Monolithische Schachtunterteile mit Frästechnik

Ein kleiner Roboter flitzt im Allgäu

Seit 1909 produziert das familiengeführte Unternehmen Rinninger im Allgäu Betonwaren. In vierter Generation widmet sich die Familie nun schon Beton und Betonbauteilen. Die Redaktion traf sich mit Geschäftsführer Jörg Rinninger im Werk, um die neu installierte Primuss® -Anlage für monolithische Schachtunterteile in der Produktion zu besichtigen.

Für die heutige Zeit produziert man im baden-württembergischen Kißlegg ein eher ungewöhnliches Portfolio, denn von Pflastersteinen über Rohrleitungssysteme bis hin zu konstruktiven Fertigteilen reicht das Produktprogramm. Im Bereich des Tiefbaus kann man sich sogar als Komplettanbieter bezeichnen. Stahlbetonrohre von Durchmessern DN 300 bis DN 3000 sowie Schachtsysteme werden für die Kunden bis DN 1200 als Komplettsystem hergestellt. Auch Rahmendurchlässe, Schlitzrinnen und Sedimentationsbauwerke gehören zum Angebot. Im Segment des Hochbaus werden Doppelwände, Filigrandecken, Stützen, Decken, Balkone usw. hergestellt; eigentlich alles – außer Spannbeton. Für den Garten- und Landschaftsbau produziert Rinninger alle Betonwaren und Fertigteile, die man in der Außengestaltung finden kann. Eine Transportbetonalge rundet das Angebot für örtliche Bauunternehmen ab. Auch wenn das aktuelle Sortiment schon umfangreich erscheint so betont Geschäftsführer Jörg Rinninger dennoch: „Es kommen immer wieder Produkte dazu. Wir verstehen unser Sortiment nicht als starres System. Entweder ergeben sich Neuerungen aus unseren Prozessabläufen oder aber wir reagieren auf Marktnachfragen. Beides ist Bestandteil unserer Firmenphilosophie. So produzieren wir unter anderem seit einiger Zeit den RIKI-Big-Block, wo wir unseren anfallenden Restbeton verwenden können.“

Das Ziel: monolithische
Schachtunterteile

Vor einiger Zeit war das Ziel der 4. Rinninger Generation schnell und klar definiert: händisch hergestellte Schachtunterteile sind die Technik von gestern, monolithische Schachtunterteile werden die zukünftigen Bauwerke im Tiefbau sein. Auch in Kißlegg wurden Unterteile noch konventionell, also manuell, gemacht. So suchte man eine Fertigungstechnik, die diese Anforderungen umsetzen kann. Aus wirtschaftlich, ökonomischen Gründen waren die Unternehmer schnell von dem Prinzing-Verfahren Primuss begeistert. Andere auf dem Markt erhältliche Produktionstechniken mit Styropor kamen wegen notwendiger Mehrarbeitsschritte, dem zwangsläufigen Sturoporabfall und des erforderlichen Platzbedarfs nicht in Betracht.

Im Februar 2010, kurz vor der bauma 2010 kaufte Rinninger dann die Anlage beim Maschinenbauer Prinzing. Der Entschluss war schnell gefallen und ebenso flott konnte die Anlage auch in Betrieb genommen werden. Im August 2009 wurden schon die ersten neuen Unterteile hergestellt. Im Hause Rinninger ist man sehr begeistert von Primuss. Jörg Rinninger dazu: „Es ist bekannt, dass die Entscheidung eines Betonwerks für ein Verfahren zur Herstellung monolithischer Schachtunterteile immer auch eine philosophische ist. Aber letztendlich trifft man als Unternehmer die wirtschaftlich beste Lösung. Und man versucht zeitgleich natürlich auch, soweit wie möglich in die Zukunft und ihre Technologien zu blicken. Heute ist jeder Wettbewerbsvorteil überlebenswichtig. “Aus heutiger Sicht kann man im Unternehmen auch sagen, dass die Entscheidung, Rohrfutter in die Normenwerke aufzunehmen, der falsche Weg war. Das neue Verfahren Primuss zeigt, dass es auch anders geht. Grundlage des Primuss Konzepts ist unter anderem auch das gleichbleibende Dichtungssystem, welches als Keilgleitdichtung ausgebildet wird. Die Dichtungsanschlüsse sind von vornherein so bemessen, dass das Rohr gelenkig in das Unterteil eingebunden werden kann. Auch aus Kundesicht ist diese gleichbleibende Dichtungspolitik ein Vorteil.

