Mit 360 km/h vom Oberrhein nach Paris und Lyon

Französisches Hochgeschwindigkeitsnetz stetig ausgebaut

Ab Dezember 2011 geht’s mit dem TGV in 3 Stunden von Basel nach Paris oder Lyon und zügig vom Elsass Richtung Mittelmeer, ab Ende 2012 auch direkt von Freiburg im Breisgau. Zum Fahrplanwechsel Ende 2011 nimmt die französische Staatsbahn SNCF den ersten Abschnitt ihrer neuen Hochgeschwindigkeitstrasse Rhein-Rhone von Mulhouse Richtung Dijon in Betrieb.

Dort mündet die Neubautrasse in die Rennstrecke Paris-Lyon-Mittelmeer. Im Rahmen der Neubaustrecke wurde in Mulhouse zur Beschleunigung des Nord-Süd-Verkehrs eine zeitsparende Verbindungsschleife zwischen den bestehenden Bahnstrecken geschaffen. Die 1200 m lange Verbindungsschleife führt durch Industrie- und Wohngebiet, über den Rhein-Rhone-Kanal und eine Straße. Für ihre Einbettung in die bestehende Infrastruktur wurden als größere Bauwerke ein Tunnel und ein mehrteiliges Überführungsbauwerk geschaffen. Die Überführung besteht aus einer langen Auffahrt zur Rahmenbrücke, aus der Rahmenbrücke zur Querung des Rhein-Rhone-Kanals und aus einer kurzen Auffahrt zwischen Rahmenbrücke und Tunnel. Um die beiden Auffahrten optisch ansprechend in die Umgebung zu integrieren, hat man sie als Vorlandbrücken auf Pfeilern errichtet. Die vorgenannten Bauwerke wurden von der Fa. Maïa Sonnier S.A. aus Lyon teils mit Meva Systemen, teils mit Betonfertigteilen errichtet. Dabei waren unterschiedliche Schalungsanforderungen zu meistern.


Tunnel in offener Rahmenbauweise

Als erstes wurde der etwa 122 m lange Tunnel in offener Rahmenbauweise errichtet und anschließend angeschüttet. Die lichte Tunnelbreite beträgt 5,50 m. Die 50 cm dicken Wände wurden mit der Wandschalung Mammut 350 errichtet. Mit ihrer Frischbetondruckaufnahme von 100 kN/m² erlaubt sie ein zügiges Betonieren mit beliebiger Steiggeschwindigkeit bis 4 m Höhe. Bei den 6,50 m hohen Tunnelwänden hat dieser Vorteil wertvolle Arbeitszeit eingespart. Betoniert wurde in Takten von 10 m Länge. Pro Takt kam an der rechten und linken Tunnelwand innen und außen je eine 10,50 m lange Großflächeneinheit zum Einsatz. Pro Großflächeneinheit wurden drei Großelemente von 3,50 m Höhe liegend kombiniert und mehrfach aufgestockt.

Umsetzen per Winde spart 15 Arbeitstage ein
Die Außenschalungen hatten je 2 Arbeitsbühnen aus Laufkonsolen mit Dielenbelag, Durchstiegsluken und Leitern. Sie wurden in Teilen per Kran von Takt zu Takt umgesetzt. Für die Innenschalung wurden verfahrbare Großflächeneinheiten mit Stützböcken STB 450 und Fahrriegeln aufgebaut. So konnte jede Großflächeneinheit per Winde zum nächsten Takt gezogen werden. Dieses Umsetzverfahren sparte pro Takt 1,5 Arbeitstage ein, insgesamt 15 Arbeitstage. Statt alle fünf Tage konnte alle dreieinhalb Tage ein neuer Wandtakt hergestellt werden.


Krümmung, Steigung und geschwungene Portale

Die Tunneltrasse liegt in einer leichten Kurve. Die Tunnelwände wurden nicht durchgehend gekrümmt, sondern polygonal errichtet, d.h. an jedem Taktende hat man die Schalung um 2 Grad versetzt aufgestellt. Bei der Steigung mit 7,5 ‰ war zu beachten, dass vom Architekt vertikale Betonierfugen vorgegeben waren und die Großflächeneinheiten komplett waagrecht aufzustellen waren. Den Höhenversatz hat man mit Holzkeilen unter der Schalung erzielt.

Die Abschlüsse der Tunnelportale sind in Anlehnung an die aerodynamisch geformten TGV-Triebköpfe geschwungen ausgeführt. Die 10,50 m langen Anfängerstücke mit den geschwungenen Portalen wurden an beiden Tunnelenden erst nach Fertigstellung der 10-m-Takte geschalt. So konnte man zum Schalen die Mammut 350-Elemente der nicht mehr benötigten Außenschalung aus den 10-m-Takten verwenden. Für die runden Portalausschnitte wurde Holzsonderschalung der Fa. Hans Coffrage aus den Vogesen verwendet.


