unsere Mitarbeiter rund eine Stunde pro Quadratmeter Wand.“ 

Sobald der Ausgleichsputz ausgetrocknet war, begann die Verarbeitung der Ytong Multipor Mineraldämmplatten, die im Fugenverband auf den ebenen und trockenen Untergrund geklebt wurden. Zuvor wurde der speziell auf das Produkt abgestimmte und frisch angerührte Ytong Multipor Leichtmörtel vollflächig mit einer Zahntraufel (Zahnung 10-12 mm) auf der Plattenunterseite aufgetragen und anschließend mit den Zähnen der Glattkelle „durchgekämmt“. Idealerweise beträgt die Steghöhe, also die Dicke des aufgetragenen Leichtmörtels nach dem „Durchkämmen“ etwa 7-8 mm.

Um eine möglichst dünne, kraftschlüssige Verbindung zwischen Kleber, Platte und Wand zu erzeugen, haben die Verarbeiter die Dämmplatten nach dem Auftragen des Klebers mit leichtem Druck auf der Wandoberfläche eingeschwommen und dann in die richtige Position gerückt. Geringes Gewicht, Druckfestigkeit und Formstabilität sowie das handliche Format von 600 x 390 mm sorgen für einfache Handhabung sowie einen schnellen Arbeitsfortschritt. Die Platten liegen im Stoß fugenlos nebeneinander, die Stoßfugen werden nicht verklebt. Das sorgt für die sehr hohe Maßgenauigkeit der Mineraldämmplatten.

Die Dämmung wird gegen die Holzfußböden bzw. Holzbalkenecken der vorhandenen Konstruktion elastisch entkoppelt. Einbindende Wand- und Deckenflächen wurden zur Reduzierung von Wärmebrücken etwa in Plattenbreite (390 mm) mitgedämmt. Kleinere Eckausbrüche konnten mit Ytong Multipor Füllmörtel ausgebessert werden. Wichtig für den reibungslosen Arbeitsverlauf war vor allem die sorgfältig lot- und fluchtgerechte Ausführung der ersten Reihe. Ein Abstützen während des Abbindens war nicht nötig. Im Regelfall kann auch auf eine mechanische Befestigung verzichtet werden. Lediglich bei verminderter Tragfähigkeit des Untergrundes sind die Dämmplatten mittig mit einem Tellerdübel Ø 60 mm je Platte zu sichern.

Nach dem Verkleben der Ytong Multipor Mineraldämmplatten wurde Ytong Multipor Leichtmörtel mit Gewebeeinlage als Armierungsschicht aufgebracht. Die Schichtdicke betrug ca. 5 mm. Nach dem Erhärten der Armierung wurde abschließend ein Deckputz mit Leichtmörtel aufgetragen.

 

Ausbildung von Segmentbögen

Die Verarbeitung der großen Flächen ging insgesamt zügig voran und war unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten effizient – nicht nur weil Gerüstkosten entfallen. Daran änderten auch die zahlreichen Pass-Stücke nichts, die im Bereich der Rundbogenfenster im Erdgeschoss bzw. im Obergeschoss aufwändig zugeschnitten werden mussten. Dabei erfolgte die Ausbildung der Segmentbögen mit der speziellen Ytong Multipor Laibungsdämmplatte, die das Innendämmsystem ergänzt. Die 20 mm dicken Platten (Abmessungen 600 x 250 x 20) wurden anhand einer zuvor angefertigten Schablone in schmale Streifen geschnitten und anschließend wie gewohnt verklebt. Dabei war eine sehr exakte Verarbeitung gefordert, um keinen Verlust der Dämmwirkung zu riskieren. Die Zuschnitte konnten mit einer Handsäge sauber und sehr präzise in den erforderlichen Abmessungen hergestellt werden.

 

Fazit

Durch eine Innendämmung ohne aufwändige Dampfsperre mit dem diffusionsoffenen und kapillaraktiven mineralischen Innendämmsystem Ytong Multipor wurde der erfolgreiche Umbau einer ehemaligen Remise aus dem späten 19. Jahrhundert möglich. Dabei konnten unter Beachtung der strengen Auflagen des Denkmalschutzes moderne energetische Standards erreicht werden. Der Bau entsprach anschließend dem Standard eines KfW-Effizienzhauses 130 und liegt mit einem Jahresprimärenergiebedarf von 81,6 kWh/(m²a) deutlich unter dem Anforderungswert von 90,7 kWh(m²a). Hervorragend stellt sich nach der Sanierung auch die energetische Qualität der Gebäudehülle H’T dar: Hier steht ein Ist-Wert von 0,48 W/(m²K) einem Anforderungswert von 0,70 W/(m²K) gegenüber.


