BAUEN ALS DIENSTLEISTUNG

Mit Ablauf-Prozessen Geld verdienen

Bauunternehmen können im Wettbewerb um einen Auftrag nur dauerhaft erfolgreich sein, wenn sie ihre Prozesse und ihre Organisation kontinuierlich optimieren und kundenorientiert und marktadäquat agieren.

Die „Bauausführung“ als die eigentliche Produktion von Bauprojekten, d. h. deren physische Realisierung, erfolgt im Regelfall nicht für einen anonymen Markt wie etwa bei Konsumgütern, sondern auf Initiative des Bauherrn (Investors) nach dessen Vorgaben durch Bauunternehmen. Der Bauherr -nicht das ausführende Bauunternehmen- entwickelt das Produkt (Projekt), das durch  Gestaltungsplanung (Objektplanung, Tragwerksplanung, Planung der Technischen Gebäudeausrüstung etc.), Leistungsbeschreibung und Fertigstellungstermin definiert wird. Zur Realisierung seines Produktes bedient er sich Bauunternehmen, die die Leistung „Bauen“ als Dienstleistung übernehmen. Dazu schreibt der Bauherr diese Bauleistungen im Wettbewerb an geeignete Unternehmen aus. Alle Wettbewerber müssen demzufolge dasselbe Produkt erstellen, eine Differenzierung ihrer Angebote hinsichtlich des Produktes ist ausgeschlossen, falls der Bauherr keine Nebenangebote zulässt. [1] Die Bauunternehmen bieten damit ausschließlich ihre Leistungsbereitschaft an. Dabei kann -wie bei jeder Dienstleistung- vor Baubeginn die zukünftige Bauleistung vom Bauherrn weder gesehen noch geprüft werden. [2] Im Auftragsfall muss der Auftragnehmer auch exakt das ausgeschriebene Produkt mit den vorgegebenen Standards im vorgegebenen Zeitraum fertigen. Weicht er davon ab, ist das als Mangel zu werten.

Das Prinzip des Marktverhaltens ist, wie in Abbildung 1 dargestellt, im Falle einer Dienstleistung und eines Produkts unterschiedlich. Die Produktionsbedingungen in der Bauwirtschaft unterscheiden sich grundlegend von denen der meisten anderen Branchen. Bauwerke sind weder transport- noch lagerfähig. Sie lassen sich an verschiedenste Verwendungszwecke anpassen. Bauwerke können somit als heterogene Unikate bezeichnet werden.

Qualität und Eigenschaften der Dienstleistung Bauausführung können von Nachfragern, vor allem deren Einkaufsabteilungen, in jeder Hinsicht zum Zeitpunkt der Vergabe gleich gut eingeschätzt werden. Sind alle Bieter zur Erstellung des speziellen Projektes geeignet, wird der Bauherr an den Niedrigstbietenden vergeben. Der Werkvertrag zwischen Bauherr und Auftragnehmer schreibt das Leistungssoll, d. h. Standards, Mengen und Fertigstellungstermin, sowie die Vergütung, die mit Einheitspreisen oder als Pauschalpreis vereinbart werden kann, fest. Der Bauherr erzeugt also einen reinen Preiswettbewerb mit dem damit verbundenen Druck auf die Gewinnmargen (Rohergebnisse). Der Auftragnehmer kann daher seine Gewinnmarge nur dadurch erzielen, dass er die kalkulierten Herstellkosten einhält. Die Bauunternehmen können entsprechend im Wettbewerb um den Auftrag nur erfolgreich sein, wenn sie ihre Prozesse und ihre Organisation, d. h. ihre Kostenstruktur, optimieren sowie ihre Preispolitik, sprich die Höhe der Zuschläge auf die Herstellkosten, dem Markt anpassen.

