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8. Deutscher Schlauchlinertag in Hannover

Als vollen Erfolg kann die Technische Akademie Hannover den 8. Deutschen Schlauchlinertag verbuchen, der am 27. April 2010 in Hannover stattfand. 580 Fachleute fanden den Weg ins Convention Center der Hannover Messe, darunter 450 reine Kongressbesucher und zusätzlich die Vertreter von 46 ausstellenden Unternehmen der Sanierungsbranche: Das zweitbeste Besucherergebnis seit Bestehen und ein Rekordwert, was die Aussteller angeht. Der 8. Deutsche Schlauchlinertag war aber nicht nur statistisch ein Highlight – vor allem war sein Programm inhaltlich hörens- und sehenswert.

Eine Erkenntnis, die bereits Schlauchlinertag-Begründer Franz Hoppe, Hamburg, in seiner Eröffnungsansprache auf den Punkt brachte, zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Veranstaltung: „Schlauchlining hat als eta-
bliertes Standardprodukt ein technisches und qualitatives Niveau erreicht, das Vertrauen in die grabenlose Kanalsanierungstechnik schafft und begründet“. Immer voraus-
gesetzt, so Hoppe, es werde richtig und gemäß den geltenden technischen und orga-
nisatorischen Spielregeln eingesetzt. Qualitative statistische „Ausreißer“ lägen längst in dem Streubereich, der auch aus dem her-
kömmlichen Leitungsgrabenbau üblich sei.


Der Vergrabene Schatz

Während der Schwerpunkt der Veranstaltung auf einer Vielzahl von Praxisberichten lag, steckten zwei Vorträge einleitend den allgemeinen Rahmen ab: Umweltberater und Fachjournalist Dipl.-Ing. Ulrich Winkler analysierte unter dem Thema „Abwasserkanäle – der Vergrabene Schatz“ ökonomische Aspekte des Themas Kanalsanierung. Dabei kam er einerseits zu dem – unter Experten nicht mehr wirklich überraschenden – Fazit, dass bei der aktuellen, völlig unzurei-
chenden Investitions-Rate die Bugwelle der Sanierungsprobleme jährlich höher wird statt abzuebben. Für deutlich mehr Überraschung sorgte im Publikum eine Rechnung, die Winkler auf der Grundlage von Daten der offiziellen Wirtschaftsstatistik aufmachte. Da bekannt ist, dass jeder Beschäftigte im Tief- und Leitungsbau eine Wertschöpfung von jährlich ca. 111 000 Euro erbringt, lässt sich daraus herleiten, welchen Beschäftigungseffekt es hätte, wenn einerseits der bereits aufgelaufene Sanierungsbedarf binnen 10 Jahren aufgearbeitet würde und wenn andererseits die jährlichen Investitionen den kalkulatorischen Abschreibungen der Anlagen tatsächlich entsprächen. Das Ergebnis: Die Sanierung öffentlicher und privater Abwasserleitungen, konsequent durchgeführt, wäre „die Arbeitsmarktlokomotive schlechthin“: Fast 60.000 Arbeitsplätze würden in der Bauwirtschaft allein durch die jährlich notwendigen Erneuerungsinvestitionen geschaffen. Dabei ist weder der bereits vorhandene Sanierungsbedarf von jeweils 50 Milliarden Euro im öffentlichen und im privaten Bestand berührt (das wären insgesamt noch einmal mehr als 900.000 Mannjahre Arbeit!), noch sind die sekundären Arbeitsmarktwirkungen berücksichtigt: Etwa die Inspektionsarbeiten und Ingenieurleistungen im Vorfeld der Sanierung oder die Herstellung von Fahrzeugen, Geräten, Rohren, Werkstoffen und Systemzubehör.


CO2-Ausstoß reduziert

Nach diesen ökonomischen Betrachtungen zur Kanalsanierung rückte Prof. Jens Hölterhoff, Vorsitzender der GSTT, einen sehr aktuellen ökologischen Pluspunkt speziell der grabenlosen Sanierungstechniken in den Blickpunkt: die CO2-Bilanz und ihre Hintergründe. Nach umfangreichen, im Rahmen der GSTT-Arbeit vorgenommenen Modellrechnungen lässt sich zweifelsfrei konstatieren, dass grabenlose Kanalsanierungsverfahren wie typischerweise das Schlauchlining gegenüber herkömmlichen Bauverfahren zu signifikant reduzierten CO2- Emissionen führen. So wies eine herkömmliche, „offene“ Leitungsbaustelle gegenüber einer Schlauchlining-Sanierung einen um
1274 % höheren CO2-Ausstoß auf. Die Tatsache, dass dies in erster Linie auf vermiedene Verkehrsstaus zurück zu führen ist, verheißt neben dem Umweltplus zugleich einen weiteren Bonus der NoDig-Verfahren: Staus bedeuten ja zugleich eine sinnlose Verschwendung des Produktionsfaktors Zeit; sie zu vermeiden, verbessert also nicht nur die Ökobilanz der Volkswirtschaft, sondern trägt auch spürbar zur wirtschaftlichen Wertschöpfung bei. Auch dazu lieferte Prof. Hölterhoff eindrucksvolle Daten. Baustellen-bedingte Staus sind in Deutschland jährlich für
8 Mio. Tonnen zusätzlichen Co2-Ausstoß verantwortlich und belasten die Volkswirtschaft mit 37 Milliarden Euro Folgekosten. Eine erschreckende Einsicht, die leider bis heute weder in Bund, noch Ländern noch Gemeinden in der Politik angekommen ist.


