Einführung der Mantelverordnung in 2023, Teil 1

Was kommt auf die Bauunternehmen zu?

Erstmalig wird es mit der Mantelverordnung bundeseinheitliche und  rechtsverbindliche Regelungen für Herstellung, Einbau und Verwertung mineralischer Ersatzbaustoffe geben.

Die zum 01. August 2023 in Kraft tretende Mantelverordnung soll eine bundeseinheitliche Verwertung von mineralischen Abfällen gewährleisten. Welche Änderungen und Neuerungen auf die Branche zukommen, wird im folgenden Beitrag aufgezeigt.

Primär werden Neuerungen in Bezug auf Umgang und Verbleib von mineralischen Bauabfällen sowie Bodenmaterial dargestellt; diese sollen bestenfalls im Stoffkreislauf verbleiben und nicht auf einer Deponie verfüllt oder verschüttet werden. Insbesondere im urbanen Kanal- und Leitungsbau fallen regelmäßig Kleinmengen an, mit dessen Verbleib sich die Unternehmen auseinandersetzten müssen. Sowohl gering- als auch unbelasteter Boden wird häufig der Beseitigung zugeführt, aus Mangel an entsprechenden Verfahren, die eine Wiederverwertung möglich machen.
Eine umweltfreundliche Verwertung mineralischer Bau- und Abbruchabfälle stellt nicht nur eine zentrale umweltpolitische Aufgabe dar, sondern für die Unternehmen eine große Herausforderung.

Mineralische Abfälle im Baubereich

Bundesweit beträgt die jährliche Nachfrage an Gesteinskörnungen im Bausektor ungefähr 590 Mio. t., um den Bedarf der Branche zu decken.

Abbildung 1: Statistisch erfasste Mengen mineralischer Bauabfälle 2018 in Mio. t (BBSE 2021)
© Hochschule Osnabrück

Abbildung 1: Statistisch erfasste Mengen mineralischer Bauabfälle 2018 in Mio. t (BBSE 2021)
© Hochschule Osnabrück
2018 entfielen davon allein 485 Mio. t. auf die Gewinnung von natürlichen Rohstoffen wie Kiese, Sande und Natursteine (vgl. MIRO 2021). Demgegenüber stellen mineralische Abfälle mit 218 Mio. t. den größten Abfallstrom in Deutschland dar, wovon wiederum die Fraktion Boden und Steine mit 59,6 % den größten Anteil dieser Abfälle aufweisen (s. Abb. 1; vgl. BBSE 2021).

Die beiden wichtigsten Verwertungswege für mineralischer Bau- und Abbruchabfälle sind Recycling, also die Aufbereitung und der anschließende Einbau in ein technisches Bauwerk, sowie die stoffliche Verwertung im Sinne der Verfüllung von Steinbrüchen, Kiesgruben, Tagebauen etc. Obwohl rund 85 % der mineralischen Bauabfälle verwertet werden, verbleiben lediglich 13,3 Mio. t (10,2 %) als Baustoffe im Stoffkreislauf. Die übrigen 90 % werden in Deponien entsorgt oder für die Verfüllung genutzt (s. Abb. 2; vgl. ebd.). Die Recyclingquote ist damit in Deutschland sehr gering (Abbildungen 1, 2).

Abbildung 2: Verbleib der Fraktion Boden und Steine 2018 in Mio. t (BBSE 2021)
© Hochschule Osnabrück
Abbildung 2: Verbleib der Fraktion Boden und Steine 2018 in Mio. t (BBSE 2021)
© Hochschule Osnabrück
Status Quo - Stand der aktuellen Regelungen

Derzeit bilden die Regelungen der LAGA-Mitteilung (LAGA M 20) aus dem Jahr 2003 und die Technischen Regel Boden (TR Boden) von 2004 die Bewertungsgrundlage für die Verwertung von Böden. Daneben ergänzt eine Vielzahl an länderspezifischen Erlässen und Leitfäden den gegenwärtigen Stand der Bodenverwertung.

Jedoch bilden viele der genannten Regelwerke und Merkblätter weder eine bundeseinheitliche, noch eine rechtsverbindliche Grundlage für die ordnungsgemäße Verwertung von mineralischen Abfällen (vgl. Bundesregierung 2021). Durch die Weiterentwicklung wissenschaftlicher und fachlicher Standards, entsprechen die oben genannten Regelwerke nicht mehr in vollem Umfang dem gegenwärtigen Stand des Wissens und gelten als veraltet. Gleiches gilt für die bodenschutzrechtlichen Regelungen in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung aus dem Jahr 1999 (vgl. ebd.).