Der Baumarkt ist durch seinen spezifischen „Vollkommenheitsgrad“ gekennzeichnet, der von vier wesentlichen Faktoren abhängt. Erstens ist ein vollkommener Markt dadurch gekennzeichnet, dass die gehandelten Güter bzw. Dienstleistungen homogen sind. Zweitens bestehen zwischen den Anbietern und Nachfragern keine sachlichen, räumlichen oder persönlichen Präferenzen. Durch die Regelungen der VOB/A und der Sektorenrichtlinie sind diese bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen unzulässig. Drittens ist eine vollständige Markttransparenz, d.h. dass sämtliche Marktteilnehmer vollständige und gleichartige Informationen über das Marktgeschehen besitzen, ein Zeichen des vollkommenen Marktes. Im Gegensatz zum öffentlichen Nachfrager ist der Private nicht verpflichtet, sich an die Regeln der VOB zu halten, die eine weitgehende Transparenz erzwingen würden. Der Private kann aufgrund der Vertragsfreiheit Leistungen nach seinen Präferenzen vergeben, so dass der Markt insgesamt als intransparent [3] gelten muss. Ein viertes Kriterium ist die Offenheit des Marktes, die den Marktzugang für potentielle Konkurrenten beschreibt. [4] Der Baumarkt ist im Wesentlichen ein offener Markt und leicht für neue potentielle Konkurrenten zugänglich. Die Markteintrittsbarrieren sind niedrig. Die geringe Markttransparenz im privaten Bereich, vor allem auf lokalen Märkten, allerdings erhöht die Marktmacht der Bauunternehmen, da die Kosten der Bauherren für eine umfassende Informationsbeschaffung hoch sind.

Die Merkmale der Marktvollkommenheit sind für die Preisbildung von entscheidender Bedeutung. Ein erschwerter Marktzugang könnte, abhängig von der Nachfrageentwicklung, die Durchsetzung höherer Preise erlauben. Tendenziell kann man sagen, dass die Marktpreise umso niedriger sind, je offener der Markt ist. [5] Je mehr Anbieter auf dem Markt miteinander um die Aufträge konkurrieren, desto niedriger ist der Preis.

Die Angebotsseite ist von einer starken Heterogenität und Fragmentierung gekennzeichnet. Unternehmen unterschiedlicher Größe bieten oftmals identische Leistungen an. Kleine und mittlere oder mittlere und große Unternehmen stehen sich trotz ihrer unterschiedlichen Rahmenbedingungen bei der Vergabe von Bauaufträgen als direkte Konkurrenten gegenüber.

Der „Aktionsradius“ eines Anbieters hängt von verschiedenen Faktoren ab. Er ist hauptsächlich von dessen Kapazitäten, Spezialisierungsgrad, Leistungsumfang und der Nachfragestruktur abhängig. Die Standortbindung begrenzt die Reichweite vor allem für kleinere Bauunternehmen, so dass sie vorwiegend auf dem lokalen Baumarkt tätig sind. Auf dem regionalen Baumarkt spielen mittlere und große Unternehmen eine wichtige Rolle, die über ihre Niederlassungen präsent sind. Kleine und mittelgroße lokale Betriebe sind vor allem als Sub- bzw. Nachunternehmen tätig.

Serieneffekte

Wegen der Unikatseigenschaft von Bauwerken ist eine Serienfertigung mit der damit verbundenen Produktoptimierung, anders als in der stationären Industrie, nicht möglich. Dagegen unterscheiden sich die zur Realisierung notwendigen Verfahrensweisen (Prozesse) der Planung und der Bauausführung dieser unikaten Objekte prinzipiell nicht. Beispielsweise sind die Prozesse, die etwa zur Herstellung einer Stahlbetondecke erforderlich sind, unabhängig davon, ob das Objekt in Berlin oder München errichtet wird, fünf oder fünfundzwanzig Geschosse hat, etc. Das Gleiche gilt auch für die in Abbildung 2 beispielhaft dargestellte Trockenbauwand.

Ein „Serieneffekt“ kann daher bei unikaten Bauprojekten nicht projektbezogen erzielt werden. Da die Prozesse allerdings in allen Projekten immer wieder die gleichen sind kann ein Serieneffekt durchaus prozessbezogen abgeleitet und insbesondere dann auch „standardisiert“ werden. Dadurch wird eine Optimierung dieser standardisierten Prozesse, z.B. durch entsprechende Schulung von Mitarbeitern auf diese Prozesse, möglich. Das Bauunternehmen kann sich allein durch die Prozessführerschaft, d.h. die Optimierung standardisierter Prozesse, und die damit verbundenen günstigeren Kostenstruktur Vorteile im Wettbewerb verschaffen. Dazu ist die Standardisierung aller Prozesse im Unternehmen erforderlich. Das Potenzial (vgl. Abbildung 3) dazu wurde in den Unternehmen der Bauwirtschaft nach Auffassung des Verfassers allerdings bis heute nicht genutzt. Abbildung 3 stellt keine empirisch abgeleiteten Ergebnisse, sondern die Einschätzung des Verfassers dar, welcher Grad der Standardisierung erreichbar sein könnte und wie der Stand der Standardisierung heute ist. Das größte Potenzial zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit liegt in der Ausschöpfung des Potenzials insbesondere derjenigen Prozesse, die häufig vorkommen. Der Stand der Standardisierung ist heute allerdings für die Prozesse am höchsten, die eher selten ausgeführt werden.

