INTERVIEW

„Alle technisch
verfügbaren Mittel für die Sicherheit nutzen“

tHIS sprach mit Dipl.-Ing. Joachim Edeler über die Sicherheit auf Baustellen

tHIS: Mehr als die Hälfte (51,4 %) aller tödlichen Unfälle im Bauwesen werden durch Abstürze verursacht. 13,9 % aller Verunglückten fallen von einem Gerüst oder einer Leiter in den Tod. Erschreckend, wenn man bedenkt, dass diese Unfälle vermeidbar sind. Wo geht die Reise hin beim Thema Sicherheit auf unseren Baustellen?

Dipl.-Ing. Joachim Edeler: Zur Freiheit des Unternehmers, ein Gewerbe auszuüben, kommt eine durch eindeutige Richtlinien und Gesetze geregelte Pflicht, für Arbeits­ und Gesundheitsschutz auf der Baustelle zu sorgen. Die Einstellung „Es wird schon gut gehen wie bisher“ weicht einem wachsenden Bewusstsein für diese Pflichten – auch unter Betrachtung von Risiko und den möglichen Folgen. Die gesetzliche Unfallversicherung leistet durch ihre Aufklärung und Verordnungen einen wichtigen Beitrag dazu.

tHIS: Können Sie unseren Lesern das bitte anhand eines Beispiels erklären?

Dipl.-Ing. Joachim Edeler: Ja. Beim Einsatz von Schalung und Gerüsten auf der Baustelle hat der Hersteller die Pflicht, eine lückenlose Sicherheitsausstattung nicht nur zu empfehlen, sondern aktiv anzubieten. Der Bauunternehmer muss seinerseits alle technisch verfügbaren Mittel nutzen, um das Arbeiten auf seinen Baustellen sicher zu gestalten und mögliche Gefahren abzuwehren. Dazu gehört auch die Bereitstellung des Gerätes – wie z.B. Schalung mit Sicherheitsausstattung –, das die Baustelle benötigt, um sicher zu arbeiten. Tut er das nicht, macht er sich im Falle eines Unfalls strafbar. Mit fahrlässiger Nichteinhaltung von Pflichten geht der Gesetzgeber nicht zimperlich um.

tHIS: Was heißt das konkret für die Praxis?

Dipl.-Ing. Joachim Edeler: Ganz praktisch: Der Hersteller z. B. von Schalung oder Gerüsten stellt eine Aufbau­, Betriebs­ oder Bedienungsanleitung bereit. Der Bauunternehmer muss daraus eine Anweisung für die Baustelle ableiten, die alle sicherheitsrelevanten Regelwerke berücksicht. Es reicht also nicht aus, die Anleitung hinzulegen und zu sagen: „Legt los.“ Vorschriften z. B. zur Absturzsicherung müssen beachtet und umgesetzt werden. Handlungsbedarf ist angesagt – mit dem Ziel, vermeidbare Unfälle durch verfügbare technische Hilfsmittel zu verhindern und die Sicherheitsstandards am Bau zu erhöhen.

Joachim Edeler studierte an der Staatlichen Ingenieurakademie für Bauwesen in Nienburg/Weser und an der Technischen Universität Berlin. 1980 wurde er technischer Aufsichtsbeamter der Bauberufsgenossenschaft Hannover und übernahm 2002 die Leitung der Technischen Abteilung und des Fachausschusses Bau der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Ab 2011 leitete er das Sachgebiet Hochbau am Fachbereich Bauwesen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Er steht den Normenausschüssen für Gerüstbau vor und ist Sachverständiger für Arbeits-, Schutz- und Traggerüste am Deutschen Institut für Bautechnik.

www.bgbau.de

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