Leitungs-Tunnel unter Schleusen-Bauwerken

5. Schleusenkammer für Nord-Ostsee-Kanal

In Vorbereitung des Baus einer zusätzlichen 5. Schleusenkammer am Nord-Ostsee-Kanal galt es, einen neuen, begehbaren Leitungsdüker für den Einbau aller Medienleitungen (Strom, Steuerkabel, Wasser, Löschwasser usw.) als Vorabmaßnahme herzustellen.

Der Nord-Ostsee-Kanal ist die meist befahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Bis zu 45 000 Schiffe passieren jedes Jahr den Kanal. Der größte Teil hiervon wird über die beiden Schleusenkammern der „Großen“ oder „Neuen“ Schleuse abgefertigt. Diese wurde 1914 in Betrieb gestellt. Durch steigendes Verkehrsaufkommen und den nötigen Sanierungsbedarf dieser Schleusenkammer ist der Bau einer weiteren Schleusenkammer, der sog. „5. Schleusenkammer“ erforderlich.

In Vorbereitung des Baus dieser zusätzlichen 5. Kammer ist ein neuer, begehbarer Leitungsdüker für den Einbau aller Medienleitungen (Strom, Steuerkabel, Wasser, Löschwasser usw.) als Vorabmaßnahme herzustellen. Auf einer Länge von rd. 450 m unterquert er die vorhandenen und zukünftigen Schleusenbauwerke und versorgt diese über 3 Zwischenschächte. Eine besondere Herausforderung ist für Planer und Ingenieure, aber vor allem für die für den Rohrvortrieb Verantwortlichen, die Tiefenlage des Kanals von rd. 30 bis 37 m mit entsprechend hohen Druckverhältnissen.

Arbeitsvorbereitung

Vor Durchführung des Rohrvortriebes waren 4 Schächte im Schlitzwandverfahren herzstellen:

n Der Startschacht weist einen lichten Durchmesser von ca. 10 m auf, ist 34 m tief und besteht im Wesentlichen aus Schlitzwänden d = 1,20 m mit einer Tiefe von 44 m und einer Unterwasser-Betonsohle mit einer Dicke von 4,00 m.

n Die beiden Zwischenschächte weisen einen lichten Durchmesser von ca. 6 m auf und sind bis zu 37 m tief. Sie bestehen im Wesentlichen aus Schlitzwänden d = 1,00 m mit einer Tiefe von 44 m und einer Unterwasser-Betonsohle mit einer Dicke von 2,50 m.

n Der Zielschacht weist einen lichten Durchmesser von ca. 8 m auf und ist 38 m tief. Die Ausführung mit einer Schlitzwand d = 1,00 m geht auf einen Sondervorschlag der ausführenden Firma zurück.

Mit der Durchführung der Schlitzwandarbeiten wurde die Brückner Grundbau GmbH beauftragt. Zur Sicherung der Schlitzwandöffnungen während des Rohrvortriebes wurden an allen Schächten HDI-Körper mit den Abmessungen 5 x 5 x 3 m angeordnet. Die dabei zu erzielende max. Bohrtiefe lag bei ca. 40 m und stellt eine entsprechende Herausforderung an die zu erzielende Bohrtoleranz dar. Der Herstellung dieser HDI-Körper erfolgte ebenfalls durch die Brückner Grundbau GmbH.

Vortriebsbedingungen

Unterhalb der Mittelmauer der Großen Schleuse wurde ein weiterer Zwischenschacht angeordnet. Dieser sollte jedoch nur aus einem Stahlrohr DN 1400 bestehen, welches in eine Großbohrung d = 1800 mm eingesetzt wird. Zum Anschluss an den Leitungsdüker war ein weiterer HDI-Block vorgesehen mit Abmessungen 5 x 5 x 7 m. Der Anschluss des Stahlrohres an den Stahlaußenmantel des Vortriebsrohres erfolgte gemäß Sondervorschlag der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG mittels Tauchereinsatz. Die Seitenwände der hydraulisch offenen Schleuse sind auf Holzpfählen gegründet. Zur Erhöhung der Standsicherheit der Gründung beim Vortrieb wurde unterhalb dieser Holzpfähle ein zusätzlicher Injektionsschirm angeordnet. Der Abstand der Pfahlspitzen zum Vortrieb war somit ausschlaggebend für die Tiefenlage des Dükers.

Der Planung des Rohrvortriebes wurde wegen der Tiefenlage und der damit verbundenen Wasser- und Erddrücke große Sorgfalt gewidmet. Wesentlicher Bestandteil war das Aufstellen einer den Anforderungen der Umgebung, insbesondere den durch den Tidehub veränderliche Wasserständen, angemessenen Stützdruckberechnung. Aufgrund der aus vergleichbaren Bauvorhaben vorhandenen Erfahrung erfolgte die Durchführung dieser Stützdruckberechnung durch das Technical Department der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG. Hierbei wurden Stützdrücke bis zu 3,9 bar ermittelt. Der durchgeführte Vortrieb hat die richtigen Ansätze dieser Berechnung bestätigt.