Primäre Geschäftsprozesse stellen die originäre Wertschöpfung dar. Sie betreffen die unmittelbare Herstellung von Produkten bzw. Dienstleistungen für den externen Kunden und werden als „Unternehmensprozesse“ bezeichnet. Die Unternehmensprozesse eines Bauunternehmens bestehen aus Akquisition, Angebotsbearbeitung, Vertragsverhandlungen, Leistungserbringung und Gewährleistung. Die Unterteilung der Prozesse eines Bauunternehmens in Unternehmensprozesse und in weitere Teilprozesse, die letztlich alle Aktivitäten der Planung, des Bauens und der Steuerung umfassen, ist Voraussetzung für eine Standardisierung aller Prozesse.

Grundsätzlich gelten folgende Aussagen für alle Prozesse entsprechend Abbildung 4:

– Jeder Geschäftsprozess beginnt und endet beim Kunden, der Leistungsanforderungen stellt und Prozessergebnisse erhält.

– Jeder Geschäftsprozess ist in Teilprozesse, Prozess- und Arbeitsschritte unterteilbar.

– Jeder Geschäftsprozess hat einen Verantwortlichen.

– In jedem Geschäftsprozess wird ein Objekt komplett bearbeitet.

– Nicht wertschöpfende Teilprozesse, Prozess- und Arbeitsschritte sind zu eliminieren.

– In jedem Geschäftsprozess müssen die Ziel- und Messgrößen verglichen werden.

Durch Prozesse kommt eine Beziehung zwischen Kunde und Leistungserbringer zustande. Der Leistungserbringer hat für den Kunden die vereinbarte Leistung zu erbringen, wofür er die ebenfalls vereinbarte Vergütung erhält.

Preisbildung

Die Gewinnmarge bezogen auf ein spezielles Projekt ergibt sich als „Rohergebnis“. Es berechnet sich aus der Differenz zwischen Erlös (Umsatz) und Herstellungskosten. Ob der Auftragnehmer am Projektende das erwartete kalkulierte Rohergebnis erzielt, ist abhängig von der Qualität seiner Geschäftsprozesse wie der Ermittlung seiner Herstellkosten in der Angebotsphase oder der Steuerung des Projektes im Rahmen der kalkulierten Kosten sowie der vorgegebenen Bauzeit. Gelingt ihm dies nicht, wird er das kalkulierte Rohergebnis nicht erzielen und damit weder seinen kalkulierten Gewinn noch seine kalkulierten Allgemeinen Geschäftskosten AGK einspielen.

Die Preisbildung vollzieht sich in einem Abstimmungsprozess zwischen Nachfrager und Anbieter. Wenn es um einzelne Bauprojekte geht, trifft die Annahme idealer Regelmechanismen der Preisbildung am Baumarkt nicht zu, wobei die Anzahl der Anbieter und die Baukonjunktur einen Einfluss auf den Preis haben. Jedes Bauwerk ist ein Unikat und muss einzeln kalkuliert werden. Die Individualität der nachgefragten Leistungen führt dazu, dass ein Marktpreis erst nach Angebotsabgabe aller Bieter existiert.

Im Falle eines konkreten Bauprojektes sucht der Investor in der Regel im Rahmen einer Ausschreibung ein Bauunternehmen, das die geforderten Leistungen erbringen kann. Es gibt also einen Nachfrager und mehrere Anbieter. Obwohl gem. § 97 (5) des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) der Zuschlag auf das „wirtschaftlichste“ Angebot erteilt werden soll, wird in der Regel das billigste Angebot gewählt.

