KOMMUNALE INFRASTRUKTUR

Wirkungsgrad der Investitionen erhöhen

In der kommunalen Verkehrswege-Unterhaltung zeichnet sich in den letzten
Jahren ein Bild ab, das widersprüchlicher nicht sein könnte: Zunehmenden
Schwerverkehrsanteilen und steigendem Flächenbedarf steht eine kontinuierliche Kürzung der Unterhaltungsbudgets und der personellen Ausstattung gegenüber. Ein Paradoxon, das es aufzulösen gilt. Denn es gibt technische Methoden, die selbst für kleine Gemeinden und schmale Kassen konkrete Etappenziele ermöglichen.

Dr.-Ing. Karsten P. Gruber, Geschäftsführer der Planungs-
und Ingenieurgesellschaft Grontmij GmbH
Dipl.-Ing. Michael Simon – Niederlassungsleiter Aachen
der Grontmij I GSA

Die Verkehrswege in Deutschland sind durch ein stetig steigendes Verkehrsaufkommen stark belastet. Gleichzeitig sind viele Brücken, Tunnel und Straßen in sehr schlechtem Zustand. Die Infrastruktur verfällt, das Infrastrukturvermögen schmilzt. Für viele Gemeinden ist die Situation ein Dilemma, denn Instandsetzungsbedarf und Mobilitätsansprüche vor Ort steigen, während die Budgets oft nur für einen kleinen Teil der Aufgaben reichen. Um Verkehrsadern am Leben zu erhalten, wird in unaufschiebbare Reparaturen investiert. Vorsorglicher Erhalt ist dann nicht mehr finanzierbar. Folglich steigt der Instandsetzungsbedarf aufgrund konkreter Schäden weiter an. Anstatt die vorhandenen Mittel mit Weitblick und größtmöglichem Effekt einzusetzen, kann häufig nur noch auf das nächste Schlagloch reagiert werden.

Ein Übersichtsplan trägt dazu bei, alle Adern des regionalen Straßennetzes im Blick zu behalten. Ein solcher Plan zeigt auf, welche Streckenabschnitte prioritär anzugehen sind. Auf diese Weise lässt sich die Nutzungsdauer regionaler Verkehrsnetze erhöhen, und die Kommunen vermeiden höhere Folgekosten.

Konsequenz-Analyse, optimaler Eingriffszeitpunkt, Budgetplan und Überwachung sind Instrumente, die Er- und Unterhaltungsmaßnahmen von Verkehrsflächen bestimmen helfen. Eine solche Bedarfsermittlung liefert transparente Entscheidungsgrundlagen für den gezielten Mitteleinsatz der einzelnen Kommune. Die wirtschaftliche, technisch tragfähige und nachhaltige Planung ermöglicht frühzeitiges Eingreifen und hilft, den Investitionsstau aufzulösen.

Diagnose – Auf die Datenbasis kommt es an

Um für den Substanzerhalt des Infrastrukturvermögens die Verantwortung zu übernehmen – heute und für die nachfolgenden Generationen – bedarf es eines ausgeklügelten Managements. Dank technischer Methoden ist es möglich, für jede einzelne Kommune zu ermitteln, welches Streckenstück oder Straßenbauwerk am dringlichsten eine Investition erfordert. Entscheidungskriterien sind dabei Nachhaltigkeit und vorhandenes Budget.

Die Grundlage für jedes erfolgreiche Management ist eine verlässliche Datenbasis. Um Bestands- und Zustandsdaten zu erfassen, gibt es unterschiedliche Methoden. Welches Verfahren gewählt wird, entscheidet in hohem Maße darüber, ob mit dem Datenmaterial verlässliche Prognosen, z. B. zum Alterungsprozess des Straßennetzes, erstellt werden können. Und auch darüber, ob der zukünftige Finanzmittelbedarf für die Unterhaltung exakt bestimmt werden kann. Mit dem passenden Verfahren lassen sich Aussagen zu Unterhaltungsstrategien treffen; Konsequenzen beschränkter Budgets werden erkennbar, und betriebswirtschaftliche Optimierung lässt sich ableiten.
Wer knapp kalkulieren muss, sollte deshalb aus der Fülle der verfügbaren Möglichkeiten das richtige Verfahren oder die geeignete Verfahrenskombination für den konkreten Verwendungszweck auswählen:

Visuell-sensitive Datenerfassung –
Schäden an kommunalen Verkehrsflächen

Insbesondere bei der Erfassung von Schäden an den Straßendecken ist die visuell-sensitive Datenerfassung sehr effizient und liefert verlässliche Zustandsdaten. Voraussetzungen dafür sind:

– Datenaufnahme und -eingabe durch Experten vor Ort

– Erfassung nach DIN ISO 9000 ff.

– Zustandserfassung nach dem erweiterten PMS-Standard (PMS = Pavement Management System)

(gegenüber der E EMI (Empfehlung Erhaltungsmanagement Innerorts) als Basis für den Aufbau eines Unterhaltungsmanagement

– unterstützende technische Verfahren zur Erfassung des Straßenraumes.