Durch das Baustofflabor der ausführenden Firma wurden im Vorfeld des Vortriebes umfangreiche Eignungstests zur Bestimmung der optimalen Bentonit-Suspension durchgeführt. Hierbei wurde selbstverständlich auf die Erfahrungen bei der Herstellung der Schlitzwände zurückgegriffen.

Zur Bestimmung der Luftdurchlässigkeit der anstehenden Böden für den Fall von eventuell erforderlich werdenden Druckluftarbeiten wurden durch das Erdbaulabor Essen (ELE) entsprechende Voruntersuchungen angestellt. Ebenfalls von ELE durchgeführt wurde eine FEM-Berechnung der zu erwartenden Setzungen.

Wie anspruchsvoll die Bauaufgabe infolge ihrer Tiefenlage war, erwies sich bei der Konstruktion der für den Rohrvortrieb erforderlichen Teile wie Anfahrbrille, Rohrbremse und Ausfahrbrille im Zielschacht. Diese waren auf den maximalen Stützdruck von ca. 4 bar (s.o.) zu bemessen. Übliche Konstruktionen konnten bei diesen Verhältnissen keine Anwendung mehr finden, so dass, insbesondere bei der Rohrbremse, neue Lösungen zu entwickeln waren. Wesentliche Entwicklungsarbeit erfolgte hierbei durch das Ingenieurbüro rbz-consult, Nürnberg.

Wesentlich für den erfolgreichen Rohrvortrieb war der Einsatz einer den Anforderungen der Bauaufgabe angepassten Vortriebsmaschine. Zum Einsatz kam eine Sonderausführung einer AVN 2000 D der Fa. Herrenknecht AG, Schwanau, mit einer Aufdoppelung auf 3000 mm. Entsprechend den Anforderungen der Ausschreibung wurde die Maschine ausgelegt für einen äußeren Druck von 4,5 bar.

Die Fertigung der Vortriebsrohre erfolgte im Werk Nievenheim der DW-Betonrohre GmbH. Bei einer Baulänge vom 3,90 m ergab sich ein Gewicht der Einzelrohre von ca. 32 t. Die festgelegten Expositionsklassen bestimmten zusammen mit der geforderten Produktionsüberwachung nach ZTV-W den hohen Anforderungsgrad an die Produktion. Vor Vortriebsbeginn war entschieden worden, den Transport der Rohre per Schiff durchzuführen. Dies gelang auch bei den ersten 28 Rohren. Der dann einsetzende sehr strenge Winter führte zu einem Zufrieren der Kanäle und verhinderte somit den weiteren Schiffstransport.

Rohrvortrieb

Mit dem Rohrvortrieb konnte am 1. Februar 2010 begonnen werden. Trotz der widrigen Umstände, die durch die ungewöhnlichen Witterungsbedingungen verursacht wurden, konnte die Rohrvortriebsmaschine planmäßig nach 8 Wochen an die Schlitzwand des Zielschachtes andocken. Die Durchfahrung der beiden Zwischenschächte sowie des HDI-Blockes unterhalb der Mittelmauer erfolgte ohne Komplikationen. Dabei wurden die HDI-Blöcke, welche jeweils vor den Zwischenschächten angeordnet waren, als Stationen für die planmäßige Werkzeugkontrolle unter Druckluft (3,2 bar) genutzt. Bei diesen beiden Kontrollen musste lediglich eine Schneidrolle ersetzt werden.

Während des Aushubes der Schlitzwand wurden in der entsprechenden Tiefe des Vortriebes Steine bis zu 50 cm Kantenlänge gefunden. Die Vortriebsmannschaft war entsprechend sensibilisiert. Trotz der entsprechenden Erwartung kam es an keiner Stelle zu einer Störung des Vortriebes durch vorgefundene Steine oder Blöcke bzw. Findlinge. Dies zeugt von der richtigen Auslegung der Vortriebsmaschine. Probleme beim Vortrieb gab es bei der Einfahrt in den Zielschacht. Zum einen konnte aufgrund eines Ausführungsfehlers bei der Schlitzwandherstellung der zu durchfahrende Schlitzwandbereich nicht ganz bewehrungsfrei gehalten werden, zum anderen erwies sich die Dichtkonstruktion der Zielbrille als den Anforderungen des anstehenden Wasserdrucks nicht gewachsen. Die als Antwort auf diese auftretenden Probleme entwickelten Maßnahmen führten zu einer sicheren Schildausfahrt, allerdings verbunden mit einem zusätzlich erforderlichen Zeitaufwand.

Zusammenfassung

Der Rohrvortrieb unter den Schleusen in Brunsbüttel war infolge der Tiefenlage des Dükers, verbunden mit entsprechend hohen Wasserdrücken, eine sehr große Herausforderung. Eine den Umständen angepasste Arbeitsvorbereitung sowie eine ingenieurmäßig vorbereitete Antwort auf auftretende Schwierigkeiten konnten den Erfolg der durchgeführten Maßnahmen bewirken.n

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