Die Kosten werden auf der Basis des Leistungsverzeichnisses kalkuliert. Es gibt mehrere Ursachen, warum die Angebotspreise voneinander abweichen. Unterschiede ergeben sich unter anderem durch:

– Unterschiedlich beurteiltes Wagnis

– Unterschiedliche Geschäftskosten aufgrund der Unternehmensstrukturen

– Möglicherweise unterschiedliche Interpretation des Leistungsverzeichnisses

– Zugang zu Nachunternehmern

– Umsatz- bzw. Folgeauftragsdruck

– Andere angewendete Bauverfahren

– Grad der Spezialisierung und damit Beherrschung der Prozesse

Es gibt grundsätzlich -nicht nur auf dem Baumarkt- eine Tendenz zum unauskömmlichen Preis. [6] In der Sachgüterproduktion kann dieser Tendenz durch Produktinnovationen entgegengewirkt werden. Bauunternehmen können allerdings auf das Produkt keinen Einfluss nehmen. Sie müssen ständig nach neuen Aufträgen suchen. Bei geringem Auftragsbestand bemühen sich die Unternehmen durch häufigeres Bieten, neue Aufträge zu erhalten. Es gibt für das einzelne Bauunternehmen keine Sicherheit, dass hinreichend viele Aufträge akquiriert werden. Wenn demzufolge etwa Unternehmen unter Umsatzdruck stehen, bieten sie zu niedrigen, zum Teil auch unauskömmlichen Preisen an. Hohe Stillstandskosten, vor allem bei großen Bauunternehmen, führen dazu, dass die Akquisition eines Auftrages zu einem niedrigen Preis wichtiger erscheint, als das risikoreiche Warten auf spätere, gewinnträchtigere Aufträge. Die Ursache für ein solches Verhalten liegt nicht nur in der angestrebten Kapazitätsauslastung. Zusätzliche Einflussfaktoren sind der Umsatzdruck, die Fixkostendeckung und die Liquiditätslage. Bei einem höheren Auslastungsgrad, d.h. einem großen Volumen im Auftragsbestand, bieten Unternehmen tendenziell zu einem höheren Preis an als bei einer Unterauslastung. Ein Auftrag mit knapp unauskömmlichem Preis bedeutet eine unvollständige Fixkostendeckung. Manche Firmen hoffen, durch ein entsprechendes Nachtragsmanagement fehlende Summen im Verlauf der Leistungserbringung zu erlösen. Die Bauherren sind in ihrer Mehrheit grundsätzlich bereit, sich aus Bausollabweichungen ergebende Mehrkosten zu vergüten. Ein „aggressives Claimmanagement“, das Forderungen ohne Grundlage stellt, führt allerdings dazu, dass das Unternehmen bei nachfolgenden Ausschreibungen nicht mehr berücksichtigt wird. Ziel eines Unternehmens sollte es jedoch sein, durch Vertrauensbildung Stammkunden zu gewinnen.

Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch Prozessmanagement

Der größte Beitrag zur Kostenführerschaft und damit zu Vorteilen im Wettbewerb kann grundsätzlich durch Arbeitsteilung und Spezialisierung erbracht werden. Dieses Teilen der Arbeit in einzelne Verrichtungen und deren Zuweisen auf spezialisierte Akteure führen zu einer höheren Geschicklichkeit, Sachkenntnis und Erfahrung des einzelnen Akteurs auf dem jeweiligen Teilgebiet. Hinzu kommt, dass die Rüstzeiten, die ein Handwerker benötigt, um zu einem neuen Arbeitsgang zu wechseln, bei spezialisierten Arbeiten wegfallen. Rechnet man die verbesserten Möglichkeiten der technisch-maschinellen Unterstützung von strukturierten Teilarbeitsgängen hinzu, dann werden die enormen Produktivitätsgewinne als Folge von Arbeitsteilung und Spezialisierung verständlich.

Kein Unternehmen legt die Herstellung eines Bauwerks wie auch die Planung dafür in die Hände weniger Personen. Im Allgemeinen werden eine Vielzahl von Fachabteilungen mit deren Spezialisten oder spezialisierte Unterauftragnehmer für die einzelnen Gewerke beauftragt. Damit führt jeder spezialisierte Mitwirkende nur jeweils einen bestimmten Teilarbeitsgang im gesamten Herstellungsprozess durch.

