Tübbinge aus Stahlfaserbeton

4 km langer Stollen für Erdgasleitung unter der Ems

Im letzten Jahr wurde mit einem Hydroschild unter der Ems ein 4 km langer und mit Stahlfaserbeton-Tübbingen ausgebauter Stollen in Richtung Niederlande für eine Erdgasleitung in nur acht Monaten aufgefahren. Nach Einbau der Rohrleitung wird er vollständig verfüllt.

Wegen steigenden Gasverbrauchs erweitert der niederländische Netzbetreiber Gasunie sein Leitungsnetz, um Erdgas zukünftig auch aus Norwegen zu beziehen. Die Bauarbeiten für das 2008 begonnene Gesamtvorhaben „Nord-Süd-Projekt“ (1,6 Mrd. €) sollen 2012 abgeschlossen sein. Im Norden beginnt die Trasse der neuen Gasleitung (500 km, Ø 1200) am Anlandungspunkt für norwegisches Erdgas nordwestlich von Emden und quert dann die Ems in einem 4015 m langen Stollen in die Niederlande. Er verläuft in Nord-Süd-Richtung, beginnt in Knock und endet hinter dem niederländischen Ufer der Ems bei Borgsweer.


Geologie und Vortrieb

Die Stollentrasse liegt im Mündungsgebiet der Ems mit rolligen, bindigen und organischen Lockergesteinsablagerungen. Der Grundwasserspiegel steht überwiegend gespannt an und in hydraulischer Verbindung mit dem Wasserspiegel der Ems mit tideabhängigen Schwankungen. Der größte Wasserdruck in der Stollensohle beträgt etwa 3 bar. Die Überdeckung wechselt zwischen 4 m und 17 m. Der Abstand zwischen Stollenfirst und der Flusssohle beträgt etwa 11 m. Wegen der vorgenannten Bodenschichten und Hydrologie wurde der Stollen mit einem Hydroschild aufgefahren. Die tägliche Vortriebsleistung betrug im Mittel 17 m und höchstens 40 m Stollen. Ende November 2009 – acht Monate nach dem Start auf der deutschen Seite – erreichte der Hydroschild planmäßig den Zielschacht in den Niederlanden.


Stollenausbau

Der Stollen wurde einschalig mit Tübbingen (mit Topf-Nocke-Verzahnungen) ausgebaut in 1,20 m breiten und 25 cm dicken Ringen (Teilung 5+1) mit 3,00 m Innendurchmesser.
Obwohl der Stollenausbau nur einen Baube-
helf darstellt, muss er im Bauzustand bis zum Verfüllen des Stollens eine ausreichende Tragfähigkeit besitzen. Wegen der verhältnismäßig geringen Tübbingdicke waren zusätzliche Untersuchungen (iBMB TU Braunschweig) erforderlich. Danach konnte eine reine Stahlfaserlösung ohne Betonstahlbewehrung für die Tübbinge angewendet werden. Entsprechend der statischen Berechnung wurde ein Tübbingbeton der Güte C45/55 (XCA, XA2; XF2; WU) mit Faserklasse F 1,4/1,2 2/ verwendet und zwar mit einem Stahlfasergehalt von 40  mg/m³ Beton. Für die rd. 3300 Tübbing-ringe benötigte man insgesamt 25 000 m³ Stahlfaserbeton (65,5 N/mm²).


Bauablauf

Den Auftrag für Entwurf und Ausführung des Ems-Stollens erhielt Mitte 2008 die Arbeitsgemeinschaft BCE mit der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Frankfurt/Main. Mit dem Herstellen der Stahlfaserbeton-Tübbinge begann man bereits im September 2008 im Betonwerk Rekers in Spelle (Dort war auch das Lager für rund 800 Tübbingringe).

Der bis 8 m tiefe Startschacht für den Hydroschild war im Dezember 2008 fertig gestellt. Danach folgte der Bau der Mischanlage für die Bentonit-Suspension und die Separieranlage sowie die Montage des Hydroschildes mit seinem neuen Nachläufer. Am 1. April 2009 war der Bohrbeginn des Hydroschildes am deutschen Ufer der Ems und am 23. November 2009 erfolgte der Durchschlag des Stollens in den
Niederlanden.

Nach Ausbau der für den Stollenvortrieb benötigten Ver- und Entsorgungsleitungen folgte der Einbau der Rohrleitung. Dazu werden 12 m lange und zum Korrosionsschutz 7 mm mit Polyurethan beschichtete Stahlrohre (Ø 1200; 22,5 mm Wanddicke) zu 1 km langen Strängen zusammengeschweißt und nacheinander in den Stollen eingebaut. Anschließend wird der Hohlraum im Stollen mit einer Bentonit-Zement-Suspension (0,5 N/mm ²) ausgefüllt. Nach dem Bau von zwei Pumpstationen soll bereits im September 2010 Erdgas mit 80 bar durch die Leitung gefördert werden. n

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