Erweiterung des Skandinavienkai

Oberflächenentwässerung durch Horizontal- und Vertikalkräfte

Im Rahmen der Hafenerweiterung müssen Abstell- und Verkehrsflächen versiegelt werden, wie das bei Industrie- und Gewerbeflächen üblich ist. Hier stellt sich die Aufgabe, das anfallende Oberflächenwasser sicher und zuverlässig abzuleiten.

Direkt an der Travemündung liegt der Skandinavienkai, einer der größten RoRo- und Fährhäfen Europas (RoRo ist die Abkürzung für Roll on Roll off). An Lübecks Brückenkopf zum Norden und Osten legen jedoch nicht nur Frachter an und ab. Von hier aus geht es mit den Fähren nach Schweden, Finnland und Lettland. Der Kai ist Umschlagplatz für Güter aller Art, welche mit Lkw, Sattelauflieger, Container oder mittels Wechselbrücken transportiert werden. Seit seiner Eröffnung im März 1962 wird der Hafen kontinuierlich ausgebaut, um den zukünftigen Herausforderungen und den immer größer werdenden Schiffen gewachsen zu sein. Die Hansestadt Lübeck, Bereich Lübeck Port Authority, plant und baut in Zusammenarbeit mit der Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG) die Erweiterung der Hafenbetriebsflächen in westlicher Richtung.

Das ca. 16 ha große Areal grenzt unmittelbar an die bestehenden Hafenanlagen. Die Ausbaumaßnahmen teilen sich in mehrere Bauabschnitte und sollen bis Ende 2021 / Anfang 2022 abgeschlossen sein. Einen Schwerpunkt bei den Erweiterungsmaßnahmen bildet das Forstprodukteterminal (vereinfacht auch „Papier-Terminal“ genannt). Mit dem Ausbau soll der RoRo-Verkehr gebündelt und somit Synergieeffekte geschaffen werden. Der Forstindustrie, den Reedern und der verarbeitenden Wirtschaft sollen auf diese Weise Entwicklungsperspektiven eröffnet werden. Ziel ist es, den Skandinavienkai zu einem trimodalen Multifunktionsterminal auszubauen.

Um für die Zukunft einen hocheffizienten Umschlag (nicht nur von Forstprodukten) zu ermöglichen, wurden neben Aufstell- und Verkehrsflächen auch eine Logistikhalle für die gedeckte Lagerung von Forstprodukten mit 25.000 m² Fassungsvermögen und eine ca. 5.000 m² große Fährhalle errichtet. Die Fährhalle dient zur Zwischenlagerung von Ladeeinheiten der Forstindustrie. Zurzeit ist eine weitere Logistikhalle von ca. 10.000 m² im Bau.

Alle angesprochenen Bereiche, vor allem jedoch die Aufstell- und Verkehrsflächen, standen bei Planung und Bau im Fokus. Hier kommt es besonders auf folgende Fakten an:

1. Oberflächenbelastung durch Lkw und Transportverkehr

2. Zuverlässige Entwässerung des anfallenden Oberflächenwassers

 

Sichere Entwässerung bei gleichzeitig hoher Belastung

Verkehrs- und Abstellflächen stellen an die Entwässerungssysteme meist sehr hohe Anforderungen. Zum einen soll das anfallende Oberflächenwasser sicher gesammelt und anschließend abgeleitet werden, um den Anforderungen des WHG und der Grundwasserschutzverordnung gerecht zu werden. Zum anderen wird die Oberfläche – und damit auch die Baukomponenten der Entwässerung – durch Schwerlastverkehr stark in Anspruch genommen.

An- und abfahrende bzw. wendende Lkw sowie sogenannte Reachstacker mit einem Gewicht von ca. 120 Tonnen wirken mit enormen horizontalen und vertikalen hydraulischen Kräften auf die Werkflächen ein. Schwere Lasten, wie zum Beispiel Container, können beim Abstellen bzw. Versetzen auch direkt durch den Absetzvorgang auf die Entwässerungssysteme einwirken. Herkömmliche Materialien halten diesen Belastungen nicht stand. Planer und Auftraggeber entscheiden sich daher meist für eine sichere Lösung: Bircomassiv.

