Regenstaukanal in Köthen

Exkursion für Leipziger Studenten

Für den Bereich Wasserwesen der HTWK Leipzig ist die Verbindung von Theorie und Praxis wesentlicher Bestandteil der Ausbildung, um die Studenten auf die danach anstehende Berufspraxis vorzubereiten. Zur Wissensvermittlung auf unterschiedlichen Gebieten werden durch Gastdozenten aus der Praxis regelmäßig Vorträge gehalten, die durch Exkursionen zu interessanten Baustellen abgerundet werden.

Diese Ausbildung bringt große Vorteile für die Studenten, weil diese unmittelbar vom Erfahrungsschatz und Know-how der in der Praxis arbeitenden Ingenieure profitieren können.

Einen Schwerpunkt in der Siedlungswasserwirtschaft stellt hierbei beispielsweise der Bereich Abwassertechnik, insbesondere die richtige Auswahl von Rohren und Materialien, dar. Das Rohr ist ohne Zweifel das wichtigste Bauelement im Abwassersammelsystem, bei dessen Material- und Querschnittswahl Qualitätsanforderungen, Wirtschaftlichkeit und weitere Randbedingungen eine entscheidende Rolle spielen.

Stadt Köthen – Organisation der Regenrückhaltung

Die angehenden Bauingenieure konnten sich entsprechend den Erläuterungen ein Bild über die Organisation der Regenwasserentsorgung der Stadt Köthen machen. Köthen besitzt ein ausgeprägtes und teils sehr altes Mischwassernetz, was der wachsenden Versiegelung in der Vergangenheit nicht Schritt hielt. In 2 Wohngebieten traten mehrmalig im Jahr Überstauungen an der dort vorhandenen Mischwasserkanalisation auf. Im Bereich der Parkanlage „Fasanerie“ treffen 4 Leitungen mit DN 500 aufeinander und haben im weiteren Verlauf auch nur DN 500 als Ablauf. Da aufgrund der geodätischen Gegebenheiten im Planungsgebiet die Bedingungen für einen Regenwasserabschlag wegen mangelnder Vorflut nicht realisiert werden kann, ist zur Vermeidung von Überstauereignissen ein entsprechendes Rückhaltevolumen zu schaffen.

Die umfangreichen Planungsarbeiten bis hin zur Ausführungsreife wurden durch den Auftraggeber Abwasserzweckverband Köthen dem Ingenieurbüro Muting, Magdeburg, in Auftrag gegeben.

Lösungsansatz

Nach Analyse der Situation wurde neben den bekannten hydraulischen Engpässen auch eine Häufung von Starkregenereignissen festgestellt.

Gemäß den DWA-Regeln wurde in Abstimmung mit dem Auftraggeber ein 10jähriger Regen zugrunde gelegt. Im Ergebnis sollten 4000 m³ Rückhaltevolumen geschaffen werden, um den Anforderungen der zulässigen Überstauhäufigkeit gerecht zu werden. Für die Schaffung eines solchen Volumens im vorgegebenen Parkbereich der „Fasanerie“ wurden zahlreiche Varianten geprüft, wobei Rohrmaterialien mit Beton wegen des Mischwassers nicht in Betracht gezogen wurden. Besondere Aufmerksamkeit mussten auf den Naturschutz und das hohe Grundwasser gerichtet werden.

Mögliche Varianten für 4000 m3 im Vergleich

Nach Vergleich der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten wurden verschiedene Varianten näher untersucht. Insgesamt stellte sich die Variante Doppelleitung als die beste Lösung dar.

Anforderungen an das Rohrmaterial

Die Problematik Auswahl der Rohre wurde durch die Studenten umfassend diskutiert, da aus der bisherigen Studientätigkeit bereits ein umfassendes Wissen zu den verschiedenen Werkstoffen vorlag.

Der Prokurist Herr Dipl.-Ing. Gehlhaar vom Ingenieurbüro Muting, Magdeburg, und der Verantwortliche für Projektleitung und Bauleitung Dipl.-Ing. Primke vom Abwasserverband Köthen konnten alle Fragen hinsichtlich der Anforderungen und Entscheidungsgründe erschöpfend beantworten und erläuterten.

Ausgewählte Anforderungen
an die örtlichen Gegebenheiten:

Geringes Gewicht

n Beschränkte Bautrasse

n Keine Baustraße neben der Rohrtrasse möglich

n Lichtraumprofil auf 6 m beschränkt, deshalb Einsatz großer Hebezeuge nicht möglich

Hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit

n Neue Leitung wird auf alter Trasse verlegt

n Wöchentlicher oder sogar täglicher Leitungsumschluss

n Rohr muss sofort nach Verlegung gebrauchstauglich sein

Neben diesen Anforderungen, die sich aus der örtlichen Situation ergeben, war dem Auftraggeber und dem Ingenieurbüro außerdem eine hohe Abriebsicherheit der Rohre wichtig.

Damit war die Voraussetzung geschaffen, dass GFK-Rohre der Firma Hobas Rohre GmbH, hergestellt nach DIN 16869 sowie DIN EN 14364, zum Einsatz kamen, da diese den Anforderungen gerecht werden. Hierfür ist die Reinharz-Innenschicht des Wandaufbaues von mindestens 1 mm ausschlaggebend. Das Prüfverfahren nach dem Darmstädter Kipprinnenversuch besagt, dass die Reinharzschicht nach 100 000 Lastfällen nicht freiliegen darf. Der Wert für GFK-Schleuderrohre liegt danach bei 0,2-0,36 mm und hat damit eine 3-5-fache Sicherheit.

Effekte der technischen Lösung und Baudurchführung mit GFK-Schleuderrohren:

n einfache und schnelle Verlegung (wirtschaftlich)

n keine großen Hebezeuge und keine schweren Baustraßen notwendig

n hohe statische Belastbarkeit

n geringes Gewicht

n korrosionsfreie Staukanäle und Schnittflächen

n geringe Ablagerungen durch eine sehr glatte Innenoberfläche        (Selbstreinigungseigenschaften)

Baudurchführung

Der Bauleiter, Herr Lange, vom Baubetrieb Beton- und Rohrbau, Halle erklärte zudem, wie unter den schwierigen örtlichen Bedingungen die Baustelleneinrichtung und der technologische Bauablauf organisiert wurden. Beeindruckend war dabei die unkomplizierte und schnelle Verlegetechnik und der damit verbundene rasche Baufortschritt. n

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