Welcher Baustoff für das Haus?

Interview mit Dr. Hannes Zapf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Kalksandsteinindustrie

Stein oder nicht Stein – das ist für viele Bauherren die Frage. Wer den idealen Wandbaustoff für sein Haus sucht, wird mit den unterschiedlichsten Baustoffen konfrontiert – vom Beton über Holz bis zu Mauerwerk.

Hinzu kommt noch, dass die Vor- und Nachteile eines Wandbaustoffs nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Stellt sich nach dem Einzug heraus, dass der Baustoff die gewünschten Anforderungen nicht erfüllt, ist es leider zu spät. Einmal eingebaut kann er nicht mehr einfach ausgebaut und ersetzt werden – wie es zum Beispiel bei der Badgarnitur der Fall ist. Dr. Hannes Zapf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Kalksandsteinindustrie wirft in einem Gespräch einen Blick hinter die Fassade – auf Holz, Beton und Mauerwerk. Und hier insbesondere auf den massiven Wandbaustoff Kalksandstein

 

Frage: Wodurch unterscheiden sich die Bauweisen mit Holz, Beton und Mauerwerk?

Dr. Zapf: Die Unterschiede zwischen massiven Steinhäusern und Gebäuden aus Holz oder Beton sind zunächst ästhetischer Natur. Hier trifft das Bauchgefühl des Bauherrn die Vorauswahl des Baustoffs. Letztendlich aber sollte er sich an belegbaren Fakten orientieren. Insbesondere wenn es sich um Themen wie Bauphysik, Ökologie und Wohngesundheit handelt. Die verschiedenen Eigenschaften der Baustoffe wirken sich unmittelbar auf die Art zu wohnen, zu leben aus und möglicherweise auch auf die Gesundheit der Bewohner.

 

Frage: Beispiel Holz. Holz wird immer als der ökologische Baustoff dargestellt. Wie stehen Sie zu diesen Aussagen?

Dr. Zapf: Mit Ökologie haben Holzhäuser kaum noch etwas zu tun. Leider wird die Holzbauweise viel positiver geschildert, als es tatsächlich der Fall ist.

 

Frage: Wie ist das zu verstehen?

Dr. Zapf: Für mich sind Holzhäuser aus vielerlei Gründen sehr kritisch. Zum Beispiel heißt es immer wieder, dass bei Holzhäusern mit nachwachsenden Rohstoffen gearbeitet wird. In Wirklichkeit besteht das Holzhaus im Wesentlichen aus Dämmstoffen, um den notwendigen Wärmeschutz zu erhalten. Auch kommt ein Holzhaus nicht ohne Chemikalien aus. Zum Beispiel für Imprägnierungen und Anstriche, die das Holz dauerhaft vor Schädlingen etc.. schützen sollen. Fakt ist, dass es kein reines Holzhaus in Deutschland gibt. Mauersteine wie der Kalksandstein haben es da viel einfacher.

 

Frage: Inwiefern?

Dr. Zapf: Schon der Name Kalksandstein verrät seine ökologische Qualität:  Kalk, Sand und Wasser. Diese drei natürlichen Rohstoffe machen den Kalksandstein zu einem ökologisch reinen Wandbaustoff. Ohne chemische Zusätze und frei von Allergie auslösenden Substanzen. Und Chemikalien zum Beispiel zum Schutz vor Schädlingen braucht Kalksandstein natürlich auch nicht.

 

Frage: Die Holzbauweise hat bei den Landesregierungen eine sehr gute Lobby. Sie wurde von den Regierungen immer wieder als die ökologische Bauweise hervorgehoben. Wie kommt das?

Dr. Zapf: Die Bundesländer sind teilweise sehr große Waldbesitzer. In der Vergangenheit hat der Staat über den Holzabsatzfond die Holzbauweise mit Steuergeldern indirekt gefördert. Mit diesem Wettbewerbsvorteil ist aber seit dem 31.08.2009 vorbei. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden und das Holzabsatzfondsgesetz hinsichtlich seiner Finanzierungsgrundlage mit Zwangsabgabe und seiner Aufgabenstellung für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Als Konsequenz aus dieser Entscheidung ist der Holzabsatzfonds stillgelegt worden.

