TENSARTECH WALL

Mörtel- und schalungsfreier Bau von Stützkonstruktionen

Am 27. Juli 2012 wurde die Ortsumgehung Rödental im Landkreis Coburg eröffnet. Zuge der Erstellung der Ab- und Zufahrt auf die Bundesstraße 4 –

südlich und östlich der Talbrücke Mönchröden – wurde die Ausbildung von drei bis zu etwa 14 m hohen Stützkonstruktionen erforderlich.

Das Staatliche Bauamt Bamberg beauftragte die Firma Streicher GmbH Tief- und Ingenieurbau Jena mit der Ausführung der ca. 3.500 m2 geogitterbewehrten Stützkonstruktionen System TensarTech Wall mit einer Front aus Beton-Stapelsteinen und einer Frontneigung von 86°.

Die Ortsumgehung Rödental liegt im Landkreis Coburg im Norden Bayerns und verläuft von der BAB A 73 nördlich an der Stadt Rödental vorbei in Richtung Osten. Sie schleift am östlichen Ortsrand in die frühere Staatsstraße St 2202 ein. Dieser mittlerweile zur Bundesstraße 4 aufgestufte Straßenzug verläuft weiter über Neustadt b. Coburg bis zu der 2010 durchgehend fertig gestellten B 89 – Ortsumgehung Sonneberg in Thüringen.

Geometrie der Stützkonstruktionen

Die drei Stützkonstruktionen weisen folgende gemeinsame Merkmale auf:

– Stützkonstruktion 1 befindet sich südlich und bahnseitig zwischen Kilometer 0+074,269 und 0+500 mit einer Länge von 426 lfm und einer Konstruktionshöhe von 2,3 bis 9,1 m über Gelände. Die Abwicklungsfläche über Fundament beträgt ca. 1.652 m².

– Stützkonstruktion 2 verläuft nördlich zwischen Kilometer 0+080,533 und 0+209,858 mit einer Länge von 139 lfm und einer Konstruktionshöhe von 1,2 bis zu 14,5 m über Gelände. Die Abwicklungsfläche über Fundament beträgt ca. 1.035 m².

– Stützkonstruktion 3 befindet sich nördlich zwischen Kilometer 05+000 und 05+210 mit einer Länge von 212 lfm und einer Konstruktionshöhe von 1,1 bis 9,3 m über Gelände. Die Abwicklungsfläche über Fundament beträgt ca. 768 m².

An der höchsten Stelle in der Kombination von Wand 1 und 2 ist die gesamte Konstruktion ca. 17 m hoch und stellt damit einer der höchsten Bauwerke dieser Art in Deutschland dar.

Die obere Stützkonstruktion betrifft die südliche Abfahrt von der Talbrücke Mönchröden, die untere die südliche Auffahrt auf die B 999 in Richtung Neustadt. Im Querschnitt ist an der linken Seite der Damm der Bahnlinie Coburg – Ernstthal a. Rennsteig erkennbar. Zwischen der Bahnlinie und der unteren Böschung wurde ein 3 m breiter Wartungsweg gebaut. Als oberer Abschluss der Stützkonstruktionen wurde eine Verbundlösung von Stahlbeton-Kopfbalken mit aufgesetzter Brücken-Regelkappe zur Aufnahme der Schutzeinrichtung und des Geländers gewählt. Kopfbalken und Kappe haben keine direkte Verbindung mit der Stützkonstruktion. Der Kopfbalken reicht unter den Fahrbahnoberbau und ist zusätzlich über statisch dimensionierte Geogitter in den frostsicheren Oberbau rückverhängt, um die Anpralllasten ohne Einfluss auf die Stützkonstruktion sicher ableiten zu können.

Systembeschreibung

Das System „TensarTech® Wall“ beruht auf dem Konstruktionsprinzip „bewehrte Erde“ und besitzt eine massive Außenhaut aus Betonstapelsteinen mit einer Systemneigung von 86°.