Jeder Teilbeitrag zur Lösung der Gesamtaufgabe wird in einem Leistungsprozess mit Hilfe von Produktionsfaktoren, wie zum Beispiel Arbeit, Stoffe, Geräte sowie Kapital realisiert. Allgemein wird als Leistungsprozess ein Prozess bezeichnet, der der Vorbereitung und Durchführung der physischen Herstellung der geforderten Bauleistung dient. Diese Prozesse werden unabhängig vom Grad der Arbeitsteilung erforderlich. Dazu zählen zum Beispiel das Zeichnen von Ausführungsplänen oder das Betonieren einer Decke.

Hochspezialisierte Unternehmen entwickeln beispielsweise Schalungssysteme für ein breites Anwendungsspektrum. Allgemeines Schalungs-Know-how (Sachkenntnis, Erfahrung) muss nicht mehr zwangsläufig im Bauunternehmen vorgehalten werden, lediglich die Funktionalität, nämlich Schalung einer bestimmten Situation, wird eingekauft. Die Gerätschaften, um für alle Fälle Schalungselemente herzustellen, wieder aufzubereiten und zu testen müssen lediglich beim Schalungsbauer vorliegen. Neuentwicklungen von Elementen werden möglich, die im Anwenderunternehmen keinen Raum hätte. Es gibt Spezialfirmen, die Baugruben einschließlich Verbau und Wasserhaltung herstellen. Sie halten das Know-how und die erforderlichen Gerätschaften vor und entwickeln neue Verfahren für Verbau und Aussteifung.

Aus einer ungeeigneten Arbeitsteilung und Spezialisierung folgt ein nicht ausgeschöpftes Produktivitätspotenzial. Hinsichtlich der Bauwirtschaft, aber auch in jeder anderen Branche, ist ein solches Defizit oft in der mangelhaften Aufstellung eines Unternehmens gemessen an seiner Strategie oder seinem Leistungsspektrum festzustellen. Der wohlüberlegte Rückzug auf die eigentlichen Kernkompetenzen ist unabdingbar, die Eingliederung neuer Unternehmenszweige erfordert in jedem Falle den Aufbau oder Einkauf des dafür nötigen Know-hows, sowie zusätzlich die Darstellung einer sinnvollen Verbindung zum Kerngeschäft.

Die Arbeitsteilung erfordert die Lösung eines Koordinationsproblems, das die Überwindung des „Nichtwissens“ der Akteure beschreibt. Im Zusammenwirken der planenden Beteiligten ist in keiner Weise selbstverständlich davon auszugehen, dass die Rahmenbedingungen, geschweige denn die Details eines Bauvorhabens, allen Beteiligten bekannt sind. Vielmehr stellt sich als zentrale Aufgabe dar, die Informationen des Investors, d.h. seinen oft unausgesprochenen Willen den planenden Architekten zu vermitteln, dieser den entsprechenden Fachplanern, den Genehmigungsbehörden und schließlich den ausführenden Unternehmen usw. Darüber hinaus ist innerhalb der einzelnen Gruppierungen von Individuum zu Individuum jeweils die richtige (hinreichende) Information eindeutig zu übertragen. Veränderungen, die im Zuge der Planungsprozesse unvermeidlich sind, führen zu einer weiteren Erschwernis des Koordinationsproblems.

Weiterhin ist das Motivationsproblem, d. h. die Überwindung des „Nichtwollens“, zu lösen. Die Motivation im Sinne der Bereitschaft zur Erbringung der erwarteten Leistung und zur Einhaltung der vereinbarten Regeln wird umso größer, je mehr ein Akteur durch die Erfüllung der gestellten Aufgabe auch seine eigenen Ziele (z.B. interessante Arbeit, Einkommen, Zukunftsperspektiven) fördert. In diesem Fall spricht man davon, dass die Organisationslösung „anreizkompatibel“ ist. Je geringer die Anreizkompatibilität, also je weniger persönliche Nutzenvorstellungen durch die formalen Leistungserwartungen zu erfüllen sind, desto größer sind die Motivationsprobleme und desto wahrscheinlicher wird die Nichterfüllung der vereinbarten Aufgaben und Regeln.

