HAMBURG WASSER SETZT AUF GÜTESICHERUNG KANALBAU

„Wir setzen ­konsequent auf Qualität“

Konsequent wird in Hamburg auf die Qualität von Material und Ausführung sowie die Qualifikation der ausführenden Unternehmen geachtet. Dementsprechend wird bei Auftragsvergabe ein Qualifikationsnachweis von den Bietern gefordert.

In Hamburg heißen die Straßenabläufe Trumme und die Abwasserkanäle Siele – so steht es im Vorwort der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen für den Bau von Sielen (ZTV – Siele Hamburg), die in Ergänzung zu den geltenden DIN-Normen und Richtlinien auf die Gegebenheiten der Hansestadt abgestimmt sind. Das „Hamburger Standardwerk“ genießt seit vielen Jahren einen hervorragenden Ruf, auch über die Region hinaus, und setzt mit seinen hohen Anforderungen Maßstäbe beim Neubau und bei der Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen. Konsequent wird in Hamburg auf die Qualität von Material und Ausführung sowie die Qualifikation der ausführenden Unternehmen geachtet. Dementsprechend wird bei Auftragsvergabe ein Qualifikationsnachweis von den Bietern gefordert. Der Auftragnehmer darf nur dann Sielbaumaßnahmen ausführen, wenn er über die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit verfügt. Der Auftragnehmer hat seine Eignung vor Auftragserteilung auf Grundlage der Gütesicherung RAL-GZ 961 nachzuweisen. Damit ist der Grundstein für einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Kanalbau in Hamburg gelegt. Ziel ist es, mit geeigneten Maßnahmen und Prüfungen Bauwerke mit langer Nutzungsdauer und geringen Unterhaltskosten zu errichten. Davon profitieren alle: Mit zuverlässiger Bauausführung verbessert sich die Wirtschaftlichkeit der Abwassernetze, denn geringere Unterhaltskosten sowie eine längere Nutzungsdauer sind die Folgen – hierin ist man sich bei Hamburg Wasser einig.

Im Gleichordnungskonzern Hamburg Wasser sind die Unternehmen Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) und die Hamburger Stadtentwässerung AöR (HSE) zusammengeschlossen. Kernaufgaben sind die Wasserbeseitigung in der Region und die Beseitigung des anfallenden Abwassers, das in das unterirdische Sielnetz fließt. Dieses hat eine Länge von 5.700 km und sammelt das Abwasser von rund 2,2 Millionen Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben sowie von 28 Umlandgemeinden. Es wird zum Klärwerksverbund Köhlbrandhöft/Dradenau transportiert, wo eine mehrstufige Behandlung und Reststoffverwertung erfolgt.

Hohe Ausführungsqualität

Bei der Hamburger Stadtentwässerung stehen der Werterhalt und die Modernisierung des Sielsystems im Vordergrund. Bereits im 19. Jahrhundert wurden unter Federführung des britischen Ingenieurs William Lindley die ersten Siele in Hamburg gebaut. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts sind bereits 900 km gemauerter Abwasserkanäle entstanden. „Und das auf einem handwerklich hohen Niveau“, wie Dipl.-Ing. Burkhard Schonlau, Ingenieurbüro, Abteilungsleiter Sonderprojekte, Hamburg Wasser erklärt. Hierauf basiert in Hamburg eine 170jährige Ingenieurstradition, die – unter Berücksichtigung der infrastrukturellen und baulichen Rahmenbedingungen der Region – ausschlaggebend für die Schaffung und stete Weiterentwicklung der hohen Anforderungen war, wie sie heute charakteristisch für den Umgang mit der unterirdischen Infrastruktur sind.

Erhöhte Anforderungen

Vor allem die nicht einfachen Baugrundverhältnisse – es handelt sich häufig um Marschgebiete mit hohem Grundwasserspiegel und organischen Böden – und der baulichen Ausgestaltung des Innenstadtbereichs mit seinen typischen Fleeten und der engen Bebauung schaffen besondere Spielregeln. Hinzu kommt: Mehr als 200 Pumpwerke halten das Abwasser in Bewegung, denn das Gelände ist äußerst flach. Das stellt unter anderem hohe Anforderungen an die eingesetzten Materialien, da die geringe Fließgeschwindigkeit bei gleichzeitig hoher Verweildauer die biogene Schwefelsäurekorrosion begünstigen. „Bei einem pH-Wert < 1 ist da schon eine besondere Sorgfalt bei der Auswahl der Werkstoffe gefragt“, so Schonlau. Orientierungshilfe gibt hier die so genannte Materialliste, die Bestandteil der ZTV – Siele ist. „Erfüllt ein Werkstoff bestimmte Prüfkriterien, wird er in die Liste aufgenommen und darf bei Neubau- oder Sanierungsmaßnahmen eingesetzt werden“, erklärt Schonlau. Ebenso große Anforderungen bestehen hinsichtlich der Bauausführung. Es muss sehr präzise gearbeitet werden. Deshalb gibt es zum Beispiel besondere Anforderungen hinsichtlich der Lagegenauigkeit.