Beispiel 2: Fachwerkhaus in Hannover

In der Altstadt von Hannover wurde die energetische Sanierung eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses mit einer Kombination aus Lehmmörtel und Mineraldämmplatten ausgeführt. Das diffusionsoffene Dämmsystem ist speziell für die Sanierung von historischen Fachwerkhäusern geeignet, da es unerwünschte Tauwasserbildung in der Wandkonstruktion kompensiert und so die Entstehung von Feuchteschäden nachhaltig verhindert. Im Ergebnis entstand ein Gebäude, das die Anforderungen der aktuellen EnEV für Neubauten erfüllt und ohne Einschränkungen modernen Nutzungsanforderungen entspricht.

Vor dem Hintergrund einer weitreichenden Kriegszerstörung – der alte Stadtkern Hannovers wurde im zweiten Weltkrieg zu 85 % zerstört – wagte die Stadt an der Leine einen radikalen Neuanfang. Statt Altes zu rekonstruieren, bekam die Stadt ein neues Gesicht. Ganze Viertel wurden auf dem Reißbrett neu geplant. Vielspurige Straßen und ein ausgeklügeltes Verkehrskonzept entstanden, um diese Trabantenstädte mit dem Zentrum zu verbinden. In der Folge wurde die niedersächsische Metropole über Jahre hinweg zum Mekka der Stadtplaner und gilt auch heute noch als Inbegriff einer gegliederten 1950er-Jahre-Stadt. Nur noch wenig erinnert an das alte Stadtbild.

Einen Eindruck vom einstigen Aussehen der Residenzstadt der Kurfürsten und Könige von Hannover vermittelt die vom Holzmarkt zur Marktkirche führende Kramerstraße mit ihren historischen Fachwerkhäusern. Ihnen kommt mittlerweile – lediglich 20 Fachwerkhäuser sind heute noch im Stadtbild wahrzunehmen – eine besondere Bedeutung zu. Unlängst wurde hier eines dieser Relikte aus früherer Zeit denkmalgerecht saniert. Zielsetzung war dabei, die Modernisierungsmaßnahme nach den Standard eines EnEV-Neubaus durchzuführen und das Objekt in einen zeitgemäßen Nutzungszustand zu versetzen. Heute sind im Erdgeschoss die Geschäftsräume eines inhabergeführten Herrenausstatters, in den drei Obergeschossen ein Planungsbüro und eine Kommunikationsagentur sowie im Dachgeschoss eine Wohnung untergebracht.

 

Erhalt des Gebäudes in der gesamtgeschichtlichen Struktur

Vielfältige, oft auch nur teilweise durchgeführte Umbauten des etwa auf 1680 datierten Hauses legen Zeugnis ab von einer bewegten Vergangenheit. Aber weder die umfassenden klassizistischen Umbaumaßnahmen noch die insgesamt kleineren Eingriffe des 19. und 20. Jahrhunderts haben den ursprünglichen Bau grundlegend verändert. „Es zeigt sich heute ein heterogenes Gefüge, in dem keine Bauphase das Gesamtbild von Konstruktion und Gestaltung dominiert,“ berichtet Projektplaner und Architekt Rainer Wildmann von Wildmann Architekten aus Hannover die mit der Sanierung beauftragt war. Ziel der gesamten Maßnahme, so Wildmann sei daher vor allem der Erhalt des Gebäudes in seiner gesamtgeschichtlichen Struktur gewesen.

Vor allem umfassende Schäden an der Gebäudekonstruktion erforderten eine grundlegende Sanierung. So entwickelten die Projektplaner etwa zur Entlastung des alten Kellergewölbes ein inneres Tragsystem auf Basis der statisch intakten Teile des Bestandes. In den Außenwandkonstruktionen ersetzten sie nicht mehr tragfähige Hölzer. Teile der Holzkonstruktion, die nur partiell geschädigt waren, wurden unter Anwendung traditioneller Techniken repariert. Im gesamten Gebäude mussten schädliche und ungeeignete Anstriche, Spachtelungen und Putze entfernt und durch konstruktionsverträgliche Produkte und Materialien ersetzt werden.

