„Wir bieten ein einzigartiges Antriebskonzept“

Hydrostatischer Schienenradantrieb für Cat-Zweiwegebagger

THIS sprach mit Markus Riedlberger, Leiter Produkt Management Core Machines bei der Zeppelin Baumaschinen GmbH, über den ersten Zweiwege-Bagger M323F des amerikanischen Herstellers Caterpillar.

THIS: Herr Riedlberger, laut Ihrer Aussage wurde der neue Zweiwege-Bagger M323F konsequent auf den Schienenbetrieb ausgelegt. Was bedeutet konsequent?

Markus Riedlberger: Die herausragende Besonderheit des M323F ist der hydrostatische Antrieb der Schienenräder. Es gibt für den Antrieb von Zweiwegefahrzeugen, die also sowohl auf der Straße als auch auf Schienen eingesetzt werden können, unterschiedliche Konzepte. Bei dem von uns eingesetzten Antriebskonzept – übrigens zurzeit in unserem Markt in dieser Klasse einzigartig – werden alle vier Schienenräder unseres Baggers direkt hydrostatisch angetrieben und auch gebremst. Für den Schienenbetrieb wird der Bagger ausgehoben, die Straßenreifen sind am Antrieb auf der Schiene nicht beteiligt. Die Last bzw. das Gewicht liegt, wie bei einem Zug, auf den Schienenrädern.

THIS: Welche anderen Systeme gibt es?

Markus Riedlberger: Bei den herkömmlichen Maschinen dienen die Schienenräder nur als Führung, während die Straßenräder auf der Oberfläche, also den Schienen laufen, und Zug- und Bremskraft übertragen. Hier ist die Reifenbelastung durch Antrieb und Bremsvorgänge recht hoch, da die Auflage auf den Schienen sehr schmal ist. Darüber hinaus besteht immer das Risiko eines Reifenplatzers. In Frankreich, Belgien und weiteren Ländern ist nur dieses und unser neuartiges Antriebskonzept zulässig. Unser Zweiwegebagger Cat M323F ist also für den Einsatz dort – und natürlich auch für den deutschen Markt – perfekt geeignet.

THIS: Ihr Antrieb scheint der aufwendigste zu sein.

Markus Riedlberger: In der Tat. Wir treiben beide Achsen hydraulisch an und bremsen hydrostatisch bzw. mit 4 mechanischen Scheibenbremsen. Die hydrostatisch angetriebene Schienenachse ist in Deutschland nicht nur neuartig, sondern auch durch Patente geschützt. Die Achsen pendeln, um etwa bei einer Kurven-Gleisüberhöhung einen Ausgleich und sicheren Stand zu gewährleisten. Solch einen Antrieb bietet zum jetzigen Zeitpunkt kein anderer Hersteller in Deutschland.

THIS: Welche Vorteile bietet er?

Markus Riedlberger: Bei unserem Zweiwege-Bagger erfolgt der Kontakt zur Schiene wie beschrieben nur über die direkt hydrostatisch angetriebenen Gleisräder und nicht über die Radreifen, die beim konkurrierenden System den Bagger vorantreiben. Das hat zum einen geringere Betriebskosten zum Beispiel beim Reifenverschleiß zur Folge. Zum anderen werden durch das ausgehobene Fahren keine Beschädigungen an der Gleisinfrastruktur verursacht, das entlastet den Fahrer enorm vom Stress.

THIS: Wovon sprechen wir jetzt?

Markus Riedlberger: Entlang einer Bahnstrecke gibt es außer den Gleisen unzählige weitere Komponenten, die für einen sicheren Betrieb erforderlich sind. Das können Schaltelemente wie induktive Sensoren, Achszähler, Bremsen und Heizelemente usw. sein, die den Schienenverkehr regeln. Es gibt Schaltkästen und ähnliches zwischen und neben den Gleisen, die bis zur Schienenhöhe ragen und dadurch leicht Schaden nehmen können. Bei einem Zug passiert nichts, aber bei einem Zweiwegebagger herkömmlicher Bauart, bei dem etwa die Radreifen auf den Schienen laufen, können unter Umständen diese Komponenten beschädigt werden, es genügt, wenn der Fahrer nur für einen Moment unaufmerksam ist.

THIS: Und die wurden bislang kaputtgefahren?

Markus Riedlberger: Ja, gelegentlich passiert das. Die anderen Bagger können sich natürlich ein stückweit ausheben, um mit Schwung über diese Komponenten hinwegzurollen. Aber in dem Moment, wo man den Bagger so aushebt, dass die Reifen keinen Kontakt mehr zu den Schienen haben, kann man natürlich auch weder Antriebs- noch Bremskräfte übertragen. Und wenn man mal nicht aufpasst oder etwas übersieht, ist der Schaden angerichtet.

Das ist ein Riesenthema für die Kunden und auch für die Bahn. Die Kunden arbeiten unter Hochdruck in Baustellen, mit engen Zeitfenstern, und müssen nebenbei noch darauf aufpassen, dass sie eben diese Elemente nicht beschädigen – Situationen, um die man sich mit unserem Cat M323F nicht kümmern braucht, da unser Bagger ausgehoben wie ein Zug auf der Schiene fährt. Selbst wenn der Bauunternehmer das einpreist und in seine Kalkulation mit einfließen lässt, muss im Nachgang ein Dienstleister der Bahn reparieren, ehe die Strecke wieder freigegeben werden kann. Derzeit sind wir die einzigen, die einen Zweiwege-Bagger mit diesem Antriebskonzept in Deutschland anbieten.

