Ein entscheidender Zeitpunkt!

Rechtsfragen zur Fälligkeit und Verzinsung des Werklohns

Die Fälligkeit der Vergütung ist neben der Abnahme für den Auftragnehmer ein entscheidender Zeitpunkt. Anlässlich einer aktuellen Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 21.06.2011 – 21 U 119/10 –  soll dieser Beitrag die unterschiedlichen Regelungen für die Fälligkeit der Vergütung und die Verzinsung bei einem BGB-Vertrag und einem VOB-Vertrag aufzeigen und den Bauvertragsparteien die Unterschiede deutlich machen. Bei einem VOB-Bauvertrag setzt die Fälligkeit der Vergütung jedoch die Vorlage einer prüffähigen Rechnung voraus (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B).

Frage 1: Ist eine Rechnung für die Fälligkeit beim BGB-Vertrag erforderlich?

Grundsätzlich ist gem. § 641 Abs. 1 S. 1 BGB die Vergütung beim BGB-Vertrag bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Danach wird die Vergütung mit der Abnahme des Bauwerks (sofort) fällig. Einer Rechnung, die die Höhe der Vergütung bestimmt, bedarf es grundsätzlich nicht. Die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung ist kraft Gesetzes somit nicht erforderlich, um die Fälligkeit der Vergütung herbeizuführen.

Etwas anderes gilt selbstredend dann, wenn die Parteien vertraglich eine solche Fälligkeitsvoraussetzung vereinbart haben. In diesem Fall gilt nach der Rechtsprechung des BGH die zu § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B entwickelten Grundsätze. Danach muss der Auftraggeber Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Rechnung binnen 2 Monaten nach Zugang derselben erheben; andernfalls wird die Rechnung fällig (BGH BauR 2007, 110). 

Unabhängig davon ist zu beachten, dass Fälligkeit erst mit Zugang einer Rechnung eintreten kann, wenn der Auftraggeber erst aufgrund der Rechnung des Unternehmers erkennen kann, welchen Betrag er schuldet. Wenn also, wie beim Einheitspreisvertrag, die Höhe der Werklohnforderung nicht von vorherein feststeht, tritt die Fälligkeit der Vergütung erst mit Übergabe der Rechnung ein (OLG Frankfurt IBR 2000, 367). Aber auch dann, wenn der Auftraggeber erst aufgrund einer prüfbaren Aufstellung des Auftragnehmers feststellen kann, für welche Leistungen er welche Vergütung zahlen soll, ist eine Rechnung nach herrschender obergerichtlicher Rechtsprechung erforderlich. Das neue Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.06.2011 bestätigt diese Rechtsprechung.

In dieser Entscheidung ging das OLG sogar davon aus, dass die Parteien eines BGB-Bauvertrages sich stillschweigend dahin gehend geeinigt hatten, dass der Vergütungsanspruch erst mit der Erteilung einer Rechnung fällig werden sollte. Dies ergebe sich aus der Form des Vertragsabschlusses (mündlich) und der Vertragsdurchführung (die von den tatsächlichen Umständen wie den Kosten der noch zu bestellenden Steuerleitungen und des notwendigen Kleinmaterials abhingen). 

Davon zu trennen ist die Frage, ab wann die Verjährung des Vergütungsanspruchs zu laufen beginnt. Auch hierbei kommt es auf die Fälligkeit der Forderung an. Der BGH hat dazu aufgrund des oben zitierten Gesetzestextes in § 641 BGB entschieden, dass der Vergütungsanspruch schon mit der Abnahme fällig werde (BGH BauR 1981, 199).  Die Erteilung einer Rechnung spielt insoweit keine Rolle. Ob dies allerdings vor dem Hintergrund der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung noch haltbar ist, wird sich zeigen. Der BGH hat sich dazu bisher nicht äußern müssen. Auch das OLG Düsseldorf hat hierzu „eine Kurve gedreht“ und festgestellt: „…Die Frage, ob Fälligkeit und Verzug auch ohne Rechnung eintritt, bedarf vorliegend nach Auffassung des Senats keiner abschließenden Entscheidung. Denn hier ist von einer stillschweigenden Einigung der Parteien dahingehend auszugehen, dass der Werklohnanspruch des AN erst mit der Erteilung einer Rechnung fällig werden sollte…“   

Unsauber ist die Formulierung des OLG im Hinblick auf den Verzug. Aus § 286 Abs. 3 BGB ergibt sich nämlich eindeutig, dass der Auftraggeber 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung in Zahlungsverzug gerät. Den „aha-Effekt“ hat sich das OLG Düsseldorf ersparen wollen.