Die in Kißlegg arbeitende Primuss ist die dritte von derzeit europaweit 8 installierten Anlagen. Im Gegensatz zum Prototypen, der vor ca. 2 Jahren bei der Firma Ruf aufgebaut wurde, ist dieses Modell schon deutlich weiter entwickelt. Die „alten“ Ansätze der Primuss berücksichtigen etwa noch nicht das Fräsen der Anschlüsse und die Umdrehung des Fräskopfes war noch deutlich geringer. Eine der hier zu klärenden Details bei der Umsetzung der Primuss-Anlage war die Anbindung an das bestehende Auftragserfassungsprogramm. Das Betonwerk Rinninger arbeitet mit dem Programm Gesys, was in Betonwerken als beliebtes und renommiertes System bekannt ist. Somit galt es, die beiden Programme zusammenzuführen. Das gelang ohne Probleme, sodass der bisherige Ablauf bei Rinninger nicht beeinflusst wurde. Der Kunde sendet seine Auftragsbestellung an das Betonwerk, wo alle Positionen und deren Konfigurationen im Programm Gesys eingegeben werden. Die dabei entstehende Zeichnung geht dann nochmals an den Kunden zur Plausibilitätsprüfung und Freigabe. Schlussendlich werden alle Auftragsparameter an den Primuss-Rechner gesendet, wo das Programm APsolut die Schachtunterteile in Befehle für den Schachtfertiger Atlas und den Fräsroboter umrechnet. Die Fräsbefehle für den Roboter errechnet die Steuerung selbstständig aus den eingegeben Auftragsdaten. Richard Kraiß, Geschäftsführer bei Prinzing GmbH und maßgeblicher Erfinder der Anlage erinnert sich: „Das war die eigentliche Schwierigkeit, bei der Idee. Wir mussten eine Programmierung finden, die die Informationen aus den Gerinnedaten erfassen, umrechnen und zu Fräsbefehlen wandeln kann. Jedoch haben wir uns vom Ansatz, dass wir die wirtschaftlichste Art zur Produktion von monolithischen Schachtunterteilen erfinden wollten, nicht abbringen lassen. Aus diesem Anstoß heraus war für uns sehr schnell offensichtlich, dass die Umsetzung mit erdfeuchtem Beton möglich sein muss. SVB bedeutet nicht nur höhere Materialkosten, sondern auch Formenlogistik. Aber hier hatten wir in Zusammenarbeit mit Kuka einen wirklich fähigen Partner zur Seite, der konnte das.“ Mittlerweile hat Prinzing aus Blaubeuren eigene personelle Ressourcen zur kundenspezifischen Programmkonfiguration geschaffen.

Wichtige Parameter zur Produktion sind neben Durchmesser auch Bauhöhe und Gerinneabmaße. Wenn der Auftraggeber die Freigabe der Auftragszeichnung bzw. des Auftrags erteilt hat, dann generiert das Betonwerk ein so genanntes Fertigungsblatt mit Barcode. Dieser Zettel begleitet das Fertigteil über den ganzen Fertigungsprozess und wird am Ende sogar auf das Fertigteil zur Kennzeichnung aufgebracht.
Die Primuss Schachtunterteile sind nun die Standardlösung bei Rinninger. Nur auf Anfrage werden die alten, herkömmlichen Schachtunterteile produziert. Jörg Rinninger bestätigt, dass gut 90% der Kundschaft mit dieser Produktumstellung zufrieden sind. Das restliche Zehntel seien ausschreibende Stellen, die von alten Ausschreibungstexten und alten, bewährten Verfahren nicht abrücken wollten.

Produktion der Monolithen

Die Schachtunterteile werden als Monolith auf der neuen Prinzing Anlage Atlas gefertigt, die Bestandteil des Primuss-Konzepts ist. Den erdfeuchten Beton bekommt der Fertiger von der Mischanlage aus der benachbarten Halle. Zur Produktion der Unterteile stehen 4 Formen mit unterschiedlichen Wandstärken zur Verfügung: DN 1200 mit WS 270 und WS 200 sowie DN 1000 mit WS 210 und WS 150. Im Rüttelpress-Verfahren werden die Schachtteile verdichtet. Auch hier setzte Prinzing neue Lösungen durch, weil in diesem Produktionsschritt beim Formenwechsel nur noch der Formenmantel gewechselt werden muss.