Einführung der Mantelverordnung ab 2023 

Die Mantelverordnung (MantelV) tritt am 1. August 2023 in Kraft und soll bundeseinheitliche Regelungen für die Entsorgungspraxis schaffen. Alle länderspezifischen Erlässe wie auch Leitfäden der einzelnen Bundesländer, werden aufgehoben und Einzelfallprüfungen seitens Behörden sollen durch die Umsetzung der MantelV verringert werden. Für die Unternehmen bedeutet dies jedoch „eine umfassende Prüfung ihrer Praxisabläufe bei der Entsorgung mineralscher Bruchabfälle“ (Weiß 2021). Die Mantelverordnung besteht aus mehreren Teilen; mit der Einführung wird es folgende neue und überarbeitete Regelwerke geben:

Einführung der Ersatzbaustoffverordnung (EBV), eine Verordnung über Anforderungen an den   Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke

Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)

Änderung der Deponieverordnung (DepV)

Änderung der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV)

Wesentliches Ziel der MantelV ist eine bestmögliche Verwertung von mineralischen Abfällen im Sinne des § 6 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) zu gewährleisten, sowie die Anforderungen an eine nachhaltige Sicherung und Wiederherstellung der Bodenfunktion im Sinne des § 1 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) an den gegenwärtigen Stand des Wissens anzupassen (vgl. Bundesregierung 2021a). Den Anwendern soll durch bundeseinheitliche und verbindliche Anforderungen an den Boden- und Grundwasserschutz eine Rechtsicherheit gegeben werden, welche zudem eine Verwaltungsvereinfachung darstellen. Dabei sollen möglichst hohe Recyclingquoten mittels Wiederaufbereitung von Bau- und Abbruchabfällen erzielt werden.

Bis zum 1. August 2025 überprüft die Bundesregierung den Vollzug der neuen Regelungen und „setzt Folgerungen gegebenenfalls durch Anpassungen der Verordnung um“ (Bundesregierung 2021). Demnach können sich die Unternehmen erst ab Mitte 2025 auf einen sicheren wie auch validierten Umgang mit Boden und Kleinmengen einstellen. Für die Verfüllung von Abgrabungen, welche bis zum 16.07.2021 zugelassenen wurden, gilt zudem eine erweiterte Übergangsfrist bis zum 01.08.2031.

Tabelle 1: Verwertung von Bodenmaterial gemäß MantelV
© Hochschule Osnabrück

Tabelle 1: Verwertung von Bodenmaterial gemäß MantelV
© Hochschule Osnabrück
Tabelle 1 verschafft einen Überblick, welche Verordnungen gemäß MantelV für eine Verwertung von Bodenmaterial anzuwenden ist.

In der nächsten Ausgabe von THIS folgt der zweite Teil; dieser befasst sich mit Anwendungsbereichen, Ein- und Aushub sowie mit Dokumentationspflichten.

Hochschule Osnabrück

www.hs-osnabrueck.de/rebok

Prof. Martin Thieme-Hack leitet das Institut für Landschaftsbau, Sportfreianlagen und Grünflächen an  der Hochschule Osnabrück.


© Hochschule Osnabrück

Prof. Martin Thieme-Hack leitet das Institut für Landschaftsbau, Sportfreianlagen und Grünflächen an  der Hochschule Osnabrück.

© Hochschule Osnabrück

Andre Floß, M.Eng., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Osnabrück.
© Hochschule Osnabrück

Andre Floß, M.Eng., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Osnabrück.
© Hochschule Osnabrück

Hochschule Osnabrück

Prof. Martin Thieme-Hack vertritt das Lehrgebiet „Baubetrieb“ an der Hochschule Osnabrück in den Studiengängen der Baubetriebswirtschaft und des Landschaftsbaus. Die Forschungsschwerpunkte umfassen baubetriebliche Fragestellungen im Bereich Prozessoptimierung, Vergabe und der Bautechnik mit einem Schwerpunkt auf Unternehmen, Sportfreianlagen und Grünflächen.

Die Studierenden in den Bachelor- und Masterstudiengängen werden zu Führungskräften für Bauunternehmen, Landschaftsbaubetrieben und in Planungs- und Ingenieurbüro ausgebildet. Im Fokus stehen die ökonomischen, sozialen und organisatorischen sowie die bautechnischen Herausforderungen. Hierdurch werden die Absolventen qualifiziert zur Tätigkeit als Projektmanager komplexer Bauvorhaben oder in leitender Position. Im Master können die Schwerpunkte „Bautechnik“ sowie „Management“ gewählt werden. Für die Absolventen eröffnen sich über den ursprünglichen, branchenbezogenen Tätigkeitsbereich hinaus weitere Berufsaussichten, wie z.B. in Verbänden, in der Forschung, in der Aus- und Weiterbildung, wie auch Behörden. Anliegen ist es dem bestehenden Fachkräftemangel in der Branche entgegenzuwirken und neue Ingenieure für das Berufsleben auszubilden.

