Dauerelastisches Beschichtungssystem für korrodierte Schächte

Mit dauerelastischen Beschichtungssystemen aus einem Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyureabasis bieten sich neue Perspektiven für Kommunen bei der Sanierung von Abwasserbauwerken.

Am Yachthafen in Wesel mussten 2007 mehrere Abwasserschächte, die infolge einer hoher Sulfid-Konzentration durch biogene Schwefelsäure stark korrodiert waren, instandgesetzt werden. Die Stadtwerke Wesel entschieden sich damals für den Einsatz eines neuartigen Verfahrens, das sich als schnellste und kostengünstigste Lösung empfahl.

Dauerhaftes Beschichtungssystem

Dabei werden die Schachtinnenflächen mit einem Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyureabasis beschichtet, der speziell für den Einsatz in Abwasserbauwerken entwickelt wurde. Das dauerelastische Beschichtungssystem unterbindet nach Angaben des Anbieters mögliche Sickerpfade mit hoher Zuverlässigkeit, so dass wassergefährdende Stoffe nicht in die Umwelt gelangen und Bauteile nicht korrodieren.

11 Jahre später untersuchte ein Gutachter den Langzeit-Zustand der Sanierungsmaßnahme und bescheinigte dem Bauherrn sowie dem Anbieter und Patentinhaber einen tadellosen Befund: „Aus den zur Verfügung gestellten Fotos von der Baumaßnahme im Vergleich mit dem jetzigen Zustand konnten optisch keine wesentlichen Veränderungen festgestellt werden.“

Nachhaltige Lösungen gesucht

Abwasserschächte sind jahrzehntelangen Belastungen ausgesetzt. Speziell die Bildung biogener Schwefelsäure greift die Substanz an und führt zu Betonkorrosion. In der Folge kommt es zu Rissbildungen und Undichtigkeiten, es drohen Ex- und Infiltrationen mit kaum abschätzbaren Umweltbelastungen sowie die Instabilität des Bauwerks. Ziel einer Sanierung muss sein, die Anlagen dauerhaft vor Korrosion zu schützen und einen einwandfreien und verlustfreien Abwassertransport sicher zu stellen, um die Umwelt nachhaltig zu schützen.

Abriss und Neubau sind dabei keine praxisgerechte Lösung, da in der Regel schon nach wenigen Jahren die gleichen Probleme wieder auftreten. Viele Kommunen scheuen außerdem sowohl die zum Teil nicht unerheblichen Beeinträchtigungen der Verkehrsin-frastruktur als auch die hohen Kosten. Eine Alternative ist das sogenannte „Relining“. Dabei werden die schadhaften Rohre von innen entweder mit anderen dünneren Leitungen oder mit einem polyesterharzgetränkten Schlauch ausgekleidet, der mit Druckluft in das Rohr eingebracht wird. In Verbindung mit dem Relining-System hat sich die Schachtsanierung bewährt. Zur Schachtsanierung können verschiedene Systeme zum Einsatz kommen: Auskleidung mit PEHD, GFK-Platten oder mineralische Beschichtung.

Flüssigkunststoff auf Polyureabasis

Ganz neue Wege ging man vor elf Jahren in Wesel und entschied, die Sanierung von Abwasserschächten mit einem damals neuen, dauerelastischen Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyureabasis auszuführen. Bei zehn Abwasserschächten am Yachthafen der niederheinischen Hansestadt stellten Mitarbeiter der Stadtwerke Wesel bei einer Routinekontrolle starke Korrosion im Schachtbauwerk fest. Als Ursache wurde vor allem die chemische Belastung durch die Abwässer eines nahe gelegenen, sehr großen Campingplatzes ausgemacht, die für eine besonders hohe Sulfid-Konzentration durch biogene Schwefelsäure im Inneren der durch verschraubte Schachtabdeckungen verschlossenen Schächte sorgte. Die Lage der Schächte im Erdreich, umhüllt von Grundwasser, kam hinzu. Bei Hochwasser waren sie vollständig überflutet.

„Eine Sanierung der Schächte“, erinnert sich Arndt Fingerhut von den Stadtwerken Wesel, „war wegen der starken Korrosion und des damit einhergehenden großen Betonabtrags unumgänglich“. Noch sei alles im grünen Bereich gewesen. Eine Gefährdung der Umwelt habe zu keiner Zeit bestanden. „Aber es war absehbar, dass die Schächte irgendwann einbrechen, wenn nichts geschieht. Die Frage war nur, welche Methode hier die am besten geeignete ist“.

Eine Erneuerung der Schächte wurde schnell wieder verworfen, da man in diesem Fall eine ziemlich aufwändige Abwasserhaltung hätte betreiben müssen. Auch andere Varianten lehnte der Betreiber als zu aufwändig und teuer ab. Als kostengünstigste Lösung empfahl sich ein damals neu entwickeltes Verfahren, bei dem eine aus zwei Komponenten gemischte Elastomermasse im Heißspritzverfahren auf den Innenflächen vollflächig und nahtlos aufgetragen wird.

