EU-Richtlinie gegen Zahlungsverzug - Vorliegender Entwurf bringt keine Verbesserung

„Gut gemeint, aber kein Fortschritt für Bauunternehmen“, mit diesen Worten bewertete der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, RA Michael Knipper, Ende Juli in Berlin die derzeit diskutierte Neufassung der europäischen Richtlinie gegen Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Sein Hauptkritikpunkt: „Jede Bank wäre längst pleite, wenn sie ihren Gläubigern monatelang einen kostenlosen Kredit einräumen müsste; der europäische Gesetzgeber darf das auch Bauunternehmen nicht zumuten!“

Die bestehende europäische Richtlinie 2000/35/EG verpflichtet öffentliche Stellen und Unternehmen seit dem Jahr 2000, Rechnungen zum vereinbarten Zeitpunkt zu bezahlen, spätestens aber 30 Kalendertage nach Rechnungserhalt bzw. Leistungserbringung oder Abnahme. Wird die Zahlungsfrist überschritten, ist ein Verzugszins von mindestens sieben Prozent über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank fällig. „Leider wird dies von der öffentlichen Hand bis heute kaum berücksichtigt“, so Knipper. Eine Neufassung mache jedoch nur dann Sinn, wenn sie zu klaren Verbesserungen führe. Vor diesem Hintergrund seien die Änderungsvorschläge, neben einer Zahlungsfrist von 30 – ausnahmsweise bis zu 60 – Kalendertagen sowie einer Ausweitung der Abnahmefrist von weiteren 30 Kalendertagen, kritisch zu sehen.

Bislang gelte für die öffentliche Hand in Deutschland eine Abnahmefrist von grundsätzlich 12 Werktagen. Diese Frist mehr als zu verdoppeln, wäre für deutsche Bauunternehmen alles andere als ein Fortschritt. Ganz im Gegenteil – damit müssten Bauunternehmen mindestens 90 Kalendertage auf ihre Bezahlung warten und Auftraggebern ein kostenloses Darlehen einräumen. „Dies ist wirtschaftlich untragbar und meilenweit entfernt vom Konjunkturprogramm der Europäischen Union, das eine Bezahlung innerhalb von 30 Kalendertagen durch die öffentliche Hand verspricht“, so Knipper. Weit verfehlt würde auch die Zusage des Koalitionsvertrags der Bundesregierung, das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand deutlich zu verbessern.

Noch extremer seien die Vorschläge zu Gunsten von „Unternehmen“ der öffentlichen Hand. Sie dürften sich künftig 30 Kalendertage mit der Abnahme Zeit lassen und zusätzlich die anschließende Zahlungsfrist einseitig auf 60 Kalendertage festsetzen bzw. eine noch längere Zahlungsfrist mit dem jeweiligen Bauunternehmen „vereinbaren“.

Bis Herbst 2010 wollen EU-Parlament, Ministerrat und Kommission einen Konsens zur Neufassung der Richtlinie 2000/35/EG finden. Erwogen wird dazu eine Abnahmefrist noch über 30 Kalendertage hinaus. Im Vordergrund sieht Knipper damit das Interesse der öffentlichen Hand, sich Liquiditätsvorteile auf Kosten der Wirtschaft durch möglichst lange Abnahme- und Zahlungsfristen zu verschaffen. „Statt politischer Kompromisse zu Lasten Dritter wäre es dann wohl besser, die bestehende Richtlinie in ihrer gegenwärtigen Fassung beizubehalten und durchzusetzen“.

[www.bauindustrie.de ]

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