Prozessorientierung impliziert ein hohes Maß an Arbeitsteilung mit den beschriebenen Konsequenzen. Sowohl die Lösung des Koordinationsproblems wie die des Motivationsproblems mündet in der wohlorganisierten Steuerung der Leistungsprozesse, die sich in der Organisationsplanung niederschlägt:

Steuerung erfolgt über gesetzte, messbare Zielgrößen. Ohne die Definition konkreter Projektziele oder auch Teilziele können keine Abweichungen erkannt werden. Bei Bauprojekten werden die Projektziele in sehr unterschiedlicher Detaillierung immer vom Bauherrn vorgegeben. Die Feststellung der Zielerreichung erfolgt durch ihn im Zuge der Abnahme, die die Voraussetzung zur Vergütung der Leistung darstellt. Die Vereinbarung der Beschaffenheit des Werkes (des Werkerfolges) und die Pflicht zur Abnahme und Vergütung (§640 BGB) sind Bestandteile des Werkvertrages (§631 BGB) zwischen Unternehmer und Besteller. Die Zieldefinition, die Abnahme und Vergütung werden daher als originäre Bauherrenaufgaben bezeichnet und werden den Leistungen der Projektleitung zugeordnet. Projektleitung beinhaltet die Entscheidungsgewalt in Bezug auf alle Aspekte des Objekts (Funktion, Konstruktion, Standard, Gestaltung) als auch des Projekts (Qualität, Kosten, Termine), Weisungs- und Durchsetzungsbefugnis gegenüber Projektbeteiligten, Vertretungsvollmacht für den Bauherrn gegenüber Dritten, sowie weitere Führungsaufgaben des Bauherrn. Aufbauend auf der Zieldefinition ist es als Voraussetzung für die Steuerung erforderlich, die für die Zielerreichung erforderlichen Teilleistungen zu strukturieren und Teilziele für jeden Leistungsprozess zu definieren. Nur so können durch den kontinuierlichen Vergleich von Soll- und Ist-Werten Abweichungen festgestellt werden. Auf Grundlage der Informationen wird die Organisation der Leistungsprozesse geplant (Organisationsplanung), bevor auf dieser Planung aufbauend, anhand der festgelegte Zielgrößen gesteuert werden kann. Zu den Leistungen der Organisationsplanung zählen zum Beispiel die Planung der Aufbau- und der Ablauforganisation und die Kostenplanung. Über diese Planung, die erst die Steuerung ermöglicht, sind alle Prozessbeteiligten zu informieren, bevor die Ausführung veranlasst wird, d.h. die Anordnung zur Durchführung des Leistungsprozesses zu einem vorgegebenen Termin mit den dafür vorgesehenen Ressourcen gegeben wird. Während der Ausführung sind Soll-Ist-Vergleiche durchzuführen. Werden Abweichungen festgestellt, wird entschieden, ob beziehungsweise welche Maßnahmen zur Gegensteuerung geeignet sind, um unerwünschte Auswirkungen zu vermeiden. Die Prozessbeteiligten werden über die Entscheidung informiert und die Ausführung der Maßnahmen wird veranlasst. Der gesamte Verlauf des Leistungsprozesses ist zu dokumentieren. Wird das vereinbarte Prozessziel erreicht, können die Abnahme und die Vergütung durch die Projektleitung erfolgen. Die Vielfalt dieser Prozesse, die zur kontrollierten Abwicklung der Leistungsprozesse dienen, wird als Steuerungsprozesse bezeichnet. Die Zuordnung der Verantwortung für Steuerungsprozesse auf die verschiedenen Projektbeteiligten definiert die Projektorganisationsform, wie etwa mit Generalunternehmer oder mit Einzelleistungsträgern.

Nachdem das Produkt in Umfang und Ausprägung durch die Ausschreibung unveränderlich vorgegeben ist, kann ein Marktvorteil für ein sich beteiligendes Unternehmen ausschließlich aus diesen Steuerungsmechanismen, d.h. aus der optimierten Organisation der Dienstleistung abgeleitet werden. Die Erreichung der vorgegebenen Ziele setzt konsequente Planung (Soll) sowohl hinsichtlich der Gestaltung wie auch hinsichtlich der Organisation voraus. Die Ausführung wird durch den Vergleich von Soll und Ist permanent auf Abweichungen beobachtet. Durch frühzeitiges Erkennen von Abweichungen kann eine Korrektur eingeleitet werden. Je früher Abweichungen erkannt werden, desto effizienter ist die Projektrealisierung. Die dafür relevanten Aufgaben, eben die Steuerungsprozesse, als Leistungen der Projektleitung und der Projektsteuerung dienen der effizienten und optimierten Abwicklung der Leistungserbringung hinsichtlich Kosten, Terminen und Qualität als Konsequenz der Arbeitsteilung.


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