Zur Betonierung stehen zwei feine Betonsorten zur Verfügung, im Standardschachtunterteil mit Namen Primuss Basic arbeitet man mit einem C 60/75, der eine WU-Eindringtiefe von < 10 mm vorweisen kann. Werden erhöhte Anforderungen an Schachtbauwerk oder Gerinne gestellt, so wird ein C 80/95 verwendet, jenes Bauteil heißt dann Primuss Pro und bietet Eindringtiefen von < 5 mm. Diese Schachtunterteile werden anthrazit eingefärbt und sind so leicht vom Standard zu unterscheiden.

Der Sandbeton (Größtkorn 2 mm) wird vom PÜZ Bau fremdüberwacht und erhält stets die erforderlichen Zertifikate und Zeugnisse. Aber auch die Bauteile werden als Ganzes der Prüfnorm DIN V 4034-1 unterzogen und bestehen alle Tests mit Leichtigkeit. Seit neuestem werden die Betoneigenschaften sogar am Bohrkern geprüft und nicht wie eigentlich üblich am Probewürfel. Diese Prozedur geht zurück auf die DIN EN 1917, welche Bohrkernentnahmen vorsieht. Dass Rinninger sich selbst hier die Messlatte so hoch legt, ist in der langjährigen Firmenphilosophie und Tradition zu suchen.

Das Fräsen der Gerinne

Das fertig produzierte Schachtunterteil kommt samt oben angebrachtem Transportring auf den Aushärteplatz zwischen Fertiger und Fräser. Wenn der Schacht abgehoben werden kann, ist die richtige Betonfestigkeit erreicht, um den Fräsvorgang zu starten.
In der Branche gibt es einige Zweifler dieses Systems, die es als schwierig erachten, den exakten Zeitpunkt zum Fräsen abzupassen. Dazu befragt antwortet Richard Kraiß: „Sollte die Betonfestigkeit z. B. wegen Verzögerungen im Produktionsprozess doch schon höher sein, so steuert der Fräskopf automatisch über die Stromzufuhr den Fräsvorgang dementsprechend anders.“

Die komplette Herstellung eines gefrästen Schachtunterteils bedarf einer durchschnittlichen Nettobearbeitungszeit von einer halben Stunde. Die Personaleinsatz ist auch reduziert worden, mit 1,5 Mann kann der Arbeitsplatz „Schachtunterteil“ jetzt bedient werden.
Der Fräsroboter ist unter der Hallenebene in einem Keller eingebaut und bedient zwei Arbeitsplätze. Während auf Schachtplatz 1 gefräst wird, fährt der Stapler das nächste Unterteil auf den Arbeitsplatz 2. Der Roboter arbeitet somit überkopf und formt mit der Kugelfräse das Gerinne von unten heraus. Das dauert im Schnitt keine 5 Minuten. Anschließend flitzt der Roboterarm zum Werkzeugmagazin, das auf der Rückseite der Arbeitsgrube angebracht ist, und wechselt automatisch zur Scheibenfräse. Hiermit werden die notwendigen Rohranschlüsse herausgearbeitet. Das alles passiert völlig automatisch – fast autark – weil alle Beuteilparameter auf dem Produktblatt in der Steuerung hinterlegt sind. Der gesamte Fräsvorgang dauert weniger als 10 Minuten. Ein Ampelfarbensystem an der Arbeitsstation signalisiert den Arbeitern die Prozesszustände an: „bereit; Gerinne in Arbeit; Rohranschluss in Arbeit; neues Gerinne anzufahren; fertig; Störung“ usw. sind an den Lichtsignalen offensichtlich erkennbar.
Mit dem Fräser sind Rohranschlussneigungen von 1-20% Gefälle möglich. Auch das Gerinnegefälle ist flexibel und in allen Neigungen realisierbar.

