Sicherheit gegen Wurzeleinwuchs

Einige Kommunen in Deutschland haben sich dazu entschlossen, ihre
Abwassernetze mit verschweißten Rohrleitungen zu sanieren, um Wurzeleinwuchs in die Leitungszone dauerhaft vorzubeugen. Der Einsatz des IP-plus Schweißsystems birgt technische und wirtschaftliche Vorteile.

Bäume sind in unseren Städten ein wichtiger Bestandteil der Erholung und des Wohlbefindens. Sie beeinflussen das Stadtklima positiv und filtern Schadstoffe aus der Luft. Aus diesem guten Grund sind sie ein festes gestalterisches Element in den Metropolen dieser Welt. Unter der Erde allerdings stellt das Wurzelwerk ein nicht zu unterschätzendes Problem für unsere unterirdische Infrastruktur dar. Hier konkurrieren die Wurzeln mit den Leitungen und Anlagen um ein knappes Gut: den Boden unter den Straßen.

Wurzeln dienen der Aufnahme von Nährstoffen und Wasser aus dem Boden. Sie erfüllen ebenfalls die Funktion, die Pflanze im Boden zu verankern. Damit der wachsende Organismus seinen Bedarf an Nährstoffen und Wasser über seine gesamte Lebensdauer hinweg decken kann, wächst auch das Wurzel­system weiter und erschließt sich stetig neuen Bodenraum. Das Wasser bzw. die wässerige Nährstofflösung aus dem umgebenden Boden kann bei ausreichenden Konzentrationsunterschieden in die Wurzeln eindringen. Allerdings benötigen die Wurzeln auch  regelmäßig Sauerstoff.

Schwachstelle Rohrverbindung

Die einschlägigen Veröffentlichungen der Forschungsberichte des Instituts für Unterirdische Infrastruktur (IKT) Gelsenkirchen z.B. beschreiben die Mechanismen des Wurzeleinwuchses in die Leitungszone exakt. Der Wurzeleinwuchs in die Leitung beginnt somit fast immer an den gummigedichteten Verbindungen der Rohrleitungen. Die Rohrverbindungen unserer Kanalrohre sind zwar in den letzten Jahren deutlich verbessert worden und haben stabilere Verbindungstechniken erhalten. Trotzdem tauchen Wurzeleinwüchse in allen Bereichen des Abwassernetzes immer wieder auf. Videoinspektionen der Abwassernetze zeigen ein zum Teil verheerendes Bild  mit enormem Renovierungsbedarf.

Die Erkenntnisse aus dem IKT Forschungsbericht zeigen z.B., dass die Prüfungen zur Wurzelfestigkeit im Rahmen der DIN 4060 eigentlich nicht  ausreichend sein können. Grundsätzlich ist jede Abwasserleitung gefährdet. Private und öffentliche Netze sind gleichermaßen befallen. Es kommt immer auf die Umstände und Bedingungen des umgebenden Bodens an. Die Attraktivität der Rohrleitungszone ist ein entscheidendes Argument. Wurzeleinwuchs hat in der Regel immer weitreichende Folgen – von totalen Verschlüssen von Abwasserrohrleitungen bis hin zu statischen Instabilitäten durch Ausspülungen. Wird er diagnostiziert, fallen erhebliche, vorher nicht kalkulierte Kosten an. Rechtlich gilt im Schadensfall das s.o. „Verursacherprinzip“. Das bedeutet, wem der Baum gehört, trägt die Kosten für die Beseitigung der Beschädigung an den Rohrleitungen. [3] Der Baum­eigentümer haftet für Schäden durch eingedrungene Wurzeln auch ohne Verschulden, weil er in solchen Fällen als Störer im Sinn des § 1004 BGB anzusehen ist.

Verschweißungen gegen Wurzeleinwuchs

Einige Kommunen und Städte in Deutschland haben sich dazu entschlossen unter anderem aus diesem Grund ihre Abwassernetze mit verschweißten Rohrleitungen zu sanieren. Verschweißungen bieten den größtmöglichen Schutz gegen Wurzeleinwuchs. Stand der Technik heute ist die Verwendung von PE-HD-Rohrleitungen, die mittels Elektroschweißmuffen verbunden werden. Allerdings sind die Formteile und Anbauteile sowie die Herstellung der Verbindungen sehr kostenintensiv und ein Abwassersystem aus verschweißtem PE-HD-Material ist in der Investition um ein Vielfaches teurer als die herkömmlichen mit Elastomeren gedichteten Kanalrohrsysteme aus Polypropylen, Steinzeug oder Beton.