Da der denkmalgeschützte Bau nach abgeschlossener Sanierung energetisch dem Neubau-Standard gemäß der 2006 gültigen EnEV entsprechen sollte, war eine Dämmung sämtlicher Wände, Decken und Böden geplant. Ergänzt wurde das Konzept durch eine entsprechende Anlagentechnik sowie durch den Einbau hochwärmedämmender Fenster.

 

Tauwasserschäden an der Holzkonstruktion verhindern

Im Fokus der Dämm-Maßnahmen standen vor allem die Außenwände. Sie sollten im Rahmen der energetischen Modernisierung eine Innendämmung erhalten. Damit konnte gleichzeitig die historische Fachwerk-Fassade erhalten bleiben. „Die Innendämmung von Gebäuden,“ erläutert Georgios Schade, Geschäftsführer der SMB Baugestaltungs-GmbH, die das Projekt fachtechnisch beraten und die Innendämmungs- und Lehmbauarbeiten durchgeführt hat, die Besonderheiten, „stellt sowohl an die Planenden und Ausführenden, als auch an die gewählten Materialien besondere Anforderungen.“ Da es dabei vor allem um die Berücksichtigung bauphysikalischer Aspekte gehe, sei die richtige Materialwahl äußerst wichtig.

„Vor allem bei Fachwerk“, weiß Schade, „ist der Dämm-Konstruktion eine hohe Bedeutung beizumessen. Die Kombination von so verschiedenen Materialien wie Holz, Ziegel, Naturstein, Lehm und Kalk und deren unterschiedliches Verhalten bei veränderten klimatischen Verhältnissen erfordern eine genaue Betrachtung. Speziell bei der Ausführung einer Innendämmung sind Besonderheiten zu berücksichtigen, die dem Schutz der tragenden Holzkonstruktion dienen.“ Dabei gelte es, betont Schade, das Hinterströmens des Dämmsystems mit warmer Raumluft zu verhindern sowie Tauwasserschäden an der Holzkonstruktion zu vermeiden: „Das wird nur erreicht durch die Verwendung eines kapillaraktiven Dämmstoffs, der einen Teil des anfallenden Tauwassers kapillar zum Raum hin zurückführt.“

 

Kapillaraktives Dämmsystem

Ursprünglich war geplant, die Innendämmung mit Holzfaserweichplatten auszuführen. Wegen eines generell günstigeren Feuchtekapillarverhalten von Mineraldämmplatten gegenüber Holzweichfaserplatten (günstigerer Sd-Wert) fiel die Entscheidung jedoch schließlich auf Ytong Multipor Mineraldämmplatten. Damit kam ein diffusionsoffenes, kapillaraktives System zum Einsatz, das ohne Dampfsperre ausgeführt werden konnte. Ausschlaggebend für die Materialwahl war auch die Tatsache, dass die Mineraldämmplatte gegen Schwamm- und Schimmelbefall resistent ist, während die Holzweichfaserplatte dafür einen geeigneten Nährboden bieten kann. „Außerdem“, so Schade, „ist das System einfach zu verarbeiten. Eine unkompliziert zu montierende und wenige Schichten umfassende Innendämmung birgt ein geringeres Fehlerpotenzial und trägt somit wirkungsvoll zur Bauteilerhaltung bei.“

Wichtigster Grund war jedoch, dass mit dem Ytong Multipor Lehmmörtel eine Systemergänzung zu den Ytong Multipor Mineraldämmplatten zur Verfügung stand, die speziell für die energetische Sanierung von historischen Fachwerk-Gebäuden optimal geeignet ist. „Das kapillare Feuchtetransportvermögen von Ytong Multipor Lehmmörtel,“ erklärt Gregorius Schade, der sich mit seiner Firma auf die Beratung und Abwicklung von Lehmbauvorhaben spezialisiert hat, „wirkt mit seiner sehr geringen Ausgleichsfeuchte konservierend auf die umschlossenen Hölzer.“ Und Architekt Rainer Wildmann ergänzt: „Die Materialien passen zusammen und harmonieren miteinander. Die Natürlichkeit der Baustoffe bleibt weiterhin erhalten und wir erhalten im Ergebnis energieeffiziente Werte und ein gutes Raumklima. Außerdem lässt sich das Ganze wirtschaftlich umsetzen.“

Ytong Multipor Lehmmörtel ist ein umweltfreundlicher Baustoff, der frei von Schad- und sonstigen Zusatzstoffen ist. Durch seine große Diffusionsoffenheit verfügt er über eine gute Feuchteaufnahme- und abgabefähigkeit. Seine wärmeregulierenden und wärmespeichernden Eigenschaften wirken sich positiv auf das Raumklima aus. Reste können zu 100 % kompostiert werden.