Auch wenn eine Schlussrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung im BGB-Vertrag ist, ist spätestens bei der gerichtlichen Geltendmachung einer Vergütungsforderung eine Rechnung bzw. eine Aufstellung der erbrachten Leistungen und der dafür geforderten Vergütung notwendig, um den Vergütungsanspruch schlüssig darzulegen und zu begründen.

Welche Anforderungen an die Prüfbarkeit einer solchen Rechnung zu stellen sind, ist zwar ungeklärt, lässt sich aber unschwer aus den Anforderungen aus § 14 Abs. 1 VOB/B entnehmen, die allgemein gültigen Charakter haben.

Bei der Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung des § 641 Abs. 1 S. 1 BGB muss es sich nicht um eine ausdrücklich erklärte oder förmliche Abnahme handeln. Auch die sog. Abnahmefiktion nach § 640 Abs. 1 S. 3 BGB (fruchtlose Fristsetzung zur Erklärung der Abnahme) reicht für die Fälligkeit der Vergütung aus.

 

Frage 2: Was gilt beim VOB-Vertrag?

Der Vergütungsanspruch beim VOB-Vertrag wird gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B alsbald nach Prüfung und Feststellung der vom AN vorgelegten Schlussrechnung, spätestens zwei Monate nach Zugang der vorgelegten Schlussrechnung fällig. Die Vorlage einer prüffähigen (Schluss-) Rechnung ist beim VOB-Vertrag mithin  von vornherein Fälligkeitsvoraussetzung. Die unter Ziff. 1 aufgeworfenen Fragen sind hier obsolet.

Die Anforderungen an die Prüfbarkeit der Rechnung sind in § 14 VOB/B geregelt. So ist die Rechnung durch den AN übersichtlich aufzustellen; die in den Vertragsbestandteilen enthaltenden Bezeichnungen sind zu verwenden (§ 14 Abs. 1 S. 2 VOB/B). Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind gem. § 14 Abs. 1 S. 3 VOB/B beizufügen. Auch Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen (§ 14 Abs. 1 S. 4 VOB/B). Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Auftraggeber den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers nachvollziehen kann.

Zu beachten ist ferner, dass auch eine unrichtige Rechnung prüfbar ist. Die Richtigkeit einer Rechnung ist also nicht mit der Prüfbarkeit der Rechnung gleichzusetzen. Aus diesem Grund kann sich ein AG auch nicht pauschal auf die fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung berufen, wenn er sie mit Erfolg geprüft hat und in der Lage war, eventuelle Unrichtigkeiten der Rechnung nachzuweisen. Zu beachten ist schließlich, dass der Einwand mangelnder Prüfbarkeit nicht greift, wenn der Architekt bzw. Bauüberwacher des Auftraggebers die Rechnung als prüfbar bezeichnet oder tatsächlich geprüft hat (BGH BauR 2002, 468).

Wenn der Auftragnehmer eine prüfbare Rechnung nicht eingereicht hat, obwohl der Auftraggeber ihm hierzu eine angemessene Frist gesetzt hat, so kann der Auftraggeber gem. § 14 Abs. 4 VOB/B eine Rechnung auf Kosten des Auftragnehmers selbst aufstellen. Da ohne eine prüfbare Schlussrechnung die Verjährung nicht zu laufen be-
ginnt, ist dies durchaus sinnvoll. Dem Auftraggeber wird somit die Möglichkeit eröffnet, den Gang der Verjährungsfrist selbst zu beschleunigen. Auftraggeber greifen zu diesem auch für sie lästigen Mittel in der Baupraxis eher selten.

Zu beachten ist auch, dass ohne eine prüfbare Rechnung der Anspruch auf die Schlusszahlung nicht fällig wird und damit der Auftraggeber gar nicht in Zahlungsverzug geraten kann. Allerdings – und diese Besonderheit wird oft übersehen – tritt Fälligkeit auch bei nicht prüfbaren Rechnungen ein, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb der zweimonatigen Prüfungsfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 VOB/B Einwendungen gegen die Prüfbarkeit erhoben hat. Verspätete Einwendungen des Auftraggebers gegen die Prüfbarkeit sind dann aber als inhaltliche Einwendungen zu beachten, ohne dass die noch die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs berühren.

 

Frage 3: Welche Zinsregelungen gelten bei einem BGB-Vertrag?

Auch beim Anspruch auf Zahlung von Zinsen sind Unterschiede zwischen einem BGB-Vertrag und einem VOB-Vertrag zu beachten.

Bei einem BGB-Vertrag hat der Auftragnehmer gem. § 641 Abs. 4 BGB Anspruch auf Zinsen ab Fälligkeit des Vergütungsanspruchs. Die Fälligkeitszinsen entsprechen dem Basiszinssatz (§ 247 Abs. 1 BGB).