Beim Verschweißen entsteht eine Verbindung auf molekularer Ebene. Um in einer solchen Verbindung eine Durchwurzelung zu erreichen, müssten die Pionierwurzeln der Pflanzen durch den  Molekülverband hindurch wachsen. Wäre dies möglich, könnte eine Wurzel auch direkt durch die Rohrwandung wachsen. Im Bereich Kunststoff-Kanalrohre wird in Deutschland  vielfach das Material Polypropylen (PP) verbaut, da es ein ausgewogenes Maß an chemischer Beständigkeit und statischer Stabilität mit ausreichender Wandstärke im Wasserweg bietet. Eine Alternative zum Verschweißen besteht in der Möglichkeit, die Attraktivität der Rohrleitungszone für Wurzeln zur reduzieren. Dies geschieht unter der Verwendung von Bodenmaterial mit geringer Porendichte. Der sogenannte Flüssigboden oder Ähnliches bietet sich hier an. Diese Methode ist ebenfalls zielführend, allerdings auch recht kostenintensiv und beeinflusst alle anderen Leitungen und Einbauten im Boden. Betreiber von Versorgungs- oder Kommunikationsleitungen teilen sich teilweise die Trassen und haben oft andere Vorstellungen. Sie werden wohl den Flüssigboden nach und nach durch normalen Sand ersetzten, z. B. wenn kreuzende Leitungen erneuert werden. Damit ist dieser passive Schutz nicht mehr vorhanden.

Oberhausen: Einsatz des IP- Plus Schweißsystems

Immer wiederkehrende  Probleme mit in Abwasserkanäle einwachsende Wurzeln, haben die Stadt Oberhausen und die Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO) dazu veranlasst, ein Verfahren zur Verschweißung von Kanalgrundleitungen aus Polypropylen standardmäßig zu verwenden, um die Kanalleitungen gegen derartige Beschädigungen zu sichern.

In diesem Falle kam das IP-plus Schweißsystem der Sabug GmbH zum Einsatz. Grundsätzlich kann man die Materialkosten z.B. eines Hausanschlusses mit Standard PP-Kanalrohrleitungen heute mit ca. 8-10% der Gesamtbaumaßnahme beziffern.  Durch die Verwendung des IP- Plus Schweißsystems würde sich die Baumaßnahme evtl. um ca. 1-2% erhöhen. Allerdings wäre damit eine Sicherheit gegen Wurzeleinwuchs dauerhaft erreicht. Die Notwendigkeit zur Wiederholung der Baumaßnahme durch erneuten Wurzeleinwuchs in einigen Jahren wäre damit sicherlich nicht gegeben.

Bei der Verwendung des IP-plus Schweißsystem wird der vom Rohrhersteller vorinstallierte Gummidichtring aus der Rohrsicke des Rohrsystems entnommen und durch den IP-plus Schweißring ersetzt. Mit diesem Verfahren ist es möglich, die beim Tiefbaufachhändler eingelagerten PP Kanalrohrsysteme incl. aller Formteile gemäß der Normen DIN EN 1852 und DIN EN 14758 direkt zu verwenden. Eine Änderung des vorhandenen Rohrsystems ist nicht notwendig. Der IP-Plus Schweißring ist einlegebereit vorverformt und kann ohne viel Kraftaufwand in die Sicke des Rohres eingelegt werden. Bauteile wie Schächte, Straßeneinläufe, Sattelstücke, etc. können ebenfalls verwendet werden, wenn die Vorgaben der o.g. Normen eingehalten werden.

