Den Besprechungsfrust reduzieren

Ungebremste persönliche Redefreudigkeit trägt viel zur Besprechungsfolter bei. Die häufig themenfernen, dafür aber meist sehr zungenfertigen Selbstdarsteller im Zaum und am Thema zu halten, ist in erster Linie Aufgabe des hierarchisch Höchsten in der Besprechung. Wenn der nun aber höchstpersönlich die Besprechung durch seine Monologe zum Marathon für die Nerven macht?

Häufig ist das eine unlösbare Situation. Falls dem Betreffenden dieses Verhalten nicht bewusst ist und er dieses nicht als Teil seines „Macht ausspielen“ einsetzt, ist es manchmal möglich, ihn am Rande oder nach einer Besprechung unter vier Augen auf sein Verhalten und dessen Wirkung aufmerksam zu machen. Einsicht und guten Willen vorausgesetzt, führt das gelegentlich zu einer Entspannung der Situation.

 

Strukturieren

Reichlich Frustpotential bieten auch Besprechungen, die nach dem Motto „Wir müssten uns doch eigentlich mal wieder zusammensetzen“ oder aus unverkennbar selbstdarstellerischer Absicht des Vorgesetzten anberaumt werden. Wozu soll die Besprechung dienen? Das muss präzisiert und mitgeteilt werden. Grundsätzlich gibt es drei Hauptzwecke für eine Besprechung: 1. Mitteilung von Informationen, 2. Das Treffen von Entscheidungen, 3. Die Sammlung von Ideen und Erarbeitung von Lösungen für ein bestimmtes Thema.

Ist der Zweck festgelegt, wird es möglich, sich auf die Besprechung einzustellen und vorzubereiten.

Das nervende Gefühl von Erwartungsungewissheit entfällt schon mal. Doch mit dieser Festlegung lässt sich noch mehr Frustpotential aus dem Weg räumen. Steht fest, „Was?“ und „Warum?“, lässt sich auch rasch eingrenzen, „Wer“ zu dem speziellen Anlass wirklich an Bord sein muss. Unnötige Gefühlswallungen ergeben sich regelmäßig, werden zu viele und für den Zweck überflüssige Teilnehmer einbestellt – die dann aber irgendwie auch den Drang spüren, ihre Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen und so die Veranstaltung unnötig dehnen.

 

Blick auf die Uhr

Weiteres inneres Grummeln und Grollen lässt sich mit klaren Zeitvorgaben für Besprechungen vermeiden. Sie zusammen mit einer ebensolchen Zielvorgabe unterbinden schon im Vorfeld des Treffens das Aufkommen des ekligen Gefühls, „höchstwahrscheinlich mal wieder in dem Gequassel zu versacken und nicht mehr zu der eigentlichen Arbeit zu kommen.“ Das befördert die innere Aufgeschlossenheit der Besprechungsteilnehmer.

Die aber verflüchtigt sich rasch wieder, verrät der Besprechungszeitpunkt: Da hat mal wieder einer nicht wirklich nachgedacht. Oder, schlimmer noch, da musste mal wieder jemand seine Macht dokumentieren. Die erkennbar willkürliche Wahl eines Zeitpunkts als Ausdruck eines Machtdenkens im Sinne von „Ich bin Herr über Deine Zeit“ oder, auch nicht unüblich, „Du bist mir ausgeliefert!“ lädt die Besprechungsteilnehmer geradezu dazu ein, sich durch müdes Desinteresse zu revanchieren. Dieses Machtgehabe sorgt über den Umweg von reichlicher Frustration tagtäglich für viel verschwendete teure Arbeitszeit.

 

Offenheit

Ein wenig mehr persönliche Souveränität ließe auch eine weitere Frustquelle in Besprechungen versiegen: Die ausdrückliche Aufforderung „Bitte sagen Sie ganz offen, was Sie denken!“ mit dem unüberhörbaren Unterton „Aber widersprechen Sie mir auf keinen Fall!“ Das, was Psychologen eine double-bind-Kommunikation nennen, eine höchst widersprüchliche und damit natürlich wieder auch kräftig frustrierende Aufforderung, macht Besprechungen zum Exerzierplatz für taktisches Gesprächsverhalten und zum Grab ausgewogener Entscheidungen.

„Qualität, Größe und Wirkkraft eines Besprechungsleiters, in der Regel des Chefs oder Vorgesetzten, zeigen sich auch und gerade im Umgang mit Meinungsvielfalt - insbesondere auch in dem Vermögen, das bessere Argument den anzuerkennen“, betont Zusammenarbeitsexperte Thomas Weegen, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Coverdale Deutschland, München. Ganz in diesem Sinn schreibt der Coach und Professor für praktische Philosopie Ferdinand Rohrhirsch in seinem klugen Buch „Führung und Scheitern“ (Gabler Verlag, Wiesbaden 2009, 200 Seiten, € 39,90): „Die Wahrheit einer Ansicht hängt nicht davon ab, ob andere sie als richtig oder falsch, solide oder wertlos beurteilen. Auch viele können irren. Die Wahrheit einer Sache hängt davon ab, ob sie sich ihre Vorgaben von der Sache selbst geben lässt oder nur das an ihr gesehen wird, was gerade in den persönlichen, gesellschaftlichen und/oder wissenschaftlichen (Augen-)Blick passt.“

 

Sichtweisen

In zumindest einem Teil ihres Wesens ist jede Besprechung eine Meinungsveranstaltung. Das hat eine wesentliche Konsequenz: Fruchtbar kann sie nur werden, bietet sie Raum für unterschiedliche Sichtweisen und Überzeugungen, insbesondere auch die von Minderheiten. Charakteristisch für effiziente Besprechungen ist: Alle Sichtweisen werden wirklich mit dem Bemühen, sie auch zu verstehen, gehört. „Auf dieser Basis muss der Verantwortliche dann die Entscheidung treffen. Und sie kann falsch oder richtig sein. Das ist der Kern von ‚Verantwortung tragen’. Wenn vorher vom Verantwortungsträger allerdings die unterschiedlichen Sichtweisen gehört und verstanden – und die wirklich richtigen Leute eingeladen wurden, ist die Wahrscheinlichkeit einer guten Entscheidung und damit einer wirkungsvollen Besprechung höher“, betont Weegen. Die Bereitschaft zuzuhören, den anderen ernst zu nehmen, zu verstehen sorgen für die Qualität einer Besprechung, diese Faktoren sind das Wichtigste. Fehlen sie, ist eigentlich jede Besprechung überflüssig.

 

Dipl.-Betriebswirt Hartmut Volk
freier Wirtschaftspublizist, Bad Harzburg
E-Mail: Hartmut.Volk@t-online.de

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