Die lagenweise mit den nach der Standsicherheitsberechnung erforderlichen Längen und Lagenabständen einzubauenden Tensar® Geogitter werden mittels eines speziellen Verbindungselementes kraftschlüssig durch Formschluss mit den Betonstapelsteinen verbunden. Somit besteht das System „TensarTech® Wall“ aus vier Hauptkomponenten:

– Frontelement aus Betonstapelsteinen

– Einaxiale Geogitter aus Polyethylen hoher Dichte (HDPE)

– Verankerungselement

– Füllmaterial (bauseits gestellt)

Unterhalb der Konstruktion ist ein bewehrtes Betonfundament angeordnet. Der erste Stein der TensarTech Wall-Konstruktion wird gemäß der oben gezeigten Systemskizze in die mit Mörtel verfüllte Aussparung gesetzt. Hinter der Wand ist eine Drän-schicht mit 30 cm Dicke angeordnet, die über eine Dränleitung am Wandfuß in eine geeignete Vorflut entwässern kann. Alle Dränelemente wurden filterstabil zum umgebenden Boden ausgebildet.

Statische Bemessung

Die statischen Nachweise erfolgten auf Grundlage der DIN 1054-2005 und DIN 4084 2009 und den „Empfehlungen für Bewehrungen aus Geokunststoffen“ (EBGEO), Deutsche Gesellschaft für Geotechnik, Essen, Ausgabe 2010.

Nachgewiesen wurden die Geländebruchsicherheit, Grundbruch, Kippen, Gleiten und die innere Standsicherheit der Stützkonstruktion. Hieraus ergaben sich die erforderlichen Längen und Festigkeiten der Geogitter.

Bauausführung

Nach dem Herstellen des Betonfundamentes wurde die erste Steinlage in ein Mörtelbett eingelegt. Genau wie bei jeder anderen Wandkonstruktion auch, kommt der ersten Lage eine besondere Bedeutung zu. Je besser diese verlegt wird, um so einfacher und schneller der Baufortschritt. Bis zur Oberkante der ersten Steinlage wurde Dränage- und Füllmaterial eingebaut und entsprechend verdichtet.

Auf diesem Planum wurde zwischen der ersten (im Mörtelbett liegenden) und der zweiten Steinlage die erste Geogitterlage eingelegt. Der Lagenabstand bei dem System TensarTech Wall beträgt in der Regel 0,45 m (jede dritte Steinlage).

Das Geogitter wird mit Hilfe des Verankerungselementes in dem Nut- und Feder System der Stapelsteine fixiert und kann dann gespannt werden. Das Spannen des Geogitters ist wichtig, damit ein evtl. Schlupf vermieden wird und eine sofortige Kraftaufnahme möglich ist.

Nach dem Verlegen der nächsten Steinlage (ohne Geogitter) wurde dann wieder Dränage- und Füllmaterial bis zur Oberkante eingebaut und verdichtet, so dass wieder ein Planum für die nächste Geogitterlage entstand. Nach diesem System wurde dann weiterverfahren bis die endgültige Wandhöhe erreicht wurde.

Auch das Herstellen der entsprechenden Radien (bei Wand 1 und insbesondere 2) stellte kein Problem dar. Aufgrund des konisch nach hinten zulaufenden Stapelsteines ist der Bau von Innenradien sehr einfach möglich, ohne dass in der Front größere Vertikalfugen auftreten.

Da die Wände an vorbestimmten Fixpunkten abschließen mussten, war die ständige Überwachung der Neigung unerlässlich, und ab einer bestimmten Wandhöhe wurden Absturzsicherungen erforderlich. Auch das wurde von dem ausführenden Unternehmen vorbildlich gelöst.

Das Aufsetzen der Kopfbalken und der Brücken-Regelkappe erfolgte mittels einer entsprechenden Schalung und stellte kein Problem dar.

Zusammenfassung

Das System TensarTech® Wall ermöglichte durch die mörtel- und schalungsfreie Bauweise eine schnelle und kostengünstige Realisierung des Teilprojektes und leistete damit einen wichtigen Beitrag für die Wirtschaftlichkeit der Gesamtbaumaßnahme. Trotz schwieriger Topografie und beengten Platzverhältnissen ist es durch die Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten gelungen, ein anspruchsvolles Ingenieurbauwerk zu erstellen, das sich auch durch die attraktive Optik harmonisch in das Gesamtbild einfügt.

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