 

Breites Anwendungsspektrum

Speziell im vorliegenden Fall bot der Lehmmörtel jedoch vor allem Vorteile durch sein breites Anwendungsspektrum, das es ermöglicht, komplette Innendämmungsaufbauten mit nur einem Material zu erstellen. Das ausschließlich aus Lehmpulver und Natursanden bestehende Material kann gleichermaßen als Ausgleichputz bei Unebenheiten im Untergrund oder als Klebemörtel für die Ytong Multipor Mineraldämmplatte eingesetzt werden, außerdem als Armierungsputz mit Gewebeeinlage bzw. als abschließender Oberputz auf Ytong Multipor Mineraldämmplatten. „Hier nicht, aber bei einigen Objekten haben wir den Ytong Multipor Lehmmörtel auch als Wandheizungsputz eingesetzt,“ erzählt der Lehmbau-Fachmann Schade aus seiner täglichen Praxis.

Das Material kann auf fast allen Untergründen verarbeitet werden: Mineraldämmplatten, Ytong Multipor Leichtmörtel, Kalk- oder Kalkzementputze, Lehmsteine und Lehmbauplatten, alle Arten von Mauerwerk, Schilfrohr, Ziegeldraht oder Fachwerkgeflecht. Einzige Voraussetzung ist ein Putzgrund, der sauber, trocken und staubfrei ist.

 

Perfekter planebener Untergrund

Um den historischen Unterbau möglichst weitgehend zu erhalten, wurde im vorliegenden Fall darauf verzichtet, den gesamten alten Wandbelag komplett bis auf die nackte Wand zu entfernen. Vielmehr entfernten die Restauratoren lediglich die nicht tragfähigen Putzstellen und besserten die Schadstellen in dem für Norddeutschland typischen Strohlehmschlag-Untergrund aus. Anschließend wurde die Fläche mit Ytong Multipor Lehmmörtel als Ausgleichsputz begradigt. Es gelang dabei, einen perfekten planebenen Untergrund herzustellen. So konnte die anschließende Verlegung von Ytong Multipor deutlich vereinfacht und somit beschleunigt werden. Eingesetzt wurden Ytong Multipor Mineraldämmplatten in einer Dicke von 80 mm. Die diffusionsoffenen Mineraldämmplatten ergänzen im System optimal die bauphysikalischen Eigenschaften des Ytong Multipor Lehmmörtels.

Sobald der Ausgleichsputz ausgetrocknet war, begann die Verarbeitung der Ytong Multipor Mineraldämmplatten, die im Fugenverband auf den ebenen und trockenen Untergrund geklebt und zusätzlich mit vier Schraubfestigern pro m² im Fachwerkholz befestigt wurden. Zuvor wurde Ytong Multipor Lehmmörtel vollflächig mit einer Zahntraufel bis zu 10 mm dick auf der Plattenunterseite aufgetragen und anschließend mit den Zähnen der Glattkelle „durchgekämmt“.

Geringes Gewicht, Druckfestigkeit und Formstabilität sowie das handliche Format von 600 x 390 mm sorgen für einfache Handhabung sowie einen schnellen Arbeitsfortschritt. Die Platten liegen im Stoß fugenlos nebeneinander, die Stoßfugen werden nicht verklebt. Durch das vollflächige Auftragen des Lehmmörtels als Dämmplattenkleber konnte die gesamte Wand hohlraumfrei erstellt werden. Die Gefahr der Hinterströmung des Dämmsystems mit warmer Raumluft bestand damit nicht. „Weil man die Mineraldämmplatten in Kombination mit dem Lehmmörtel satt und vollflächig auf der Wand aufbringen kann“, erläutert Rainer Wildmann, „funktioniert eine Innendämmung auch bei den unregelmäßigen Wänden eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses. Baumängel, die für diese alten Häuser normal sind, können damit in der Regel kompensiert werden.“

 

Ganzflächiger Gewebeeinlage

Nach dem Verkleben der Ytong Multipor Mineraldämmplatten wurde Ytong Multipor Lehmmörtel mit ganzflächiger Gewebeeinlage als Armierungsschicht aufgebracht. Die Schichtdicke betrug ca. 8 mm. Sobald die Armierung erhärtet war – die Trocknungszeit beträgt etwa 1 mm/Tag - konnte abschließend eine 5-6 mm dicke Oberschicht aus Lehmmörtel aufgetragen werden.