Dynamische Tragfähigkeitsmessungen –
Lebensdauer von Fahrbahndecken

Diese Messmethode ermittelt die Tragfähigkeit von Straßen und Wegen unter Berücksichtigung der Verkehrsbelastung. Das Prinzip ist einfach: Man lässt ein Gewicht auf die zu untersuchende Fahrbahndecke fallen und misst die dadurch entstandene Verformung (Deflexion). Sowohl der strukturelle Zustand der Oberfläche als auch die Tragfähigkeit des Untergrundes werden bestimmt. Kombiniert man über einen bestimmten Zeitraum die Messergebnisse mit der Zahl der Achsbelastungen, so lässt sich die Restnutzungsdauer der Fahrbahndecke berechnen oder die Stärke der benötigten Deckschicht bestimmen.

Bilddatendienste und messtechnische Verfahren –
Zustandsmerkmale auf Hauptverkehrswegen

Für die Erfassung geometrischer Bestandsdaten werden zunehmend Bilddatendienste bzw. die messtechnische Datenerfassung eingesetzt. Damit die erfassten Daten einem breiten Nutzerkreis in der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden können, ist es wesentlich, dass aus den Befahrungsdaten georeferenzierte, hochaufgelöste 3D-Bilder generiert werden können, die an normalen PC-Monitoren einfach ausgewertet werden können.
Moderne Verfahren kombinieren die Bilddatendienste mit der messtechnischen Erfassung von Zustandsmerkmalen. Erfasst werden können beispielsweise Unebenheiten der Straße in Längs- und Querrichtung, die Tiefe von Spurrinnen oder die Querneigung der Fahrbahn. Auch Aussagen zu Entwässerung und texturbedingter Griffigkeit sind möglich. Daraus lässt sich u. a. die maximal zulässige Geschwindigkeit des fließenden Verkehrs ableiten. Standardmäßig wird diese Art der messtechnischen Erfassung von Zustandsmerkmalen außerorts eingesetzt. In kommunalen Netzen beschränkt sie sich daher häufig auf die Hauptverkehrsadern.

Georadarmessungen – Straßenaufbau

und Asphaltschichten

Mit dem Impulsradar wird die zerstörungsfreie Erkundung des Straßenaufbaus in Längsrichtung durchgeführt. Je nach Fragestellung lassen sich sowohl Aussagen über die Mächtigkeit unterschiedlicher Schichten im Allgemeinen als auch beispielsweise zu den jeweiligen Asphaltschichten treffen. Eine sichere Abgrenzung zwischen Untergrund und z. B. einer Schotter- oder ungebundenen Tragschicht ist allerdings in Abhängigkeit der Untergrundverhältnisse nicht in jedem Falle gewährleistet.

Umsetzung der Messergebnisse in ein nachhaltiges Infrastrukturkonzept

Unabhängig vom angewandten Verfahren gilt: Ziel muss die exakte Datenerfassung und -analyse sein. Die Bestandsdaten eines Straßennetzes lassen sich direkt in Geoinformationssysteme (GIS) übertragen. Für das ganze Gemeindegebiet ist dann ersichtlich, wo welche Arbeiten notwendig sind, und in welchem Zusammenhang sie stehen. So behalten Städte und Gemeinden ihr Straßennetz dauerhaft im Blick und können gezielt auf Veränderungen reagieren.

Daneben sind auch die „unsichtbaren“ Infrastrukturnetze zu betrachten, die nicht durch Schlaglöcher auf sich aufmerksam machen. So können z. B. auch die Entwässerungseinrichtungen geprüft und entsprechende Bedarfs- und Machbarkeitsempfehlungen gegeben werden. Um ein Infrastrukturkonzept nachhaltig aufzusetzen, sind viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Die demografische Entwicklung und politische Entscheidungen führen zu Verschiebungen von Verkehrsströmen. Mobilitätsansprüche und -verhalten verändern sich ebenso wie ökologische Bedingungen oder Erschließungspläne. Unabdingbar ist deshalb die konsequente Überprüfung und Anpassung der Konzepte im Laufe der Jahre. Eines jedoch ist sicher: Der Erhalt von Infrastruktur ist notwendig; unsere Verkehrsadern sind unverzichtbar.⇥■

ÜBER GRONTMIJ


Die Grontmij GmbH berät als Planungs- und Ingenieurgesellschaft in den Geschäftsfeldern Planung & Gestaltung, Transport & Mobilität, Wasser & Energie. Mit rund 700 Mitarbeitern ist sie an rund 30 Standorten in Deutschland tätig. Zu den Kerntätigkeitsfeldern gehören u. a. die Planung und Modernisierung von Ingenieurbauwerken, Straßen- und Schienennetzen inklusive Stahl- und Korrosionsschutzprüfungen bei Brücken. Stärken, die besonders bei komplexen Entscheidungen oder Projektverläufen notwendig sind, liegen neben Beratung, Planung und Überwachung vor allem auch in der Steuerung und Moderation.  
Über Grontmij I GSA:
Das Unternehmen Grontmij I GSA – Gesellschaft für Straßenanalyse mbH wurde im Jahre 1987 gegründet. Die Grontmij I GSA beschäftigt sich seit 27 Jahren in Deutschland mit der strategischen Bedarfsermittlung für die Er- und Unterhaltung von Straßen – dem Pavement Management System (PMS). Die Grontmij I GSA liefert für Kommunen, Landesämter, Straßenbauämter, Flughafenverwaltungen und Ingenieurbüros alle Methoden zum wirtschaftlich optimalen Verwalten der Verkehrsflächen. Die Grontmij I GSA deckt alle notwendigen Erfordernisse für ein leistungsfähiges PMS ab.

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