Von Beginn an dabei

Entsprechende Sielbauvorschriften gibt es in Hamburg bereits seit den 1920er Jahren. Hieraus hat sich die ZTV – Siele entwickelt, die zurzeit in der 2011er Ausgabe vorliegt. Nach Aussage von Burkhard Schonlau handelt es sich um eine dynamische Arbeitsunterlage, in die die Erfahrung von allen Baustellen sukzessive einfließt – vom ersten Planungsgedanken über die Ausschreibung und Ausführung bis hin zur Bauabnahme. Besonders wertvoll sind die langjährigen Betriebserfahrungen, die systematisch vom Netzbetrieb rückgekoppelt werden. Hauptverantwortlich hierfür ist das unternehmenszugehörige Ingenieurbüro, das allerdings nicht nur Leistungen für Hamburg Wasser erbringt, sondern auch für externe Auftraggeber tätig wird. „Und das mit Brief und Siegel“, weist Dipl.-Ing. Hans-Christian Möser, vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft beauftragter Prüfingenieur, auf den Umstand hin, dass das Ingenieurbüro ebenso wie Hamburg Wasser Mitglied in der RAL-Gütegemeinschaft Kanalbau ist. „Während Hamburg Wasser als Gründungsmitglied seit 1988 mit der Nr. 15 zur Mitgliedsgruppe 2 gehört, führt das Ingenieurbüro ein Gütezeichen der Beurteilungsgruppe ABS, die Eignungskriterien für die Ausschreibung und Bauüberwachung von Maßnahmen in der grabenlosen Sanierung definiert“, so Möser weiter. Auch hier waren die Hamburger ganz vorne mit dabei. Dem Ingenieurbüro wurde als eine der ersten Organisationen die Erfüllung der Anforderungen bestätigt und das Recht zum Führen des Gütezeichens ABS verliehen.

Handlauf der täglichen Arbeit

„Aufgrund unserer Historie und mit Blick auf die hohen Erwartungen, die wir an alle Personen und Unternehmen stellen, die sich mit der Sanierung der Hamburger Siele beschäftigen, war es für uns eine Selbstverständlichkeit, das entsprechende Gütezeichen zu beantragen“, so Schonlau. Die Anforderungen der Checkliste zur Erlangung des Gütezeichens haben die Hamburger Ingenieure jedenfalls locker erfüllt. „Besondere Erfahrungen der Organisation bzw. des eingesetzten Personals werden durch Belege über entsprechende Tätigkeiten nachgewiesen“, erklärt Dipl.-Ing. Dirk Stoffers, wie Kollege Möser ein vom Güteausschuss beauftragter Prüfingenieur. „Die Zuverlässigkeit der Organisation wird durch Vorlage eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems zur Fehlerminimierung, die Zuverlässigkeit des eingesetzten Personals durch Vorlage entsprechender Referenzen (z.B. Zeugnisse) nachgewiesen“. Als vorteilhaft hat sich der Umstand erwiesen, dass im Unternehmen seit Jahren ein Qualitätsmanagementsystem vorhanden ist: „Auf hohem Niveau und in vielen Teilen praktisch deckungsgleich mit der Checkliste“, so Schonlau, für den das QM-System den Handlauf darstellt, den die Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit nutzen können. Eine praktische Arbeitsgrundlage, etwa zur Dokumentation der Eigenüberwachung, stellen für Schonlau die Arbeitshilfen dar, welche die Gütegemeinschaft in Form der Leitfäden anbietet.

Praktischer Mehrwert

Einen Mehrwert bietet für Schonlau auch der Internetauftritt der Gütegemeinschaft. Auf der Seite www.kanalbau.com steht unter anderem umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung. Etwa die Broschüre „Gütegesi­­cherte Ausschreibung und Bauü­­berwachung“ oder die „Gü­­­­te- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961“. Ebenso umfangreich sind die Informationen über die Gütezeicheninhaber, die ihre Angaben zur Qualifikation oder ihre Baustellenmeldungen über den Login-Bereich eingeben.

„Das sind wichtige Informationen, wenn es um Ausschreibung und Bauüberwachung von Maßnahmen in der Sanierung geht“, fasst Schonlau zusammen, für den qualifiziertes Personal und Arbeitssicherheitsaspekte zu den entscheidenden Faktoren bei der erfolgreichen Durchführung einer Baumaßnahme zählen. Und wenn es mal nicht läuft, dann steht der Prüfingenieur als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Etwa bei festgestellten Mängeln, bei denen dem Güteausschuss der Gütegemeinschaft ein Prüfbericht vorgelegt wird, den dieser neutral bewertet und über mögliche Maßnahmen entscheidet. Darüber hinaus – zum Beispiel bei strittigen Themen – kann der Prüfingenieur auch mit fachlichen Stellungnahmen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern vermitteln.

RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau

www.kanalbau.com

Werterhalt und Modernisierung stehen im Vordergrund
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