Davon zu unterscheiden sind die Verzugszinsen. Sie betragen bei Verträgen mit Verbrauchern 5%-Punkte und ansonsten 8%-Punkte über dem Basiszinssatz, der seit 01.01.2010 nur noch 0,12% beträgt; vorher lag er bei immerhin 3,62%. Mithin gilt  bei Verbraucher- Auftraggebern ein Verzugszins von derzeit 5,12 %, beui sonstigen Auftraggebern ein solcher in Höhe von 8,12%.

Das ist gemeinhin mehr als Banken geben können und selbst bei risikoreichen Kapitalanlagen nur schwer erreichbar. Mit dieser etwas flapsigen Anmerkung soll keineswegs der Rat zur gerichtlichen Geltendmachung von Werklohnansprüchen in den Fokus gestellt werden. Vielmehr soll Auftraggebern damit vor Augen gehalten werden, dass eine Nichtzahlung und ein Zahlungsverzug fatale Verzugsfolgen haben  kann, die im Einzelfall einen höheren Verzugsschaden nach sich ziehen als die Hauptforderung beträgt.

 

Frage 4: Welche Zinsreglungen gelten bei einem VOB-Vertrag?

Bei einem VOB-Vertrag fallen keine Fälligkeitszinsen an, da in § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B der Anspruch auf Zahlung von Zinsen abschließend geregelt ist. Für den Anspruch auf Verzugszinsen muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine angemessene Nachfrist setzen, wenn dieser bei Fälligkeit nicht zahlt. Sollte der Auftraggeber auch nicht innerhalb der Nachfrist zahlen, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nachfrist an Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 Abs. 2 BGB angegebenen und zuvor erwähnten Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweisen kann.

Wenn die VOB/B hingegen nicht als Ganzes vereinbart worden ist, respektive der Auftraggeber als Verwender eine Eingriff durch vertragliche Sonderregelungen vorgenommen hat,  mit denen von den VOB/B-Regelungen zu Lasten des Auftragnehmers abgewichen wird, hält diese Zinsregelung in § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B einer Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist dann nach § 307 BGB unwirksam ( BGH BauR 2009, 1736, 1741).

Für den Fall einer isolierten Inhaltskontrolle ist daher von der Unwirksamkeit der Zinsregelung des § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn die VOB/B als Ganzes einbezogen ist, soweit ein Verbraucher als Verwender der Klausel beteiligt ist (Beck’scher Online-Kommentar VOB/B, Stand: 01.05.2011, § 16, Rn. 19).

§ 16 Abs. 5 Nr.3 VOB/B stellt eine abschließende Regelung für die Verzinsung der Werklohnforderung dar und schließt die Anwendung gesetzlicher Vorschriften insoweit aus.

Nichtzahlung und Zahlungsverzug können fatale Verzugsfolgen haben!

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2011

Neue Urteile: Es geht ums liebe Geld

Kommentare zur aktuellen Rechtsprechung für die Bauwirtschaft

Kein Werklohnanspruch bei falscher Abrechnung Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 27. Januar 2011 – VII ZR 41/ 10 – (www.ibr-online.de) Folgendes entschieden: Ist eine Werklohnforderung...

mehr
Ausgabe 07/2017

Das neue BGB-Werkvertragsrecht

Teil 2: Neuerungen bei Abschlagszahlungen und Abnahmefiktion

Teil 1 der Artikel-Serie zur Reform des Bauvertragsrechts (erschienen in THIS 6.2017) hat sich mit der Frage beschäftigt, welche Rechtsfolgen in Zukunft eintreten, wenn mangelhafte Baustoffe...

mehr
Ausgabe 1-2/2011

Dreimal sprach ein OLG

Kommentare zur aktuellen Rechtsprechung für die Bauwirtschaft

Zur Kündigung eines Bauvertrags vor Abnahme und zur Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages Das OLG Schleswig hat mit – erst jetzt bekannt gewordenem – Urteil vom 9. März 2010 – 3 U...

mehr
Ausgabe 04/2019

Das neue BGB-Bauvertragsrecht

Was tun bei Massenänderungen und Vertragsänderungen?

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) erhielt prominente Konkurrenz: Seit Anfang des Jahres gibt es auch im überarbeiteten Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) spezielle Regelungen für...

mehr
Ausgabe 03/2015 ZENTRALER PUNKT AM BAU

Schluss mit der Abnahme-Verzögerung!

Rechtsanwalt Dr. Olaf Hofmann, Lehrbeauftragter für Baurecht, München Der so genannte „Gefahrübergang“ tritt mit der Abnahme ein. Gerade diese Regelung ist insbesondere für das Ausbaugewerbe...

mehr