THIS: Wenn der M323F also angehoben unterwegs ist –

bringt es Nachteile durch die kleinere Standfläche im

Vergleich zur zusätzlichen Auflage durch die Reifen?

Markus Riedlberger: Nein, die Standfestigkeit ist eher höher. Trotz Kurzheck und ohne Pratzen – der Heckschwenkradius des M323F beträgt nur 157 cm – bietet unser Bagger die gleiche Standfestigkeit wie die Mitbewerber, also ein Standardgerät mit Abstützung. Ein Zweiwegebagger kann natürlich auch auf der Straße fahren und wie ein normaler Mobilbagger arbeiten. Der Einsatz auf den Gleisen bildet oft nur einen Teil seiner Aufgaben.

THIS: Also ist das neue Modell ansonsten nur ein ganz normaler Bagger, mit dem der Maschinenführer dort unterwegs ist, wo er gerade gebraucht wird?

Markus Riedlberger: In gewisser Hinsicht schon. Natürlich dürfte nicht jeder Baggerfahrer, nur weil er in einem Cat M323F sitzt, aufs Gleis; dazu braucht man die entsprechenden Scheine, muss entsprechende Prüfungen als Triebfahrzeug-Führer ablegen, regelmäßige Schulungen in Signaltechnik machen und so weiter. Jeder Zweiwegebagger braucht ja auch eine Zulassung durch das EBA, das Eisenbahn-Bundesamt.

Der M323F hat zwar spezielle Ausrüstungen für den Gleisbetrieb,  ist aber in jeder Hinsicht ein echter Cat Bagger, mit dem gleichen hohen Stand an Motoren- und Abgastechnik, mit dem gleichen bewährten Bedienkonzept, mit den gleichen digitalen Ausstattungsmöglichkeiten, mit der gleichen Service-Qualität durch Zeppelin. Sollte der M323F mal nachts auf der Baustelle kaputtgehen, dann haben wir für diese Situation einen speziellen Notdienst eingerichtet.

THIS: Sie sprachen von schienenspezifischer Ausstattung. Was verbirgt sich dahinter?

Markus Riedlberger: Da gehört beispielsweise zu, dass das Heck unseres Baggers nicht über das Nachbargleis schwenkt, damit der Bahnverkehr über das parallele Gleis aufrechterhalten werden kann. Und wenn das Gerät arbeitet, darf es natürlich nicht an die Oberleitung kommen oder ins für den Zugverkehr genutzte Gegengleis schwenken. Es muss gesperrte Bereiche auslassen können; dabei muss auch der Platzbedarf der Anbaugeräte berücksichtigt werden.

THIS: Wie regeln Sie das?

Markus Riedlberger: Das können wir alles über eine E-Fence-Funktion darstellen. Das heißt, dass wir für den M323F Arbeitsräume so festlegen können, dass er garantiert nicht außerhalb dieses Arbeitsraums operiert und somit auch nichts kaputt machen kann.

Das ist Bestandteil der EBA-Abnahme: Man brauchst eine Höhen- und Schwenkbegrenzung für den Ausleger und Oberwagen, und dazu noch eine Lastmomentbegrenzung gegen die Gefahr des Kippens. Ein spezielles digitales Smart-System erlaubt uns beispielsweise, die Abmessungen der verschiedenen Werkzeuge einzugeben und den Bewegungsradius wie beim E-Fence zu beschränken.

Der M323F hat außerdem Anhänger-Kupplungen, um Waggons schleppen zu können, auf denen seine Werkzeuge oder das benötigte Material mitgebracht werden kann. Die Anbauwerkzeuge im Gleisbau sind vielfältig, von der einfachen Schaufel bis zum Schotterstopfgerät, um den Schotter zwischen den Gleisen und Schwellen zu verdichten.

THIS: Wie sieht es mit der Sicherheit aus?

Markus Riedlberger: Der M323F beherbergt mehrere Not- und Sicherheitssysteme. Dazu gehört unter anderem ein zweiter Fahrersitz, für einen Beifahrer, der mit aufpasst und den Fahrer im Notfall warnen kann. Ein Not-Hydraulikaggregat, um den Bagger auch dann wieder flott zu machen, wenn der reguläre Antrieb ausfallen sollte – der Oberwagen muss in Fahrtrichtung geschwenkt, die Bremsen müssen gelöst werden können. Das ist aber Bestandteil der Zulassung.

THIS: Da kommt offenbar einiges zusammen…

Markus Riedlberger: Die Entwicklung des M323F war schon aufwendig, aber dafür haben wir jetzt auch einige Alleinstellungsmerkmale. Sie fragten eingangs, was wir unter „konsequent“ verstehen. Der Bagger baut eher schmal und hoch statt breit, was seinen Aktionsradius verbessert. Der Bagger bietet neben den hydraulischen Lamellenbremsen in den Achsen weitere Scheibenbremsen an den Schienenrädern, um auch beim Arbeiten einen stabilen Halt zu garantieren und die kleinen Wackler durch Zahnradspiel bei Bewegungen oder beim Anheben von Lasten zu reduzieren. Wir haben eine sehr gute Traglastfähigkeit, die sich mit dem stückweisen Auflasten von knapp 2 Tonnen noch erheblich steigern lässt und Abstützpratzen überflüssig macht. Wir haben die Integration der Werkzeuge im E-Fence. Und wir haben unseren einzigartigen hydrostatischen Schienenradantrieb, der hocheffizient, material- und reifenschonend unterwegs ist. Das verstehen wir unter konsequent.

Zeppelin Baumaschinen GmbH

www.zeppelin-cat.de

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