 

Frage: Gibt es schon einen „Nachfolger“ des Holzabsatzfonds?

Dr. Zapf: Die Holzindustrie ist gerade dabei eine neue Marketingorganisation auf die Beine zu stellen. Die Politik muss aber Wettbewerbsgleichheit schaffen und nicht wie in der Vergangenheit praktiziert, eine spezielle Bauweise unterstützen. Wir beobachten das genau und werden nötigenfalls dagegen vorgehen.

 

Frage: In Beratungsgesprächen stehen natürliche Baustoffe und Umweltschutz ganz oben auf der Prioritätenliste der Bauherren. Was hat der Kalksandstein hier zu bieten?

Dr. Zapf: Gerade das Reine, Natürliche – Kalk, Sand und Wasser – hat bei Bauherrn eine enorme Akzeptanz. Aber nicht nur die ökologischen Bestandteile von Kalksandstein wissen Bauherrn zu schätzen. Auch der niedrige Energiebedarf bei der Baustoffproduktion kann sich sehen lassen.

Stichworte: Treibhausgase und CO2Ausstoß. Kalksandstein benötigt bei der Produktion sehr niedrige Temperaturen von nur etwa 200°C und extrem kurze Härtezeiten von nur acht- bis zehn Stunden. Damit wird die Umwelt bereits bei der Herstellung geschont. Dies ist auch in einer Ökobilanz, die von unabhängigen Instituten erstellt worden ist, dokumentiert. Zum Vergleich: Der Brennvorgang von Ziegelsteinen ist mit Temperaturen von 1.000 °C extrem energieintensiv.

 

Frage: Auf welche weiteren Aspekte sollte der Bauherr achten, wenn er vor der Wahl steht: Holz oder Mauerwerk?

Dr. Zapf: Hier gibt es eine ganze Reihe von weiteren Gesichtspunkten, die zu beachten sind. Brandschutz ist zum Beispiel ein Thema, das allerdings in den Verkaufsgesprächen fast immer gemieden wird. Es ist eben nicht positiv besetzt. Jedem aber ist bewusst, dass der Brandschutz enorm wichtig ist. Er schützt das Hab und Gut und natürlich das Wichtigste, was wir haben: das Leben. Auf der sicheren Seite liegen die Bauherren, die mit massiven Mauersteinen bauen. Denn Mauersteine, wie der Kalksandstein, brennen nicht. Und Holz – dass weiß jeder – Holz brennt. Eine große Gefahr ist zum Beispiel die Einsturzgefahr der Holzhäuser im Brandfall. Sind die im Holzständerwerk oft verwendeten metallischen Ver­bindungen nicht ausreichend gegen Überhitzung abgedeckt, verlie­ren sie im Brandfall ihre Tragfähigkeit und die tragende Kon­struktion stürzt schon nach kurzer Zeit ein. Die Tragkonstruktion eines Haus aus Mauerwerk ist während und nach einem Brand sicher und standfest.

 

Frage: Der sommerliche Hitzeschutz wird aufgrund des Klimawandels immer wichtiger. Wie verhalten sich hier Holzkonstruktionen im Vergleich zum massiven Mauerwerk?

Dr. Zapf: Übermäßige Hitze ist zum Beispiel besonders in Dachgeschossen spürbar und gefürchtet. Man spricht hier ja auch vom „Barackenklima“. Holzbauten sind ja auch meistens Leichtbauten. Und Leichtbaukonstruktionen sind im Vergleich zu massiven Mauersteinen zu leicht und haben zu wenig Masse, um die Wärme während sommerlicher Hitzeperioden ausreichend zu speichern und die Räume kühl zu halten. Im Vergleich dazu kann mit schwerem, massivem Mauerwerk und deren Wärmespeicherfähigkeit, das „Barackenklima“ vermieden oder zumindest deutlich reduziert werden. Deshalb ist es auch in Kalksandstein-Häusern selbst bei sommerlichen Höchsttemperaturen angenehm und wohltuend kühl. Nach demselben Prinzip – Wärme speichern – Wärme abgeben - funktioniert auch der winterliche Wärmeschutz. Zusammengefasst: Mit massivem Mauerwerk erhalten Bauherrn einen optimalen sommerlichen Hitzeschutz wie auch einen hohen winterlichen Wärmeschutz. Mit jeweils jahreszeitlich bedingt, angenehmen Temperaturen. Erfrischend im Sommer, behaglich warm im Winter.