Tunneldecke mit Deckentischen auf fahrbaren Gerüsttürmen

Die 50 cm dicke Tunneldecke mit einer beidseitig auslaufenden Voute von 20 cm wurde mit Deckentischen aus H20-Holzträgern auf MEP-Türmen geschalt. Es kamen immer vier Tische zusammen zum Einsatz, sodass pro Takt eine Deckenfläche von annähernd 60 m2 geschalt wurde. Jeder Tisch ruhte auf drei MEP-Türmen, die mit Gerüstrohren zu festen Turmeinheiten verbunden waren. Mit zwei Fahrtraversen und einer Winde konnten die Turmeinheiten samt Tischen von Takt zu Takt gezogen werden. Auch hier sparte das Umsetzen kompletter Einheiten den Ab- und Wiederaufbau – und damit viel Arbeitszeit. Die Deckenränder wurden mit der leichten Handschalung EcoAs geschalt. Als Arbeitsgerüst für die Deckenrandabschalung kam die Klapparbeitsbühne KAB 190 zum Einsatz.


Die Fundamente und Pfeiler für die Vorlandbrücken

Die Pfeilerfundamente wurden mit der Mammut 350 betoniert. Die Pfeiler selbst bestehen aus einem rechteckigen Mittelteil mit Negativabdrücken und aus zwei vorgefertigten Betonhalbschalen rechts und links vom Mittelteil. Die Mittelteile wurden mit Holzsonderschalung geschalt, weil man sie für die niedrigeren Pfeiler – die Vorlandbrücken liegen im Gefälle – einfach auf die passende Höhe kürzen konnte. Die Negativabdrücke im Pfeiler wurden mit Holzleisten auf der Schalplatte erzielt.


Unterschiedliche Widerlager für die Vorlandbrücken

Insgesamt wurden vier Widerlager samt Fundamenten erstellt, davon je eines am Anfang der langen und der kurzen Auffahrt. Diese Fundamente mit 6 x 6 m und 5 x 5 m Grundriss wurden mit der Mammut 350 geschalt, ebenso die bis zu 3,20 m hohen Flügelwände der Widerlager.

Schalungstechnisch anspruchsvoller waren die beiden Widerlager, die als Bindeglied zwischen den Vorlandbrücken und der Rahmenbrücke über den Kanal fungieren. Diese länglichen Widerlager sind geknickt mit einem Versatz an der Außenseite. Es handelt sich hier um 1,30 m dicke Wände, die bis zu 4,35 m hoch sind. Die Wände wurden mit der Mammut 350 geschalt, der Knick an der Innenseite per Gelenkecke. Hier war es die Kunst, die Anpassungen für die Schalung so zu planen und zu gestalten, dass sie bei beiden Widerlagern verwendet werden konnte. Letztlich mussten zum Schalen beider Widerlager nur die Holzanpassungen und die Gelenkecke angepasst werden.


Die Rahmenbrücke über den Rhein-Rhone-
Kanal: 25 t Lastableitung pro laufendem Meter

Die Rahmenbrücke mit ihrer Spannweite von 20 m war die größte schalungstechnische Herausforderung am Gesamtprojekt. Das Bahngleis verläuft in sanftem Bogen diagonal über den Kanal. Damit weiterhin Schiffsverkehr auf dem Kanal möglich ist, durften keine Brückenpfeiler im Kanalbett errichtet werden. Die Brücke wurde deshalb als Rechteck mit diagonalem Gleisverlauf ausgeführt. Sie ruht auf zwei Stützenreihen am rechten und linken Kanalufer. Die Stützen mit 1,60 x 1,30 m bzw. 1,30 x 1,30 m Grundriss haben einen mittleren Abstand von 3 m. Sie wurden wie ihre Fundamente mit der Mammut 350 geschalt. Auf jeder Stützenreihe liegt ein Unterzug, der bis zu 2,10 m breit und 1,50 m hoch ist. Die Unterzüge wurden mit der Mammut 350 geschalt und tragen die schweren Fertigteile des Brückenüberbaus. Diese wurden von Maïa Sonnier direkt auf der Baustelle gefertigt und per Kran verlegt. Jedes Fertigteil wiegt 40 Tonnen. Die Unterstützung der Fertigteile erfolgte bei ihrem Einbau mit MEP-HD-Schwerlaststützen von Meva. Sie wurden auf den Spundwänden an beiden Kanalufern gestellt. Pro laufendem Meter waren 25 t Last abzutragen, hierzu wurden drei MEP-HD-Stützen pro laufendem Meter Spundwand gestellt. Für eine gleichmäßige Lasteinleitung in die Spundwand wurden am Kopf und Fuß der Stützen HEB-Profile angeordnet.

Die gesamte technische Ausarbeitung inklusive der statischen Nachweise erfolgte durch Meva in Zusammenarbeit mit der Bauleitung von Maïa Sonnier. Dank der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Meva Technik mit dem Bauunternehmen konnten alle Arbeiten effizient durchgeführt und termingerecht abgeschlossen werden. Mit Inbetriebnahme der neuen Strecke erwartet man eine starke Zunahme der Bahnreisenden. Am Bahnhof Mulhouse wird deshalb bis Dezember ein Parkhaus mit 450 Stellplätzen gebaut. Meva liefert die Deckenschalung – insgesamt etwa 2500 m² MevaDec.n

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