Sämtliche mit Ytong Multipor Lehmmörtel ausgeführten Schichten, angefangen von der Ausgleichsschicht bis hin zum zweilagigen Oberputz wurden mit der gleichen Mischung ausgeführt. „Uns fielen,“ hat Rainer Wildmann beobachtet, „die sehr guten Haftungseigenschaften des rein mineralischen Lehmputz in Kombination mit einem sehr geringen Trockenschwundverhalten auf.“

Abschließend wurde der Lehmoberputz durch Reiben und Filzen streichfertig bearbeitet. Beim Fachwerkhaus in der Hannoveraner Kramerstraße erfolgte die Endbeschichtung mit Silikatinnenfarbe, damit der Feuchtedurchlass bestehen bleibt.

Grundsätzlich besteht jedoch auch die Möglichkeit, das abschließende Oberflächenfinish mit der Ytong Multipor Lehmfarbe auszuführen, die Xella als Systemergänzung anbietet. Dabei handelt es sich um eine diffusionsoffene, lösemittelfreie, natürliche Wandfarbe auf Lehmbasis. Sie verfügt über die gleichen positiven Produkteigenschaften wie Ytong Multipor Lehmmörtel. Die Verarbeitung erfolgt mit Rolle, Quast oder Pinsel. Die Farbe wird ausschließlich im Farbton weiß angeboten. Andere Farbtöne können durch Zugabe von Farbpigmenten erreicht werden.

Ebenfalls mit Ytong Multipor Lehmmörtel wurden die Innenwände und die Decken in allen fünf Etagen des Gebäudes ausgeführt. Bei den Decken entschied man sich bauseits jedoch nicht dazu, die alten Putzschichten abzureißen, sondern gleich eine neue Unterlattung mit einer Schilfrohrmatte als Putzträgergrund einzubringen. So ist es auch gelungen, die historischen Decken mit alten, jedoch nicht aufbereiteten Malerei-Resten dahinter zu konservieren.

 

Fazit

Der Spagat zwischen Denkmalschutz und Ausbau eines historischen Fachwerkhauses in der Altstadt von Hannover zum energieeffizienten Gebäude auf EnEV-Neubauniveau gelang durch den Einsatz von Ytong Multipor Lehmmörtel in Kombination mit Ytong Multipor Mineraldämmplatten. Das diffusionsoffene Dämmsystem kompensiert unerwünschte Tauwasserbildung in der historischen Wandkonstruktion und verhindert so die Entstehung von Feuchteschäden nachhaltig. Gleichzeitig traten die Planer damit den Beweis an, dass auch für historische Fachwerkhäuser wirtschaftliche und energieeffiziente Modernisierungsmöglichkeiten bestehen. Zwei weitere historische Fachwerkhäuser wurden im Anschluss nach dem gleichen Prinzip renoviert und einer modernen Nutzung zugeführt.

 

Mehr zu Ytong Baustoffen und Anwendungen unter www.ytong.de

Bautafel Fachwerkhaus Hannover

Bauherr: Altstadtwohnen Kramerstraße KG

Architekt: Rainer Wildmann, Wildmann Architekten , Hannover

Projektberatung: Georgios Schade, SMB Baugestaltungs-GmbH

Lehmbauarbeiten und Dämmung: SMB Baugestaltungs-GmbH

Technische Beratung: Frank Georgi, Produktmanagment Ytong Multipor

Material: Ytong Multipor Mineraldämmplatten,  Ytong Multipor Lehmmörtel                                                                                                                                                                                                     

Bautafel Kutscherhaus Leipzig

Architekt: Architekturbüro Fuchshuber & Partner, Leizpzig

Verarbeitung Multipor: Krietemeyer GmbH Markranstädt, Niederlassung Leipzig

Material: Ytong Multipor Mineraldämmplatte von Xella Deutschland, 120 mm, Ytong Multipor Laibungsdämmplatte, Ytong Multipor Leichtmörtel von Xella Deutschland

Langfassung des Artikels

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