Auf die Formulierung kommt es an

Fußnoten in den Güte- und Prüfbestimmungen sorgen für Spielraum bei der Formulierung von Anforderungen an die Bieterqualifikation

Für den Bereich von öffentlichen und privaten Abwasserleitungen und -kanälen finden sich detaillierte Anforderungen an die Technische Leistungsfähigkeit der Bieter in der Gütesicherung Kanalbau RAL-GZ 961, insbesondere auch Anforderungen an Erfahrung und Zuverlässigkeit des Unternehmens, an Personal, Betriebseinrichtungen und Geräte, Nachunternehmer und Eigenüberwachung. Mit einem Gütezeichen der Beurteilungsgruppen AK3 bis AK1 weisen Firmen nach, dass sie die für eine Bauaufgabe nötige Qualifikation besitzen.
 
Gruppe AK3: Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen aller Werkstoffe in Nennweiten kleiner gleich DN 250 in offener Bau­weise und mit den dazugehörigen Schächten bis zu einer Tiefenlage von 3 m.
 
Gruppe AK2: Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen aller Werkstoffe in Nennweiten kleiner gleich DN 1.200 in offener Bau­weise mit den dazugehörigen Bauwerken bis zu einer Tiefenlage von 5 m.
 
Gruppe AK1: Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen aller Werkstoffe und Nennweiten, insbesondere auch in Tiefenlagen größer 5 m mit den dazugehörigen Bauwerken in offener Bauweise unter erschwerten Bedingungen.
 
Die mit den Beurteilungsgruppen festgelegten Anforderungen nutzen Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen als Voraussetzung für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Bieter. Eine Vorgehensweise, die den eigenen Anspruch in punkto Ausführungsqualität untermauert. Bei Vergabe von Aufträgen ausschließlich an geeignete Firmen werden Kommunen auch ihrer haushaltsrechtlichen Verantwortung gerecht. Die Berechtigung zur Forderung eines Eignungsnachweises nach RAL-GZ 961 ergibt sich aus der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A 2009, § 6, Abs. 3, Ziffer 3).
 
 
Handlungsspielräume ausschöpfen
Auftraggeber definieren das Niveau der durch die Bieter nachzuweisenden Anforderungen in Abhängigkeit der geplanten Maßnahme. Bei Festlegung des Anforderungsniveaus werden in vielen Fällen die in den Ausführungsbereichen der Güte- und Prüfbestimmungen genannten Nennweitenbereiche oder Tiefenlagen als enge Entscheidungskriterien herangezogen. Dabei ist jedoch eine scharfe Trennung entsprechend der Definition der Ausführungsbereiche anhand Tiefenlage und Nennweite nicht immer sinnvoll. Im Gegenteil: Der Auftraggeber kann die ihm zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume ausschöpfen. Diese werden ihm unter anderem durch entsprechende Ergänzungen in den Güte- und Prüfbestimmungen eröffnet.
 
Die Fußnote im Ausführungsbereich der Beurteilungsgruppe AK1 geht insbesondere auf das Bauen unter erschwerten Bedingungen ein, so zum Beispiel auf Grundwasserhaltung, Bauen in Grundwasser ohne Absenkung, Bauen unter Betrieb bei größerem Abwasseranfall, Bau besonderer Gründungsmaßnahmen. Demzufolge kann die Forderung des Nachweis AK1 auch bei Tiefenlagen kleiner 5m und Durchmessern geringer als DN 1200 angezeigt sein, wenn bei der konkreten Maßnahme erschwerte Bedingungen erwartet werden. Ebenso kann aber auch bei Tiefenlagen von mehr als 5 m und einem überschaubaren Schwierigkeitsgrad die Forde­rung AK2 sinnvoll sein. Die verbindlichen Leitfäden, nach welchen die Bauunternehmen ihre Eigenüberwachung zur Gütesicherung durchführen, sind in allen AK-Gruppen identisch.
Für die Ausführungsbereiche AK3 und AK2 gilt entsprechendes. Die in den Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 enthaltene Fußnote weist ausdrücklich darauf hin, dass sich Angaben zur Tiefenlage auf die charakteristische Tiefe der Baugrubensohle innerhalb einer Gesamtbaumaßnahme beziehen. Konkret bedeutet das, dass bei einer offenen Kanalbaumaßnahme, bei der nur ein geringer Teilbereich der Grabensohle tiefer als 3 m liegt, der Auftraggeber in der Regel den Nachweis der Anforderungen der Beurteilungsgruppe AK3 fordert.
 
Die Praxis zeigt, dass solche Überschneidungen der Kriterien Tiefenlage und Nennweite sinnvoll sein können. Letztendlich ist es die Gesamtheit der Randbedingungen der auszuschreibenden Maßnahme, die der Auftraggeber bei der Festlegung der erforderlichen Bieterqualifikationen bewertet. Auf dieser Grundlage legen Auftraggeber zum Nachweis der Bietereignung das geforderte Profil, orientiert an AK3, AK2 oder AK1 fest. Dabei nutzen einige Auftraggeber auch die Möglichkeit, eine weniger weit reichende Beurteilungsgruppe in Verbindung mit zusätzlichen Referenzen anzuerkennen, wenn diese Referenzleistungen mit der zur Ausführung anstehenden Aufgabe vergleichbar sind. Maßgebend ist die Formulierung und Bekanntgabe der Eignungsanforderungen durch den Auftraggeber.

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