Der beim Fräsen anfallende „Restbeton“ ist noch erdfeucht und kann deshalb der Produktion wieder zugeführt werden. Über zwei quer zueinander laufende Förderbänder wird der herunterrieselnde Beton aufgefangen und der Mischanlage wieder zugeführt. Erwähnen muss man jedoch, dass die anfallenden Mengen je Schacht eher gering sind.

Der Fräsroboter im Detail

Der eingebaute Fräsroboter ist ein Modell der Firma Kuka. Mit einer Ausfallzeit von gerade mal 0,01 % besitzt das deutsche Fabrikat eine unschlagbar gute Wartungsprognose, die weltweit seines Gleichen sucht. Die Gelenke des Roboters sind alle gekapselt und in Ölbad
gelagert. Auch das ist ein Pluspunkt für die Wartungsfreundlichkeit. Hinzu kommt
die hohe Reichweite des eingesetzten Modells, was einen Bearbeitungsradius von 3,5 m bedeutet. Der schnelle Vorschub von
600 mm/s erklärt die schnelle Bearbeitungszeit beim Fräsen der Gerinnekonfigurationen. Der Fräskopf aus PHD (Polykristalliner Diamant) arbeitet mit einer Geschwindigkeit von 4200 U/min. Bemerkenswert ist, dass für ein Schachtunterteil zwischen 4.000 und 6.000 Befehle ausgeführt werden müssen. Skeptiker des Primuss-Systems sprechen oft den Verschleiß des Fräskopfes an, der nach Herstellerangaben aber deutlich unter
1 € je Schachtbauteil liegt.

Monolithisches Schachtunterteil

Die Dichtungen werden nach dem Aushärten in die Unterteile eingeklebt. Dies ist eine zusätzliche Sicherheit, damit bei den üblichen rauen Baustellenbedingungen keine Dichtung abhanden kommen kann. So belieferte Rinninger sogar schon Baustellen in Oslo und Athen, wo deutsche Baufirmen am Projekt beteiligt waren und bei der Produktauswahl auf Kißlegger Betonwaren bestanden.

Aktuell werden ca. 40 Schachtunterteile pro Tag in Kißlegg produziert und diese werden auch als „Primuss“-Ware gekennzeichnet. Transportanker kommen nur bei großen, schweren Bauteilen zum Einsatz, alternativ wird mit Hakenösen transportiert.

Zusammenfassung

„Die interne Abwicklung der Schachtunterteilproduktion ist deutlich effizienter und fehlerfrei geworden, es geht alles wie am Fließband“, schwärmt Jörg Rinninger. „Außerdem haben wir ein Höchstmaß an Flexibilität erreicht, weil wir jedes Schachtunterteil schnell liefern können. Wir sind jetzt in der Lage, von heute auf morgen auszuliefern, wenn es auf der Baustelle eng wird.“ Auch die Maschinen- und Formenreinigung ist drastisch dezimiert worden und trägt zur Wirkkraft und Wirtschaftlichkeit bei. In den letzten 6 Monaten hat Rinninger immerhin schon über 200 Schachtunterteile mit Primuss hergestellt. Einziger Wunsch, der bei Familie Rinniger noch offen ist: man möge noch mehr monolithische Schachtunterteile im hochwertigen Sektor – als Primuss Pro – ausschreiben, sodass deren Verwendung alltäglicher wird.
Abschließend blickt das Unternehmen zu Recht voll Stolz auf die Installation der neuen Fertigung zurück. Das war eine schwierige Zeit, weil man unter erschwerten Platzbedingungen arbeiten musste, wurde doch die Primuss im Arbeistplatzbereich der konventionellen, manuellen Schachtunterteile aufgebaut. Und dann war da noch die betontechnologische Aufgabe zu lösen. Aber auch das wurde in Rekordzeit von den hauseigenen Laboranten beantwortet. Jörg Rinniger bedankt sich bei seinen zwei Betontechnologen „Der Schlüssel ist der Beton. Und ich bin froh, dass meine Mannschaft den Mut und die Ideen hierzu hatte“.
Richard Kraiß fügt hinzu: „Wir haben mit Sicherheit das rationellste und beste System zur Herstellung monolithischer Schachtunterteile auf dem Markt. Auch die Investitionskosten und die somit mögliche Abschreibung über die Zeit bzw. die produzierten Elemente ist super. Das System Primuss rechnet sich auf jeden Fall – und schnell!“n

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