Wirksame Beständigkeit gegen hoch-aggressive Stoffe

Das System „Purflex-X 10 AB“ wurde speziell für den Einsatz in Abwasserbauwerken (AB) wie abwassertechnischen Anlagen, Kläranlagen sowie Schacht- und Kanalbauwerken entwickelt (DIBT Zulassungsnr. Z-59.12422). Es ist ein lösemittelfreier Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyureabasis, der aus den Komponenten Purflex-X 10 A (Additive) und Purflex-X 10 B (Isocyanate) besteht. Nach Angaben des Anbieters, der VA-Coating GmbH aus Oberhausen, verfügt das Produkt über besondere Beständigkeit sowohl gegen hochaggressive Stoffe wie Ammoniak und Schwefelsäure als auch gegen Jauche, Gülle und Silagesickersäfte. Somit ist der Kunststoff auch für Bauwerke in der Landwirtschaft geeignet.

Das Material ist zudem widerstandsfähig gegen Wasserhochdruck (bis 800 Bar), kann also gut gereinigt werden, wirkt rissüberbrückend (bis 2,0 mm) und ist als brandhemmend B2 klassifiziert. Der Einsatz ist auf Mauerwerk, Beton oder Stahl ebenso möglich wie auf Kunststoff oder glasfaserverstärktem Kunststoff. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Neubau oder Sanierung handelt. Der Auftrag erfolgt maschinell. Auch komplizierte Geometrien können damit ausgeführt und Durchdringungen direkt eingebunden werden. Das zeitsparende Sprühverfahren gewährleistet eine hohe Flächenleistung und ist innerhalb von wenigen Sekunden ausgehärtet.

Untergrundvorbereitung

Vor dem Auftrag des Flüssigkunststoffs musste der Untergrund in den Schächten von haftungsmindernden losen Teilen, Bewuchs und Beschichtungen sowie von organischen und anorganischen Ablagerungen gereinigt werden. Dies erfolgte mit Wasserhochdruck bei 400 bar. Im nächsten Schritt wurden vorhandene Fehlstellen ausgebessert und Risse durch Injektion abgedichtet.

Gegen rückseitige Durchfeuchtung erhielten die Flächen anschließend eine Grundierung (satt und porenfrei) mit Purflex-X 35 G F. Dies ist ein lösemittelfreies, feuchtigkeitsverträgliches Zwei-Komponenten-Epoxidharz, das sehr gut auf feuchten Untergründen haftet und daher
speziell zur Grundierung noch feuchter Betonflächen und als Schutz vor Bildung von Osmoseblasen bei rückseitiger Feuchtigkeitswirkung eingesetzt wird. Das Material ist resistent gegen aggressive Medien und bietet eine gute Basis für nachfolgende Beschichtungen.

Komfortable Verarbeitung

Nach Abschluss der Untergrundvorbereitung wurden die Schachtinnenflächen im Heißspritzverfahren mit dem System Purflex-X 10 AB beschichtet. Gearbeitet wird mit 70 °C. Eine speziell entwickelte Verfahrenstechnik sorgt dabei für den gleichmäßigen und nahtlosen Auftrag. Innerhalb von sieben Sekunden ist der Kunststoff ausgehärtet. „Deswegen“, erklärt Peter Baumgarten, Vertriebsleiter der VA-Coating GmbH, „können damit auch Wände und Decken schichtdickenunabhängig beschichtet werden.“ Die Verarbeitung erfolgt ausschließlich durch feste Lizenzpartner. „Um eine fachgerechte Ausführung zu gewährleisten“, betont Peter Baumgarten, „bildet VA-Coating die Mitarbeiter von Ausführungsfirmen in dem speziellen Heißspritzverfahren aus.“

Gutachten bestätigt: Langzeit-Zustand einwandfrei

Die Maßnahme erwies sich als langfristig beständig: Elf Jahre nach Abschluss der Arbeiten wurde der Langzeitzustand der mit Purflex-X 10 AB beschichteten Abwasserschächte jetzt von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für erdverlegte Rohrleitungen und Kanalsanierung beurteilt.

In seinem Gutachten bestätigte Dr.-Ing. René Thiele von der SRT Sachverständigengesellschaft für Rohrleitungstiefbau mbH aus Markranstädt, dass die Beschichtung durchgängig vorhanden, die Haftung der Beschichtung auf dem Untergrund gegeben und eine hohe Oberflächenhärte festzustellen ist. Beim Abklopfen konnte der Gutachter keine Hohllagen feststellen. Blasen oder Ausblühungen waren nicht erkennbar.

VA-Coating GmbH

www.va-coating.com

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