Automatisch
durch´s Gelände

Testfahrt mit dem neuen Actros Bau mit Automatik-Getriebe

Selten hat man die Möglichkeit, einen schweren Bau-Lkw mal so richtig im Gelände zur Probe zu fahren. Gut dass es da den Offroad-Parcours von Daimler in Ötigheim gibt. Steile Hügel, aufgewühlte Sandstrecken, riesige Pfützen, Schotterpisten – wer Offroad-Fan ist, dessen Herz schlägt hier schneller.

Der Puls steigt

Bei uns steigt der Puls allerdings eher aus Respekt an – schließlich sollen wir als Offroad-Laie hier einen vollbeladenen 8x4 Bau Actros mit einem Gesamtgewicht von 32 t durch bewegen. Zum Glück ist unser Testfahrzeug mit dem neuen Powershift Offroad Getriebe ausgestattet – ein 12-Gang-Automatikgetriebe, über dessen Existenz ein Off-
road-Profi wohl eher die Nase rümpfen würde, über das wir uns aber freuen. Denn mit dem Getriebe wird die Fahrt ein echtes Kinderspiel: Im Prinzip fährt sich der schwere Lkw nicht anders wie ein Pkw mit Automatikgetriebe. Einfach den Wahlhebel der Automatik aus der „Neutral-Stellung“ in die Fahrstellung bringen und los geht es. Zum Anfahren wählt der Getriebecomputer auf der ebenen Schotterstrecke den 2. Gang. Mit seinen 465 PS und 2200 Nm hat der V6-Motor keine Probleme, den Actros mit seiner Ladung in Fahrt zu bringen.

 

Elektronik denkt mit

Beim Beschleunigen schaltet das Getriebe gleich vom zweiten in den vierten und – als wir etwas mehr Zutrauen fassen und das Gaspedal weiter durchdrücken – in den fünften Gang. Durch die von der Elektronik berechneten Gangsprünge wird ein zeit- und kraftstoffzehrendes Verzetteln vermieden, innerhalb kürzester Zeit erreicht man sein Marschtempo. Bei uns ist bei 30 km/h Schluss, denn jetzt wird das Gelände anspruchsvoller – Sandpiste und Pfützen, das Ganze in engen Kurven, erfordern unsere volle Aufmerksamkeit. Der Testfahrer-Begleiter erklärt uns jetzt erstmal die verschiedenen Schalter, die für die bevorstehende Geländefahrt relevant sind: Die Differentialsperren werden über einen Drehschalter nacheinander eingeschaltet – erst in Längsrichtung, dann die Quersperren hinten, als letztes dann auch in den Vorderachsen.  So wird eine falsche Reihenfolge beim Zu- und Abschalten einfach unterbunden.

Zudem bietet die Offroad-Variante des Powershift-Getriebes noch einige Sonderfunktionen, die sich per Knopfdruck zuschalten lassen: Darunter vier Rückwärts-
gänge, ein Freischaukel-Modus oder ein Rangier-Modus. Wir sollen auf unserer Testfahrt jetzt aber erstmal den „Power-Offroad-Modus“ einschalten. Damitwerden die Gänge weiter ausgedreht und länger gehalten. So gerüstet, trauen wir uns jetzt in den Schlamm. Im vierten Gang geht es in eine tiefe Pfütze, wir verlieren schlagartig an Fahrt. Automatisch schaltet das Getriebe direkt in den ersten Gang zurück. Damit ackert sich der Kipper souverän durch den Schlamm. Sobald er wieder festeren Boden unter den Rädern hat und der Fahrwiderstand abnimmt, schaltet er wieder in eine höheren Gang, und wir nehmen schnell Kurs auf den ersten Hügel.

 

Anfahren am Hang – kein Problem

Hier weist uns der Testbegleiter dann doch an, auf manuelle Schaltung zu wechseln. Das geht schnell und problemlos einfach durch drücken eines Knopfes am Gangwahlhebel. Im ersten Gang und mit durchgesperrten Antriebsachsen klettern wir den Berg hinauf – kaum zu glauben, dass wir in einem schweren Lkw sitzen und nicht in einen leichten Geländewagen. Und dennoch ist es so, wie unser Begleiter bei der unweigerlich folgenden Talfahrt nicht vergisst zu bemerken: „Jetzt drücken 32 Tonnen von hinten.“ Da wird es uns doch etwas mulmig – aber dank Konstantdrossel und Motorbremse bekommen wir auch den Abstieg sicher hin.

Und weil es soviel Spaß gemacht hat, drehen wir gleich noch eine Runde. Doch jetzt wird es noch spannender: Unser Begleiter ermuntert uns, mitten auf dem steilen Hang einfach mal stehen zu bleiben. Grund – wir sollen den Anfahr-Assistent testen. Kern dieses Systems ist, dass nach jeder Betätigung des Bremspedals der Bremsdruck bei stehendem Fahrzeug nach dem Loslassen des Pedals für rund eine Sekunde erhalten bleibt. So bleibt genügend Zeit, den Fuß vom Brems- auf das Fahrpedal zu setzen, ohne dass der Lkw am Hang zurückrollt. Und wirklich – das Anfahren am Hang ist absolut einfach. Wobei wir noch nicht einmal Gas geben müssten – selbst im Standgas kriecht der Actros mühelos den Hügel hoch. Denn neben der Gangwahl übernimmt die Powershift-Elektronik auch das Drehzahlmanagement des Motors. Eine integrierte Neigungssensorik sorgt zudem für die Feinsteuerung des Getriebes. Wir müssen bloß noch lenken …

Eine gewisse Euphorie macht sich bei uns breit – so einfach ist das, einen schweren Bau-Lkw durch das Gelände zu bewegen! Aber unser Begleiter mahnt: „Im schweren Gelände bleibt das Wissen und Können des Fahrers unverzichtbar!“ Aber mit Powershift wird es deutlich stressfreier – und materialschonender.

[www.mercedes-benz.de/lkw]

Dipl.-Ing. Olaf Meier,

Mönchengladbach

... die Fahrt wird zum echten Kinderspiel!

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