Die Funktionsweise des IP-plus Schweißsystems unterscheidet sich von den Systemen der herkömmlichen Heizwendel-Schweißmuffen. Durch die Konstruktion des innovativen IP-plus Schweißsystems wird während des Schweißvorgangs der zur Verschweißung benötigte Fügedruck selbst erzeugt. Basis des Schweißsystems ist ein aus modifiziertem PP bestehender Torus, der mit einem Heizdraht thermisch beaufschlagt wird. Bei der Erhöhung der Temperatur erhitzt sich der Torus und schmilzt das umgebende Rohrmaterial und den Torus umgebenden Schweißzusatz auf. Gleichzeitig wird eine Kraft senkrecht zu Rohrachse erzeugt, wodurch eine Verschweißung der beiden Rohrpartner stattfindet und selbst größere Toleranzen sicher ausgeglichen werden können. Das den Torus umgebende PP-Material dient als Schweißzusatz. Ein spezielles Schweißverfahren bietet die Möglichkeit, die Temperatur und die zugegebene Leistung während des Schweißprozesses zu modellieren, um ein perfektes Schweißergebnis zu erhalten. Natürlich sind das Schweißverfahren und die Schweißzeiten abhängig von der Umgebungstemperatur.

Ein Vorteil gegenüber einem Verschweißen mit herkömmlichen Heizwendel-Schweißmuffen ist die Tatsache, dass ein Entfernen der Oxidschicht bei dem IP-plus Schweißsystem nicht notwendig ist.  Durch den internen Fügedruck und das „Aufstellen“ des Schweißringes wird die Oxidschicht sicher zerstört. Lediglich ein Reinigen mit PE/PP Reiniger ist notwendig.  Dies wurde unter anderem durch die Schälversuche an der MFPA Leipzig nachgewiesen. (siehe Prüfbericht Nr. PB 5.2 /14-259-1). Die Einzelverpackungen garantieren außerdem eine hohe Qualität der gelieferten IP-Plus Schweißringe. Ein Einlesen der Schweißparameter geschieht wie bei den Heizwendelschweißmuffen mittels eines mitgelieferten Barcodes.

Kostenvorteile

Die betriebswirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass die Verwendung des IP-plus Schweißsystems wirtschaftlicher erscheint aufgrund der geringeren Kosten für Rohre und Formteile. Gegenüber den Kosten für PE-HD Rohrsysteme wird hier eine wesentliche Einsparung der Materialkosten erreicht. Die Schweißzeiten und vor allem die Abkühlzeiten sind deutlich geringer als bei den vergleichbaren Rohren aus PE-HD, auch an dieser Stelle bildet sich also eine signifikante Kostenreduktion heraus.

Zusätzlich bietet ein standardmäßig lagerseits vorhandenes Rohrsystem weitere logistische Vorteile. Bei Bedarf ist es hier möglich, fehlende und nicht eingeplante Bauteile schnell und ohne weitere Verzögerung beim ansässigen Baustoffhandel zu beziehen.

Mittels eines Bar-Codes werden die erforderlichen Schweißparameter in das Schweißgerät eingelesen und entsprechend abgearbeitet. Bei herkömmlichen Schweißprozessen im Bereich Kunststoff-Heizwendel- Schweißen, wird die Spannung während des Schweißprozesses konstant gehalten. Beim „Multi-Voltage“-Schweißverfahren, wird diese definiert verändert und während der Schweißung automatisch modelliert.

Hoher Qualitäts- und Sauberkeitsstandard

Die Qualitätssicherung und die Ausbildung der Schweißer werden für dieses System hoch angesetzt. Wie beim PE-HD-Heizwendelstumpfschweißen kommt es auf der Baustelle, bei der Verarbeitung der Bauteile auf einen hohen Qualitäts- und Sauberkeitsstandard an. Aus diesem Grund ist die Ausbildung der Schweißer für das IP-Plus Schweißsystem erforderlich.

Entsprechende Seminare werden von der Sabug GmbH durchgeführt Hierbei wird der Umgang mit dem IP-plus Schweißsystem theoretisch und praktisch geschult. Der Nachweis zur Funktion des Gesamtsystems wurde an der MFPA Leipzig, Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle erbracht. Die Prüfungen wurden gemäß DIN EN 1277 und DVS 2203-6 durchgeführt.

Die Dichtheitsprüfungen gemäß DIN EN 1277 wurden bis zu 2,5 bar nachgewiesen und erlauben damit einen Einsatz in Trinkwasserschutzgebieten für das IP-plus Schweißringsystem in Verbindung mit Kunststoffrohrsystemen gemäß DIN EN 1852 als auch DIN EN 14758. Zeitstandsinndruckprüfungen in Anlehnung an DIN EN ISO 1167-1 belegen die außerordentlich hohe Lebensdauer des Gesamtsystems auf Jahrzehnte hinaus.

Sabug GmbH

Markus Guldner

www.sabug.de

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