Literatur

– Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) [Hrsg.] (2022):

Die neue Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung  

– Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden e.V. (Bbse) [Hrsg.] (2021): Mineralische Bauabfälle Monitoring 2018 Bericht zum

Aufkommen und zum Verbleib mineralischer Bauabfälle im Jahr 2018

– Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (Miro) [Hrsg.] (2021):Recycling- oder Primärbaustoffe? Beides wird in Kombination

gebraucht - Pressemitteilung vom 7. Mai 2021

– Fetzer, Benedikt (2022): Empfehlungen zur Umsetzung der Mantelverordnung zur Förderung der Wiederverwendung der Böden

urbaner Kleinbaustellen

– Imhäuser, Daniel (2021): Wie wir der Mantelverordnung den Boden bereiten - Eine unternehmerische Perspektive. In: Thiel S.,

Thomé-Kozmiensky E. [Hrsg.] (2021): Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 8 – Aschen, Schlacken, Stäube und Baurestmassen –

Neuruppin: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, 303 S.

– Remex GmbH (2020): Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung und der Deponieverordnung https://remex-solutions.de/presse/

pressearchiv/aenderung-der-deponieverordnung-und-der-abfallverzeichnis-verordnung

– Remex GmbH (2022): Ersatzbaustoffverordnung am Ziel: Verbindliches Inkrafttreten 2023, https://www.remex.de/geschaefts bereiche/ersatzbaustoffe/ersatzbaustoffverordnung/

– Stracke, Gernot (2022): Ersatzbaustoffverordnung, EBV-Portal, https://ersatzbaustoffverordnung.de/

– Susset, Bernd (2021): Welche Änderungen bringt die Umsetzung der MantelV für die Branche in Baden-Württemberg? –

ein Überblick. 24. Baustoff-Recycling-Tag

– Verordnung der Bundesregierung vom 19.02.2021 (Bundesregierung) [Hrsg.] (2021): Verordnung zur Einführung einer Ersatzbau-

stoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung

und der Gewerbeabfallverordnung

– Verordnung der Bundesregierung vom 03.05.2021 (Bundesregierung) [Hrsg.] (2021a): Verordnung zur Einführung einer

Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der

Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung

– Weiß, Michael (2021): Wie bereiten wir uns auf die Mantelverordnung vor? - Aus Sicht der Abbruch-Branche. In: Thiel S., Thomé Kozmiensky E. [Hrsg.] (2021): Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 8 – Aschen, Schlacken, Stäube und Baurestmassen – Neuruppin: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH, 303 S.

– Zorn, Lys Birgit (2022): Die Ersatzbaustoffverordnung aus Sicht der Entsorgungsbranche. Niedersächsisches Fachforum zur

Ersatzbaustoffverordnung

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 11-12/2022

Einführung der Mantelverordnung in 2023, Teil 2

Was kommt auf die Bauunternehmen zu?

In Teil 1 des Beitrags zur Einführung der Mantelverordnung, veröffentlicht in THIS 10.2022, geht es um eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation mineralischer Abfallstoffe. Dieser abschließende...

mehr

Initiative Kreislaufwirtschaft Bau: Fortsetzung der Erfolgsgeschichte mit aktuellen Monitoring-Berichten

„Es ist ein großer Erfolg der deutschen Bauwirtschaft, dass schon heute die ehrgeizigen europäischen Verwertungsziele ab 2020 weit übertroffen werden. Die Bauwirtschaft setzt damit das Anliegen...

mehr

Ersatzbaustoffverordnung: Wegweiser für die Praxis

Anwender-Handbuch von Remex soll beim Übergang auf das neue Regelwerk unterstützen

In der praktischen Umsetzung ist die Einhaltung der EBV mit einigen Herausforderungen verbunden. Akteure der Bauwirtschaft sowie der öffentlichen Hand sind daher gut beraten, sich schon jetzt auf das...

mehr
Ausgabe 06/2012 DAV

Asphaltindustrie erhöht Wiederverwertung

Die deutsche Asphaltindustrie hat im vergangen Jahr 2011 die Verwertung von Ausbauasphalt deutlich gesteigert. Wie der Präsident des Deutschen Asphaltverbandes (DAV), Bernd Lange, in Bonn mitteilte,...

mehr
Ausgabe 08-09/2017

Neue Gewerbeabfallverordnung: Digital absichern

www.abfalldoku.de Ab dem 1. August tritt die neue Gewerbeabfallverordnung in Kraft. Damit kommen neue Verpflichtungen und Fragen auf Unternehmen zu. Helfen kann das Kölner Unternehmen Clover...

mehr