 

Oberflächenschutz

Dieser monolithische, stahlbewehrte Rinnenkörper widersteht stärksten Belastungen (Güteklasse C 60/75 mit Bewehrung). Die Hyperbel-Bauform erhöht die Stabilität weiter und bietet bei gleicher Nennweite ein höheres Entwässerungsvolumen. Der Baukörper ist so konzipiert, dass mechanische Belastungen und/oder dynamische Lasten kompensiert werden können. Im Logistikumfeld werden häufig Container oder vergleichbare Behälter direkt auf dem Entwässerungssystem platziert. Um Ausbrüche am Betonkörper zu vermeiden, ist Bircomassiv mit einem Oberflächenschutz aus feuerverzinktem Stahl mit Tränenprofil ausgerüstet. Das gewährleistet dauerhaften Grip an der Oberfläche und garantiert zudem eine gleichbleibende Stabilität auch bei einer Punktbelastung wie z.B. bei Containerstellfüßen. Die besonderen Materialeigenschaften ermöglichen einen oberflächennahen Einbau des Rinnensystems und eine sichere Ableitung des Oberflächenwassers auch bei Starkregenereignissen.

Damit Oberflächenwasser nicht seitlich am Betonkörper versickern kann, wurde bauseits eine Dichtfuge (Bitumendichtung mit Vergussmasse) angebracht. Die einzelnen Baukörper verfügen über eine Nut- und Federausformung, welche ebenfalls mit einem Dichtband bzw. einer Dichtmasse entsprechend den Vorgaben des WHG abgedichtet werden können. Durch eine geometrische Optimierung der Nut-Feder-Kontur ist eine Verlegung von „oben“ möglich. Das ist auf den ersten Blick wenig spektakulär, hat aber erhebliche Auswirkungen auf die Verlegegeschwindigkeit. Durch das passgenaue, stirnseitige Setzen des Rinnenelements an das vorherige, ist nicht nur eine sichere, sondern vor allem auch eine wirtschaftliche Verlegung möglich. Das wird durch die 3m-Bauteile noch zusätzlich unterstützt. Auch in Punkto Sicherheit ist eine Besonderheit erwähnenswert: Das Entwässerungssystem ist auf der gesamten Einbaulänge kraftschlüssig mit dem angrenzenden Unterbau verbunden. Ein Aufschaukeln und Lösen ist faktisch ausgeschlossen. Durch die Auskragung des Rinnenelements im unteren Bereich des Rinnenkörpers ist gleichzeitig ein Aufschwimmen unmöglich.

 

Nachweis und Zulassung

Der stahlbewehrte Beton hat mit den rauen Flanken viele Vorteile gegenüber glatten Materialien. Zudem sind die verwendeten Bauteile streusalzresistent. Die Beständigkeit gegen Alkalikieselsäurereaktionen wurde jetzt auch durch den AKR-Performance-Nachweis erbracht.

Last but not least: Mit der allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassung (DIBt) erhalten alle am Bau Beteiligten Planungssicherheit. Das Bircomassiv-System wird parallel zu den Logistik-Hallen als Linienentwässerung eingebaut. Bereits 2019 wurde im 1. Teilabschnitt (Logistikhalle 1, Fährhalle und angrenzende Flächen) 337,5 m dieses Systems verbaut. Der zweite Abschnitt (Logistikhalle 2 und Vorgelände) umfasst weitere 183 m. In diesem Entwässerungssystem sammelt sich das anfallende Oberflächenwasser durch den Oberflächeneinlauf. Direkt parallel zum Entwässerungssystem verläuft eine Entwässerungsleitung (PVC). Über Abläufe im Entwässerungssystem wird das unbehandelte Oberflächenwasser in das Rohrsystem abgeleitet und gelangt letztlich zu einer Niederschlagswasserbehandlungsanlage. Ggf. anfallende Schadstoffe werden hier sicher zurückgehalten.

Nach diesem Verfahrensschritt erfolgt eine Weiterleitung in einen Stahlbetonschacht. Hierin befindet sich ein Schieber, der im Falle einer Havarie die unkontrollierte Einleitung in die Trave verhindert. Das Regenwasser von den Dachflächen hingegen ist unbelastet und wird durch Stahlbetonrohre DN 400 in den Vorfluter eingeleitet werden. Ein durchdachtes und abgerundetes Konzept!

Birco GmbH

www.birco.de

Zahlen – Daten – Fakten

Bauvorhaben: Hafenerweiterung am Skandinavienkai in Lübeck-Travemünde – Forstprodukteterminal

Bauherr: Hansestadt Lübeck, vertreten durch den Bereich Lübeck Port Authority (LPA), Flächen und Logistikhalle 1 sowie Fährhalle Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG), Logistikhalle 2

Bauzeit: 2019-2022

Planung und Bauaufsicht Infrastruktur: Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg

Verbautes Entwässerungssystem: 1. Bauabschnitt 337,5 m Bircomassiv NW 220, 2. Bauabschnitt 183,0 m Bircomassiv NW 220

Hersteller Entwässerungssystem: Birco GmbH, Herrenpfädel 142, 76532 Baden-Baden

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