 

Frage: Beton ist wie Mauerwerk ein massiver Baustoff. Welche Unterschiede zum Mauerstein gibt es?

Dr. Zapf: Auch hier nur einige Beispiele. Thema Feuchtigkeit. Obwohl Bauherren so schnell wie möglich in ihr neues Haus einziehen wollen, sollten sie bedenken, dass alle Baustoffe absolut trocken sein müssen, bevor man zum Beispiel mit dem Tapezieren anfangen kann. Ansonsten treten infolge überhöhter Restfeuchte die unterschiedlichsten Schäden auf. Und Wasser ist ein Hauptbestandteil von Beton. Er wird nass in Form gegossen und braucht danach viel Zeit zum Trocknen. Mauerwerk kommt dagegen in trockenen Zustand auf die Baustelle und kann viel schneller und sicherer bearbeitet werden.

Beton ist also nichts für Bauherren, die es sich schnell in ihrem neuen Heim gemütlich machen wollen. Oder Wohlfühlklima und Wohngesundheit. Auch hier spielt Feuchtigkeit eine große Rolle. Zum Beispiel brauchen Schimmelpilze vor allem Feuchtigkeit, um sich zu vermehren. Und die wird nicht nur während der Bauphase ins Haus transportiert, auch wenn wir kochen, duschen oder atmen wird Feuchte erzeugt. Kalksandstein hat auch in puncto Feuchteschutz sehr gute Karten. Aufgrund seiner Struktur ist er feuchteregulierend. Das heißt, die Wände nehmen überschüssige Luftfeuchtigkeit auf und geben sie an den Raum erst wieder ab, wenn die Feuchtigkeit abgenommen hat. Zum Beispiel wenn ausreichend gelüftet wurde. So wird beispielsweise dem Schimmelpilzbefall sicher vorgebeugt.

Beim Beton kann es vorkommen, dass durch die hohe Dichte der Wände, die Feuchtigkeit von der Wand nicht ausreichend aufgenommen wird. Dadurch entstehen möglicherweise Probleme in Bezug auf Tauwasserbildung an der Innenseite der Wände. Kalksandstein nimmt im Vergleich dazu die Feuchtigkeit sehr gut auf und schafft damit auch ein gesundes Raumklima.

 

Frage: Oft wünschen sich Bauherrn während der Bauphase noch Änderungen an der Fassade oder an der Grundrissgestaltung. Ist die Bauweise mit Mauersteinen flexibel genug, diese Wünsche zu erfüllen?

Dr. Zapf: Gerade Flexibilität, die im Wohnungsbau mehr und mehr gefordert wird, zeichnet den Mauerstein aus und begründet den hohen Marktanteil der Mauersteine im Wohnungsbau. Immerhin verarbeiten über 80 % der Investoren Mauersteine.

Zu Ihrer Frage: Selbstverständlich können beim Mauerwerksbau auch während der Bauzeit noch Änderungen vorgenommen werden, beispielsweise wenn zusätzliche Fensteröffnungen oder Installationen gewünscht werden. Nachträgliches, flexibles Gestalten ist mit Beton aus statischen Gründen – Stichwort Stahlbewehrung – so gut wie nicht möglich. Ungeplante Aussparungen nachträglich zu erstellen ist dann bei Betonbauten besonders teuer. Da sind Kalksandsteine sehr im Vorteil. Sie sind massiv und trotzdem flexibel.

[www.kalksandstein.de]

Massiv ist und bleibt Massiv!

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