Kein Geld verlieren

Das gute alte Vorschlagwesen hat sich zum Ideen- und Verbesserungsmanagement (IVM) gemausert. Geblieben ist die ursprüngliche Zielsetzung, die Mitarbeiter zu Mitentwicklern des Unternehmens zu machen. Wie das über die Zeit erreicht wurde und heute wird, untersuchte das Institut für Organisation und Personal der Universität Bern. Zentrale Erkenntnis der Studie: Wer grundlegende Innovationen will, kommt damit nicht weit genug. Wer hingegen an Innovationen und Verbesserungen in kleinen Schritten interessiert ist, vergibt eine große Chance, wenn er kein professionellesIdeen- und Verbesserungsmanagement einführt.

 

Versiegende Ideenquellen

Der Untersuchung zufolge trifft es die Betriebe schwer, versiegt die Ideenquelle „Mitarbeiter“.  Werkeln die Mitarbeiter ohne sich weitergehende Gedanken über ihre Arbeit zu machen einfach nur so vor sich hin,  verlieren die Betriebe ganz konkret  Geld. Erstens in Form von Einsparmöglichkeiten durch Prozessverbesserungen oder in Form von neuen Einnahmequellen, die sich aus Angebots- oder speziellen Produktverbesserungen oder -innovationen ergeben.

Zweitens in Gestalt von abwandernden Kunden, die spüren, dass ihre Hinweise nicht aufgegriffen werden oder dass sie nicht mit- und weiterdenkend bedient werden. Und drittens Geld in Form von Kündigungen motivierter Mitarbeiter, auf deren Anregungen niemand hört.

Was hindert die Belegschaft am Mitdenken? In Kleinunternehmen gibt es direkte Wege, gute Ideen direkt dem Chef vorzutragen. Vorausgesetzt natürlich, der Chef zeigt, dass er das wünscht und dafür ein offenes Ohr hat. Wächst aber der Betrieb und es gibt Hierarchiestufen, braucht es ein IVM, um Barrieren zu überwinden.Nicht jeder Vorgesetzte schätzt, erträgt und fördert Mitarbeiter mit eigenen Ideen. Nicht eben wenige betrachten Verbesserungsvorschläge als ungeschätzte Eingriffe in ihren Hoheitsbereich.

 

Hindernisse ausräumen

Im Selbstverständnis vieler Vorgesetzter, die klügsten Köpfe ihrer Truppe sein zu müssen oder zu wollen, liegt also ein wesentliches Hindernis für engagiertes Mitdenken. Die Statusangst gewisser Vorgesetzter, immer selbst die besten Ideen haben zu müssen, entlarvt die Studie als kontraproduktiv im doppelten Sinn.  Zum einen schaden sie damit dem Betrieb. Und zum anderen machen sie sich selber das Leben dadurch unnötig schwer. Ohne das Mitziehen seiner Leute kommt kein Vorgesetzter zu wirklich bemerkenswerten und schon gar nicht zu anhaltenden Erfolgen. Alle Mitarbeiter bringen spezifisches Wissen ein. Dies bestmöglich zu nutzen, zu bündeln, zu koordinieren, auf ein Ziel hin zu orientieren, das ist Vorgesetztenaufgabe. Dieses Können macht den guten, den besseren Vorgesetzten – und Chef – aus.

Doch so bedeutsam Vorgesetzte für ein ergiebiges Ideen- und Verbesserungsmanagement sind, materielle Anreize dürfen auch nicht unterschätzt werden. Sie sind ein handfester Anreiz, die Augen offen zu halten und den Spürsinn der Belegschaft zu fördern, zeigt die Studie.  Allerdings darf ein Anreizsystem nicht völlig auf das Materielle ausgerichtet werden. Das würde am Ende falsche Verhaltensmuster bewirken, analog zu einseitig „boni-getriebenen“ Managern.

 

Verbesserungsmanagement

Und noch etwas spricht für Einrichtung und Pflege eines funktionierenden Ideen- und Verbesserungsmanagements:
Die Notwendigkeit, die beste Person an den für sie besten Platz im Betrieb zu setzen. Eindrücke aus dem Ideen- und Verbesserungsgeschehen  können dabei sehr hilfreich sein. Wer nicht nur einmal eine gute Idee hat, einen goldenen „Sonntagsschuss“, sondern über die Zeit hinweg immer wieder entsprechend auffällt, zeigt schließlich: Ich kann mehr als das aktuelle Anforderungsprofil meiner derzeitigen Stelle von mir verlangt. Ein solches Leistungspotenzial muss gefördert und betrieblich sinnvoll eingesetzt werden.

Wobei nicht vergessen werden sollte, auch den entsprechenden Vorgesetzten dafür Anerkennung auszusprechen, dass ein solches Talent unter seinen Fittichen groß werden konnte! „Wir müssen die Erkenntnis voranbringen, dass ein solches Tun für die Qualität des Vorgesetzten spricht“, sagt Institutsdirektor  Norbert Thom. Noch viel zu oft komme doch der Vorwurf „Na, da hätten Sie doch selbst drauf kommen müssen!“ Da sei grundfalsch im Sinne eines lebendig-innovativen Betriebs!

Wäre er Chef, wie würde Thom die Erkenntnisse aus seiner Studie umsetzen? Das, sagt er, „hängt von der Größenordnung und Struktur meines Betriebs“ ab. Das Wichtigste sei eine Kultur der Ideenförderung zu verankern. „Als Chef bin ich der oberste „Kulturschaffende“! Daher sende ich sofort ein starkes Signal aus, dass mir Ideen jeglicher Art von allen Mitarbeitern zur fortlaufenden Verbesserung unseres Betriebes jederzeit willkommen sind. Jeder der eine Idee hat, kommt damit direkt zu mir! Wenn wir dann wachsen und eine Größenordnung erreichen, in der diese direkte Führung nicht mehr realisierbar ist, dann werde ich – nach den Erkenntnissen meiner langjährigen Forschung – modular ein IVM etablieren.“

Dipl.-Betriebswirt Hartmut Volk
Freier Wirtschaftspublizist
Redaktionsbüro Wirtschaft&Wissenschaft, Bad Harzburg
E-Mail: hartmut.volk@t-online.de

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