Dauerhafte Qualitätssicherung

Ein Schlüsselthema in der Diskussion um die Schlauchliner-Thematik ist und bleibt: Wie werden Qualität und Haltbarkeit sicher gestellt. Dieser Frage nahm sich in Hannover Dipl.-Ing. Franz Hoppe, Hamburg an. Hoppe, der maßgeblich für die Entwicklung des international beachteten Hamburger Schlauchliner-Anforderungsprofils verantwortlich war, attestierte der Technik, sie müsse den Vergleich mit offenen Bauweise in puncto Standardisierung und Haltbarkeit nicht mehr scheuen und appellierte vor diesem Hintergrund nachdrücklich dafür, endlich eine Nutzungsdauer von 50 Jahren für Schlauchliner-Abschreibungen anzusetzen. Gleichwohl räumte er weiteren Handlungsbedarf ein: So gelte es nun, den unbestreitbar hohen Standard, den die Schlauchliner im Hauptkanal erreicht hätten, in vollem Umfang auf die Anwendung dieser Technologie in Hausanschlussleitungen zu übertragen.

Die attestierten positiven Entwicklungen des Schlauchliners verdanken sich maßgeblich dem in den letzten 10 Jahren entwickeln und verfeinerten technischen Regelwerk: Dies erläuterte Dipl.-Ing. Wolfgang Buchner von der Hamburg Wasser in seinem Vortrag: Welches Regelwerk dient welchem Zweck, welche Zielgruppe wird angesprochen und wie behält man die Wünsche eines Auftraggebers im Auge ohne zwischen den unterschiedlichen Anforderungen der Kommunen zu verzweifeln? Buchner verdeutlichte anschaulich den hierarchischen Aufbau der Regelwerke und stellte dabei den jeweils aktuellen Stand der Überarbeitung dar.

Fort- und Weiterbildung
ausschlaggebend

Die Realisierung von Kanalsanierung auf qualitativ hohem Niveau setzt aber nicht nur technische Regulatorien voraus, sondern darüber hinaus vor allem eines: Qualifiziertes Personal auf allen Ebenen, vom Ingenieur bis zum gewerblichen Mitarbeiter auf der Baustelle. Dr. Igor Borovsky, Geschäftsführer der TA Hannover und Gastgeber des Schlauchlinertages, bot in Hannover einen umfassenden Überblick über das umfassende und wachsende Angebot der Aus-, Fort- und Weiterbildung rund um die Instandhaltung und Sanierung von Abwassernetzen. Als Beispiel für eine besonders praxisorientierte Weiterbildungsmaßnahme beschrieb er den Lehrgang zum „Zertifizierten Fachberater Kanalsanierung (ZFK)“ bzw. „Zertifizierten Kanalsanierungs-
Berater (ZKB)“, der sich inzwischen zu einer Standardqualifizierung in der Kanalsanierungsbranche entwickelt hat und in dessen Lehrgangs-
programm folgerichtig auch das aktuelle Schlauchlining-Know-how einen hohen Stellenwert hat.


Viele Beispiele aus der Praxis

Ansonsten hatte der 8. Deutsche Schlaucholinertag sehr viel Praxis zu bieten. Großstädte wie Dresden, Hannover, Hamburg und Wiesbaden steuerten Erfahrungsberichte und Konzepte bei, aber auch kleinere Kommunen wie Wedel an der Elbe kamen zu Wort. Desgleichen waren auch der Schlauchliner auf dem Grundstück ein Thema, und zwar sowohl der Einsatz dieser Technik auf dem normalen häuslichen Grundstück, als auch die zentrale Rolle, die das Schlauchlinerverfahren bei der Sanierung der VW-Werke in Braunschweig spielte.

Besonders gut vom Publikum und den beteiligten Unternehmen aufgenommen wurde in diesem Jahr die Begleitausstellung im Foyer des Convention Centers die mit 46 Ausstellern schon einen echten Messecharakter hatte. Franz Hoppe und Igor Borovsky als treibende Kräfte des Deutschen Schlauchlinertages haben nach diesem überaus erfolgreichen 8. „Spieltag“ jedenfalls das 10-jährige Jubiläum fest und voller Optimismus im Blick.n

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