Schwer verankert

Die über 100 Jahre alte Eisenbahnhochbrücke von Rendsburg ist dank

verstärkter Verankerungen aus Stahl und Beton fit für den Fernverkehr.

Über sie können ab diesem Jahr auch längere Güterzüge fahren.

Die Rendsburger Hochbrücke ist eines der bedeutendsten Technikdenkmäler in Deutschland. Zu ihrem 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2013 wurde sie als Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland ausgezeichnet. Sie ist weltweit eines der letzten zehn Bauwerke dieser Art und war mit fast 2,5 Kilometern 99 Jahre lang die längste Eisenbahnbrücke Deutschlands. Während über sie die Züge brausen, transportiert unter ihr eine angehängte Schwebefähre Fußgänger wie Fahrzeuge über eine der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraßen der Welt: Den Nord-Ostsee-Kanal.

Anpassung an schwerere Güterzüge

Doch die Güterzüge in Deutschland sollen länger und damit auch schwerer werden. Bisher war die Zuglänge auf dem Netz der Deutschen Bahn auf maximal 740 Meter begrenzt. Nun sollen jedoch über die Brücke bald Züge mit der in Dänemark schon maximal zugelassenen Länge von 835 Metern rollen. Für diese Belastung war die Hochbrücke bisher statisch nicht ausgelegt. Als problematisch würde sich die Anfahr- und Bremslast solcher Züge erweisen. Daher mussten an der dänischen Grenze die Züge geteilt werden, um die Brücke passieren zu können.

Altes Fundament aus Granitsockeln

Doch das soll sich nun bald ändern. In den vergangenen Jahren wurden verstärkende Zwischenaussteifungen eingebaut. Im Jahr 2010 ging es dann an die Fundamente der Brücke: Die gesamte Metallkonstruktion ruht auf Granitsockeln. Im Gegensatz zu den übrigen Pylonen der Brücke werden die vier Pylone am Wasser über unbewehrte Betonfundamente gehalten, die bis zu 17 m in die Tiefe reichen. Bei Anfahrten und Bremsungen wird die Last über die Pylone in die Granitsockel geleitet.
Bei den langen und damit schweren Güterzügen bestünde bei ungünstigen zusätzlichen Faktoren, wie zum Beispiel starkem Wind, die Gefahr, dass die Fundamente durch starke Bremslasten aus dem Boden gerissen werden könnten. Bis auf die vier tief verankerten Pylone am Wasser mussten daher alle 212 Metallanker ersetzt und die Fundamente mit Beton verstärkt werden – Sockel für Sockel bei laufendem Betrieb.

Verstärkung mit neuen Ankern

Dazu wurde der alte, im Fundament sitzende Anker abgebohrt. Die ursprüngliche Verankerungsstelle verblieb einfach im alten Fundament. Ein neuer, größerer Stahlträger kam in das Fundament und wurde mit einem größeren Anker verschraubt. Dann wurde die Konstruktion wieder vergossen. Martin Gundlach, Polier des leitenden Bauunternehmens FR. Holst aus Hamburg, erklärt: „An den Trägerteilen, an denen wir gearbeitet haben, ersetzten wir alle Nieten – über 200 pro Stütze. Statt der Nieten kamen nun HV-Paßschrauben zum Einsatz, die das vorhandene Loch ohne Spiel komplett ausfüllen.“

Beton-Lastmanschetten am Sockel

Danach kamen die Betonbauer zum Zuge: Diese vergrößerten die Sockel durch eine Beton-Lastmanschette erheblich. Gundlach erläutert: „Die alten Fundamente sind unterschiedlich dimensioniert, dementsprechend sind das auch die neuen, sie umschließenden Lastmanschetten. Im Durchschnitt waren die alten Fundamente etwa vier Meter breit, fünf Meter lang und 3,7 Meter hoch. Die neuen Lastmanschetten maßen dann im Durchschnitt 6,3 mal 7,1 mal 2 Meter“. Der Polier fasst die Betanagen zusammen: „Im Schnitt wurden alle zwei Wochen zwei Fundamente betoniert. Denn über den Koppelbalken waren ja immer zwei Stützen verbunden. Pro Betonage standen in zwei Fundamenten insgesamt 70 bis 170 Kubikmeter Fahrbeton an. Das entspricht 9 bis 21 Fahrten.“ Für den Unterwasserbeton bei der Baugrubenherstellung standen Betonagen von 50 bis 370 Kubikmetern Fahrbeton an, was 6 bis 41 Fahrten entspricht.

Verzögerer vereinfachten die Logistik

Die vom Lieferwerk in Kiel 40 Kilometer entfernte Baustelle stellte die Fahrer durch das hohe Verkehrsaufkommen und zeitweise gesperrte Autobahnabschnitte vor einige Herausforderungen. Aus 45 Minuten wurden schnell mal bis über 90 Minuten Fahrzeit. Dank entsprechend eingesetzter Verzögerer kam es jedoch zu keinerlei Qualitätseinbußen. Die Betonagen sind inzwischen abgeschlossen. Die restlichen Verstärkungsmaßnahmen wurden 2015 beendet, so dass ab diesem Jahr über die Rendsburger Eisenbahnhochbrücke lange Güterzüge aus dem Norden ohne Abkoppeln direkt weiter in den Süden fahren können.

Heidelberger Beton GmbH

www.heidelberger-beton.de

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