Metamorphose nach Emsländer Art

Aufwertung der Fußgängerzone in Lingen mit Pflasterklinkern von Wienerberger

Die Lookenstraße in Lingen teilte das Schicksal vieler Straßen deutscher Innenstädte. In den 1970er Jahren richtete die größte Stadt im Emsland dort eine Fußgängerzone ein. Doch seitdem war nicht mehr viel passiert. Ihr überholungswürdiges Bild prägte lange Jahre das Zentrum, sehr zum Leidwesen von Anwohnern, Gewerbetreibenden und Stadtverwaltung. Der Belag aus Betonsteinpflaster und die Stadtmöblierung entsprachen nicht mehr den Erwartungen und Anforderungen an eine attraktive Fußgängerzone, die Zentrum und Visitenkarte sein sollte.

Transparenz und Qualität

Im Zuge der umfassenden innerstädtischen Sanierung stieß die Stadtverwaltung auch die Debatte um die Aufwertung der Lookenstraße und angrenzender Straßenzüge an. Peter Krämer, Leiter des Fachbereiches Stadtplanung und Hochbau der Stadtverwaltung, betont vor allem die Einbeziehung der Anwohner und Geschäftsleute: „Für uns war es wichtig, eine Lösung zu finden, mit der alle zufrieden sind. Angesichts der Teilfinanzierung durch die Bevölkerung stand vor allem die Transparenz der Entscheidungen im Mittelpunkt. Bürgerversammlungen, Infobriefe und öffentliche Diskussionen bedeuteten sehr viel Arbeit – aber es hat sich gelohnt. Unsere Fußgängerzone ist ein echtes Schmuckstück geworden. Besucher, Anwohner und Gewerbetreibende spüren die Aufwertung.“

Seit Beginn 2006 wurde gemeinsam mit den Anliegern ein Konzept erarbeitet. Eigens eingerichtete Arbeitskreise stellten sicher, dass allen Ansprüchen Rechnung getragen wurde. Grundlage der Entwurfsarbeit  war ein „Initialprojekt“ zur Überplanung aller Hauptachsen der Fußgängerzone - eine Maßnahme, die durch das Land Niedersachsen in sechsstelliger Höhe gefördert wurde. Diese Arbeiten wurden in mehreren Bauabschnitten realisiert und insgesamt 7200 Quadratmeter Belag erneuert. Die Sanierung der Lookenstraße war Teil dieses Gesamtvorhabens.

Regionaltypische Leitbilder

Im Winter 2006 lobte man einen Wettbewerb für acht Stadtplanungsbüros aus, den das Büro r+b aus Dresden im April 2007 mit einem überzeugenden Konzept einstimmig gewann. Landschaftsarchitekt Jens Rossa stellte seinen Entwurf unter das Motto: Aufräumen und neu ordnen. „Unser Ziel war, eine einheitliche Fußgängerzone zu schaffen, deren einzelne Straßenzüge ihren individuellen Charakter behalten. Die Erneuerung der Kernstadt sollte dabei nicht historisierend, sondern ein zeitloser Impuls zur Belebung des innerstädtischen Lebens sein. Pflege und Betonung des regionaltypischen Images stehen als Leitbild für den Entwurf; Straßenzüge und Gassen wurden durch klare Zonierung gegliedert. Als Kennmaterial der historischen Altstadt griffen wir auf Klinker zurück. Unser Farbkonzept orientierte sich am Rot und Weiß der Backsteinfassaden sowie an den Holztönen des Fachwerks.


Belag mit Tradition

Als regionaltypisches Produkt kam der traditionsreiche Pflasterklinker „Bockhorner Bunt 04“ zum Einsatz. Erneuert wurde auch die Tragschicht. Der Auftrag wurde in zwei Losen vergeben. Im ersten Bauabschnitt der Lookenstraße verlegte die Nordhorner Firma Bernsen Garten- und Landschaftsbau GmbH & Co. KG. etwa 1400 Quadratmeter des Bockhorner Materials. Auf cirka 1700 Quadratmetern mit dem Klassiker brachten es die Mitarbeiter des Fachbetriebs GaLaBau Emsland, Lingen im zweiten Abschnitt. Bauleiter Christoph Möller vom Lingener Galabau-Fachbetrieb äußert sich positiv zu farblicher Vielfalt und Langlebigkeit der extrahart gebrannten Klinker: „Schon seit den 1970er Jahren arbeiten wir mit Bockhorner-Pflasterklinkern. Damals wurden drei Bundesstraßen aus dem Zentrum an den Stadtrand verlegt und die frei gewordenen Flächen mit Bockhorner Material gepflastert. Schon zu diesem Zeitpunkt lernten wir die gleichmäßige Qualität schätzen.“ In Lingen wurde das Format 220 x 80 x 55 mm mit 3 bis 5 mm Fugen verlegt, was Kantenabplatzungen beim Verdichten mit einem Flachrüttler vermeidet. Trotz geringer Wasseraufnahmefähigkeit der Klinker lässt die gepflasterte Fläche, bei einem Fugenanteil von nur zehn Prozent, etwa 40 Prozent des Regenwassers versickern. Voraussetzung ist jedoch, dass das darunterliegende Pflasterbett genügend wasserdurchlässig ausgebildet ist. So sind Pflasterklinker das ideale Material, wenn es darum geht, die Versiegelung von Flächen möglichst zu vermeiden. Schlitzrinnen mit 18 mm breiten Edelstahlabdeckungen sah Landschaftsarchitekt Rossa ergänzend in Lingen zur Wasserabführung vor.


Attraktiver Außenbereich

Durch verschiedene Verlegerichtungen und das rotbunte Farbenspiel des gebrannten Tons wurden bewusst räumliche Dimensionen erzeugt. Rossa wählte aus ästhetischen Gründen eine Hochkant-
verlegung, die aber unerheblich war für den technischen Neuaufbau der Tragschicht.

Die neu gestalteten Flächen aus Klinker, kombiniert mit einem sogenannten Funktionsstreifen aus großformatigen Granitplatten, werden durch moderne Stadtmöbel wie Sitzbänke, Fahrradabstellbügel, Leuchten und Papierkörbe ergänzt. Ein Wasserspiel am ehemaligen Lookentor soll nicht nur Blickfang, sondern auch ein beliebter Treffpunkt im Lingener Zentrum werden. Besonderer Clou ist eine mobile Begrünung am Markt. Bei Veranstaltungen lässt sich so zusätzlicher Freiraum schaffen. Alles in allem erfreuen sich Einwohner und Besucher von Lingen an einer Fußgängerzone, die zum Flanieren und Verweilen einlädt und im Volksmund sogar schon „Mall“ genannt wird.n

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